Livereview: ICE ROCK - Festival 2019

10. Januar bis 12. Januar 2019, Wasen i. E. – Nussbaumschachen
By Rockslave

Es ist alle Jahre immer das gleiche Elend, denn wenn diese Zeilen nieder geschrieben werden, ist alles schon wieder vorbei! Was war das wieder für eine Vorfreude, als letztes Jahr die für 2019 teilnehmenden Bands bekannt gegeben wurden! Heraus stachen dabei natürlich The Night Flight Orchestra, Gus G und The Treatment als international bekannte Acts, flankiert von kultig Eingemachtem der Sorte Stormzone und Sorcerer (die aus Schweden) und Geheim-Tipps wie Animal Drive und Jesus Chrüsler Supercar. Nicht vergessen werden dürfen dabei noch eine Handvoll Schweizer Bands, dessen Musikerpässe Namen wie Shakra, Gloria Volt oder Rock Out enthielten. Letzteren gebührte gar die Festival-Ehre, dass sie die allererste Combo (!) waren, die zweimal nacheinander folgend am ICE ROCK Festival auftreten durfte. Was es damit auf sich hatte und warum das coolste Festival des Schweizer Konzert-kalenders einmal mehr ein voller Erfolg war, könnt Ihr dem untenstehenden Festival-Bericht entnehmen. Müssig zu erwähnen, dass längst liebgewonnene Rituale seitens der Veranstalters auch heuer nicht fehlen durften. Sensationell, oder?!


Donnerstag, 10.01.2019 (Erster Tag)

Chickenhouse
Welches Festival kann sich schon dadurch auszeichnen, einen der Veranstalter als aktiven Musiker im eigenen Billing stehen zu haben?! So eröffneten Chickenhouse das 17. "ICE ROCK"-Festival, Ausgabe 2019 mit ihrem bewährten und an sich livegestählten Blues Rock. Das standardmässige Line-Up mit Andy Zaugg (v), Jim Bows (g/v) und Fridu Gerber (d) musste heute Abend allerdings auf Emi "Bassbabe" Meyer verzichten. Der mir namentlich nicht geläufige Ersatz besass deutlich weniger Bühnenpräsenz, und darum fehlte dem Ganzen, trotz technisch einwandfreiem Spiel, einiges an Schmiss. Ich habe die Truppe, mitunter als Support von Nazareth oder Lynyrd Skynyrd, aber generell schon um einiges spritziger erlebt. Nichtsdestotrotz sorgte der erste Act für einen Start nach Mass und unterhielt die verhältnismässig bereits zahlreich aufmarschierten Besucher bestens. So konnte man sich zu einem kühlen Bier oder einem anderen genehmen Getränk gemütlich auf den ersten Festival-Abend im Beisein von vielen bekannten Gesichtern einstimmen. Musikalisch hätte der Auftritt, wie bereits erwähnt, etwas mehr Pfeffer vertragen können, aber das gut gelaunte Heimpublikum spendete dennoch wohlwollenden Applaus und war bereit für den ersten Höhepunkt.

Setliste: «Who I Am Today» - «Read My Lips» - «Let's Make Love» - «Working Man» - «Hold On To Love» - «Ask No Questions» - «Trust In Me» - «Texas Blues» - «For The Love Of Money Beluga» - «She's A Lady» - «Ready To Love you» - «Slide It On Home» - «Living The Life».

Shakra
Die heimische Rock-Institution aus Heimberg ans ICE ROCK zu verpflichten, war in jeder Hinsicht ein Muss wie cleverer Schachzug zugleich! Ich kann mich aus den vergangenen Jahren kaum bis wenn überhaupt an einen Donnerstag erinnern, wo gleich zu Beginn des Festivals so viele Leute zugegen waren. Darüber hinaus war dies so zu sagen noch das Sahnehäubchen auf die abgeschlossene 2018er-Tour zum aktuellen Album «Snakes & Ladders» oben drauf. Darüber hinaus kam ich so auch noch zu wenigstens einem Konzert in diesem Zeitabschnitt, da ich die Jungs vormals im März 2017 in Bern gesehen hatte. Seither gereichte es mir vor allem zeitlich zu keinem Konzert, und so konnte diese persönliche Lücke erfreulich geschlossen werden. Dass es dann aber so gut werden würde, hätte ich echt nicht gedacht. Allem voraus ging jedoch das Feststellen der Tatsache, dass sich Frontmann Mark Fox so schlank wie schon seit langem nicht mehr zeigte. Der gesundheitlich geprägte Umstand ging einher mit einer astreinen Performance, die dem abgegebenen Bild einen erfreulich positiven Anstrich verlieh. Mehr noch, denn die ganze Band schien durchflutet von ansteckender Energie, und dies mündete, zumindest für meine persönliche Empfindung, in einem der stärksten Auftritte, den ich seit langem von den Jungs erleben durfte. Vor allem der Sound kam ungewohnt rau daher, was vor allem am ziemlich knarzig klingenden Bass von Dominik Pfister lag. Wenn man sich unmittelbar vor dem Bass-Amp aufhielt, kam das besonders zur Geltung. Im Nu hatten die Emmentaler Rocker ihre Fans auf Betriebstemperatur gebracht und lieferten satt ab. Ein Heimspiel für die Geschichtsbücher, das lediglich etwas "Kritik" an der Setliste aufkommen liess, aber das sieht bekanntlich jeder etwas anders.

