Livereview: Hypocrisy - Soilwork - Amorphis
19. April 2006, Pratteln Z7
By El Muerte
Diverse Umstände auf dem Weg ins Z7 trugen leider dazu bei, dass ich eine Stunde später als geplant vor Ort aufkreuzte, und nur noch Zeuge des letzten halben Songs von One Man Army And The Undead Quartet wurde, und selbstredend Scar Symmetry schon verpasst hatte. (Bei allem Respekt vor optimalen Zeitplänen, um Punkt sechs mit der Show anzufangen, finde ich doch ein wenig hastig, zumal die wenigsten der potenziellen Besucher bereits um diese Zeit ihre täglichen Verpflichtungen hinter sich gebracht hatten.)

Amorphis
Als Amorphis unter kräftigem Beifall ihr Set begannen, war ein Grossteil des Publikums ziemlich überrascht - Der Goth-Touch des kraftvollen Sechsers um Neuzugang Tomi Joutsen wollte anfänglich nicht so recht in das vom stählernen Tod durchzogene Programm passen. Nach den ersten Songs löste sich aber glücklicherweise die Anspannung des Publikums, was vor allem an der charismatischen Performance der Band liegen dürfte. Während des folgenden rund 40-minütigen Auftritts wurden nebst einigen neuen Songs (wie beispielsweise der Smash-Hit "House of sleep") hauptsächlich Klassiker aus der Schatztruhe geangelt, wobei sämtliche Songs bei mir ein undefinierbares Mitsing-Bedürfnis an den Tag legten. Obwohl hauptsächlich Tomi Joutsen im Scheinwerferlicht stand, gab sich die Band als Einheit, offensichtlich funktioniert die Zusammenarbeit prima. Und wenn wir schon gerade beim Thema sind: Tomi meisterte sämtliche Gesangs-Passagen ohne Mühe, die Wechsel zwischen klaren Vocals und gutturalen Growls kamen sauber - Amorphis haben hier klar einen Glücksgriff gelandet!

Soilwork
Als Soilwork bereits um 21.00 Uhr die Bühne betraten, war sofort klar, weswegen zumindest der jüngere Teil des Publikums überhaupt anwesend war. Die Band startete direkt mit dem Übersong "Follow the hollow" aus ihrem Durchbruchs-Album "Natural born chaos" durch, und die Haare flogen in sämtliche Richtungen. Vokalist Speed Strid agierte zwar etwas reserviert, feuerte dafür aber gesangstechnisch aus allen Rohren - was man vom Mix allerdings nicht behaupten konnte. Die Vocals gingen streckenweise beinahe komplett unter - Kein Wunder, dass sich am Ende des 45-minütigen Auftritts einige Besucher über die Band beklagten, denn ohne Gesang verliert man im progressiven Todesblei der Schweden schnell mal die Orientierung. Soilwork hingegen bekamen von all dem Drama nicht viel mit, sie feuerten Hit um Hit ins Publikum und wurden dafür mit baren Emotionen bezahlt. Von sämtlichen Alben wurde was gespielt, Hymnen wie "Bastard chain" und "Chainheart machine" fanden in der Setlist ebenso Verwendung, wie neuere Songs von "Figure number five" und "Stabbing the drama". Neuzugang Dirk Verbeuren (d) hämmerte sich auf seinem Mini-Kit arschtight durch die Show, die restliche Band gab sich bewegungsfreudig, und vor allem Bassist Ola Flink war andauernd für irgendwelche Scherze zu haben. Klasse Auftritt, bitte mehr davon!

Hypocrisy
Als sich Hypocrisy schliesslich um 22.30 Uhr mit "Let the knife do the talking" ins Gefecht stürzten, war ein grosser Teil des Publikums zwar bereits etwas abgekühlt, genoss dafür aber um so entspannter die Show. Chef-Alien Tägtgren und seine Mannen liessen nichts anbrennen und setzten hauptsächlich auf alte Gassenhauer der Marke "Fire in the sky", wobei schnelle Tracks und doomigere Songs sich in etwa die Waage hielten. Wie unser allseits geliebter Wishmaster (der an diesem Abend auch anwesend war) richtig erkannte, konnte die Band vor allem bei der zweitgenannten Spielweise brillieren, der durchschnittliche Haarflug unterstrich diese Theorie deutlich. Obwohl die Band sich absolut keine Schnitzer leistete, die Songs ordentlich groovten und Tägtgren die Stimmbänder bis zum Anschlag reizte, fehlte mir der eine oder andere showtechnische Höhepunkt. Das gesamte Paket kam zu routiniert rüber - Schade!


Auch interessant: Die circa 800 Besucher kamen in den Genuss des mittlerweile in der gesamten Szene etablierten "Magic-Buttons" am Mischpult. Noch nie davon gehört? Ich will's mal kurz erklären: Situation Vorbands: Schwammiger Mix, Feedback, undeutlicher Gesang. Situation Hauptband (Arbeitgeber): Glasklarer Mix, absolut kein Rauschen, klar verständliche Vocals. Da muss doch jemand den Magic-Button gedrückt haben, oder etwa nicht? Ich wäre wirklich froh, wenn man dieses "Phänomen" endlich zum Aussterben bringen könnte. Es kann doch nicht sein, dass man den kleineren Bands die Show vermiest, in dem man ihnen bewusst den Sound kaputt mixt! Anyway, die Reise ins Z7 hat sich mal wieder gelohnt, für wenig Kohle gleich fünf Bands um die Ohren gehaut zu kriegen (wenigstens für die pünktlichen Konzertgänger), das darf ruhig nachgeahmt werden!