Helloween-Konzerte waren für mich bisher immer zwiespältig.
Einerseits verehre ich die Gruppe, weil ihr "Pink bubbles go
ape"-Album nach Metallica's "Reload" mein zweites richtiges
Metal-Album war und sicher entscheidend zu dem beigetragen hat, was
ich heute mache. Anderseits verdienten die beiden Konzerte, die ich
bisher von ihnen sehen durfte, das Prädikat "äusserst peinlich".
Damals in Zürich 2003 stoppten sie in der Mitte des ersten Songs
"Keeper of the seven keys", um irgendwelchen unpassenden Blödsinn zu
erzählen. Diese komische Stimmung hielt sich damals bis zum Ende.
Beim Wacken-Festival 2004 waren sie dann schon erträglicher,
"trumpften" aber immer noch mit peinlichen Ansagen auf. Darum
stellte ich mir im Vorfeld dieses Konzerts die bange Frage, ob man
den Berichten anderer Konzerte glauben durfte, dass Helloween sich
in der Zwischenzeit wieder gesteigert hätten. Markus Grosskopf
erzählte mir dann im Interview vor dem Konzert, dass sie sich jetzt
auf der "Keeper 3-Tour" befinden und dem entsprechend viele Songs
davon spielen werden. Beste Voraussetzungen für ein tolles Konzert
also, aber lest selbst.
Axxis
Im gut gefüllten Stadthofsaal in Uster legten Axxis gleich volle
Kanne los mit dem dazu passend gewählten "Angel of death" vom
starken Album "Time machine". Die Deutschen um den quirligen und
stets auf der Bühne rumtobenden Bernhard Weiss hatten das Publikum
von Anfang an voll auf ihrer Seite. Es folgte "Tales of the glory
island" vom neuen Album "Paradise in flames" und mit "Brother Moon"
überzeugten sie auch noch den letzten Besucher. Auch "Little
princess" wurde gross abgefeiert, wie auch "Take my hand" und mit
"Save me" holte man einen Song aus der Axxis-Kiste hervor, den man
nicht all zu oft live geniessen kann. Danach folgte ein cooles
akustisches Set mit einem stark abgeänderten "Kingdom of the night"
und "Touch the rainbow", bei dem Bernhard mal wieder ein hübsches
Mädel auf die Bühne holte. Dass man Lakonia auf die Tournee mitnahm,
stellte sich im Verlauf des Gigs als gute Entscheidung heraus, was
man besonders beim Akustik-Set sehr deutlich hörte. Überhaupt hatte
man Axxis live noch nie mit so viel Power gesehen, was sicher auch
an Drummer André Hilgers lag, der dem ganzen Sound auch durch
vermehrt eingesetzte Double-Bass und seinem ohnehin kraftvollen Drumming mehr Dampf verlieh. Auch Rob, der neue Basser, der
lustigerweise auch alle älteren Songs für sich mitsang, brachte
frischen Wind in die Band. Harry und Guido waren ebenfalls in
Bestform, so dass der ganze Sound wie aus einem Guss rüber kam. Es
folgten "Wind in the night", das neue "Dance with the dead" und das
unverzichtbare "Little look back", bevor man mit dem Rausschmeisser
"Kingdom of the night" (diesmal in der harten Version!) ein
sichtlich zufriedenes Publikum im Saal zurück liess. Axxis waren
schon immer und sind einfach eine geile Live-Band, die man sich
immer wieder rein ziehen kann, klasse Jungs. (Crb)
Helloween
Als um 21.30 Uhr die Hallenlichter ausgingen und im Dunkeln AC/DC's
"For those about to rock" in einer Live-Version erklang, war es Zeit
für Helloween. Der letzte Zuschauer-Applaus ab Konserve ging nahtlos
in die ersten atmosphärischen Geräusche von "A King for a 1000 years"
über, welche von einer aufwändigen, düsteren Lichtshow begleitet
wurden. Dann erklangen die ersten Worte ab Band vom neuen Lied, der
Lärm der realen Zuschauer in Uster wurde laut und die Band zockte
