Die letzte livehaftige Begegnung mit den amerikanischen
Thrash-Icons Hirax fand vor drei Jahren, nota bene gerade mal 48
Stunden (!) nach dem Auftritt am BYH!!!-Festival in Balingen (D), im
Oltner Coq d’Or anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des
Outsider-Shops statt. Und nun lotste Master Freiburghaus Katon W. de
Pena und seine Jungs nach Aarburg in die Musigburg. Wer den
quirligen wie total authentischen Sänger zusammen mit seiner Truppe
jemals live gesehen und gehört hat, weiss um die Qualitäten, wenn es
darum geht, Heavy Metal in seiner pursten Form geniessen zu können.
Auf der Bühne einem wilden Tier gleich, gebärdet sich der
Sympathikus unter Seinesgleichen jedoch völlig bodenständig, und die
spürbare Dankbarkeit den Fans gegenüber war und ist auch heute noch
unverändert authentisch! Als Support fungierten mit Total
Annihilation und Matterhorn zwei Schweizer Bands, wobei Letztere
ihren erst dritten (!) Live-Gig absolvierten und im Vorfeld,
respektive mit der LP-Veröffentlichung ihres sackstarken
Debüt-Albums «Crass Cleasing» schon frühzeitig für Aufsehen unter
der Gilde der Vinyl-Freaks gesorgt haben. Wo? Natürlich im
Outsider-Shop in Olten!
Matterhorn
Natürlich hatte ich mich auch auf den Headliner gefreut, aber mein
primäres Interesse galt heute Abend nur den Youngstern von
Matterhorn. Die simple im Frühsommer gemachte Bemerkung eines
lokalen Plattenladen-Besitzers, nämlich dass die Band wie die
Landsleute der Metal-Pioniere Hellhammer und Celtic Frost klingen
würde, weckte sogleich mein Interesse. Die signierte LP wurde
eiligst abgegriffen und landete dann aber vorerst ungehört im Regal.
Ich wollte mir diesmal zuerst die Live-Packung verabreichen, und
dies in der Hoffnung, dass ich erstens beeindruckt werde und
zweitens das Studiowerk von der Intensität her mithalten kann. Was
dann aber folgte, übertraf meine Erwartungen um ein Vielfaches! Das
Zürcher Trio, das sich die Synonyme Morbid (v/g), Nekroking (b/v)
und Tim Tot (d) zugelegt hat, fand sich 2012 zusammen, legte Ende
September 2017 sein CD-Debüt als noch ungesignte Band vor und liess
heuer im Juni die LP folgen. Wie sich noch herausstellen sollte und
bereits erwähnt in der Einleitung, bestritten die Jungs erst ihren
dritten Auftritt vor Publikum! Scheinbar nutzten sie die Zeit seit
der Gründung, um sich richtig auf dieses Abenteuer vorzubereiten,
denn das Inferno, das nach dem Intro mit «Violent Success» begann,
war nicht von dieser Welt! Ich traute meinen Augen und vor allem
Ohren nicht, was da von der Bühne runter wehte. Das druckvolle
Gebretter wurde vor allem von einer hammergeil klingenden Bassdrum
dominiert.
Tim
Tot kesselte in einer Manier daher, wie ich das live so schon lange
nicht mehr von einem Drummer gehört hatte. Der Opener besass ein
thrashiges Grundgerüst, das immer wieder mal durch geniale
Midtempo-Breaks durchkreuzt wurde. Dass dies unweigerlich an
Hellhammer und frühe Celtic erinnerte, liess keinerlei Gedanken an
einen billigen Rip-Off zu, im Gegenteil. Matterhorn legten ihre
jugendliche Frische voll in ihre eigenen geilen Songs hinein und
gebärdeten sich wie abgebrühte Routiniers. Dazu gehörte auch die
obergeile Abriss-Birne «Teenage Emperors»! Mein Gott, was hätte ich
dafür gegeben, wieder 20 zu sein und in der ersten Reihe voll
abschädeln zu können. Die Tightness der Band war schlicht überragend
und der Sound monströs fett. Da ich die Sound-Paten in den 80ern
leider nie selber live gesehen und gehört habe, lässt sich kein
persönlicher Vergleich zum Sound anstellen. Das muss bei der
nächsten sich bietenden Gelegenheit mit Tom G. Warrior erörtert
werden. Überhaupt hätte mich sein Urteil vor Ort brennend
interessiert, aber er war leider nicht zugegen. Matterhorn werden
hoffentlich bald noch mehr solche Hammersongs raus hauen. Für mich
klar die Newcomer des Jahres, wenn nicht der letzten zehn Jahre! Und
dass nicht einmal ein „uhg!“ zu hören war, unterstreicht die eigenen
tugendhaften Ambitionen, deren Wurzeln zwar offensichtlich sind,
jedoch deutlich mehr in Richtung Ehrerbietung statt Klon abzielen.
