Livereview: Him - Paradise Lost
10. März 2008, X-Tra Zürich
By Toby S. und Maiya
(Leider keine Bilder. Wir bekamen keinen Fotopass, Andere die nichts publizieren bekamen einen...)
Dass die Tour von Paradise Lost mit HIM sehr viele Leute anziehen würde, dürfte wohl so ziemlich allen klar gewesen sein. Dass die Tickets allerdings dermassen schnell weg waren und auch auf den Band-Pages der entsprechende Eintrag ‚sold out’ bei den Show-Einträgen zu lesen war, damit hatten wohl die wenigsten Interessenten gerechnet. Sehr viele Leute fragten vor dem X-Tra nach Tickets, und nachdem man sich durch Berge von Abfall gewühlt und die nicht immer kulanten Sicherheitsleute hinter sich gelassen hatte, stand man vor der Qual der Wahl: Bei der Garderobe oder den WCs anstehen, extrem überteuertes Merchandising erstehen, sich zu all den Leuten in die Menge begeben (inklusive vielen Mamis und Papis der teilweise verdammt jungen Hörerschaft, die definitiv nur wegen HIM gekommen waren und sehr wahrscheinlich keine Ahnung hatten, dass es diese ohne den Support-Act gar nicht geben würde), oder sich auf dem Balkon mehr oder minder gemütlich niederlassen. Letzteres schien definitiv die beste Wahl zu sein (trotz betrunkenen und unhöflichen Mitmenschen), und dann ging es ziemlich pünktlich auch schon los…

Paradise Lost
Ohne grossen Firlefanz und mit recht dezenter Lightshow starteten die Briten ihren Auftritt mit „The Enemy“, und eines muss man gleich vorneweg sagen: Auch wenn Nick Holmes immer mal wieder Probleme mit seiner Stimme und dem Treffen von Tönen gehabt haben mag, so war er an diesem Abend sehr gut bei Stimme, was der Atmosphäre definitiv einen deutlichen Schub gegeben hat. Greg Mackintosh zu seiner rechten Seite schien den Auftritt sichtlich zu geniessen, immer wieder liess er seine Matte kreisen und poste hin und wieder total locker mit seiner Gitarre, Steve Edmondson und Aaron Aedy flankierten die linke Seite des Sängers und trieben sich in ihrer gewohnt souverän-gekonnten Art an, während Jeff Singer hinter der Schiessbude die Felle verdrosch und leider beinahe kaum zu sehen war. Nick schien ziemlich gut drauf gewesen zu sein, fragte das Publikum immer wieder in seiner gewohnt britisch-trockenen Art, in welcher Stimmung die Leute wären (was von den mehrheitlichen Metalheads klar mit Klatschen, Pfeifen und Rufen beantwortet wurde) und gab leider ziemlich unverständliche, da zu leise gemurmelte Kommentare von sich. Wie üblich sang er teilweise andere Textstücke oder dichtete einfach spontan neue Zeilen hinzu, was vor allem beim letzten Song „Say Just Words“ für einiges Schmunzeln meinerseits gesorgt hat. Generell hat man gemerkt, dass die Puste mit den letzten Songs ziemlich drauf gegangen war, beim vorletzten Stück „The Last Time“ gingen gewisse Textstücke komplett verloren, und eben auch beim letzten Lied ging die Stimme beim Wechsel von der Strophe zum Refrain deutlich in den Keller. Macht aber im Prinzip gar nichts, denn Paradise Lost hatten ihr Publikum im Griff und man merkte deutlich, dass sie die neu gewonnene Aufmerksamkeit mehr als nur zu schätzen wussten. Die Setlist beinhaltete kaum Überraschungen, und ein wenig zu meinem Bedauern kamen mehrheitlich neue Stücke zum Zuge, vor allem „In Requiem“ sowie „Symbol Of Life“ waren die bevorzugten Alben, dazu zwei Stücke vom „One Second“-Album und eines aus der „Draconian Times“-Ära. Die Auswahl hätte besser sein können, aber in Anbetracht der doch relativ kurzen Spielzeit (knapp eine Stunde) war nichts anderes zu erwarten gewesen. Ein guter Auftritt mit erstarkten Vocals, gekonnt, nicht zwingend überraschend… dennoch: Jede nachfolgende Band hätte mit extrem verschärften Konditionen rechnen müssen, und es war eigentlich schon im Voraus klar, dass der heimliche Main Act im Vorprogramm gespielt hatte.

