Hoch
waren die Erwartungen der Fans, nach dem Helloween eine Reunion
angekündigt hatten und diese unter den Banner «Pumkin United»
stellten. Nicht weniger als sämtliche bisherige Sänger sollten bei
dieser Tour dabei sein - also Kai Hansen, Michael Kiske und Andi Deris.
Enttäuscht wurde jetzt niemand, denn was Helloween trotz latenter
Erkältung in Dübendorf live ablieferten, war schlicht grandios. Es
stellte eine Blaupause von dem dar, was sich jeder Fan von seiner
intern zerstrittenen Lieblingsband wünscht. Ein Konzert mit viel
Energie und hohem musikalischem Niveau.
Etwas
enttäuscht war ich allerdings, als ich erfuhr, dass «nur» 2000
Tickets im Vorverkauf den Ladentisch gewechselt hatten. Sind
Helloween denn nicht deutlich bedeutender? Scheinbar nicht. Dafür
traf man an diesem Abend keine Hitparaden-Hörer, sondern
ausschliesslich Fans, welche die Wichtigkeit dieser Tour zu schätzen
wussten. Drei Stunden Konzert wurden im Vorfeld angekündigt. Mit 2
Stunden und 50 Minuten mögen wir die 10 fehlenden Minuten gerne verzeihen.
Nehmen wir dazu die erschwerte Situation mit den vielen Erkältungen
auf der Bühne und der Tatsache, dass meiner Meinung nach alle
Gesänge live kamen, dazu, dann ist das eine schier unglaubliche Leistung. Schön
auch, dass man dadurch merkte, dass auch Helden nur Menschen sind,
denn selten hörte man auch mal einen schiefen oder gar falschen Ton.
Live halt!
Toll
war auch die Setliste. Klar musste der Fokus bei dieser
Sängerauswahl auf die Zeit gelegt werden, in der die Shouter bei
Helloween waren. Trotzdem fanden doch einige Lieder der 1990er,
2000er und 2010er Jahre ihren Weg auf die Bühne. Darunter «I Can»
vom grandiosen aber selten gespielten «Better Than Raw»-Album. Gewohnt
nichts wurde vom spannenden «Chamäleon»- und von meinem Lieblingsalbum
«Pink Bubbles Go Ape» gespielt. Von Letzterem tauchte an einigen
Südamerika-Konzerten bisher «Kids Of The Century» auf.
Der
Start des Konzerts mit «Halloween» gelang episch und heroisch und
machte gleich klar, dass sich an diesem Abend die Bühnenproduktion
mit Filmchen einen Wettkampf mit der Band um die meiste Fangunst
austrug. Denn was jeweils passend zum Lied projiziert wurde, war
weltklasse. Dabei kam der ganz eigene Helloween-Humor deutlich zum
Vorschein. Neben den vielen Blödeleien gelang es der Band aber auch
immer wieder ihre ernsthafte Seite zu präsentieren. Gänsehaut und
eigentlicher Höhepunkt des Konzerts war das Schlagzeug-Duell
zwischen Dani Löble und dem leider 1993 durch Suizid von uns
gegangenen Gründungsmitglied und Schlagwerker Ingo Schwichtenberg. Toll
auch, wie sich die beiden Hauptsänger Michael Kiske und Andi Deris
bei den Liedern abwechselten. Mal sangen sie zusammen, mal einzeln.
Mal wurde ein Deris-Lied von Deris gesungen, mal von Kiske (und
umgekehrt). Und natürlich kamen auch uralte Helloween Songs mit Kai Hansen
am Gesang zum Zuge. Etwas, was ich seit einem Wackenauftritt 2007
nicht mehr erleben durfte. Damals hatten Stormwarrior Kai Hansen
eingeladen, um mit ihm ein Set von alten «Walls Of Jericho»-Songs
aufzuführen.
Das Publikum ging bei all der Sause nicht vergessen. Es wurde in
gewohnter Manier immer wieder mit Singspielen eingebunden. Was
vielleicht etwas fehlte, waren die ein oder andere zusätzliche
Ansprache. Handkerum war alleine die Setliste von Helloween ein
Besuch wert. Auch wurde der Fokus auf grosse Abwechslung gelegt.
Also von poppig bis knallhart, stampfig über balladesk, progressiv
bis blitzschnell. Power Metal kann so vieles sein, wenn sich die
Bands trauen! Die Zeit bis zum Finale mit «Future World» und «I Want
Out» verging wie im Fluge. Nach Luftballonen und Konfetti-Regen waren
Publikum und Band schlicht ausgepowert. Wobei es ja Leute geben soll,
welche sich mehrere Konzerte dieser Tour anschau(t)en.
Bleiben zwei Hoffnungen: 1. Dass diese
Konzert-Reihe in irgendeiner Form festgehalten und eine ordentliche
Triple-Live-CD/DVD veröffentlicht wird. 2. Dass diese Besetzung eine
einmalige Sache bleibt. Die letzte Aussage mag nach dem euphorischen
Bericht vielleicht etwas erstaunen. Ich bin aber überzeugt, dass
eine einmalige Sache nicht besser geratet, wenn sie zur Gewohnheit
wird. Im Gegenteil! Zudem finde ich neben Helloween auch Gamma Ray
(vor allem) und Unisonic (ebenfalls) äusserst supi. Es wäre für mich
deshalb schade, wenn diese beiden Bands wegen Helloween sterben
würden. Zumal das seit 1994 bestehende Helloween Dreigestirn aus
Andi Deris, Michael Weikath und Markus Grosskopf, ergänzt mit den
beiden langjährigen Mitgliedern Sascha Gerstner und Dani Löble
ebenfalls seine ganz eigene Berechtigung hat. Die verbliebenen drei
Gamma Ray-Mitglieder sind übrigens laut der offiziellen Webseite
zurzeit für weitere Projekte offen. Lasst die Jungs also für etwas
Vernünftiges engagieren, bevor sie mit Gamma Ray das nächste Kapital
aufschlagen.
Setliste: «Halloween (Kiske/Deris)» - «Dr. Stein
(Kiske/Deris)» - «I'm Alive (Kiske)» - «If I Could Fly (Deris)» -
«Are You Metal (Deris)» - «Rise And Fall (Hansen, Kiske)» - «Waiting For The
Thunder (Deris)» - «Perfect Gentleman (Deris)» - «Starlight / Ride the Sky
/ Judas / Heavy Metal Is The Law (Hansen Medley)» - «Forever And One
(Kiske/Deris)» - «A Tale That Wasn't Right (Kiske, Deris)» - «I Can
(Deris)» - «Drum Solo» - «A Little Time (Kiske)» - «Why? (Kiske, Deris)» -
«Sole Survivor (Deris)» - «Power (Deris)» - «How Many Tears (Hansen, Kiske)» -
«Eagle Fly Free (Kiske)» - «Keeper Of The Seven Keys (Kiske, Deris)» -
«Future World (Kiske)» - «I Want Out (Kiske, Deris)».
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