Durch den
Konzert-Kalender der Baselbieter Hopefuls Excentric wurde ich überhaupt erst auf diesen
mir zuvor etwas "suspekten" Anlass aufmerksam. Zuerst dachte ich an einen Event
in einer Halle, wenn auch einer eher kleinen. Die Sache entpuppte sich dann allerdings als
ganz anders gelagert, als der Ort des Geschehens genauer unter die Lupe genommen wurde.
Rock im Emmental ist ja an sich (dank Shakra) etabliert und die Erinnerungen an die
Biker-Party 2002 in Sumiswald (mit einem der besten Auftritte von Krokus in der jüngeren
Vergangenheit überhaupt!) sind noch präsent, wie wenn der Anlass erst gestern gewesen
wäre. Für das "Ice-Rock" musste man aber noch tiefer ins Tal hinein fahren,
genauer bis nach Wasen. Dort erwartete einen zuerst mal eine riesige Wiese, die als
Parkfläche für die Autos der Besucher vorgesehen war und nach kurzem Fussmarsch in
Richtung der dort stehenden Gaststätte war es soweit: Willkommen zur dritten Ausgabe des
"Ice-Rock"! Noch nicht mal im Festival-Gelände drin, stach mir bereits
beissender Rauch in die Nase und Augen. Zudem war ich froh, dass ich die äusseren Bedingungen (es war schweinekalt mit deutlichen Minus-Temperaturen bei
glasklarem Himmel!) richtig eingeschätzt und mich entsprechend warm eingekleidet hatte.
Nach kurzer Begrüssung durch Rolf Sommer, den Presseverantwortlichen des
"Ice-Rock", bekam ich den Presse-Pass ausgehändigt und nahm sogleich den
kultigen Ort in Beschlag. Was sich dann meinem erstaunten Blick alles so bot, war ein
richtiges Kleinod. Fritz "Fridu" Gerber (übrigens Drummer von Chickenhouse) als
Ideen-Geber des kultigen Events verhalf diesem eigentümlichen Anlass zum Leben und hatte
auch dieses Jahr, zusammen mit der ganzen Crew (Catering, Security, Bühnen-Crew, Bar und
so weiter) wieder ein richtiges Rock-Dorf erschaffen. Da muss man erst mal drauf kommen!
Ein (Halb-) Open-Air mitten im Winter und dann noch in so einem "Chrache"
hinten! Letztes Jahr zockten hier unter anderem die Lokalmatadoren Shakra, wovon sich
Gitarrist Thom Blunier am Freitag Abend auch unter die Leute gemischt hatte, aber partout
nicht erkannt werden wollte. Dieses Jahr standen vier Schweizer Combos auf dem Programm,
die sich zuerst allesamt mal mit den Tücken eines nicht alltäglichen Auftrittes
herumschlagen mussten!
Excentric
Mit etwas Verspätung und ziemlich kalten Fingern enterten die Jungspunde aus dem
Baselbiet die Bühne und rockten gleich voll drauf los. Vor noch etwas spärlicher Kulisse
von etwa knapp 100 Besuchern war man bemüht, nebst den eigenen Gliedern auch die der Fans
zu erwärmen. Nach dem Opener "Take this!" und weiteren zwei Songs war das Eis
bereits gebrochen (was für ein treffendes Zitat, nicht?!!) und die Band wurde immer
lauter beklatscht. Der Sound im überdachten Bühnenbereich (respektive dem eigentlichen
Landmaschinen-Unterstand) war nicht mal übel, wenn auch etwas zu leise für meine
Begriffe. Nichtsdestotrotz hauten die Jungs ordentlich rein und zeigten einmal mehr, dass
sie für die Bühne geschaffen sind. Drummer Raff hatte zwangsläufig nie Probleme mit der
eisigen Witterung, aber Solo-Klampfer Chris bekundete etwas Mühe, seine angefrorenen
Griffel programmgemäss bewegen zu können. Derweil posten Pivi (b & v), dessen Stimme
immer besser wird und Boris (g) wieder vom Feinsten. Die Setliste war nebst drei Songs der
ersten CD mit neuen Werken wie "Highway", "Break me down" und dem
geilen "Seven" bestückt. Auch wenn die Nu Rocker danach selbstkritisch nicht so
angetan von ihrem Auftritt waren, so blitzte das vorhandene Potenzial alleweil auf und man
darf gespannt sein, wie sich das neue Album (das irgendwann in diesem Jahr folgt!)
