Das Package Glenn Hughes zusammen mit Joe Lynn
Turner war in dieser Konstellation mal was Anderes, ja gar Neues. Beide
Vollblut-Musiker haben eine ruhmreiche Vergangenheit (Deep Purple, Black
Sabbath, respektive Rainbow und andere mehr) und in den letzten Jahren
mehr oder weniger regelmässig neue Solo-Alben veröffentlicht.
Während sich Hughes stilistisch zwischen Funk-, Blues- und Hard Rock
bewegte, legte sich Turner eher auf der gemässigteren und melodischeren
Schiene ins Zeug. In einer Zeit, wo es angesagt ist, dass (neben ihrer
Stammband) "zur Untätigkeit" verdammte Musiker eine Beschäftigung
suchen und sich deshalb Gleichgesinnte für Solo- und Projektscheiben
zusammensuchen, erstaunt es nicht, wenn sich auch altgediente Recken dem
hingeben. Der Unterschied ist einfach, dass man von solchen Verbindungen
vielleicht eher weiss, was man zu hören kriegt. Das gemeinsame Album
ist auf jeden Fall ganz flott geworden und für die Live-Performance
war abzusehen, dass sich da sicher auch einige Klassiker aus vergangenen
Zeiten in die Set-Liste schleichen würden, ja müssen! Den Support
auf dieser Tour bestritten Domain und eine japanische Band, von denen
wohl kaum einer der Anwesenden (mich eingeschlossen) je mal was gehört
haben dürfte.
Kelly Simonz' Blind Faith
Da ich etwas später unterwegs war und das Konzert zudem etwas früher
begann, spielte die Band aus dem Land der aufgehenden Sonne bereits, als
ich gegen 19.50 Uhr in die Konzerthalle eintrat. Der Sound kam aufgrund
der Dreier-Besetzung etwas dünn rüber (es standen eben nicht
Lemmy & Co. auf der Bühne!) und deshalb musste ich mir die Truppe
erst mal aus der Nähe anschauen. Kelly Simonz dürfte der Gitarrist
gewesen sein, der mit seinem aufgesetzten Cowboy-Hut etwas sonderbar aussah,
aber auf seiner Axt den frühen Zeiten von Ying Yang (Malmsteen) und
ein wenig Brother Hendrix frönte. Die Bassistin war eher kleinwüchsig
und kaum grösser als ihr Bass, wenn man ihn gerade hingestellt hätte.
Das Publikum, das zu dieser Zeit noch recht dürftig war, nahm kaum
Notiz von der etwas blutleeren Performance. Die Band zockte in der Folge
ihr Programm cool runter und bekam dennoch den einen oder anderen Klatscher
spendiert. Ich wage aber zu behaupten, dass der Dreier schon auf dem Nachhauseweg
abgehakt und vergessen wurde.
Domain
Die deutschen Melodic Hard Rocker präsentierten danach ihr neues
Album "Artefact", das gemäss den Reviews gegenüber
dem Vorgänger "One million lightyears from home" deutlich
besser abschneidet. Ich kann das nicht beurteilen, da ich nichts von Domain
bei mir im Regal stehen habe. Das wird sich nach diesem Konzert auch nicht
ändern, denn für mich klang das Ganze einfach zu belanglos.
Vor allem der Gitarren-Sound war mir zu dünn. Wenn
Axel Ritt anfing seine guten Soli runter zu fetzen, fehlte einfach der
Rhythmusteppich dahinter. Dazu kam, dass ein kurzfristig eingesprungener
Jung-Spund am Bass (Name???) mit seinem oftmaligen Windmühlen-Banging
zu diesem Sound etwas neben den Schuhen stand. Genau so wie der Keyboarder,
der (nur) optisch völlig durchfiel. Wie auch immer, die inzwischen
deutlich mehr gewordenen Fans entgegneten der Band spontanen Applaus und
auch mir gefiel gegen Ende des Sets noch der eine oder andere Song. Nicht
Fehlen durfte natürlich die entsprechende Schmalzballade. Grossartiges
stand da aber nicht auf der Bühne. Vor ein paar Jährchen, in
der Blütezeit des Melodic Hard Rock, hätten Domain mit diesem
Material bedeutend bessere Chancen gehabt. Heute gibt es einfach viel
zu viele Bands (alte wie neue) mit dieser Stilrichtung, die hier um die
Gunst der Fans buhlen. Doch die Spreu
wird gnadenlos vom Weizen getrennt und in wenigen Jährchen werden
einige Bands schon längst (wieder) Geschichte sein. Ob Domain dann
da auch dazu gehören werden oder stets am Ball sind, wird sich weisen.
