Das neue Jahr startete schon mit einem gewaltigen Kracher. Die
Kürbisse aus Hamburg, Helloween, waren zusammen mit Rage und den
Hoffnungsträgern C.O.P. UK unterwegs. Der zweite Teil der «My
God-Given Right»-Tour startete im Z7 vor einer sehr beachtlichen
Zuschauermenge. Doch bevor Sänger Andi Deris und seine Mannschaft
einen Siegeszug feierten, standen noch zwei weitere Truppen auf der
Bühne. Leider verpasste ich C.O.P. UK (Crimes Of Passion), da ich zu
diesem Zeitpunkt noch ein Interview zusammen mit Markus Grosskopf
und Dani Loeble führte. Aus diesem Grund hörte ich gerade noch den
letzten Song von C.O.P. UK und der Dank von Keyboarder Henning
Wanner, der neben Circle II Circle nun auch bei C.O.P. UK in die
Tasten haut und dank seiner deutschen Herkunft den Kontakt zwischen
Band und Publikum war.
So war es dann
Rage, die für mich den
Konzertabend eröffnete. Mit der neuen Besetzung, Lucky an den Drums
und Marcos an der Gitarre, stand Bandleader Peavy schon letzten
Dezember im Z7 auf der Bühne. Die wiedergefundene Spielfreude und
das erstarkte Bandgefüge spielte sich auch als Support von Helloween
erneut zurück in die Herzen der Fans. Das lag auch wieder an der
herzlichen Art von Peavy, der sich immer wieder bei seinen
«Freunden» bedankte. Die Stimmung im Publikum stieg von Song zu
Song. Dies mit einer Setliste, die derjenigen vom Dezember
logischerweise sehr ähnelte. Mit «Black In Mind» startete das Trio
mit äusserst bescheidenen Lichtverhältnissen. Ich will nicht sagen,
dass die Herren im Dunkeln spielten, aber ausser ein paar roten
Lampen schien es zu Beginn kaum eine Lichtquelle auf der Bühne zu
geben. «Black In Mind» klang mit nur einer Gitarre, zumindest beim
Solopart, gewöhnungsbedürftig. Marcos riffte und solierte sich aber
gekonnt durch die neun Lieder und war bedeutend bewegungsfreudiger
als sein Vorgänger. Ständig bangte er, wechselte die Bühnenseite,
schnitt Grimassen und zeigte seine Zunge. Dass ausgerechnet beim
neuen Song «My Way» kurz die Gitarre ausstieg hatte schon fast was
Spinal
Tap mässiges. Punktgenau zum Solopart war die Sechssaitige
aber wieder zu hören. Die Chorpassagen kamen von allen drei
Musikern. Da Lucky Sänger bei Tri State Corner ist, ist bekannt dass
der Grieche über eine sehr gute Stimme verfügt. Auch Marcos, der
erneut den Gesang bei «Holy Diver» übernahm, überzeugte auf der
ganzen Linie. Lucky verrichtet erneut einen sehr dynamischen Job.
Bei den schnelleren Tracks wie «Until I Die» oder «Don’t Fear The
Winter», der einzigen Nummer aus der Wagner-Schmidt-Efthimiadis
Zeit, erinnerte Lucky oftmals an das Powerdrumming von Chris
Efthimiadis. Ansonsten spielte der Dreier einen gekonnten
Querschnitt aus der Bandhistorie und baute mit «Back In Time» auch
wieder einen lange nicht mehr gespielten Track ein. Die Jungs
spielten einen wirklich tollen Gig. Sicherlich noch mit Luft nach
oben, aber ansonsten mit verdammt viel Spielfreude und Dankbarkeit.
So beendeten Rage ihre Show mit dem Überhit «Higher Than The Sky»,
der wieder zu einer kleinen Jamsession umgewandelt wurde. Mit «Sweet
Home Alabama» und dem Dio-Klassiker «Holy Diver» und einem furiosen
Fanchor bei «Higher Than The Sky» verabschiedeten sich das Trio mit
dem Bewusstsein erneut verloren gegangener Boden wieder wett gemacht
zu haben.
