Nachdem Frau Holle und Väterchen Frost eine gute Woche vorher
weit herum für einen weissen St. Nikolaus Tag gesorgt hatten, wurde
es im Z7 nicht wirklich weihnachtlich, sondern eher noch kälter!
Iced Earth gaben sich nämlich nach dem letzten Gastspiel in Huttwil
2008 (damals noch mit Matt Barlow) ein weiteres Mal die Ehre. Vom
neuen Sänger Stu Block hatte ich schon das eine oder andere im
Vorfeld vernommen, wollte mir aber nun selber ein Bild machen und
wurde an sich positiv überrascht. Mit dabei als Unterstützung waren
nicht weniger als drei Support-Bands, wovon mich vor allem Evergrey
interessierten. Die Nordlänger standen schon immer für einen
eigenständigen Sound und ihre letzten Alben überzeugten allesamt.
Zudem weiss ich aus freien Stücken nicht mehr genau, wann ich sie
zum letzten Mal live gesehen habe. Des Weiteren liessen Steel
Engraved den Metal-Hammer schwingen, doch den ersten Nagel schlugen
klar Dead Shape Figure ein.
Dead Shape Figure
Obwohl ich extra nochmals auf der Z7-Homepage nachgeschaut hatte,
standen die Finnen leider schon vorzeitig auf der Bühne, was mich
diesmal richtig geärgert hat! Dies, weil mir das, was mir da ans Ohr
drang, ungemein gut gefiel. Obwohl Dead Shape Figure Thrash'n'Roll
mit mehrheitlich metalcore-artigem Gesang zelebrieren, fand ich das
Paket ziemlich ansprechend. Dafür verantwortlich war der permanente
Groove, den die Band aus Helsinki verströmte. Frontmann Galzi sah
dabei zwar genau so aus, wie man sich einen genretypischen
Brüllwürfel eben vorstellt und mir kamen dabei vor allem die alten
Entombed als Vergleich in den Sinn. Doch da kam weit mehr als nur
tumbes Gepoltere und Gekreische rüber, und genau deshalb war ich
wirklich angesäuert, dass der Beginn des Konzertes vorverschoben
wurde. Während ich wenigstens noch eine gute Viertelstunde
miterleben durfte, kamen viele Leute für die erste Gruppe des Abends
schlicht zu spät. Dead Shape Figure wurden 2003 gegründet, haben mit
«The Grand Karoshi» (2008) und «Disease Of St. Vitus» (2010) zwei
Scheiben, plus heuer einzelne neue Songs am Start. Zwischendurch
waren auch eindeutige Vibes von Exodus oder Slayer auszumachen, aber
was wirklich überzeugte, war der permanente Druck nach vorne. Cool
fiel auch die Gitarrenarbeit von Juhani Flinck und Silver Ots aus
und Drummer Mohkis legte sich ebenfalls voll ins Zeug. Das konnte
man vom eigentlich praktisch teilnahmslosen Publikum leider nicht
behaupten.
Steel Engraved
Meine Befürchtung, dass mich die deutschen Metaller aus Ostbayern
nicht sonderlich ansprechen würden, wurde ziemlich schnell Tatsache.
In der Schnittmenge von True Metal und Versatzstücken aus Iron
Maiden, Accept oder Helloween spielten die Deutschen aus Grafenau
den Heavy Metal mit klassischem Genreaufbau. Sänger
Marco Schober
entschuldigte sich überraschenderweise schon früh bei den Fans von
wegen er sei stimmlich angeschlagen. Das, was er allerdings darauf
ablieferte, schien jedoch weit davon entfernt zu sein. Zum Glück
konnte man sagen, denn obwohl der eine oder andere instrumentale
Part meinen Geschmacksnerv eher bis schliesslich definitiv doch
nicht traf, schob der Herr Schober (klingt cool gell?!) den Karren
soweit konstant vor sich hin. Meine Wenigkeit zog sich dennoch
alsbald an den Biertresen zurück und verfolgte das Geschehen aus
quasi sicherer Entfernung. Trotzdem entging mir nicht, wie Steel Engraved zumindest den Versuch unternahmen, besonders cool rüber zu
kommen, indem sie sich ziemlich platt und gekünstelt immer wieder in
Pose warfen. Das wiederum warf während den ersten drei Songs
wenigstens ein paar gute Fotos ab, doch das konnte nicht darüber
hinweg täuschen, dass die Deutschen für gemischte Reaktionen
sorgten. Die Stimmung des Publikums befand sich insgesamt, trotz
sichtlich gesteigerter Anzahl, immer noch gefährlich am Rande einer
kollektiven Massenhypnose. Natürlich kam die Chose in den ganz
vorderen Reihen anders daher, sprich besser an, aber die Resonanz
auf das Gezeigte war so dürftig wie zuvor schon.