Setliste: «Clarity (Intro)» - «Violent Success» - «Of All I Was»
- «Parabol Dreams» - «Teenage Emperors» - «The Hornhead» - «Noch
Nicht Nichts» - «Tongues Of Babel».
Total
Annihilation
Nach diesem Soundmassaker im positiven Sinne hatten es die Basler
Thrasher eher schwer in die Gänge zu kommen. Das kam mir etwa so vor,
wie wenn der FC Basel gegen den FC Zürich antritt, aber das soll es
dann auch gleich gewesen sein von wegen dem Vergleich auf
sportlicher Ebene. Energie war jedoch ohne Zweifel vorhanden und man
merkte der Truppe um Shouter Daniel Altwegg schon an, dass diese ein
paar Jahre länger unterwegs sind und sich das restliche Line-Up mit
Nicolas Stelz (g), Jürgen Schmid (g), Christian Kaiser (b) und
Michael Lautenschläger (d) keine Blösse gibt. Allerdings stammt der
letzte Longplayer «Extinction» aus dem Jahre 2012 und das aktuelle,
sprich Lebenszeichen auf Tonträger findet sich auf der Split-CD
«Southern Devastation», wo man sich den Kuchen mit den beiden
deutschen Combos Torment Tool und Traitor geteilt hat. Von den vier
Songs wurden heute Abend mit «Day Z» und «Solace For The Weak» deren
zwei gespielt. Total Annihilation zelebrieren Thrash Metal mit
leichten Death Metal Anleihen, wobei Frontmann Dani seinem Gesang
durchaus auch eine Prise Metalcore verpasst. Es dauerte nicht lange,
bis alle Bandmembers ihre Betriebstemperatur erreicht hatten und der
Schweiss in Strömen floss.
Da bei den Speedgranaten immer wieder groovige Parts eingeflochten
werden, lässt sich dazu bestens abschädeln und das taten dann nicht
wenige der Metalheads in den ersten Reihen. Wärmstens hierzu empfahl
sich beispielsweise auch «Panic», wo von der Gitarre her ein paar
Vibes von Machine Head auszumachen waren. Spätestens hier bekundete
ich mit Danis Gesang langsam aber sicher immer mehr Mühe. Die
permanent demonstrierte Vokal-Wut ermüdete meine Lauscher zusehends
und das riss dann das Ganze Paket zumindest für meine Wenigkeit
etwas runter. Die Songs selber waren insgesamt gut und wiesen
ordentlich Drive auf. Mit dem abschliessenden Track «War, Death,
Suffering» ging die musikalische Reise schliesslich noch zurück zu
den Anfängen, genauer zur EP «TA.08», die immerhin eine Dekade
zurück liegt. Der Auftritt von Total Annihilation war unter dem
Strich sehr solide und erzeugte eine gute Stimmung unter den überaus
aktiven Metalheads. Meine alternden Nackenwirbel nahmen daran zwar
keinen Anteil, aber das war schon gut so. Der eingangs gemachte
Vergleich der beiden Erzfeinde auf dem grünen Rasen ging für mich
persönlich jedoch eindeutig klar aus: 3 zu 1 für Zürich!
Setliste: «Intro» - «Brainless Pigs» - «Extinction» - «Silent
Warfare» - «Panic» - «Day Z» - «Big, Fat, Lying, Bastards» - «Solace
For The Weak» - «War, Death, Suffering».
