Livereview: Helloween - Rage - C.O.P UK

29. Januar 2016, Pratteln – Z7
By Tinu
Das neue Jahr startete schon mit einem gewaltigen Kracher. Die Kürbisse aus Hamburg, Helloween, waren zusammen mit Rage und den Hoffnungsträgern C.O.P. UK unterwegs. Der zweite Teil der «My God-Given Right»-Tour startete im Z7 vor einer sehr beachtlichen Zuschauermenge. Doch bevor Sänger Andi Deris und seine Mannschaft einen Siegeszug feierten, standen noch zwei weitere Truppen auf der Bühne. Leider verpasste ich C.O.P. UK (Crimes Of Passion), da ich zu diesem Zeitpunkt noch ein Interview zusammen mit Markus Grosskopf und Dani Loeble führte. Aus diesem Grund hörte ich gerade noch den letzten Song von C.O.P. UK und der Dank von Keyboarder Henning Wanner, der neben Circle II Circle nun auch bei C.O.P. UK in die Tasten haut und dank seiner deutschen Herkunft den Kontakt zwischen Band und Publikum war.

So war es dann Rage, die für mich den Konzertabend eröffnete. Mit der neuen Besetzung, Lucky an den Drums und Marcos an der Gitarre, stand Bandleader Peavy schon letzten Dezember im Z7 auf der Bühne. Die wiedergefundene Spielfreude und das erstarkte Bandgefüge spielte sich auch als Support von Helloween erneut zurück in die Herzen der Fans. Das lag auch wieder an der herzlichen Art von Peavy, der sich immer wieder bei seinen «Freunden» bedankte. Die Stimmung im Publikum stieg von Song zu Song. Dies mit einer Setliste, die derjenigen vom Dezember logischerweise sehr ähnelte. Mit «Black In Mind» startete das Trio mit äusserst bescheidenen Lichtverhältnissen. Ich will nicht sagen, dass die Herren im Dunkeln spielten, aber ausser ein paar roten Lampen schien es zu Beginn kaum eine Lichtquelle auf der Bühne zu geben. «Black In Mind» klang mit nur einer Gitarre, zumindest beim Solopart, gewöhnungsbedürftig. Marcos riffte und solierte sich aber gekonnt durch die neun Lieder und war bedeutend bewegungsfreudiger als sein Vorgänger. Ständig bangte er, wechselte die Bühnenseite, schnitt Grimassen und zeigte seine Zunge. Dass ausgerechnet beim neuen Song «My Way» kurz die Gitarre ausstieg hatte schon fast was Spinal Tap mässiges. Punktgenau zum Solopart war die Sechssaitige aber wieder zu hören. Die Chorpassagen kamen von allen drei Musikern. Da Lucky Sänger bei Tri State Corner ist, ist bekannt dass der Grieche über eine sehr gute Stimme verfügt. Auch Marcos, der erneut den Gesang bei «Holy Diver» übernahm, überzeugte auf der ganzen Linie. Lucky verrichtet erneut einen sehr dynamischen Job. Bei den schnelleren Tracks wie «Until I Die» oder «Don’t Fear The Winter», der einzigen Nummer aus der Wagner-Schmidt-Efthimiadis Zeit, erinnerte Lucky oftmals an das Powerdrumming von Chris Efthimiadis. Ansonsten spielte der Dreier einen gekonnten Querschnitt aus der Bandhistorie und baute mit «Back In Time» auch wieder einen lange nicht mehr gespielten Track ein. Die Jungs spielten einen wirklich tollen Gig. Sicherlich noch mit Luft nach oben, aber ansonsten mit verdammt viel Spielfreude und Dankbarkeit. So beendeten Rage ihre Show mit dem Überhit «Higher Than The Sky», der wieder zu einer kleinen Jamsession umgewandelt wurde. Mit «Sweet Home Alabama» und dem Dio-Klassiker «Holy Diver» und einem furiosen Fanchor bei «Higher Than The Sky» verabschiedeten sich das Trio mit dem Bewusstsein erneut verloren gegangener Boden wieder wett gemacht zu haben.

