Es ist alle Jahre immer das gleiche Elend, denn wenn diese Zeilen
nieder geschrieben werden, ist alles schon wieder vorbei! Was war
das wieder für eine Vorfreude, als letztes Jahr die für 2019
teilnehmenden Bands bekannt gegeben wurden! Heraus stachen dabei
natürlich The Night Flight Orchestra, Gus G und The Treatment als
international bekannte Acts, flankiert von kultig Eingemachtem der
Sorte Stormzone und Sorcerer (die aus Schweden) und Geheim-Tipps wie
Animal Drive und Jesus Chrüsler Supercar. Nicht vergessen werden
dürfen dabei noch eine Handvoll Schweizer Bands, dessen Musikerpässe
Namen wie Shakra, Gloria Volt oder Rock Out enthielten. Letzteren
gebührte gar die Festival-Ehre, dass sie die allererste Combo (!)
waren, die zweimal nacheinander folgend am ICE ROCK Festival
auftreten durfte. Was es damit auf sich hatte und warum das coolste
Festival des Schweizer Konzert-kalenders einmal mehr ein voller
Erfolg war, könnt Ihr dem untenstehenden Festival-Bericht entnehmen.
Müssig zu erwähnen, dass längst liebgewonnene Rituale seitens der
Veranstalters auch heuer nicht fehlen durften. Sensationell, oder?!
Donnerstag, 10.01.2019 (Erster Tag)
Chickenhouse
Welches Festival kann sich schon dadurch auszeichnen, einen der
Veranstalter als aktiven Musiker im eigenen Billing stehen zu
haben?! So eröffneten Chickenhouse das 17. "ICE ROCK"-Festival,
Ausgabe 2019 mit ihrem bewährten und an sich livegestählten Blues
Rock. Das standardmässige Line-Up mit Andy Zaugg (v), Jim Bows (g/v)
und Fridu Gerber (d) musste heute Abend allerdings auf Emi
"Bassbabe" Meyer verzichten. Der mir namentlich nicht geläufige
Ersatz besass deutlich weniger Bühnenpräsenz, und darum fehlte dem
Ganzen, trotz technisch einwandfreiem Spiel, einiges an Schmiss. Ich
habe die Truppe, mitunter als Support von Nazareth oder Lynyrd
Skynyrd, aber generell schon um einiges spritziger erlebt.
Nichtsdestotrotz sorgte der erste Act für einen Start nach Mass und
unterhielt die verhältnismässig bereits zahlreich aufmarschierten
Besucher bestens. So konnte man sich zu einem kühlen Bier oder einem
anderen genehmen Getränk gemütlich auf den ersten Festival-Abend im
Beisein von vielen bekannten Gesichtern einstimmen. Musikalisch
hätte der Auftritt, wie bereits erwähnt, etwas mehr Pfeffer
vertragen können, aber das gut gelaunte Heimpublikum spendete
dennoch wohlwollenden Applaus und war bereit für den ersten
Höhepunkt.
Setliste: «Who I Am Today» - «Read My Lips» -
«Let's Make Love» - «Working Man» - «Hold On To Love» - «Ask No
Questions» - «Trust In Me» - «Texas Blues» - «For The Love Of Money
Beluga» - «She's A Lady» - «Ready To Love you» - «Slide It On Home»
- «Living The Life».
Shakra Die heimische
Rock-Institution aus Heimberg ans ICE ROCK zu verpflichten, war in
jeder Hinsicht ein Muss wie cleverer Schachzug zugleich! Ich kann
mich aus den vergangenen Jahren kaum bis wenn überhaupt an einen
Donnerstag erinnern, wo gleich zu Beginn des Festivals so viele
Leute zugegen waren. Darüber hinaus war dies so zu sagen noch das
Sahnehäubchen auf die abgeschlossene 2018er-Tour zum aktuellen Album
«Snakes & Ladders» oben drauf. Darüber hinaus kam ich so auch noch
zu wenigstens einem Konzert in diesem Zeitabschnitt, da ich die
Jungs vormals im März 2017 in Bern gesehen hatte. Seither gereichte
es mir vor allem zeitlich zu keinem Konzert, und so konnte diese
persönliche Lücke erfreulich geschlossen werden. Dass es dann aber
so gut werden würde, hätte ich echt nicht gedacht. Allem voraus ging
jedoch das Feststellen der Tatsache, dass sich Frontmann Mark Fox so
schlank wie schon seit langem nicht mehr zeigte. Der gesundheitlich
geprägte Umstand ging einher mit einer astreinen Performance, die
dem abgegebenen Bild einen erfreulich positiven Anstrich verlieh.
