Livereview: Iced Earth - Warbringer - Elm Street

22. Januar 2014, Pratteln – Z7
By Tinu
Iced Earth sind für mich die Band der Stunde. Mit einem wahnsinns neuen Werk am Start («Plagues Of Babylon») und einer Mannschaft, die sich sehen lassen darf, steht Bandleader Jon Schaffer wieder dort, wo er auch hingehört. An die Spitze des Metals. Zusammen mit den Thrashern von Warbringer und den Jungspunden Elm Street ging es auf Tour. Sind die australischen Elm Street noch eine sehr passende Ergänzung, war für einige der ruppige Thrash von Warbringer doch schon zu viel des Guten. Wenn wir aber ehrlich sind, interessiert eh nur der Headliner und der erfüllte seine Pflicht bravourös. Mehr aber leider auch nicht…

Elm Street
Das Quartett Elm Street startete den Reigen. Gekleidet in alte Metal Shirts (Manowar, Megadeth, Cacophony) ging den Jungs das Herz auf, als sie die Bretter besteigen konnten. Man muss die Band einfach gern haben, denn selten sieht man eine Truppe dermassen authentisch und hingebungsvoll ihre Songs zelebrieren. Auch wenn das Ganze musikalisch an Skull Fist, White Wizzard oder Enforcer erinnert und alles weit davon entfernt ist, den Innovationspreis verliehen zu bekommen, so machen Elm Street alles richtig. Coole Songs, die von Melodie und Härte vorangetrieben werden, und über dem Ganzen thront ein feines, filigranes Solo sowie der geile, kreischende Gesang von Ben Batres. Die Mähnen sind stetig in Bewegung und die Freude ist den Herren ins Gesicht gemeisselt. Wer bei W.A.S.P., Iron Maiden, Megadeth, Hitman und Fifth Angel nicht ruhig stehen bleiben kann, muss sich unbedingt die Lieder des Debüt-Albums «Barbed Wire Metal» anhören. Elm Street fanden recht schnell Anklang beim Publikum, auch wenn der Bandname den Wenigsten ein Begriff war. Aber diese schnörkellose Unbekümmertheit fesselt von der ersten Sekunde an und liess bis zum Schluss nicht mehr los. Vor 20 Jahren wären die Jungs von den Metallern auf Händen getragen worden. Heute ist der Sound nicht mehr trendy, aber noch immer hörenswerter, als 95 Prozent von dem, was neu auf den Markt kommt. Elm Street, eine Combo für die Zukunft!




Warbringer
Zwei Dinge blieben mir nach dem Konzert von Warbringer in Erinnerung. Einerseits die komischen, an epileptischen Zuckungen angelehnte Performance des Bassisten und die furchteinflössende und äusserst authentische Performance («good friendly violent fun») von Sänger John Kevill. Der Typ ist ein Unikum, lebt seinen Sound mit jeder Pore seines Körpers, stachelt mit seinem Blick die Besucher auf und spannt jeden Muskel seines Körpers, wenn er die Vocals in die Halle schreit. John heizte den Besuchern ein, konnte nach der zweiten Aufforderung sogar einen Pit zum Aufleben erzwingen und ist als Rampensau in die gleiche Kategorie wie Gerre von Tankard einzureihen. Der Rest, und das eigentlich Wesentliche, blieb nicht hängen. Die Songs sind austauschbar mit denjenigen der anderen jungen Thrash-Bands, die bis heute nicht verstanden haben, dass nur Brutalität noch lange keinen guten Song ausmacht. Vielleicht sind auch die Klassiker in diesem Bereich schon lange geschrieben und alles was es da zu erzählen gibt, ist erzählt. Auch wenn Warbringer die ersten Reihen zum Schreien brachten, etwas wirklich Bleibendes, das fehlte. Tja und dann ist da noch der optische Anspruch an eine solche Truppe. Ein kurzhaariger Gitarrist und die schon angesprochenen Bewegungen des Bassisten gehen gar nicht. L.A. hat schon bessere Bands hervor gebracht und auch wenn Warbringer keine schlechte Truppe ist, bleibt sie mit dieser Vorstellung eine von vielen…