Setliste: «Cassandra's Curse» - «Hello» - «Snakes & Ladders» - «Medicine Man» - «Why Don't You Call Me» - «Something You Don't Understand» - «I Will Rise Again» - «Life Is Now» - «Trapped» - «The Seeds» - «High Noon» - «Raise Your Hands» - «Hands on the Trigger / Nothing to Lose» - «Ashes to Ashes» -- «Wild And Hungry» - «Rising High».

The Night Flight Orchestra

Als die Verpflichtung der schwedischen Rock-Band der Stunde bekannt gegeben wurde, war ich total aus dem Häuschen! Der aktuell hell leuchtende Szene-Stern am Rock-Firmament und nota bene eine meiner neuen Lieblingsbands der jüngeren Vergangenheit kommt nach Wasen ins Emmental. Wie geil ist das denn?! Ich konnte das kaum glauben und freute mich entsprechend ungemein drauf, zumal das Konzert in Zürich vergangenen Dezember sicherlich nicht schlecht, aber halt nicht aussergewöhnlich ausgefallen war. So bot sich innert kurzer Zeit die grosse Chance, diese Scharte wieder auszuwetzen. Das Zustandekommen dieses Auftritts war umso erfreulicher in Anbetracht der Tatsache, dass die beiden Recken Björn Strid (v) und David Andersson (g) anlässlich der tags darauf (!) anstehenden Veröffentlichung von «Verkligheten», dem elften Album der Hauptband Soilwork, ihre Gedanken wohl bereits woanders hin schweifen liessen. Davon merkte man allerdings rein gar nichts, als die, inklusive der beiden singenden Steward-essen, vollzählig aufmarschierte Band die Bühne des ICE ROCK enterte und es gleich von Beginn an so krachen liess, wie es erhofft wurde. Ich versprach mir noch einiges bezüglich der hier doch wesentlich kleineren Bühne als zuvor noch in Zürich im Konzertsaal des Dynamo. Und genau so war es dann wieder, dass das TNFO-Paket kompakter und druckvoller rüber kam. Obwohl nicht zu übersehen war, dass nach Shakra ein paar Dutzend Leute vor der Bühne fehlten, waren immer noch genügend Leute da, um die Schweden nach allen Regeln der Kunst abzufeiern. Das Tenn am Hornbach wurde kurzum in eine Tanzarena umgewandelt. Björns Stimmbänder hielten der Belastung mühelos stand und trotz beengter Platzverhältnisse war ordentlich was los auf der Bühne. Dies verursachte auch beim ICE ROCK Booker Marco Forster feuchte Äuglein, der, wie meine Wenigkeit, auch voll auf die Band abfährt und sich wie ein Honigkuchenpferd freute. Dass der Set letztlich identisch wie der in Zürich ausfallen würde, war anzunehmen, und so war die Party nach rund achtzig Minuten leider schon wieder Geschichte.



Setliste: «Intro» - «Sometimes The World Ain't Enough» - «Living Tor The Nighttime» - «Speedwagon» - «Midnight Flyer» - «Turn To Miami» - «Star Of Rio» - «Gemini» - «Something Mysterious» - «Josephine» - «Paralyzed» - «Can't Be That Bad» - «1998» -- «This Time» - «Lovers In The Rain» - «West Ruth Ave».