Mehr noch, denn die ganze Band schien durchflutet von ansteckender
Energie, und dies mündete, zumindest für meine persönliche
Empfindung, in einem der stärksten Auftritte, den ich seit langem
von den Jungs erleben durfte. Vor allem der Sound kam ungewohnt rau
daher, was vor allem am ziemlich knarzig klingenden Bass von Dominik
Pfister lag. Wenn man sich unmittelbar vor dem Bass-Amp aufhielt,
kam das besonders zur Geltung. Im Nu hatten die Emmentaler Rocker
ihre Fans auf Betriebstemperatur gebracht und lieferten satt ab. Ein
Heimspiel für die Geschichtsbücher, das lediglich etwas "Kritik" an
der Setliste aufkommen liess, aber das sieht bekanntlich jeder etwas
anders.
Setliste: «Cassandra's Curse» - «Hello» - «Snakes &
Ladders» - «Medicine Man» - «Why Don't You Call Me» - «Something You
Don't Understand» - «I Will Rise Again» - «Life Is Now» - «Trapped»
- «The Seeds» - «High Noon» - «Raise Your Hands» - «Hands on the
Trigger / Nothing to Lose» - «Ashes to Ashes» -- «Wild And Hungry» -
«Rising High».
The Night Flight Orchestra
Als die Verpflichtung der schwedischen Rock-Band der Stunde bekannt
gegeben wurde, war ich total aus dem Häuschen! Der aktuell hell
leuchtende Szene-Stern am Rock-Firmament und nota bene eine meiner
neuen Lieblingsbands der jüngeren Vergangenheit kommt nach Wasen ins
Emmental. Wie geil ist das denn?! Ich konnte das kaum glauben und
freute mich entsprechend ungemein drauf, zumal das Konzert in Zürich
vergangenen Dezember sicherlich nicht schlecht, aber halt nicht
aussergewöhnlich ausgefallen war. So bot sich innert kurzer Zeit die
grosse Chance, diese Scharte wieder auszuwetzen. Das Zustandekommen
dieses Auftritts war umso erfreulicher in Anbetracht der Tatsache,
dass die beiden
Recken Björn Strid (v) und David Andersson (g)
anlässlich der tags darauf (!) anstehenden Veröffentlichung von
«Verkligheten», dem elften Album der Hauptband Soilwork, ihre
Gedanken wohl bereits woanders hin schweifen liessen. Davon merkte
man allerdings rein gar nichts, als die, inklusive der beiden
singenden Steward-essen, vollzählig aufmarschierte Band die Bühne des
ICE ROCK enterte und es gleich von Beginn an so krachen liess, wie
es erhofft wurde. Ich versprach mir noch einiges bezüglich der hier
doch wesentlich kleineren Bühne als zuvor noch in Zürich im
Konzertsaal des Dynamo. Und genau so war es dann wieder, dass das
TNFO-Paket kompakter und druckvoller rüber kam. Obwohl nicht zu
übersehen war, dass nach Shakra ein paar Dutzend Leute vor der Bühne
fehlten, waren immer noch genügend Leute da, um die Schweden nach
allen Regeln der Kunst abzufeiern. Das Tenn am Hornbach wurde kurzum
in eine Tanzarena umgewandelt. Björns Stimmbänder hielten der
Belastung mühelos stand und trotz beengter Platzverhältnisse war
ordentlich was los auf der Bühne. Dies verursachte auch beim ICE
ROCK Booker Marco Forster feuchte Äuglein, der, wie meine Wenigkeit,
auch voll auf die Band abfährt und sich wie ein Honigkuchenpferd
freute. Dass der Set letztlich identisch wie der in Zürich ausfallen
würde, war anzunehmen, und so war die Party nach rund achtzig
Minuten leider schon wieder Geschichte.