Setliste: «Steeler» - «Pray For The Dead» - «Desert Uprising» - «On
High Wings We Fly» - «Solitary Mission» - «Forlorn Empire» - «Godspeed
» - «I Am The War».
Evergrey
Nun musste eine Steigerung her und die liess zum Glück nicht lange
auf sich warten! Evergrey haben einfach das gewisse Etwas und das
nennt sich in erster Linie Ausstrahlung und Attitüde. Wenn das Ganze
dann noch mit Technik und Talent zusammen gebracht wird, ist der Weg
frei für eine geile Performance. Mein erster Berührungspunkt mit den
schwedischen Dark Metallern war um die Jahrtausendwende mit dem
Erwerb des zweiten Albums «Solitude.Dominance.Tragedy».
Wenn man
sich diese Scheibe heute, fast fünfzehn Jahre nach dem Release,
anhört, klingt alles immer noch frisch und keineswegs angestaubt.
Dreh- und Angel-punkt von Evergrey ist Frontmann und Gitarrist Tom S.
Englund, notabene das einzige verbliebene Ur-Mitglied. Geblieben ist
das Gespür für epische Songs, die damals mit Tad Morose verglichen
werden konnten. Nebst dem melodischen Element sind auch
progressive Vibes der Marke Dream Theater nicht von der Hand zu
weisen. Während Letztere ihre Karriere in diesem Zeitraum, also seit
den 90ern richtig anschoben, verbuchten Evergrey erst 2005 mit der
Live-DVD «A Night To Remember» einen grösseren Erfolg in ihrer
Heimat. Aus eher unerfindlichen Gründen verlor ich das Interesse an
den Schweden und nahm die Fährte eigentlich erst wieder 2008 mit der
Scheibe «Torn» auf. Der aktuelle Silberling kam 2011 heraus und
trägt den Titel «Glorious Collision». Somit waren Evergrey nicht
wirklich auf Promo-Tour, sondern bereicherten das Billing als
Co-Headliner. Nach einer recht kurzen Umbaupause von rund zwanzig
Minuten legten Master Englund und seine Band mit «Leave It Behind
Us», dem Opener der letzten, also "neuen" Langrille, wuchtig los.
Die nachfolgenden Songs «The Masterplan» und «Rulers Of The Mind»
hatten dann glatt zehn Jahre mehr auf dem Buckel (ab «In Search Of
Truth, 2001). Gemeinsam war ihnen aber der klar
erkennbare rote
Faden und Englund (hatte heute übrigens Geburtstag), der mit seiner
Körpergrösse und Stimme so zu sagen alles überragte. Dem zunehmenden
Druck konnten die Fans dann nicht mehr entrinnen, und so wachten die
sechs bis knapp sieben Hundertschaften im Z7 endlich auf und sorgten
für das verdiente Feedback. Während gut einer Stunde zockten die
Schweden einen sehr tighten Set runter, der unter anderem auch von
feinen Einzelleistungen der Herren Marcus Jidell (ja, das ist/war
der Gitarrist von Royal Hunt), Rikard Zander an den Keyboards und
Drummer Hannes Van Dahl bereichert wurde. Dass es dann letztlich
echt fett rüber kam, war ebenso der Verdienst von Bassist Johan
Niemann, dessen Instrument donner-gleich die Wände erzittern liess.
Gerne hätte man Evergrey länger zugehört, aber schliesslich wartete
ja noch der Headliner auf seinen Auftritt.
Setliste: «Leave It Behind Us» - «The Masterplan» - «Rulers Of The
Mind» - «Blinded» - «As I Lie Here Bleeding (mit Piano Intro)» - «Wrong»
- «Frozen» - «Recreation Day» - «Broken Wings» - «A Touch Of
Blessing».