anhören wird. Auf jeden Fall entlockte man der inzwischen sichtbar angewachsenen Meute
verdienten Applaus und legte schon mal für Excelsis, der zweiten Gruppe des Abends,
ordentlich vor. Dabei verströmte die rock'n'rollige Cover-Version von "Cold hard
bitch" als stilistischer Kontrast mächtig gute Laune und bildete so die musikalische
Brücke zu Pure Inc. und natürlich Mines. Weitere Info's und Daten zu Excentric:
www.excentric.ch
Set-Liste: "Take this", "Highway", "Break me down",
"They", "Guardian angel" (incl. Intro)", "Your prison",
"Street of life", "My sacrifice", "No more",
"Neverlasting", "Can't stand you", "Cold hard bitch",
"Seven".
Excelsis
Die Folk Power Metaller geniessen mittlerweile einen überaus guten Ruf in der Schweiz und
haben seit der Gründung von 1994 kontinuierlich an sich und ihrer Musik gearbeitet. Dabei
sind sie sich jedoch immer treu geblieben und ziehen ihr Ding seither kompromisslos durch.
Der Auftritt war in drei Teile eingeteilt, nämlich "Intro", Part
"Brüeder" und Part "Drägönslayer". Der Einstieg in den Set
gestaltete sich allerdings etwas harzig, was die Stimmung betraf. Längere Zeit waren die
Reaktionen der Fans eher verhalten, von ein paar bangenden Maniacs in den ersten Reihen
mal abgesehen. Die düstere Komponente der Musik von Excelsis legte vorerst einen etwas
bleiernen Schleier über die Köpfe der Besucher. Dies wiederum "passte" dann
allerdings zum unablässig vorhandenen Rauch des Lagerfeuers draussen. Das konnte die
Truppe um den versierten Sänger Münggü freilich nicht davon abhalten, ihren Folk Power
Metal weiter zu zelebrieren. Keyboarder Ädü, etwas im hinteren Bereich der Bühne
angesiedelt, verströmte im gedämpften Licht, zusammen mit massig Trockeneis die
richtigen Vibes zu den eisigen, äusseren Verhältnissen. Wie es sich für das Folk-Genre
gehört, bewiesen Sänger Münggu und Gitarrist Rölu, dass sie sich auch auf
verschiedenen Blasinstrumenten (nebst der wohl bei einigen Besuchern in jungen
Primarschul-Jahre wohl oft verhassten Blockflöte!) keine Blösse gaben. Die enge Bühne
veranlasste die Saitenfraktion zu eher wenigen Bewegungs- und Standortwechseln, wodurch
sich das Gesamtbild etwas statisch präsentierte. Im Zentrum der Gruppe stand allerdings
klar Münggü, der doch einiges an Charisma versprühte. Mich persönlich haute die
Performance zwar nicht sonderlich vom Hocker, was aber klar eine Frage des persönlichen
Geschmackes ist. Nichtsdestotrotz vermochten die Berner gegen Schluss des Konzertes mit
den zwei lüpfigen Mundart-Songs (!) "s' Annebäbeli" und "Dr. Frosch"
die Fans noch ordentlich aus der Reserve zu locken. Damit wurde deutlich sichtbar, was an
dieser Stelle eine Band wie zum Beispiel QL hätte ausrichten können. Das soll den
insgesamt routinierten Auftritt von Excelsis aber keineswegs schmälern! Weitere Info's
und Daten zu Excelsis: www.excelsis.ch
Set-Liste: Part 1:"The quest", "I lost my soul", "Houses of
healing" - Part 2: "The fool and the skulls", "We are kings",
"Forgotten hymn" - Part 3: "Return of the dragonslayer",
"Baphomets oath", "s'Annebäbeli", "Dr. Frosch".
