Eigentlich ist es das gleiche Trauerspiel wie kurze Zeit
davor bei Joe Lynn Turner. Es stehen mit James Christian (v), Jimi
Bell (g), Chris McCarvill (b) und B.J. Zampa (d) absolute
Spitzenkönner auf dem Parkett und der Konzertgänger gibt lieber
viel Geld für eine völlig überbewertete Gurkentruppe aus. House Of
Lords haben Musikgeschichte geschrieben, als sie 1988 mit ihrem
Debüt und der monumentalen Ober-Ballade «Love Don't Lie» auf sich
aufmerksam gemacht haben. Das selbstbetitelte Werk bestach durch die
technischen Fähigkeiten der Musiker, welche die hart rockenden
Songs, mit orchestralen Arrangements, völlig von Poison-Liedern
abheben liessen. Was sich unter den Fittichen von Kiss-Bassist Gene
Simmons als imposante Super-Gruppe aufbaute, brach an den Egos 1992
wieder auseinander. Seit 2006 besteht die Truppe nun aus den gleichen vier
Musikern, die sich familiär auf der Bühne präsentieren und tight wie
Arsch im Mini-Z7 aufspielten.
Ohne Vorgruppe startete HOL um 21.00 Uhr und rockten das Mini-Z7 für
die kommenden knapp neunzig Minuten. Von Beginn weg präsentierte sich das
Quartett sehr sympathisch, völlig locker und ohne Rockstargehabe.
Dabei stachen die technischen Qualitäten nicht nur bei den
entsprechenden Solos hervor, sondern auch als kleine Parts bei den
jeweiligen Songs. Der Vierer hätte sich locker auf die ersten drei
HOL-Scheiben konzentrieren können, aber weniger als die Hälfte der
Tracks stammten aus der Frühphase der Amis. Der Rest repräsentierte
die letzten sechs Studioscheiben, wobei dabei der neueste Output
«Indestructible» klar im Mittelpunkt stand. «What an end of the tour
here at the Z7!», verkündete James mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Mister
Christian sang sehr gut und sah mit seiner Sonnenbrille wie Joe Lynn
Turner aus. Seine Performance war um einiges agiler als auch schon,
und man merkte es dem Shouter an, dass er diesen Gig mit allen Poren
genoss. Unterstützt durch die Keyboards vom Band konnte er sich aber
auch getrost auf seine Mitmusiker verlassen, bei denen B.J. ein
echter Hingucker ist. Was der Trommler
mit
seinen dünnen Armen und Beinen alles verdrosch, war absolute
Weltklasse. Mit kleinen Breaks und wirbelnden Stöcken überzeugte er
von der ersten Sekunde an. Er ist allerdings kein Tommy Lee (Mötley Crüe), der
sich in den Mittelpunkt spielen muss, sondern ein filigraner
Handwerker, der sich seiner Fähigkeiten bewusst ist und dabei die
Halle verzauberte. Vor ihm stand Bassist Chris, der heimliche
Mädchenschwarm. Der blondgelockte Basser zupfte einen fetten Groove
aufs Parkett und poste wie ein Gott. Das Einzige was ihn behinderte,
war die kleine Stage. Mit seinem Solo zeigte der Bassmann, was alles
in ihm steckt und hinterliess dabei viele offene Münder. Jimi Bell
ist vom Optischen her eine Mischung aus Gentleman und Rocker. Sein
Spiel erreicht locker Malmsteen-Niveau («Battle»), beinhaltete aber
auch mal einen modernen Ton («Rock Bottom»). Alle drei zusammen
sangen fantastische Backingvocals, bei denen sich speziell Chris als
ein echter Traumsäger entpuppte, und auch B.J. ist hierbei nicht zu unterschätzen.
«Thanks that you're here tonight», bedankte sich James nach
einer 35 Tage dauernden Tour, welche die Band auch nach Japan
führte (das Tourende wurde in Pratteln gefeiert). Dort wurden
garantiert die neuen Tracks «Call My Bluff», «100 Mph», «Go To Hell»
und «Come To My Kingdom» ebenso abgefeiert wie die alten Hits
«Sahara», «I Wanna Be
Loved», «Pleasure Palace», die Oberballade «Love Don't Lie» und die
einzige Zugabe «Slip Of The Tongue», welche noch immer ein
Speedtrack erster Güteklasse ist. Nach dem Klassiker «Can't Find My
Way Home» forderte James das Publikum auf; «Please! Hands up in the
air for Facebook» und versicherte, nachdem alle diesem Wunsch
nachkamen; «I paid nobody!» Abgesehen davon, dass der Sound mit
zunehmender Spieldauer zu laut und undifferenziert wurde und dass
Hits wie «S.O.S. In America», «Million Miles», «Talkin' but Love»,
«Remember My Name», oder «Call My Name» nicht gespielt wurden, gab
es absolut nichts zu meckern an diesem Superauftritt. Die komplette
Band stand fünf Minuten nach dem Konzert den Anwesenden noch für
Autogramme und Erinnerungsfotos zur Verfügung und präsentierte sich
so sehr fannah. Es war ein Erlebnis, House Of Lords wieder im Z7 zu
sehen. Man kann nur hoffen, dass nun wirklich alle merken, was für
eine begnadete Truppe die Jungs sind und all diejenigen, welche
nicht dabei waren, sich nach dem Lesen dieser Zeilen in den
Allerwertesten beissen...
Setliste: «Intro -
Purgatorio Overture No. 2» - «Come To My Kingdom» - «Big Money» - «Go
To Hell» - «Cartesian Dreams» - «Battle» - «Demon Wheel (Bass Solo
Chris McCarvill)» - «Call My Bluff» - «Love Don't Lie» - «I'm Free» -
«100 Mph» - «Drumagogery (Drum Solo B.J. Zampa)» - «Can't Find My Way
Home» - «Sahara» - «I Wanna Be Loved» - «Guitar Solo Jimi Bell» -
«Pleasure Palace» -- «Slip Of The Tongue».
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