Setliste Rage: «Black In Mind», «Set ByThe Devil»,
«End Of All Days», «Back In Time», «Down», «My Way», «Until I Die»,
«Don’t Fear The Winter», «Higher Than The Sky (mit Sweet Home
Alabama und Holy Diver)»
Die Bühne von
Helloween entsprach
dem Cover der letzten Studio-Scheibe «My God-Given Right» und war
ganz in einer kalten winterlichen Landschaft gehalten. Dabei war im
linken Teil der Stage der Kürbisskopf in Form der Freiheitsstatue zu
bestaunen. Mit dem Intro «Walls Of Jericho» und den beiden «Keeper
Of The Seven Keys – Part 2»-Liedern «Eagle Fly Free» und «Dr. Stein»
starteten Andi, die beiden Gitarristen Michael Weikath und Sascha
Gerstner, sowie die Rhythmussektion mit Markus und Dani. Geändert
hat sich nicht viel und doch einiges. Was geblieben ist, sind die
Grimassen und die körperlichen Verrenkungen von Weiki, der mit einer
unglaublichen Lässigkeit seinen Part spielt, für einmal frisch
rasiert auf der Bühne stand und nur noch selten mit einer Kippe im
Mundwinkel spielte. Sein Partner Sascha präsentierte sich mit einer
neuen Frisur und sah dabei eher wie der Gitarrist einer Rockabilly
Truppe aus. Die Schmalzlocke sass, aber auch seine Riffs und Solos.
Markus war wie immer neben Andi der grosse Aktivposten auf der
Bühne. Er bangte, rannte, poste, streckte seine Zunge raus und hatte
sichtlich Spass an diesem Abend. Dani gab eine unglaubliche Power
vor. Was er und Andi an diesem Abend vollbrachten war
Hochleistungssport.
Da bin ich mal gespannt, wie auf der kompletten
Tour Andi Abend für Abend diese Leistung abliefern will. Wer hier
nicht pingelig zu seiner Stimme schaut und dem Grippevirus den
gestreckten Mittelfinger zeigen kann, hat definitiv verloren. Im
Pratteln sass jeder Ton, die Schreie waren perfekt, gingen unter die
Haut und dass er als Entertainer zu den Besten seines Fachs gehört
ist kein Geheimnis. Mit einem schmucken Gene Simmons Shirt bestückt
machte er dem Kiss-Basser alle Ehre und streckte seinen
Schlabberbalken ebenso oft raus, wie der «God Of Thunder». Andi war
der grosse Maestro auf der Stage. Er dirigierte die Fans nach Lust
und Laune, bedankte sich immer wieder für die tollen Reaktionen und
liess oftmals ein kleines Statement zu den einzelnen Liedern vom
Stapel. Zusammen mit Markus poste Andi oft am Bühnenrand. Dazu
gesellten sich Sascha und Weiki bei ihren Solos. Die Truppe suchte
den Kontakt zu den Fans, verteilten unzählige Plektren während des
gesamten Konzertes und hatten sichtlich Spass an den Fan-Reaktion
und dem Konzert.
Die Setliste stand zu Beginn und am Schluss
klar im Zeichen der beiden ersten «Keeper»-Scheiben. Dazwischen
gesellten sich ausschliesslich Nummer der Deris-Phase. Dabei wurde
ganz nach dem Motto der letzten Scheibe, mehr Spass weniger
Experimente, das Hauptaugenmerk auf die Mitsingklssiker der Band
gelegt. Dass dabei die «The Time Of The Oath»-Scheibe aus dem Jahre
1996 gleich mit vier Lieder und «Masters Of The Ring» aus dem Jahre
1994 mit zwei Tracks vertreten war überraschte den Schreiber dieser
Zeilen äusserst positiv. Dies belegte auch, dass Helloween nach den
doch eher «düsteren» (sofern man bei Helloween von düster sprechen
kann) Zeiten mit «7 Sinners» oder «Gambling With The Devil», wieder
mehr zu den «happy» Momenten zurückging. Was die letzte
Studioscheibe «My God-Given Right» schon vorlegte, wurde auf der
Bühne umgesetzt. Also, zurück zu «Master» und «Time», gewürzt mit
vier neuen Stücken, zwei vom Vorgängerwerk «Straight Out Of Hell»,
einem tollen Medley und vier «Keeper»-Songs und die Jungs punkteten
auf der ganzen Linie. Als kommender Hit entpuppte sich dabei «Lost
In America», der mit seinem packenden Refrain alle begeisterte.