Freitag, 11.01.2019 (Zweiter Tag)

Rock Out
Nach dem letzten Arbeitstag der Woche stand das Wochenende bevor, und dieses bewegte nun erst recht im Fokus des diesjährigen ICE ROCK Festi-vals. Und wie es sich eigentlich für diese Jahreszeit gehört, präsentierte sich die Witterung hochwinterlich, aber nicht zu kalt. Gar nicht kalt liess der Opener Rock Out letztes Jahr die ICE ROCK Chefriege, denn der unbekümmert frische und rotzfreche Auftritt hinterliess mächtig Eindruck. So sehr, dass es zu einem Novum in der Geschichte des Kult-Festivals kam, denn vor den Youngstern aus Lützelflüh hatte es bisher noch keine einzige Band geschafft, im nachfolgenden Jahr nochmals auf dem Billing zu stehen! Rock Out nahmen diese Steilvorlage natürlich mit unbändiger Freude an, und wer das coole Quartett im vergangenen Jahr verpasst hatte, bekam nun eine zweite Gelegenheit. Da die Akteure sehr jung sind, hinterlässt ein ganzes Jahr schon ein paar Spuren. Die grösste äusserliche Veränderung war dem zweiten Gitarristen Severin "Seve" Held anzumerken, der ein Stück erwachsener daher kam. Unverändert präsentierte sich hingegen Frontmann Florian "Flopsi" Badertscher, der immer noch einige flotte Sprüche und Schenkelklopfer auspackte. Daneben gab es natürlich eine gute Stunde Rock'n'Roll mit nach wie vor latenten Vibes der Frühjahre von AC/DC. Einmal mehr punktete Flopsi mit seiner kräftigen und oben weg ordentlich schneidigen Gesangsstimme. Mittlerweile haben die Jungs auch ihre Dedüt-CD «Loud Hard And Dirty» am Start, die im vergangenen Sommer erschienen ist und die Zielgruppe erreicht.

Setliste: «Hellfire» - «Ice Of Fire» - «Pain Of My Heart» - «Bloodmengang» - «It's My Day» - «Young Boy» - «Can't You See» - «We Are Rock-Out» - «House Of The Rising Sun» - «7 Minutes In Paradise» -- «Whole Lotta Rosie» - «Dead Riders».

Animal Drive
Das "ICE ROCK"-Festival ist immer wieder gut für irre Geschichten, und das traf heuer auf die kroatische Band Animal Drive zu, die den beschwerlichen Weg aus Zagreb über Österreich in die Schweiz unter die Räder nahmen! Trotz dem vielen Schnee schafften es die Jungs noch rechtzeitig ins Emmental zu gelangen. Die junge Truppe um Frontmann Dino Jelusic, der seine Sporen mitunter auch beim Trans-Siberian Orchestra abverdient und die Combo 2017 gegründet hat, ergänzte sich mit Ivan Keller (g), Rökindja Nikolić (b) sowie Zvonimir Mihaljević (d) als weitere Mitstreiter an Bord. Vor knapp einem Jahr erschien die Debüt-CD «Bite!», und so wurde die Grundlage dazu geschaffen, dass Konzerte wie dies von heute Abend gespielt werden können. Kaum auf der Bühne, legten die Jungs wie die Feuerwehr los. Allen voran war Bassist Rökindja nicht zu bremsen und performte mit voller Hingabe. Überhaupt agierte die ganze Band ziemlich professionell, und das lag nicht nur an den technischen Fähigkeiten. Ivan und Rökindja posten unablässig wie die Irren und Dino erledigte den Rest. Die Mädels in der ersten Reihe waren auf jeden Fall schon bald am Schmachten und die Stimmung steigerte sich mit jedem gespielten Song mehr. Der grundsätzlich ziemlich energetisch gespielte Hard & Heavy Rock liess die ganz grossen Hooks zwar noch etwas aussen vor, aber die Truppe präsentierte sich in exzellenter Spiellaune und blieb dem begeisterten Publikum nichts schuldig. Erstaunlich war auch die Tatsache, dass einige der anwesenden Fans offenbar ziemlich textsicher schienen, was an dieser Stelle doch eher überraschte. So nutzten Animal Drive die Gunst der Stunde und zelebrierten ihre knapp einstündige Show nach allen Regeln der Kunst. Wenn das Quartett in dieser Art und Weise dran bleibt und in den nächsten paar Jahren hoffentlich noch stärkere Alben unters Volk zu bringen vermag, sieht die Zukunft mehr als nur rosig aus!

Setliste: «Goddamn Marathon» - «Time Machine» - «Lights Of the Damned» - «Deliver Me» - «The Look (Roxette Cover)» - «Had Enough» - «Hands Of Time» - «Fade Away» - «Tower Of Lies (I Walk lone)» - «Devil Took My Beer Again» - «Monkey» - «Bad To The Bone».