Setliste: «Intro» -
«Sometimes The World Ain't Enough» - «Living Tor The Nighttime» -
«Speedwagon» - «Midnight Flyer» - «Turn To Miami» - «Star Of Rio» -
«Gemini» - «Something Mysterious» - «Josephine» - «Paralyzed» -
«Can't Be That Bad» - «1998» -- «This Time» - «Lovers In The Rain» -
«West Ruth Ave».
Freitag, 11.01.2019 (Zweiter
Tag)
Rock Out Nach dem letzten Arbeitstag der
Woche stand das Wochenende bevor, und dieses bewegte nun erst recht
im Fokus des diesjährigen ICE ROCK Festi-vals. Und wie es sich
eigentlich für diese Jahreszeit gehört, präsentierte sich die
Witterung hochwinterlich, aber nicht zu kalt. Gar nicht kalt liess
der Opener Rock Out letztes Jahr die ICE ROCK Chefriege, denn der
unbekümmert frische und rotzfreche Auftritt hinterliess mächtig
Eindruck. So sehr, dass es zu einem Novum in der Geschichte des
Kult-Festivals kam, denn vor den Youngstern aus Lützelflüh hatte es
bisher noch keine einzige Band geschafft, im nachfolgenden Jahr
nochmals auf dem Billing zu stehen! Rock Out nahmen diese
Steilvorlage natürlich mit unbändiger Freude an, und wer das coole
Quartett im vergangenen Jahr verpasst hatte, bekam nun eine zweite
Gelegenheit. Da die Akteure sehr jung sind, hinterlässt ein ganzes
Jahr schon ein paar Spuren. Die grösste äusserliche Veränderung war
dem zweiten Gitarristen Severin "Seve" Held anzumerken, der ein
Stück erwachsener daher kam. Unverändert präsentierte sich hingegen
Frontmann Florian "Flopsi" Badertscher, der immer noch einige flotte
Sprüche und Schenkelklopfer auspackte. Daneben gab es natürlich eine
gute Stunde Rock'n'Roll mit nach wie vor latenten Vibes der
Frühjahre von AC/DC. Einmal mehr punktete Flopsi mit seiner
kräftigen und oben weg ordentlich schneidigen Gesangsstimme.
Mittlerweile haben die Jungs auch ihre Dedüt-CD «Loud Hard And
Dirty» am Start, die im vergangenen Sommer erschienen ist und die
Zielgruppe erreicht.
Setliste: «Hellfire» - «Ice Of Fire» -
«Pain Of My Heart» - «Bloodmengang» - «It's My Day» - «Young Boy» -
«Can't You See» - «We Are Rock-Out» - «House Of The Rising Sun» - «7
Minutes In Paradise» -- «Whole Lotta Rosie» - «Dead Riders».
Animal Drive Das "ICE ROCK"-Festival ist immer
wieder gut für irre Geschichten, und das traf heuer auf die
kroatische Band Animal Drive zu, die den beschwerlichen Weg aus
Zagreb über Österreich in die Schweiz unter die Räder nahmen! Trotz
dem vielen Schnee schafften es die Jungs noch rechtzeitig ins
Emmental zu gelangen. Die junge Truppe um Frontmann Dino Jelusic,
der seine Sporen mitunter auch beim Trans-Siberian Orchestra
abverdient und die Combo 2017 gegründet hat, ergänzte sich mit Ivan
Keller (g), Rökindja Nikolić (b) sowie Zvonimir Mihaljević (d) als
weitere Mitstreiter an Bord. Vor knapp einem Jahr erschien die
Debüt-CD «Bite!», und so wurde die Grundlage dazu geschaffen, dass
Konzerte wie dies von heute Abend gespielt werden können. Kaum auf
der Bühne, legten die Jungs wie die Feuerwehr los. Allen voran war
Bassist Rökindja nicht zu bremsen und performte mit voller Hingabe.