Setliste Rage: «Black In Mind», «Set ByThe Devil», «End Of All Days», «Back In Time», «Down», «My Way», «Until I Die», «Don’t Fear The Winter», «Higher Than The Sky (mit Sweet Home Alabama und Holy Diver)»


Die Bühne von Helloween entsprach dem Cover der letzten Studio-Scheibe «My God-Given Right» und war ganz in einer kalten winterlichen Landschaft gehalten. Dabei war im linken Teil der Stage der Kürbisskopf in Form der Freiheitsstatue zu bestaunen. Mit dem Intro «Walls Of Jericho» und den beiden «Keeper Of The Seven Keys – Part 2»-Liedern «Eagle Fly Free» und «Dr. Stein» starteten Andi, die beiden Gitarristen Michael Weikath und Sascha Gerstner, sowie die Rhythmussektion mit Markus und Dani. Geändert hat sich nicht viel und doch einiges. Was geblieben ist, sind die Grimassen und die körperlichen Verrenkungen von Weiki, der mit einer unglaublichen Lässigkeit seinen Part spielt, für einmal frisch rasiert auf der Bühne stand und nur noch selten mit einer Kippe im Mundwinkel spielte. Sein Partner Sascha präsentierte sich mit einer neuen Frisur und sah dabei eher wie der Gitarrist einer Rockabilly Truppe aus. Die Schmalzlocke sass, aber auch seine Riffs und Solos. Markus war wie immer neben Andi der grosse Aktivposten auf der Bühne. Er bangte, rannte, poste, streckte seine Zunge raus und hatte sichtlich Spass an diesem Abend. Dani gab eine unglaubliche Power vor. Was er und Andi an diesem Abend vollbrachten war Hochleistungssport.

Da bin ich mal gespannt, wie auf der kompletten Tour Andi Abend für Abend diese Leistung abliefern will. Wer hier nicht pingelig zu seiner Stimme schaut und dem Grippevirus den gestreckten Mittelfinger zeigen kann, hat definitiv verloren. Im Pratteln sass jeder Ton, die Schreie waren perfekt, gingen unter die Haut und dass er als Entertainer zu den Besten seines Fachs gehört ist kein Geheimnis. Mit einem schmucken Gene Simmons Shirt bestückt machte er dem Kiss-Basser alle Ehre und streckte seinen Schlabberbalken ebenso oft raus, wie der «God Of Thunder». Andi war der grosse Maestro auf der Stage. Er dirigierte die Fans nach Lust und Laune, bedankte sich immer wieder für die tollen Reaktionen und liess oftmals ein kleines Statement zu den einzelnen Liedern vom Stapel. Zusammen mit Markus poste Andi oft am Bühnenrand. Dazu gesellten sich Sascha und Weiki bei ihren Solos. Die Truppe suchte den Kontakt zu den Fans, verteilten unzählige Plektren während des gesamten Konzertes und hatten sichtlich Spass an den Fan-Reaktion und dem Konzert.

Die Setliste stand zu Beginn und am Schluss klar im Zeichen der beiden ersten «Keeper»-Scheiben. Dazwischen gesellten sich ausschliesslich Nummer der Deris-Phase. Dabei wurde ganz nach dem Motto der letzten Scheibe, mehr Spass weniger Experimente, das Hauptaugenmerk auf die Mitsingklssiker der Band gelegt. Dass dabei die «The Time Of The Oath»-Scheibe aus dem Jahre 1996 gleich mit vier Lieder und «Masters Of The Ring» aus dem Jahre 1994 mit zwei Tracks vertreten war überraschte den Schreiber dieser Zeilen äusserst positiv. Dies belegte auch, dass Helloween nach den doch eher «düsteren» (sofern man bei Helloween von düster sprechen kann) Zeiten mit «7 Sinners» oder «Gambling With The Devil», wieder mehr zu den «happy» Momenten zurückging. Was die letzte Studioscheibe «My God-Given Right» schon vorlegte, wurde auf der Bühne umgesetzt. Also, zurück zu «Master» und «Time», gewürzt mit vier neuen Stücken, zwei vom Vorgängerwerk «Straight Out Of Hell», einem tollen Medley und vier «Keeper»-Songs und die Jungs punkteten auf der ganzen Linie. Als kommender Hit entpuppte sich dabei «Lost In America», der mit seinem packenden Refrain alle begeisterte.