Gus G.
Nach dem töften Auftritt von Animal Drive stand nun das Festival-Highlight schlechthin an! Kein Geringerer als der ehemalige Gitarrist von Altmeister Ozzy Osbourne und Gründer der eigenen Combo Firewind konnte für das ICE ROCK verpflichtet werden. Keine Ahnung, auf welche Art und Weise der begnadete Flitzefinger ins Emmental gelockt werden konnte, aber es dürfte mitunter dem Feedback der bisher aufgetretenen Bands geschuldet sein! Die Atmosphäre des ICE ROCK ist in seiner Gesamtheit einmalig, und darum erstaunt es nicht, dass das Echo der Protagonisten danach stets positiv ausfällt. Auf der letztjährigen Euro-Tour von Gus im vergangenen Herbst gab es jedoch Missstöne aus dem Support-Umfeld der Schweizer Hardrocker Maxxwell, die sich beim Tour-Halt in der Heimat gleich aus eigenen Stücken ausklinkten. Von all dem war in Wasen i. E. zum Glück über-haupt nichts zu spüren, und noch während dem Umbau der Bühne sorgte der Schlagzeuger bei mir für die erste Unruhe im positiven Sinne, bevor dieser überhaupt auch nur einen Schlag abgeliefert hatte! Sein Name?! Felix Bohnke (Edguy, Avantasia), und das versprach einiges! Als Gus G (g/v), Dennis Ward (b/v) und Master Bohnke pünktlich um 22:00 Uhr loslegten, war dies der Beginn einer absoluten Hammer-Show, wie sie das ICE ROCK zuvor noch nie erlebt hatte. Nebst dem technisch über-ragenden Spiel des Axtmeisters und der routinierten Güte der tiefen Töne haute einen das Power-Drumming glatt aus den Latschen! Es war einfach unfassbar geil, mit welcher Leichtig- wie Kompaktheit dieses Trio agierte. Gus präsentierte einen guten Mix aus seinen instrumentalen Soloalben, ein paar Firewings-Tunes und vor allem drei grossartig umgesetzte Cover-Versionen, die es wahrlich in sich hatten. Den Anfang machte «Cold Sweat» von Thin Lizzy, wo die berühmten Live-Licks von John Sykes beeindruckend wiederbelebt wurden. Danach folgte eine sehr gelungene Heavy-Version vom Dire Straits Jahrhundert-Classic «Money For Nothing», die man so zuvor wohl noch nie zu Gehör bekommen hat. Dass letztlich auch noch was aus dem Backkatalog des "Prince Of Darkness» erwartet wurde, erklärt sich von selber und Gus verwöhnte das völlig begeisterte Publikum mit einer Machtdemonstration, die den Arbeitstitel «Bark At The Moon» trug. Das Resultat war schlicht unbeschreiblich und die Glücksgefühle nicht in Worte zu fassen. Sensationell und eines der besten Konzerte, das je auf dieser Bühne stattgefunden hat!

Setliste: «Fearless» - «My Will Be Done» - «Burn» - «Mr. Manson» - «Vengeance» - «Don't Tread On Me» - «What Lies Below» - «Letting Go» - «Cold Sweat (Thin Lizzy Cover)» - «Big City» - «The Fire And The Fury» - «Force Majeure» - «Money For Nothing (Dire Straits Cover)» - «Thrill Of The Chase» - «I Am The Fire» - «Bark At The Moon (Ozzy Osbourne Cover)» - «The Quest».

Bonesetter
Dass jeweils nach dem Headliner noch eine "Rausschmeisser-Band" folgt, hat Tradition am ICE ROCK, aber besonders heute Abend war die 2010 gegründete Band mit Wurzeln aus Leipzig, Berlin und Swarzędz nicht wirklich zu beneiden! Davon liess sich das Quartett jedoch nicht beirren und versuchte zumindest, nochmals etwas Stimmung in die Bude zu bringen. In der Tat folgte ein ordentliches Hardrock Brett, das zumindest etwas DNA der alten AC/DC in sich trug und auch Reminiszenzen an die Adresse von Airbourne (mehr) und den Gunners (weniger) gerichtet waren. Das Ganze wurde dann entsprechend wild vorgetragen, wobei der zweite Gitarristen Hendrik Kühling sein Instrument über weite Strecken zu ungehobelt malträtierte. Rock'n'Roll muss und darf mitunter auch etwas rumpelig dargeboten werden, aber hier kam mir das Ganze zu krakelig rüber. Dennoch reagierte das faire Publikum, wie es sich für das ICE ROCK gehört, mit bierseliger Anteilnahme und liess sich mitreissen. Ich für meinen Teil verspürte in der Zeit, respektive nach den Fotos ein Hüngerlein in der Magengegend und zog mich deshalb in den Food-Bereich zurück. Aus der Distanz und mit fortwährender Spieldauer klangen Bonesetter immer austauschbarer und so blieb am Schluss nicht viel mehr als die schweisstreibende Energie übrig. Nach dem Anschauen eines Videos, begleitend zur Live-Rezi hier, fiel mir dann noch auf, dass mit Anna Nosferati offenbar noch nicht so lange ein neues Mädel den Bass bedient, der vorher die Domäne von Steffi Borbe war. Gegen 01:00 Uhr morgens ging der zweite Festival-Tag würdig zu Ende, und einige der verhältnismässig immer noch zahlreich anwesenden Fans genehmigten sich einen letzten Schlummer-Trunk oder auch zwei.