Überhaupt agierte die ganze Band ziemlich professionell, und das lag
nicht nur an den technischen Fähigkeiten. Ivan und Rökindja posten
unablässig wie die Irren und Dino erledigte den Rest. Die Mädels in
der ersten Reihe waren auf jeden Fall schon bald am Schmachten und
die Stimmung steigerte sich mit jedem gespielten Song mehr. Der
grundsätzlich ziemlich energetisch gespielte Hard & Heavy Rock liess
die ganz grossen Hooks zwar noch etwas aussen vor, aber die Truppe
präsentierte sich in exzellenter Spiellaune und blieb dem
begeisterten Publikum nichts schuldig. Erstaunlich war auch die
Tatsache, dass einige der anwesenden Fans offenbar ziemlich
textsicher schienen, was an dieser Stelle doch eher überraschte. So
nutzten Animal Drive die Gunst der Stunde und zelebrierten ihre
knapp einstündige Show nach allen Regeln der Kunst. Wenn das
Quartett in dieser Art und Weise dran bleibt und in den nächsten
paar Jahren hoffentlich noch stärkere Alben unters Volk zu bringen
vermag, sieht die Zukunft mehr als nur rosig aus!
Setliste:
«Goddamn Marathon» - «Time Machine» - «Lights Of the Damned» -
«Deliver Me» - «The Look (Roxette Cover)» - «Had Enough» - «Hands Of
Time» - «Fade Away» - «Tower Of Lies (I Walk lone)» - «Devil Took My
Beer Again» - «Monkey» - «Bad To The Bone».
Gus G.
Nach dem töften Auftritt von Animal Drive stand nun das
Festival-Highlight schlechthin an! Kein Geringerer als der ehemalige
Gitarrist von Altmeister Ozzy Osbourne und Gründer der eigenen Combo
Firewind konnte für das ICE ROCK verpflichtet werden. Keine Ahnung,
auf welche Art und Weise der begnadete Flitzefinger ins Emmental
gelockt werden konnte, aber es dürfte mitunter dem Feedback der
bisher aufgetretenen Bands geschuldet sein! Die Atmosphäre des ICE
ROCK ist in seiner Gesamtheit einmalig, und darum erstaunt es nicht,
dass das Echo der Protagonisten danach stets positiv ausfällt. Auf
der letztjährigen Euro-Tour von Gus im vergangenen Herbst gab es
jedoch Missstöne aus dem Support-Umfeld
der Schweizer Hardrocker
Maxxwell, die sich beim Tour-Halt in der Heimat gleich aus eigenen
Stücken ausklinkten. Von all dem war in Wasen i. E. zum Glück
über-haupt nichts zu spüren, und noch während dem Umbau der Bühne
sorgte der Schlagzeuger bei mir für die erste Unruhe im positiven
Sinne, bevor dieser überhaupt auch nur einen Schlag abgeliefert
hatte! Sein Name?! Felix Bohnke (Edguy, Avantasia), und das
versprach einiges! Als Gus G (g/v), Dennis Ward (b/v) und Master
Bohnke pünktlich um 22:00 Uhr loslegten, war dies der Beginn einer
absoluten Hammer-Show, wie sie das ICE ROCK zuvor noch nie erlebt
hatte. Nebst dem technisch über-ragenden Spiel des Axtmeisters und
der routinierten Güte der tiefen Töne haute einen das Power-Drumming
glatt aus den Latschen! Es war einfach unfassbar geil, mit welcher
Leichtig- wie Kompaktheit dieses Trio agierte. Gus präsentierte
einen guten Mix aus seinen instrumentalen Soloalben, ein paar
Firewings-Tunes und vor allem drei grossartig umgesetzte
Cover-Versionen, die es wahrlich in sich hatten. Den Anfang machte
«Cold Sweat» von Thin Lizzy, wo die berühmten Live-Licks von John
Sykes beeindruckend wiederbelebt wurden. Danach folgte eine sehr
gelungene Heavy-Version vom Dire Straits Jahrhundert-Classic «Money
For Nothing», die man so zuvor wohl noch nie zu Gehör bekommen hat.