Es war einer dieser Konzertabende bei dem schon beim ersten Ton alles passt. Zumindest für mich. Die Spielfreude, die Songauswahl, die Präsentation und der packende Moment. Es machte einfach Laune endlich wieder Lieder wie «Where The Rain Grows», «Steel Tormentor» oder «Forever And One (Neverland)» zu hören. Auch wenn Letzteres in einer akustischen Version viel mehr Charme gehabt hätte und ohne Ansage von Andi irgendwie reingewürgt erschien. Wie auch «Before The War», das im ersten Moment ziemlich deplatziert schien, auch wegen dem Sound. Dass man bei dieser Setliste völlig auf einen Song von «Rabbit Don’t Come Easy» verzichtete, erschien mir sehr speziell. Alle dies ist aber ein Jammern auf einem verdammt hohen Level und soll die Leistung von Helloween an diesem Abend nicht schmäler. Wichtig war der Spass. Der kam auch bei der Band nicht zu kurz. So schmiss Sascha bei «Power» Markus ein Plektrum zu, der dieses mit dem Mund auffing, an Sascha zurückspuckte, dieser mit dem Plek kurz weiterspielte und es dann ins Publikum schmiss. So sind sie eben, die Kürbissköppe.

Der Mitsingpart bei «Power» entpuppte sich, wie schon bei «My God-Given Right» zu einer nicht enden wollenden Zeremonie. «Cool, das ist so schön, wollt ihr noch einmal», fragt Andi und konnte sich der euphorischen Reaktion des Publikums sicher sein. Mit einem Zylinder tragenden Mister Deris wurde das Medley gestartet. Die Zusammensetzung der Übertracks «Halloween» und «Keeper Of The Seven Keys» mit «Sole Survivor», «I Can» und dem rüpelhaften «Are You Metal?» hatte was Magisches. Mit diesen Tracks beendeten die Hamburger den offiziellen Set und wurden durch laute und nicht enden wollenden «happy, happy Helloween»-Rufen wieder auf die Bühne zurückgeholt. Nach einem kleinen Solo von Sascha startete das Quintett mit «Future World» den Zugabenteil. Hier übernahm das Publikum lauthals die erste Strophe, das von einem breiten und zufriedenen Grinsen Andis quittiert wurde. Mit weiteren Mitsingparts bei «Future World» und dem legendären «I Want Out» (was für tolle Schreie von Andi!) beendeten Helloween diesen fantastischen Konzertabend. «Selbstkritische Stimmen würden sagen, dass es euch gefallen hat?», verkündete der Shouter. Mit dem Bewusstsein einen fast schon legendären Konzertabend gespielt zu haben, verabschiedete sich der Fünfer vom Publikum. Kommt bald wieder!

Setliste Helloween: «Walls Of Jericho», «Eagle Fly Free», «Dr. Stein», «My God-Given Right», «Steel Tormentor», «Mr. Torture», «Waiting For The Thunder», «Straight Out Of Hell», «Heroes», «Drumsolo Dani Loeble», «Where The Rain Grows», «Before The War», «Lost In America», «Russian Roulé», «Forever And One (Neverland)», «Power», «Halloween/Sole Survivor/I Can/Are You Metal?/Keeper Of The Seven Keys» - «Solointro Sascha Gerstner», «Future World», «I Want Out»