Iced Earth
Just in der Zeit, als Evergrey erst so richtig los legten, standen
Iced Earth mit dem 98er Hammer-Album «Something Wicked This Way
Comes» quasi auf dem Zenit ihrer Karriere. Dort kam nämlich die
ganze Bandbreite der Ami-Band um Mastermind Jon Schaffer zum Tragen,
die nicht nur aus thrashigem wie speedigem Gepolter bestand, sondern
zwischendurch auch gedrosselt, wie zum Beispiel beim Götter-Song «Melancholy
(Holy Martyr)» die durch Sänger Matt Barlow veredelte Genialität des
Songwritings erst recht zum Ausdruck brachte. Die zur Tour im
Anschluss veröffentlichte Live-Box «Live in Athens» (heute ist das
originale fünffache Picture-Vinyl kaum mehr aufzutreiben, wenn
überhaupt), respektive die Nachlese als DVD und Triple-CD gehören
mitunter zum Besten, was diese Stil-Ecke je hervor gebracht hat. In
den Jahren danach lief es dann nicht mehr so rund und nebst den
gesundheitlichen Problemen von Jon Schaffer wurde auch der Posten am
Mikrophon zwischenzeitlich neu besetzt. Kein Geringerer als der
Ex-Judas Priest Shouter Tim "Ripper" Owens wurde so ein Teil der
Bandgeschichte. Viele Fans goutierten diese neue Situation aber
nicht wirklich und mit der vielbejubelten Rückkehr von Mr. Barlow
Ende 2007 wurde man den alten Vibes mehrheitlich tatsächlich
nochmals gerecht. Wie man heute
weiss, hielt diese Reunion der Realität aber nicht stand und seit dem letzten Studio-Album «Dystopia»
(2011) ist Stu Block, der "Neue", mit an Bord. Dieser wusste sehr
wohl, in welche Fussstapfen er da zu treten hatte, machte es aber
von Anfang an gut und zeigte das auch im Z7 zu Pratteln auf
eindrückliche Weise. Dennoch musste ich mich an die hammergeile, in
drei Akte unterteilte Show zum Album «Horror Show» (2001/2002)
zurück erinnern. Nichtsdestotrotz startete der Headliner von heute
Abend standes-gemäss mit «Dystopia» als Opener kurz vor 22.00 Uhr.
Der Begrüssungsapplaus der knapp 700 Leute war gleichermassen
herzlich wie laut..., gut so! Die Band wirkte frisch und
tatenfreudig, was vor allem im Fall von Jon Schaffer wegen seinen
(einst?) hartnäckigen Rückenproblemen sehr erfreulich war. Im Fokus
des Geschehens und eigentlich auf dem Prüfstand stand aber Stu
Block. Doch dieser liess sich durch nichts aus der Ruhe bringen und
lieferte als vorderster Mann amtlich ab. Die Kulisse in Form eines
riesigen Backdrops mit dem etablierten Monster als Sujet verlieh dem
Ganzen den richtigen Rahmen. Dass dabei nicht weniger als fünf Songs
von «Something Wicked This Way Comes» stammten, unterstrich die
fortwährende Bedeutung dieses Meisterwerks aufs Neue. Ebenso fiel
der Dresscode der Band und auch der Leute aus dem Tross auf.
Sämtliche Bandmitglieder trugen zum Beispiel eine Jeanskutte, wo
hinten ein Iced Earth Aufnäher zu sehen war, während die Crew
einheitliche Shirts bezüglich des Motivs zur Schau trug. Auch ohne
dieses Detail speziell hervor zu heben, bekam das Publikum eine fast
zweistündige Heavy Metal-Show der Extraklasse geboten. Die verdiente
Reaktion der Z7-Besucher gipfelte schliesslich im Klassiker «Watching
Over Me» (ab welchem Album, wird jetzt an dieser Stelle nicht nochmals
erwähnt!) in einer zusätzlichen, nicht auf der offiziellen
Setliste stehenden Zugabe. Fazit: Es war somit klar besser als
erwartet, aber früher wurde man halt von der schieren Power aus
Tampa (FL) regelrecht platt gewalzt.
Setliste: «Dystopia» - «Burning Times» - « Pure Evil » - «Wolf» -
«V» - «My Own Savior» - «I Died For You » - «Invasion» - «Motivation
Of Man» - «Setian Massacre» - «Anthem» - «Prophecy» - «Dark City» -
«Equilibrium» - «The Hunter» -- «In Sacred Flames» - «Boiling Point»
- «Melancholy (Holy Martyr)» - «Iced Earth» --- «Watching Over Me».
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