Samstag, 12.01.2019 (Dritter Tag)

Gloria Volt
Die Winterthurer Hardrocker bereits um 14:30 Uhr als erste Band des letzten Festivaltages auflaufen zu lassen, grenzt an Nötigung, aber Fredi Volvo (v), Pim Peter (g), Lord Latex (g), Marino Marroni (b) und Pascili Goodknight (d) sind erfahrene Profis, und wenn der permanente Biernachschub auf der Bühne eingerichtet ist, heisst es nur noch Vollgas. Genau das taten Gloria Volt dann auch und zündeten ein Rock'n'Roll Feuerwerk, das sich gewaschen hatte. Vor allem Frontmann Fredi Volvo erinnerte immer wieder an Spike von den Quireboys und nutzte die ganze Fläche, zumindest das, was die Bühne her gab für seine Performance. Während Bass-player Marino Marroni seine Saiten eher gemütlich in Schwingungen versetzte, zogen Lord Latex und Pim Peter mit jedem vernichteten Bierbecher mehr vom Leder und versetzten sich in beste Spiellaune. So viel überschäumende Lebensfreude sorgte somit bereits Nachmittag für massig gute Stimmung im Tenn. Im vergangenen Mai kam mit «All The Way Down» das dritte full lenght album heraus, das nahtlos an seine Vorgänger anknüpft und abermals keine Kompromisse eingeht. Von den ausgewählten Songs stammen interessanterweise gleich deren drei von ersten 5-Track EP und grundsätzlich sind alle Alben vertreten, wenn auch das überwiegende Material mehrheitlich von den letzten zwei Scheiben stammt. Darunter hatte es auch Songs wie «Lose Alone» oder «Dance With The Devil», wo nicht nur voll auf das Gaspedal gedrückt wurde, sondern stimmiger Hardrock mit songwriterischem Tiefgang glänzte.

Setliste: «Sydney» - «World Of Pain» - «Never Ever» - «3 Angels» - «Shout Loud» - «Poison My Blood» - «Lose Alone» - «Keep This Time (In Your Heart)» - «Dance With The Devil» - «Gonna Roll» - «Screamin' For Hollywood» - «Need A Kick» -- «Call Me A Man» - «Rollercoaster».

Fire Rose
Es gibt verschiedene Gründe, warum man eine Band aus den Augen verliert. Was Fire Rose angeht, so liegt meine letzte livehaftige Begegnung mit der Baselbieter Combo schon eine ganze Dekade (!) zurück, nämlich seit ich die Jungs 2008 als Anheizer für Excentric und deren damals neue CD «Take This!» in Sissach erleben durfte. Was die feurigen Rosen angeht, ist diese Zeit durch einige Lineup-Wechsel gekennzeichnet. Wichtige aktuelle Neuerungen sind dabei die Posten am Mikro (Philipp Meier, Ex-Keyboarder von Crown Of Glory, löste Pascal Dahinden ab) und am Bass, wo der tragische Verlust von Adrian Thommen (R.I.P.) durch Janick Schaffner aufgefangen wird. Bisheriges Highlight in der Karriere der Truppe um die Giese-Brothers war 2016 der Release des hochgelobten Debüt-Albums «Devil On High Heels», das noch von Pascal Dahinden eingesungen wurde. Äusserlich an Ex-Shakra Shouter John Prakesh erinnernd, war die Gesangsstimme allerdings deutlich kratziger. Dies trifft bei Philipp indes nicht zu, der einen anderen Timbre besitzt. Geblieben ist auf jeden Fall der fette Gitarrensound, der in die Abteilung Victory, Krokus, frühe Def Leppard oder W.A.S.P. gehört. Gerade Letztere wurden beim Opener «Wheels On Fire» zitiert, wo das Eingangsriff von der Rhythmik her schon an «(Animal) Fuck Like A Beast» erinnerte. Nichtsdestotrotz legten Fire Rose einen beherzten Gig auf die heiligen Bretter des ICE ROCK. Die musikalische Neuausrichtung von Philipp, will heissen weg vom Tasteninstrument an den Gesang, stellt für seinen neuen Wirkungskreis einen veritablen Glücksfall dar. Die neue Besetzung überzeugte mit einer überaus aktiven wie gitarrenlastigen Performance, die unter dem Strich aber noch mehr Druck hätte erzeugen sollen, ja müssen. Zudem wäre bald einmal ein neues Album fällig!

