Iced Earth sind für mich die Band der Stunde. Mit einem wahnsinns
neuen Werk am Start («Plagues Of Babylon») und einer Mannschaft, die
sich sehen lassen darf, steht Bandleader Jon Schaffer wieder dort,
wo er auch hingehört. An die Spitze des Metals. Zusammen mit den
Thrashern von Warbringer und den Jungspunden Elm Street ging es auf
Tour. Sind die australischen Elm Street noch eine sehr passende
Ergänzung, war für einige der ruppige Thrash von Warbringer doch
schon zu viel des Guten. Wenn wir aber ehrlich sind, interessiert eh
nur der Headliner und der erfüllte seine Pflicht bravourös. Mehr aber
leider auch nicht…
Elm Street
Das Quartett Elm Street startete den Reigen. Gekleidet in alte Metal
Shirts (Manowar, Megadeth, Cacophony) ging den Jungs das Herz auf,
als sie die Bretter besteigen konnten. Man muss die Band einfach
gern haben, denn selten sieht man eine Truppe dermassen authentisch
und hingebungsvoll ihre Songs zelebrieren. Auch wenn das Ganze
musikalisch an Skull Fist, White Wizzard oder Enforcer erinnert und
alles weit davon entfernt ist, den Innovationspreis verliehen zu
bekommen, so machen Elm Street alles richtig. Coole Songs, die von
Melodie und Härte vorangetrieben werden, und über dem Ganzen thront
ein feines, filigranes Solo sowie der geile,
kreischende Gesang von
Ben Batres. Die Mähnen sind stetig in Bewegung und die Freude ist
den Herren ins Gesicht gemeisselt. Wer bei W.A.S.P., Iron Maiden,
Megadeth, Hitman und Fifth Angel nicht ruhig stehen bleiben kann,
muss sich unbedingt die Lieder des Debüt-Albums «Barbed Wire Metal»
anhören. Elm Street fanden recht schnell Anklang beim Publikum, auch
wenn der Bandname den Wenigsten ein Begriff war. Aber diese
schnörkellose Unbekümmertheit fesselt von der ersten Sekunde an und
liess bis zum Schluss nicht mehr los. Vor 20 Jahren wären die Jungs
von den Metallern auf Händen getragen worden. Heute ist der Sound
nicht mehr trendy, aber noch immer hörenswerter, als 95 Prozent von dem,
was neu auf den Markt kommt. Elm Street, eine Combo für die Zukunft!
Warbringer
Zwei Dinge blieben mir nach dem Konzert von Warbringer in
Erinnerung. Einerseits die komischen, an epileptischen Zuckungen
angelehnte Performance des Bassisten und die furchteinflössende und
äusserst authentische Performance («good friendly violent fun») von
Sänger John Kevill. Der Typ ist ein Unikum, lebt seinen Sound mit
jeder Pore seines Körpers, stachelt mit seinem Blick die Besucher
auf und spannt jeden Muskel seines Körpers, wenn er die Vocals in
die Halle schreit. John heizte den Besuchern ein, konnte nach der
zweiten Aufforderung sogar einen Pit zum Aufleben erzwingen und ist
als Rampensau in die gleiche Kategorie wie Gerre von Tankard
einzureihen. Der Rest, und das eigentlich Wesentliche, blieb nicht
hängen. Die Songs sind austauschbar mit denjenigen der anderen
jungen Thrash-Bands, die bis heute nicht verstanden haben, dass nur
Brutalität noch lange keinen guten Song ausmacht. Vielleicht sind
auch die Klassiker in diesem Bereich schon lange geschrieben und
alles was es da zu erzählen gibt, ist erzählt. Auch wenn Warbringer
die ersten Reihen zum Schreien brachten, etwas wirklich Bleibendes,
das fehlte. Tja und dann ist da noch der optische Anspruch an eine
solche Truppe. Ein kurzhaariger Gitarrist und die schon
angesprochenen Bewegungen des Bassisten gehen gar nicht. L.A. hat
schon bessere Bands hervor gebracht und auch wenn Warbringer keine
schlechte Truppe ist, bleibt sie mit dieser Vorstellung eine von
vielen…
Iced Earth
Stilvoll gekleidet, alle Bandmembers mit einem grossen «Plagues Of
Babylon»-Rückenpatch versehen, bestiegen Iced Earth die Bühne. An
den Kesseln sass ein bekanntes Gesicht, aber nicht Brent Smedley.