Dass letztlich auch noch was aus dem Backkatalog des "Prince Of
Darkness» erwartet wurde, erklärt sich von selber und Gus verwöhnte
das völlig begeisterte Publikum mit einer Machtdemonstration, die
den Arbeitstitel «Bark At The Moon» trug. Das Resultat war schlicht
unbeschreiblich und die Glücksgefühle nicht in Worte zu fassen.
Sensationell und eines der besten Konzerte, das je auf dieser Bühne
stattgefunden hat!
Setliste: «Fearless» - «My Will Be Done» -
«Burn» - «Mr. Manson» - «Vengeance» - «Don't Tread On Me» - «What
Lies Below» - «Letting Go» - «Cold Sweat (Thin Lizzy Cover)» - «Big
City» - «The Fire And The Fury» - «Force Majeure» - «Money For
Nothing (Dire Straits Cover)» - «Thrill Of The Chase» - «I Am The
Fire» - «Bark At The Moon (Ozzy Osbourne Cover)» - «The Quest».
Bonesetter Dass jeweils nach dem Headliner noch eine
"Rausschmeisser-Band" folgt, hat Tradition am ICE ROCK, aber
besonders heute Abend war die 2010 gegründete Band mit Wurzeln aus
Leipzig, Berlin und Swarzędz nicht wirklich zu beneiden! Davon liess
sich das Quartett jedoch nicht beirren und versuchte zumindest,
nochmals etwas Stimmung in die Bude zu bringen. In der Tat folgte
ein ordentliches Hardrock Brett, das zumindest etwas DNA der alten
AC/DC in sich trug und auch Reminiszenzen an die Adresse von
Airbourne (mehr) und den Gunners (weniger) gerichtet waren. Das
Ganze wurde dann entsprechend wild vorgetragen, wobei der zweite
Gitarristen Hendrik Kühling sein Instrument über weite Strecken zu
ungehobelt malträtierte. Rock'n'Roll muss und darf mitunter auch
etwas rumpelig dargeboten werden, aber hier kam mir das Ganze zu
krakelig rüber. Dennoch reagierte das faire Publikum, wie es sich
für das ICE ROCK gehört, mit bierseliger Anteilnahme und liess sich
mitreissen. Ich für meinen Teil verspürte in der Zeit, respektive
nach den Fotos ein Hüngerlein in der Magengegend und zog mich
deshalb in den Food-Bereich zurück. Aus der Distanz und mit
fortwährender Spieldauer klangen Bonesetter immer austauschbarer und
so blieb am Schluss nicht viel mehr als die schweisstreibende
Energie übrig. Nach dem Anschauen eines Videos, begleitend zur
Live-Rezi hier, fiel mir dann noch auf, dass mit Anna Nosferati
offenbar noch nicht so lange ein neues Mädel den Bass bedient, der
vorher die Domäne von Steffi Borbe war. Gegen 01:00 Uhr morgens ging
der zweite Festival-Tag würdig zu Ende, und einige der
verhältnismässig immer noch zahlreich anwesenden Fans genehmigten
sich einen letzten Schlummer-Trunk oder auch zwei.
Samstag, 12.01.2019 (Dritter Tag)
Gloria Volt
Die Winterthurer Hardrocker bereits um 14:30 Uhr als erste Band des
letzten Festivaltages auflaufen zu lassen, grenzt an Nötigung, aber
Fredi Volvo (v), Pim Peter (g), Lord Latex (g), Marino Marroni (b)
und Pascili Goodknight (d) sind erfahrene Profis, und wenn der
permanente Biernachschub auf der Bühne eingerichtet ist, heisst es
nur noch Vollgas. Genau das taten Gloria Volt dann auch und zündeten
ein Rock'n'Roll Feuerwerk, das sich gewaschen hatte. Vor allem
Frontmann Fredi Volvo erinnerte immer
wieder an Spike von den
Quireboys und nutzte die ganze Fläche, zumindest das, was die Bühne
her gab für seine Performance. Während Bass-player Marino Marroni
seine Saiten eher gemütlich in Schwingungen versetzte, zogen Lord
Latex und Pim Peter mit jedem vernichteten Bierbecher mehr vom Leder
und versetzten sich in beste Spiellaune. So viel überschäumende
Lebensfreude sorgte somit bereits Nachmittag für massig gute
Stimmung im Tenn. Im vergangenen Mai kam mit «All The Way Down» das
dritte full lenght album heraus, das nahtlos an seine Vorgänger
anknüpft und abermals keine Kompromisse eingeht. Von den
ausgewählten Songs stammen interessanterweise gleich deren drei von
ersten 5-Track EP und grundsätzlich sind alle Alben vertreten, wenn
auch das überwiegende Material mehrheitlich von den letzten zwei
Scheiben stammt. Darunter hatte es auch Songs wie «Lose Alone» oder
«Dance With The Devil», wo nicht nur voll auf das Gaspedal gedrückt
wurde, sondern stimmiger Hardrock mit songwriterischem Tiefgang
glänzte.