Setliste: «Wheels On Fire» - «Fire 'n' Ice» - «Don"t Need Somebody» - «Falling» - «We Are Wild» - «Life» - «Devil On High Heels» - «Fades To Grey» - «Touch Down» - «Rain Falls Down» - «Heavy Metal Still Burns».

Jesus Chrüsler Supercar
Mit der aus Stockholm angereisten Truppe erfolgte eine stilistische Erweiterung des Festivals in Richtung "Death 'n' Roll". Somit war fettes Riffing mit permanent düsterem Anstrich angesagt, und darin sind die Schweden mehr als nur gut. Das 2011 gegründete Trio bastelte sich zu Beginn der musikalischen Aktivitäten zunächst aus der bekannten Rockoper «Jesus Christ Superstar» den an sich ziemlich sinnfreien Bandnamen, dessen Mittelteil "Chrüsler" zumindest für die Deutschschweizer in Sachen Herkunft der Truppe bei Nichtwissen zu allfällig falschen Annahmen führt. Doch das dürfte dem lärmigen Trio um Robban Bergeskans (v/b), Christopher Sirén (g) und Nicke Forsberg (d) ziemlich egal gewesen sein. Zu Beginn zündete die Mucke beim Publikum allerdings nicht wirklich, aber das schwere Riffing und der bollernde Bass gewannen laufend immer mehr an Terrain. Das lag auch daran, dass die Songs nicht zu lang waren, denn stets dann, wenn es angefangen hätte ins Monotone rüber zu kippen, kam schon der nächste Soundhappen zum Zug. Das erklärte schliesslich auch die ordentlich lange Setliste für einen 75-minütigen Gig, wo ohne die Intros, Sample-Einspielungen und das Outro nicht weniger als siebzehn Titel aufgeführt waren. Mir selber und einem guten Teil der Fans kamen Jesus Chrüsler Supercar auf jeden Fall ganz ordentlich daher, aber zu meinen Lieblingsbands gehören die Nordländer definitiv nicht. In bestimmt aufrichtiger Ehererbietung zockte der wilde Haufen mitunter Motörheads Alltime-Classic «Overkill» runter. Das war einerseits zwar mal was anderes als immer nur das x-fach gecoverte «Ace Of Spades», aber für die Geschichtsbücher reichte es trotz Einsatz (Nicke gab alles an den Drums!) dennoch klar nicht. Versierte Truppe, aber für meine Wenigkeit kein Highlight des Billings, wobei dem Anspruch der Abwechslung damit auf jeden Fall Genüge getan wurde.

Setliste: «Intro» - «Lucifer» - «Flesh And Bones» - «Death Row Blues» - «I Can Get It» - «Cream Death (Sample)» - «Killing Machine» - «Down Down Down» - «From Hell» - «Pitchfork» - «Intro (Rain and thunder sample)» - «Never Forget, Never Forgive» - «Out Of My Head» - «Digging My Grave» - «Intro (Angry Man)» - «God Gave Me Nothing» - «Let It Roll» - «Overkill (Motörhead Cover)» - «Jesus Chrüsler Supercar» - «Before I Turn You Down» - «Satan Is Real (Outro)».