Es war einer dieser Konzertabende bei dem schon beim ersten Ton
alles passt. Zumindest für mich. Die Spielfreude, die Songauswahl,
die Präsentation und der packende Moment. Es machte einfach Laune
endlich wieder Lieder wie «Where The Rain Grows», «Steel Tormentor»
oder «Forever And One (Neverland)» zu hören. Auch wenn Letzteres in
einer akustischen Version viel mehr Charme gehabt hätte und ohne
Ansage von Andi irgendwie reingewürgt erschien. Wie auch «Before The
War», das im ersten Moment ziemlich deplatziert schien, auch wegen
dem Sound. Dass man bei dieser Setliste völlig auf einen Song von
«Rabbit Don’t Come Easy» verzichtete, erschien mir sehr speziell.
Alle dies ist aber ein Jammern auf einem verdammt hohen Level und
soll die Leistung von Helloween an diesem
Abend nicht schmäler.
Wichtig war der Spass. Der kam auch bei der Band nicht zu kurz. So
schmiss Sascha bei «Power» Markus ein Plektrum zu, der dieses mit
dem Mund auffing, an Sascha zurückspuckte, dieser mit dem Plek kurz
weiterspielte und es dann ins Publikum schmiss. So sind sie eben,
die Kürbissköppe.
Der Mitsingpart bei «Power» entpuppte sich, wie
schon bei «My God-Given Right» zu einer nicht enden wollenden
Zeremonie. «Cool, das ist so schön, wollt ihr noch einmal», fragt
Andi und konnte sich der euphorischen Reaktion des Publikums sicher
sein. Mit einem Zylinder tragenden Mister Deris wurde das Medley
gestartet. Die Zusammensetzung der Übertracks «Halloween» und
«Keeper Of The Seven Keys» mit «Sole Survivor», «I Can» und dem
rüpelhaften «Are You Metal?» hatte was Magisches. Mit diesen Tracks
beendeten die Hamburger den offiziellen Set und wurden durch laute
und nicht enden wollenden «happy, happy Helloween»-Rufen wieder auf
die Bühne zurückgeholt. Nach einem kleinen Solo von Sascha startete
das Quintett mit «Future World» den Zugabenteil. Hier übernahm das
Publikum lauthals die erste Strophe, das von einem breiten und
zufriedenen Grinsen Andis quittiert wurde. Mit weiteren Mitsingparts
bei «Future World» und dem legendären «I Want Out» (was für tolle
Schreie von Andi!) beendeten Helloween diesen fantastischen
Konzertabend. «Selbstkritische Stimmen würden sagen, dass es euch
gefallen hat?», verkündete der Shouter. Mit dem Bewusstsein einen
fast schon legendären Konzertabend gespielt zu haben, verabschiedete
sich der Fünfer vom Publikum. Kommt bald wieder!
Setliste
Helloween: «Walls Of Jericho», «Eagle Fly Free», «Dr. Stein», «My
God-Given Right», «Steel Tormentor», «Mr. Torture», «Waiting For The
Thunder», «Straight Out Of Hell», «Heroes», «Drumsolo Dani Loeble»,
«Where The Rain Grows», «Before The War», «Lost In America»,
«Russian Roulé», «Forever And One (Neverland)», «Power»,
«Halloween/Sole Survivor/I Can/Are You Metal?/Keeper Of The Seven
Keys» - «Solointro Sascha Gerstner», «Future World», «I Want Out»
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