Setliste: «Sydney» - «World Of Pain» - «Never Ever»
- «3 Angels» - «Shout Loud» - «Poison My Blood» - «Lose Alone» -
«Keep This Time (In Your Heart)» - «Dance With The Devil» - «Gonna
Roll» - «Screamin' For Hollywood» - «Need A Kick» -- «Call Me A Man»
- «Rollercoaster».
Fire Rose Es gibt
verschiedene Gründe, warum man eine Band aus den Augen verliert. Was
Fire Rose angeht, so liegt meine letzte livehaftige Begegnung mit
der Baselbieter Combo schon eine ganze Dekade (!) zurück, nämlich
seit ich die Jungs 2008 als Anheizer für Excentric und deren damals
neue CD «Take This!» in Sissach erleben durfte. Was die feurigen
Rosen angeht, ist diese Zeit durch einige Lineup-Wechsel
gekennzeichnet. Wichtige aktuelle Neuerungen sind dabei die Posten
am Mikro (Philipp Meier, Ex-Keyboarder von Crown Of Glory, löste
Pascal Dahinden ab) und am Bass, wo der tragische Verlust von Adrian
Thommen (R.I.P.) durch Janick Schaffner aufgefangen wird. Bisheriges
Highlight in der Karriere der Truppe um die Giese-Brothers war 2016
der Release des hochgelobten Debüt-Albums «Devil On High Heels», das
noch von Pascal Dahinden eingesungen wurde. Äusserlich an Ex-Shakra
Shouter John Prakesh erinnernd, war die Gesangsstimme allerdings
deutlich kratziger. Dies trifft bei Philipp indes nicht zu, der
einen anderen Timbre besitzt. Geblieben ist auf jeden Fall der fette
Gitarrensound, der in die Abteilung Victory, Krokus, frühe Def
Leppard oder W.A.S.P. gehört. Gerade Letztere wurden beim Opener
«Wheels On Fire» zitiert, wo das Eingangsriff von der Rhythmik her
schon an «(Animal) Fuck Like A Beast» erinnerte. Nichtsdestotrotz
legten Fire Rose einen beherzten Gig auf die heiligen Bretter des
ICE ROCK. Die musikalische Neuausrichtung von Philipp, will heissen
weg vom Tasteninstrument an den Gesang, stellt für seinen neuen
Wirkungskreis einen veritablen Glücksfall dar. Die neue Besetzung
überzeugte mit einer überaus aktiven wie gitarrenlastigen
Performance, die unter dem Strich aber noch mehr Druck hätte
erzeugen sollen, ja müssen. Zudem wäre bald einmal ein neues Album
fällig!
Setliste: «Wheels On Fire» - «Fire 'n' Ice» - «Don"t
Need Somebody» - «Falling» - «We Are Wild» - «Life» - «Devil On High
Heels» - «Fades To Grey» - «Touch Down» - «Rain Falls Down» - «Heavy
Metal Still Burns».