Stormzone
Der initial einzige Grund, warum die Briten heuer auf der Bühne des ICE ROCK standen, liegt bei einer anderen Band, die hier auch schon zu Gast war! Die Rede ist von Maverick, die letztes Jahr Steve Moore als Tour-Gitarristen mit dabei hatten. Der immer gut aufgelegte und total bodenständige Sympathikus zeigte sich höchst beeindruckt vom ICE ROCK als Ganzem, und so schmiedete er wohl bald einen Plan, gefolgt von einer offiziellen Anfrage für seine Hauptband Stormzone. Das Glück war ihm hold, und so stand die 2004 gegründete nordirische Hard & Heavy Rockmaschine heuer tatsächlich auf dem Billing im Emmental. Obwohl die Truppe aus Belfast schon sechs full lenght Alben raus gehauen hat, waren sie unseren Breitengraden zuvor nicht, respektive kaum bekannt. Die Suche in unserem Archiv, das die ganze aktive Zeit des Fünfers abdeckt, fördert livemässig, neben ein paar CD-Reviews, nur einen einzelnen kurzen Satz von Cheffe Roxx zu Tage, als er die Jungs 2009 am "Sweden Rock Festival" in Sölvesborg (S) sah. Vielleicht ist dies wegen dem Bekanntheitsgrad auch deswegen, weil es inzwischen schon neun ehemalige Musiker zu verzeichnen gibt. Dieser Zustand von wegen sich ausserhalb der Heimat eher rar zu machen, wurde heute Abend endlich durchbrochen und gipfelte in einem hammergeilen Auftritt. Gitarrist Steve Moore schien sich ein weiteres Mal pudelwohl zu fühlen und riss seine Kollegen mit Spielfreude und Enthusiasmus mit. Die längst angewärmten Fans antizipierten vorzüglich und verwandelten das Tenn in eine am gleichen Strick ziehende Festhütte. Die kernig vorgetragenen Songs gingen einem aber auch locker in die Knochen und es gab mehrere abschädelnde Metalheads in den vordersten Reihen. Frontmann John Harbinson fand denn auch den Draht zum Publikum und überhaupt kam die tight aufspielende Truppe ziemlich cool rüber. Hoffentlich sieht man die Jungs bald wieder auf anderen Bühnen der Welt abrocken.

Setliste: «Where We Belong» - «Another Rainy Night» - «Three Kings» - «The Pass Loning» - «Secret Gateway» - «Coming Home» - «The Memory Never Dies» - «Night Of The Storm» - «Cushy Glen» - «Hail the Brave» - «Albhartach» - «You're Not the Same» - «Death Dealer».

Sorcerer
Mit der zweitletzten Band des" ICE ROCK"- Festivals 2019 erfüllte sich ein langgehegter persönlicher Wunsch von Booker Marco Forster. Die Grundlage dafür wurde im Herbst 2017 mit der brillanten und nach dem ebenso überzeugenden Werk «In The Shadow Of The Inverted Cross» von 2015 veröffentlichten Killer-Scheibe «The Crowning Of The Fire King» als so zu sagen zweites Comeback-Juwel gelegt. Die Dichte, Schwere und gleichzeitige Melodiösität der Schweden (übrigens nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Power Metal Truppe aus Argentinien!) ist einzigartig. Somit blieb zur grossen Freude auch meiner Wenigkeit zur Verpflichtung dieser Kult-Truppe um die Ur-Members Anders Engberg (v), Johnny Hagel (b) und Richard Evensand (d) nur die Frage übrig, ob sich der Epic Doom Metal mit der gleichen Intensität wie auf Tonträger live reproduzieren liess. Die Antwort auf diese Frage lautet unmissverständlich wie erfreulich "ja", und zudem absolvierte die ursprünglich aus Stockholm stammende Band am heutigen Abend den allerersten Auftritt in der Schweiz überhaupt! Bei so viel Pathos konnte es ja nur gut heraus kommen, aber dass es letztlich sowas von Hammer werden würde, war nicht zwingend zu erwarten. Die Freude darüber war nicht nur beim zeitweise mitten in den Fans stehenden Marco zu spüren, der sich beinahe Tränen der Gerührtheit aus dem Gesicht wischen musste, sondern (fast) alle Anwesenden waren ebenso hin und weg. Es entstanden wirklich bewegende Momente, denn dass das Interesse an einer Combo, die zwischen dem ersten Split von 1992 und 2010 fast zwanzig Jahre weg vom Fenster war (!), so gewürdigt wird, ist einfach nur geil. Frontmann Anders war sich dies offenbar bewusst und genoss offensichtlich jede Minute dieses kultigen Auftrittes. Von den 2000er- Alben kamen je drei Songs zum Zug und der Rest stammte von der EP (2015) und den Anfängen vor fast dreissig Jahren. «The Sorcerer» als Zugabe war schliesslich nichts als pure Magie und das verhältnismässig laute Mitsingen des Refrains freute die ganze Band sichtlich, die sich nachher sichtlich bewegt und dankbar von ihren Fans verabschiedete.