Hirax
Was die Amis um ihren schwarzen Kultsänger Katon W. de Pena angeht,
so behaupte ich mal, dass jeder Typ, der sich als steinharter
Metalhead sieht und diese Band noch nie live gesehen hat, schlicht
nicht weiss, was Heavy Metal wirklich ausmacht! Punkt, aus und Ende
der Diskussion. Seit den 80ern ist Katon mit ständig wechselnden
Line-Ups unterwegs gewesen, und er hat sie alle überlebt in diesem
Sinne, dass er den Metal immer noch zu 200% lebt, mit jeder Faser
seines Körpers. Erfolgreich und letztlich „reich“ wurde er dabei
nicht, aber sein Stolz und die Liebe zum Heavy Metal ist
ungebrochen. Sobald der Mann auf einer Bühne steht und seine
Hintermannschaft beginnt einzuheizen, gibt es kein Halten mehr. Nach
wie vor begleitet von seinen zahlreichen Faxen und wilden Gesten
bringt er allen Fans und im Speziellen den Hirax-Fans stets eine
aufrichtige Dankbarkeit entgegen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil
die Reunion der Band Hirax im Jahre 2000 ohne zahlreich nachfragende
Fans nie mehr in die Gänge gekommen wäre. Obwohl Katon schon länger
das einzige Ur-Mitglied ist, scheint die aktuelle Besetzung mit
Lance Harrison (g), Steve Harrison (b) und Mike Vega (dr) zumindest
nach aussen hin sehr harmonisch zu sein. Das drückte sich auch in
der kollektiven Spielfreude aus, mit der die alten Schoten frischer
denn je klangen. Und so erstaunte es dann in der Folge nicht, dass
nicht nur auf der, sondern auch vor der Bühne sprichwörtlich der Bär
los war. Nebst wehenden Mähnen wurden auch zahlreiche Fäuste in die
Höhe gereckt und kleinere Moshpits angezettelt.
Man
wähnte sich zeitweilen glatt in den 80ern und Hirax lieferten dazu
den perfekten Soundtrack ab. Was allerdings den Drumsound anging, so
kam Schlagzeuger Mike Vega, obwohl er auf dem Drum von Matterhorn
spielte(!), nicht…, nein nie an das geniale Gepolter von Tim Tot
heran! Das erstaunte an dieser Stelle schon etwas, aber insgesamt
liess der Ami-Vierer natürlich nichts anbrennen und liess ein
krachendes Thrash-Brett vom Stapel, das sich gewaschen hatte. Die
Songs auf der aktuellen Tour spannten einen zeitlichen Bogen von
fast drei Dekaden zwischen dem full lenght Debüt «Raging Violence»
(1985) und dem bislang letzten Studiowerk «Immortal Legacy» von
2014. Dabei brauchten sich «Black Smoke» und «Hellion Rising» nicht
vor den alten Classics wie «Destroy» oder dem krachenden
Rausschmeisser «Bombs Of Death» zu verstecken. Ein weiteres
Highlight bescherte zudem «La Boca De La Bestia (The Mouth Of The
Beast)», wo Katon in Sachen Gesichtsakrobatik abermals alle Register
zog. Kurz vor 23:15 Uhr war dann die Show gefühlt fast etwas gar
früh zu Ende, doch die gezeigten knapp 65 Minuten waren an
Intensität kaum zu überbieten und lagen locker auf dem Niveau von
Overkill, Testament und Konsorten. Nach dem schweisstreibenden
Auftritt war die ganze Band noch beim Merchstand anzutreffen, wo
alle Wünsche der Fans zu lockerem und total allürenfreiem Smalltalk
erfüllt wurden. Somit ging ein weiterer und rundum gelungener
Konzertabend in die Annalen der Musigburg ein!
Setliste:
«Baptized By Fire» - «Hellion Rising» - «Lucifer's Infierno» -
«Lightning Thunder» - «Gallow's Pole» - «Blind Faith» - «Black
Smoke» - «Hate, Fear And Power» - «Hostile Territory» - «La Boca De
La Bestia (The Mouth Of The Beast)» - «Destroy» - «Black Tooth Grin»
- «El Diablo Negro» -- «Barrage Of Noise» - «Bombs Of Death».
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