Pure Inc.
Ihr Auftritt als Support von Michael Schenker in Luzern letzten November (4.11.04 - seht
dazu auch unseren Live-Bericht!) hatte mich bereits schwer beeindruckt. Schon in den
Anfangstagen, damals noch unter dem Namen Pure Yeast, konnte man erkennen, dass da was
Heisses seinen Lauf nahm. Deshalb war ich gespannt, wie sich die Band als eigentlicher
Headliner des Abends unter diesen Bedingungen "metzgen" würde. Die Kälte
brachte es wohl mit sich, dass es eigentlich nur eines gab, nämlich voll loszupowern, um
baldmöglichst warm zu bekommen. Dies nahmen sich Pure Inc. offenbar gleich zu Herzen und
starteten nach dem Intro furios mit dem Opener "Rolling stone". Der groovige,
fette Beat und die messerscharfen Riffs von Gitarrist Sandro verfehlten ihre Wirkung
nicht. Bald kam Bewegung ins Publikum und auch Gianni (v) merkte umgehend, dass es heute
Abend eine richtige Party absetzen würde. Der ausdrucksstarke Shouter trotzte der Kälte
von der Stimme her ohne erkennbare Mühe. Zudem, da die Bühne weitgehend leer war,
agierten die Vorderleute von Drummer Dave ziemlich aktiv, sodass es nicht lange dauerte,
bis Gitarrist Sandro mehr und mehr regelrecht zu dampfen begann. Da er dazu immer wieder
wie ein Irrer rumposte, entstanden auch für's Auge bizarre wie faszinierende Bilder, die
die Kraft und Entschlossenheit der ganzen Band demonstrierten. Mit solch hochwertigen
Groove-Granaten wie "Genius" oder "On the verge" (dem das getragene
"Piece of mind" voraus ging) ist es natürlich ein Leichtes zu punkten. Die
guten Resonanzen, die das kürzlich erschienene Debüt-Album einheimsen konnte, wurden 1:1
auf die Bühne übertragen. Die ganze Band spielte wie aus einem Guss und Sänger Gianni,
der sich wie eine Kreuzung aus Paul Stanley (Kiss) und Steve Lee (Gotthard) anhörte,
überzeugte auch in den balladeskeren Momenten des tadellosen Auftrittes. Hier stimmte
einfach alles: Die Songs, die Performance, die Ausstrahlung..., umwerfend! Die Fans im
arschkalten Emmental frassen den Baslern mittlerweile "widerstandslos" aus der
Hand, spätestens nachdem Frontgaul Gianni einen Schal des FC Thun in Siegerpose in die
Höhe streckte. "Fear my eyes", der Opener der neuen CD, verwandelte gegen
Schluss des Konzertes hin den verrockten und total verrauchten Holzschopf in ein
ordentliches Tollhaus. Sandro holte alles aus seiner Axt heraus und es war schon
erstaunlich, wie er die Sounds als einzelner Gitarrist raumfüllend platzieren konnte.
Aber auch Bassist Genti entlockte seinem Viersaiter viel Bewundernswertes und lieferte,
zusammen mit Schlagwerker Dave den unerlässlichen Hammer-Groove ohne Unterbruch. Nach der
Zugabe "Show" war dann leider schon Schicht im Schacht und entfachte die
unbändige Lust auf noch mehr. Als dies nicht mehr einzutreffen schien, wanderten die
ersten Fans bereits ab oder genehmigten sich was an der Bar. Weitere Info's und Daten zu
Pure Inc.: www.pureinc.net
Set-Liste: "Intro", "Rolling stone", "Genius", "Piece
of mind", "On the verge", "Break free", "Next to you",
"The thing you left", "Crawling", "T.O.T.", "Fear my
eyes", "Falling season", "Show me".