Setlist: The Enemy, Ash & Debris, Mystify, No Celebration, Erased, Requiem, Unreachable, One Second, The Last Time, Say Just Words

Him
Man musste kein Hellseher zu sein, um diese Szene bereits im Voraus zu erahnen: kreischende Teenies, in Ohnmacht fallende Mädchen und etwas unsicher wirkende Eltern hatten sich in Zürich eingefunden, um sich die Finnen von HIM anzuschauen. Von Metal Factory waren drei Leute anwesend, die das Geschehen vom Balkon aus beobachteten, auf den sich mehrheitlich die Eltern zurück gezogen hatten, um ihre Sprösslinge im Auge zu behalten. Und wann immer ein Mädchen in Ohnmacht fiel, richteten sich gleich mehrere besorgte Augenpaare auf die Unglückliche - Satire pur! Wie die Show war? Nun ja, bei HIM ist das immer so eine Sache für sich. Mikko Viljami Lindström, besser bekannt als Lilly Lazer, war so gut wie eh und je, leistete tolle Arbeit an der Gitarre und sorgte dafür, dass etwas Bewegung ins Bild kam. Sein Kumpel Ville Valo jedoch stand die meiste Zeit nur total unmotiviert am Mikro, leierte teils nur Bruchstücke der Lyrics statt ganze Sätze herunter und rauchte eine nach der anderen. Zwar machte das Gerücht die Runde, dass Ville gerade erst krank gewesen war, doch werden sich gestandene Konzertgänger wohl kaum mit diesem Argument beschwichtigen lassen. Am Konzert vor vier Jahren war es nämlich auch nicht viel anders - leider! Man muss der Band jedoch eingestehen, dass ein paar Songs ganz annehmbar dargebracht wurden, wie zum Besipiel "Right Here In My Arms", "Wings Of A Butterfly" oder "Buried Alive By Love". Doch die akzeptable Qualität dieser paar Stücke erlitt dadurch tiefe Wunden, dass Ville zwischen den Songs teilweise unverständliche Sätze ins Mikro nuschelte. Sogar das ehrwürdige "Wicked Game" mutierte mit jeder Zeile mehr und mehr zur Katastrophe - Chris Isaak würde sich die Haare raufen! Die vorwiegend minderjährigen Zuschauerinnen schien das nicht zu stören, denn bei "Join Me" und "Funeral Of Hearts" war das penetrante Gekreische dermassen laut, dass Elvis sich vor Neid wahrscheinlich im Grabe umgedreht hat. Trotz des begeisterten Publikums muss etwas gesagt werden: Man muss kein Hirsch sein, um Teenie-Girlies schwer zu beeindrucken, da die meisten von ihnen sicher am ersten HIM-Konzert ihres Lebens waren und nur schon froh waren, ihren Ville endlich live zu erleben. Konzertkritiker und volljährige Fans jedoch kann man mit einer dermassen langweiligen und unmotivierten Darbeitung kaum beeindrucken. Dies gilt vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Ville bereits an anderen Konzerten gezeigt hat, dass er ja eigentlich ganz anders könnte, wenn er nur wollte. Viele Fans werden sich womöglich darüber einig sein, dass man sich HIM besser per CD gibt, denn in dieser Form stimmt an der Musik einfach alles. Ansonsten bleibt nur noch zu sagen: Ville Valium - die Schlaftablette für den Metal-Fan! Jetzt neu mit Einschlaf-Garantie!