Leider muss man einerseits an dieser Stelle sagen, denn dieser typische
Iced Earth-Groove ist klar die Baustelle von Brent. Sein Nachfolger Jon Dette (ehemals Slayer,
Testament) nahm seinen Dienst andererseits pflichtbewusst wahr und spielte
unglaublich präzis. Vielleicht sogar ein bisschen zu präzis… Es war
aber ein Ohren- und Augenschmaus zu sehen, mit welcher Wucht Jon
seine Toms und Becken zerdepperte. Vorne schrie sich, der seit 2011
fest im Boot sitzende, Stu
Block die Seele aus dem Leib. Der
Kanadier hat allerdings ab und zu Probleme. Ob dies nun an seiner Stimme lag,
die versagte, oder am Mikrofon kann ich nicht beurteilen. Ansonsten
gab Stu alles und hatte von Beginn weg die Besucher unter Kontrolle,
aber noch nicht auf seiner Seite. Jon und sein Sidekick,
Leadgitarrist Troy Seele, verrichteten ihren Dienst. Der
Bewegungsradius war dabei eher klein und die Beiden schienen sich
eher auf das Spielen der Songs zu konzentrieren, denn auf eine wilde
Performance. Während in der Mitte Stu und Bassist Luke Appleton
wirbelten und immer in Bewegung waren, entpuppte sich die
Seitenflanken als eher ruhig. Vielleicht liegt das noch an den
Rückenproblemen von Jon, aber zumindest Troy hätte da etwas mehr
Dampf an den Tag legen dürfen.
Songtechnisch setzte die Band erwartungsgemäss den neuen Longplayer
in den Mittelpunkt und spielte daraus sechs Tracks. Speziell das
von Jon an seinen Grossvater gewidmete «If I Could See You», das mit
einem grossartigen Chor begleitet wurde und «The End?» könnten
zukünftig in der Setliste hängen bleiben. Schade, dass die Herren das
zu Beginn der Tour noch vorgetragene «Peacemaker» aus der Setliste
gekickt haben und durch «V» ersetzten. Ansonsten gab es viel Bekanntes von
«Something Wicked This Way Comes» (vier Songs und ohne «Burning
Times»!!!) und «The Dark Saga» (drei Lieder). Dabei gerieten «Blessed
Are You» und «Watching Over Me» zu den Sing-Orgasmen des Abends und
mit «Red Baron/Blue Max» packte der Fünfer einen Songs des völlig
unterbewerteten «The Glorious Burden»-Werkes aus.
«It's a little bit to quiet out there! How are you?». Es schien Stu
nicht immer laut genug zu sein und ganz ehrlich, er hatte Recht.
Auch wenn Iced Earth an diesem Abend sicherlich nicht ihre beste
Show spielten, rechtfertigte dies die teils recht verhaltenen
Reaktionen nicht. Dies änderte sich zum Glück gegen Ende des
Konzertes, aber leider erst dann... - Tja, Jon hat an einem Konzert
sicherlich auch schon mehr ins Publikum gegrinst und ich denke, die
doch etwas längere Wartezeit bis der erste Ton des Zugabeblocks
gespielt wurde, spricht für sich…
Fazit. Mit einer tollen Bühnendekoration, die an das Cover des neuen
Album angehlehnt war, einigen Side Drops, einer technisch
einwandfreien Truppe, einer tollen Setliste (auch wenn man leider
wieder auf «Dantes Inferno» verzichtete, obwohl man den auf der
letzten Tour wieder spielte) und einer im Vergleich zu anderen Bands
sehr tighten und agilen Truppe, haben Iced Earth schon mehr gekickt.
Das kann aber auch an den verhaltenen Reaktionen des Publikums
gelegen haben. Stu versuchte alles Mögliche, aber einige liessen sich sehr
lange nicht aus ihrer Lethargie reissen…
Setliste: «Plagues Of Babylon» - «Democide» - «Dark Saga» - «V» -
«If I Could See You» - «Disciples Of The Lie» - «Jekyll & Hyde» -
«Among The Living Dead» - «Red Baron/Blue Max» - «Blessed Are You» -
«Vengeance Is Mine» - «Cthulhu»» - ««My Own Savior» - «The End?» -
«A Question Of Heaven» - «Dystopia» - «Watching Over Me»» - «Iced Earth».
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