Setliste: «Sirens» - «Black» - «Lake Of the Lost Souls» - «The Highlander» - «Ship Of Doom» - «The Dark Tower Of The Sorcerer» - «The Devil's Incubus» - «The Crowning Of The Fire King» - «Born With Fear» - «Exorcise The Demon» -- «The Sorcerer».

The Treatment
Es war im Frühling 2013, als Noisy Miller (Ex-Killer, Smoke'n'Flame) und meine Wenigkeit gemeinsam einen denkwürdigen Trip nach London unternahmen, um im Rahmen der «Frantic»-Tour eine lebende Legende im Hammersmith Apollo (wie es seinerzeit noch hiess) erleben zu können: Status Quo im Ur-Lineup! Soweit so gut, aber im Vorprogramm stand eine junge Band, die damals in den Startlöchern zu einer grossen Karriere stand: The Treatment! Das dem wirklich so ist oder war, zeigten auch die vorher in der Schweiz gespielten Support-Slots für Alice Cooper 2011 und Steel Panther 2012, gefolgt von weiteren grossen Namen wie KISS, Mötley Crüe oder Thin Lizzy. Der ungestüm zelebrierte Hard & Heavy Rock erinnerte jeweils an die glorreichen Zeiten von Skid Row in den 90ern und den frühen Def Leppard in den 80ern. Spätestens 2015 kam dann allerdings richtig Sand ins Getriebe, als Frontmann Matt Jones nach sieben Jahren den Hut zog. Im gleichen Jahr wurden die Vakanzen wieder behoben und die Zeit von Mitchel Emms (v) und Tao Grey (g) brach an. Letzterer ersetzte Fabian Dammers, der nur kurz als Nachfolger von Ben Brookland im Line-Up stand. Im Frühling 2016 folgte schliesslich mit «Generation Me» der dritte Longplayer der Truppe, der gleichzeitig den albenmässigen Einstand der Neuzuzüger bedeutete. Die Resonanzen darauf fielen allerdings durchwachsen aus und so wurde der einstige Schwung der einstigen britischen Rock-Hopefuls jäh gebremst. Nichtsdestotrotz legten die Jungs das ICE ROCK dann aber kurzerhand in Staub und Asche! Durchflutet von Energie legten The Treatment einen ziemlich agilen und schweisstreibenden Set auf die Matte, der erahnen liess, dass der wilden Haufen zumindest noch voll motiviert dabei ist und keine Kompromisse eingeht. Frontmann Mitchel führte derweil die Rolle als Zampano am Bühnenrand ohne Fehl und Tadel aus. Der Rest der Band stand ihm in Sachen Einsatz in nichts nach, und so powerte sich das Quintett durch einen ziemlich flotten Set hindurch. Obwohl die Energie-Reserven der Fans bei der sechsten und letzten Band des ICE ROCK Festival 2019 langsam aber sicher am Schwinden waren, hielt sich die ausgelassene Stimmung bis ganz am Schluss und bescherte den agilen Jungs eine schlicht einen definitiv geilen Auftritt im Emmental. Um 00:30 Uhr war dann pünktlich Schicht im Schacht und das ICE ROCK, Ausgabe 2019 bereits wieder Geschichte! Die Antwort auf die von Fridu während dem Festival natürlich mehr als einmal gestellte Frage "Isch das öppis gsi?" gab es auch hierzu nur eine Antwort: "Sensationell!


Fazit zur Ausgabe 2019: Die getroffene Entscheidung, das Festival eine Woche nach hinten zu schieben, war goldrichtig, denn nach der Weihnachtszeit und dem Jahreswechsel wäre der 3. Januar nicht wirklich optimal gewesen. Viele leckten da noch die letzten Party-Wunden oder befanden sich vor dem nahendem 7. Januar, also dem Montag als erstem Arbeitstag im neuen Jahr, noch voll im Chill-Modus. Das Wetter präsentierte sich ebenso winterlich, heisst, es hatte ordentlich Neuschnee gegeben, und die Temperaturen waren zum Glück aber nicht so tief wie vor zwei Jahren, als gar das Bier vor der Kälte kapitulieren musste. Dies passierte heuer zum Glück nicht, obwohl Väterchen Winter die Zügel in diesem Jahr straff in seinen Händen hielt und ich mein Auto vor den Heimfahrten jedes Mal halbwegs ausbuddeln musste. Sonst lief aber fast alles wie gewohnt am Schnürchen, und so freuen wir uns im Jahre 2020 auf die nächste Ausgabe des coolsten Schweizer Rock-Festivals!