Iced Earth
Stilvoll gekleidet, alle Bandmembers mit einem grossen «Plagues Of Babylon»-Rückenpatch versehen, bestiegen Iced Earth die Bühne. An den Kesseln sass ein bekanntes Gesicht, aber nicht Brent Smedley. Leider muss man einerseits an dieser Stelle sagen, denn dieser typische Iced Earth-Groove ist klar die Baustelle von Brent. Sein Nachfolger Jon Dette (ehemals Slayer, Testament) nahm seinen Dienst andererseits pflichtbewusst wahr und spielte unglaublich präzis. Vielleicht sogar ein bisschen zu präzis… Es war aber ein Ohren- und Augenschmaus zu sehen, mit welcher Wucht Jon seine Toms und Becken zerdepperte. Vorne schrie sich, der seit 2011 fest im Boot sitzende, Stu Block die Seele aus dem Leib. Der Kanadier hat allerdings ab und zu Probleme. Ob dies nun an seiner Stimme lag, die versagte, oder am Mikrofon kann ich nicht beurteilen. Ansonsten gab Stu alles und hatte von Beginn weg die Besucher unter Kontrolle, aber noch nicht auf seiner Seite. Jon und sein Sidekick, Leadgitarrist Troy Seele, verrichteten ihren Dienst. Der Bewegungsradius war dabei eher klein und die Beiden schienen sich eher auf das Spielen der Songs zu konzentrieren, denn auf eine wilde Performance. Während in der Mitte Stu und Bassist Luke Appleton wirbelten und immer in Bewegung waren, entpuppte sich die Seitenflanken als eher ruhig. Vielleicht liegt das noch an den Rückenproblemen von Jon, aber zumindest Troy hätte da etwas mehr Dampf an den Tag legen dürfen.

Songtechnisch setzte die Band erwartungsgemäss den neuen Longplayer in den Mittelpunkt und spielte daraus sechs Tracks. Speziell das von Jon an seinen Grossvater gewidmete «If I Could See You», das mit einem grossartigen Chor begleitet wurde und «The End?» könnten zukünftig in der Setliste hängen bleiben. Schade, dass die Herren das zu Beginn der Tour noch vorgetragene «Peacemaker» aus der Setliste gekickt haben und durch «V» ersetzten. Ansonsten gab es viel Bekanntes von «Something Wicked This Way Comes» (vier Songs und ohne «Burning Times»!!!) und «The Dark Saga» (drei Lieder). Dabei gerieten «Blessed Are You» und «Watching Over Me» zu den Sing-Orgasmen des Abends und mit «Red Baron/Blue Max» packte der Fünfer einen Songs des völlig unterbewerteten «The Glorious Burden»-Werkes aus.

«It's a little bit to quiet out there! How are you?». Es schien Stu nicht immer laut genug zu sein und ganz ehrlich, er hatte Recht. Auch wenn Iced Earth an diesem Abend sicherlich nicht ihre beste Show spielten, rechtfertigte dies die teils recht verhaltenen Reaktionen nicht. Dies änderte sich zum Glück gegen Ende des Konzertes, aber leider erst dann... - Tja, Jon hat an einem Konzert sicherlich auch schon mehr ins Publikum gegrinst und ich denke, die doch etwas längere Wartezeit bis der erste Ton des Zugabeblocks gespielt wurde, spricht für sich…

Fazit. Mit einer tollen Bühnendekoration, die an das Cover des neuen Album angehlehnt war, einigen Side Drops, einer technisch einwandfreien Truppe, einer tollen Setliste (auch wenn man leider wieder auf «Dantes Inferno» verzichtete, obwohl man den auf der letzten Tour wieder spielte) und einer im Vergleich zu anderen Bands sehr tighten und agilen Truppe, haben Iced Earth schon mehr gekickt. Das kann aber auch an den verhaltenen Reaktionen des Publikums gelegen haben. Stu versuchte alles Mögliche, aber einige liessen sich sehr lange nicht aus ihrer Lethargie reissen…

Setliste: «Plagues Of Babylon» - «Democide» - «Dark Saga» - «V» - «If I Could See You» - «Disciples Of The Lie» - «Jekyll & Hyde» - «Among The Living Dead» - «Red Baron/Blue Max» - «Blessed Are You» - «Vengeance Is Mine» - «Cthulhu»» - ««My Own Savior» - «The End?» - «A Question Of Heaven» - «Dystopia» - «Watching Over Me»» - «Iced Earth».