Mines
Wer der Kälte wegen vor dem Auftritt der letzten Band des Abends vorzeitig schon
entflohen war, brachte sich somit um den heimlichen Höhepunkt des "Ice-Rock"
2005! Wie, was...? Ja Leute, denn als Mines zu später Stunde (gegen 1 Uhr morgens) die
Bühne bestiegen, nahm ein Riff Rock-Gewitter der besonderen Art seinen Anfang. Wie die
Kollegen von Sideburn gehören auch Mines in der Schweiz mittlerweile zur einer der
überzeugendsten Bands, wenn es darum geht, den Geist der alten AC/DC weiterzutragen und
voll einen auf Party zu machen. Nebst der einen oder anderen Cover-Version konnten auch
einige eigene Songs überzeugen. Aber in einem Punkt waren Mines die unbestrittenen Sieger
des ganzen Events und zwar was das Posing angeht. Alle Saitenakrobaten (am Bass natürlich
Augenweide Emi in heisser Leder-Montur!) liessen ihren üppigen Haarschmuck allesamt
kreisen wie die Wilden, was einfach wie der berühmte Deckel auf's Fass passte. Dazu
Sänger Tom, der im Nu den Draht zum (noch vorhandenen) Publikum fand und ebenfalls eine
satte Show ablieferte. Da ich Mines zuvor noch nie live gesehen hatte, ging es eine Weile,
bis mir auffiel, dass ich den Lead-Gitarristen sonstwo schon mal gesehen hatte..., bloss
wo? Nach einer Weile machte es "klick" und die Lösung war da: Für
Original-Gitarrero Ralph (der sich vorher an der Hand verletzt hatte und nicht spielen
konnte), haute Sideburn Klampfer David Pariat an seiner Stelle in die Saiten...,
und wie! Wenn man es nicht gewusst hätte, wäre das einen nie aufgefallen, einen Gast in
der Band zu haben. Denn David fügte sich nahtlos in die Band ein und lieferte eine
astreine Performance ab. Deshalb warf sich dann auch der Schreiber dieser Zeilen,
angestachelt durch den wuchtig gespielten Rock'n'Roll in die entsprechende Air-Guitar Pose
und spürte die Kälte plötzlich nicht mehr. Die ausgewählten Cover-Versionen des Abends
stammten von ZZ-Top ("La grange" & "Gimme all your lovin'"), Van
Halen ("Ain't talkin 'bout love") oder AC/DC ("The jack"). Mein
persönlicher Höhepunkt war aber der obergeile Smasher "Keep on rockin' in the free
world", im Original von Neil Young, der einfach abging wie ein Zäpfchen, der schiere
Hammer! Da die Zeit umbarmherzig vorrückte, wurde die Set-Liste leider um zwei Songs
gekürzt, wovon einer noch T.N.T von... (eben!) gewesen wäre. Aber auch so setzten Mines
dem Ice-Rock 2005 ein mehr als würdiges Sahnehäubchen auf und ich bin schon mal mächtig
gespannt, wie die Band bei einem der kommenden Auftritte (in Original-Formation!) auf mich
wirken wird! Weitere Info's und Daten zu Mines: www.hardrock.ch
Set-Liste: "Steal", "Gotta leave", "Park city",
"There's gonna be", "Save me", "La grange", "Get it
live", "Yesterday", "Keep on rockin' (in the free world)",
"Gimme all your lovin'", "Sabrina", "Ain't talkin 'bout
love", "The jack", "Can stay", "Secret garden". (Auf
der Set-Liste drauf, aber nicht gespielt: "T.N.T." und "Running").
Nach einem letzten Gespräch mit OK-Mann Fridu Gerber zog ich dann etwas nach drei Uhr von
dannen, musste zuerst das ganze Auto freikratzen und fiel schliesslich völlig verraucht
und todmüde gegen halb Fünf Uhr in die wohlverdienten Federn. Der Besuch am Samstag
(unter anderem mit Auftritten von bündnerflAisch und Luke Gasser) liess sich leider nicht
mehr einrichten, aber der Blick ist bereits auf das nächste Ice-Rock im Jahre 2006
gerichtet. Leute..., fahrt hin und Ihr werdet überrascht sein! Cu there...
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