sich mal kurz durch den 14-minütigen "Keeper 3"-Song. Sänger Andi Deris begann dabei in den ruhigeren Parts das "welche
Publikums-Seite kann lauter schreien?"-Spielchen zu spielen und
belohnte die Gewinnerseite mit Mineralwasser. Der anschliessende
Klassiker "Eagle fly free" löste auch bei den älteren Fans
Begeisterungsstürme aus und liess erahnen, dass Markus Grosskopf's
Aussagen auch an diesem Abend zutreffen werden. Mit "Hell was made
in heaven" griff man kurz auf's vorletzte Album zurück, bevor
Helloween mit "Keeper of the seven keys" den nächsten überlangen
Song auspackten. Dabei zeigte sich klar, dass die Band im Vergleich
zur letzten Tour viel besser geworden ist. Die Bühnenpräsenz von
Sascha Gerstner (seit Rabbit's "Don’t come easy" dabei/früher bei Freedom Call) und von Ur-Mitglied Michael Weikath waren um Welten
intensiver. Weikath bemühte sich zwar fast durchgehend, finstere
Grimassen zu schneiden, konnte sich aber doch ab und zu ein Lächeln
nicht verkneifen. Mit "A tale that wasn't right" wurde die erste und
einzige Ballade gespielt. Nie im Leben hätte ich mir erträumen
lassen, dass dieses Stück Herz-Musik von "Keeper 1", das in den
letzten Jahren zur Standard Live-Ballade mutierte, "Forever and one"
ersetzen würde. Grossartig, wie auch das lustige Drum-Solo, das
danach geboten wurde. Markus Grosskopf duellierte sich auf einem
Kinderschlagzeug mit Neuzugang Dani Löble und sorgte für einige
Lacher. Dabei konnte man auch das Bühnendekor begutachten. An den
Seiten hingen zwei riesige Banner mit dem "Keeper 3"-Mönch, welche
von zwei Mönchspuppen mit Wunschkugeln bereichert wurden. Hinter dem
Schlagzeug trohnte ein riesiger Helloween-Schriftzug und darunter
das "Keeper 3" CD-Cover. Von dieser CD wurde anschliessend der
zweite Marathon-Song "Occasion avenue" gespielt, bevor man sich mit
"Mr. Torture" und "If I could fly" von den "Keeper"-Alben entfernte.
Das darauf folgende und echt spassige Gitarrenduell zwischen Sascha
und Drummer Dani Löble sorgte weiter für gute Stimmung, aber nicht
für Euphorie. Das Publikum zählte an diesem Abend sowieso
eher zu
den Geniessern, welche brav mitklatschten und die Texte und "ohoos"
kräftig mitsangen, aber sich ansonsten kaum bewegten. Headbanger
waren in der Minderzahl und nur eine Gruppe von etwa fünf Personen
bewegte sich wirklich aktiv. Von Euphorie seitens des Publikums
konnte also kaum die Rede sein. Dieser Ausdruck passte eher zur
Band, die mit "Power", "Future world" (mit obligatem Mitsingteil)
und "The invisble man" mächtig Gas gab und danach erstmals hinter
der Bühne verschwand. Wer jetzt auf die Uhr schaute, staunte nicht
schlecht, denn Helloween hatten schon 105 Minuten gespielt. Mit
"Mrs. God", das mir immer noch nicht gefallen will und dem zwar auch
poppigen, aber längst zum Klassiker avancierten "I want out" bekam
das Publikum auch seine Zugabe. Nur etwas fehlte noch: Und so
spielten Helloween zuletzt noch den Uralt-Song "Dr. Stein". Nach
zwei Stunden war die Band schliesslich ausgepowert und das
bewegungsarme Publikum glücklich.
Für mich waren Helloween an diesem Abend top! Verglichen mit den
letzten beiden Konzerten haben sie sich mindestens um 200%
gesteigert und dem Publikum eine 2-stündige Supershow geboten. Andi
Deris Ansagen waren zwar kürzer, aber um Längen besser als bisher.
Falls sich Helloween in dieser Verfassung und in diesem Line-Up
halten können, steht einem dritten Frühling der Gruppe nichts mehr
im Weg. Ich freu mich schon drauf! (Rog)
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