Let the music talk
Hughes/Turner Project
Und dann war es endlich soweit! Man soll es glauben oder nicht, aber ich
sah beide an diesem Abend zum allerersten Mal live, wow! Glenn Hughes,
auch "The Funkmaster" genannt und dieses Jahr mittlerweile auch
schon 50 Jahre alt geworden, sah aus, wie wenn er gerade von einer Frischzellenkur
käme. Gekleidet in eine Lederhose und mit einem indisch anmutenden
Hemd versprühte er seine Persönlichkeit auf beeindruckende Art
und Weise. Keine Spur von verbraucht oder angesetzter Bierwampe! Die
hatte wenn schon Joe Lynn Turner, unübersehbar und gefärbte
Haare dazu, doch das kümmerte niemanden. Glenn trug sein Haar wieder
mal bis auf die Schultern runter (des isch truu!) und wartete hungrig
darauf, dass er endlich abrocken konnte. Der Opener vom neuen Album "Devil's
road" kam von Anfang an satt und fett rüber. Hughes's Bass zwar
noch zu wenig laut, was mit der entsprechenden Gestik in Richtung Guitar-Tech
deutlich zum Ausdruck kam. Was würde uns also alles noch so erwarten
an diesem Abend? Bereits der zweite Song war ein alter Rainbow-Heuler
("I surrender"). Turner sang nicht schlecht, kam aber nie auch
nur im Ansatz an die nach wie vor brilliante und messerscharfe Stimme
von Glenn heran. Der (Glenn) müsste Ian Gillan mal zeigen, was man
heute noch aus "Child in time" herausholen könnte! Nach
einem weiteren neuen Stück ("Can't stop Rock'n Roll") folgte
eine druckvolle Version von "Death alley driver". Hughes riss
dabei und im weiteren Verlauf Posen vom Feinsten und hatte sichtlich Spass
beim Spielen. Dieser Umstand konnte sicher auch seinen Mitmusikern zugeschrieben
werden, von denen vor allem Gitarrist JJ Marsh herausstach. Zwar mit etwas
schütterem Haar, aber seine Performance war dafür grandios.
Nicht selten (Stratocaster sei Dank!) hörte er sich bös nach
Ritchie Blackmore an.Und nun standen zwei Klassiker auf dem Programm,
die mich fast umhauten. Zuerst eine geniale Version von Iommi's "Seventh
star" und dann "Mistreated", du meine Güte!
Joe
weilte derweil hinter der Bühne, denn vorne wäre er wirklich
fehl am Platz gewesen. Bei "Stormbringer" (göttlich!!!)
machte er seine Sache aber gut und überraschte mit ein paar guten
Gitarren-Licks. "King of dreams" vom Purple-Album "Slaves
& masters" kam ebenso gut rüber. Nach dem vom 11. September
2001 inspirierten Song "Ride the storm" folgten gegen und leider
schon zum Schluss hin drei Hämmer, wovon einer eher unerwartet kam:
"Spotlight kid", "Highway star" (!) als erste und
zum Schluss natürlich eine furiose Version von "Burn",
dessen Eingangsriff JJ Marsh nur am Griffbrett allein erzeugte, was für
ein magischer Moment! Einziger Schwachpunkt neben dem manchmal halt etwas
mittelprächtigen Gesang von Mr. Turner war das Fehlen eines oder
mehrerer Songs von Purple's "Come taste the band"-Album, also
Sachen wie "You keep on moving", "This time around"
oder "Gettin' tighter".
Trotzdem wurden wir Zeuge eines sehr überzeugenden Konzertes, wohl
wissend, dass wir diese Band-Konstellation, wenn überhaupt, nicht
mehr so schnell zu Gesicht bekommen werden.
Set-Liste: "Devil's road", "I surrender", "Can't
stop Rock'n Roll", "Death alley driver", "Seventh
star", "Mistreated", "Jealous lover", "Stormbringer",
"Better man", "King of dreams", "Ride the storm",
"Spotlight kid", "Highway star", "Burn".
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