Jesus Chrüsler Supercar
Mit der aus Stockholm angereisten Truppe erfolgte eine stilistische
Erweiterung des Festivals in Richtung "Death 'n' Roll". Somit war
fettes Riffing mit permanent düsterem Anstrich angesagt, und darin
sind die Schweden mehr als nur gut. Das 2011 gegründete Trio
bastelte sich zu Beginn der musikalischen Aktivitäten zunächst aus
der bekannten Rockoper «Jesus Christ Superstar» den an sich ziemlich
sinnfreien Bandnamen, dessen Mittelteil "Chrüsler" zumindest für die
Deutschschweizer in Sachen
Herkunft der Truppe bei Nichtwissen zu
allfällig falschen Annahmen führt. Doch das dürfte dem lärmigen Trio
um Robban Bergeskans (v/b), Christopher Sirén (g) und Nicke Forsberg
(d) ziemlich egal gewesen sein. Zu Beginn zündete die Mucke beim
Publikum allerdings nicht wirklich, aber das schwere Riffing und der
bollernde Bass gewannen laufend immer mehr an Terrain. Das lag auch
daran, dass die Songs nicht zu lang waren, denn stets dann, wenn es
angefangen hätte ins Monotone rüber zu kippen, kam schon der nächste
Soundhappen zum Zug. Das erklärte schliesslich auch die ordentlich
lange Setliste für einen 75-minütigen Gig, wo ohne die Intros,
Sample-Einspielungen und das Outro nicht weniger als siebzehn Titel
aufgeführt waren. Mir selber und einem guten Teil der Fans kamen
Jesus Chrüsler Supercar auf jeden Fall ganz ordentlich daher, aber
zu meinen Lieblingsbands gehören die Nordländer definitiv nicht. In
bestimmt aufrichtiger Ehererbietung zockte der wilde Haufen mitunter
Motörheads Alltime-Classic «Overkill» runter. Das war einerseits
zwar mal was anderes als immer nur das x-fach gecoverte «Ace Of
Spades», aber für die Geschichtsbücher reichte es trotz Einsatz
(Nicke gab alles an den Drums!) dennoch klar nicht. Versierte
Truppe, aber für meine Wenigkeit kein Highlight des Billings, wobei
dem Anspruch der Abwechslung damit auf jeden Fall Genüge getan
wurde.
Setliste: «Intro» - «Lucifer» - «Flesh And Bones» -
«Death Row Blues» - «I Can Get It» - «Cream Death (Sample)» -
«Killing Machine» - «Down Down Down» - «From Hell» - «Pitchfork» -
«Intro (Rain and thunder sample)» - «Never Forget, Never Forgive» -
«Out Of My Head» - «Digging My Grave» - «Intro (Angry Man)» - «God
Gave Me Nothing» - «Let It Roll» - «Overkill (Motörhead Cover)» -
«Jesus Chrüsler Supercar» - «Before I Turn You Down» - «Satan Is
Real (Outro)».
Stormzone Der initial
einzige Grund, warum die Briten heuer auf der Bühne des ICE ROCK
standen, liegt bei einer anderen Band, die hier auch schon zu Gast
war! Die Rede ist von Maverick, die letztes Jahr Steve Moore als
Tour-Gitarristen mit dabei hatten. Der immer gut aufgelegte und
total bodenständige Sympathikus zeigte sich höchst beeindruckt vom
ICE ROCK als Ganzem, und so schmiedete er wohl bald einen Plan,
gefolgt von einer offiziellen Anfrage für seine Hauptband Stormzone.
Das Glück war ihm hold, und so stand die 2004 gegründete nordirische
Hard & Heavy Rockmaschine heuer tatsächlich auf dem Billing im
Emmental. Obwohl die Truppe aus Belfast schon sechs full lenght
Alben raus gehauen hat, waren sie unseren Breitengraden zuvor nicht,
respektive kaum bekannt. Die Suche in unserem Archiv, das die ganze
aktive Zeit des Fünfers abdeckt, fördert livemässig, neben ein paar
CD-Reviews, nur einen einzelnen kurzen Satz von Cheffe Roxx zu Tage,
als er die Jungs 2009 am "Sweden Rock Festival" in Sölvesborg (S)
sah. Vielleicht ist dies wegen dem Bekanntheitsgrad auch deswegen,
weil es inzwischen schon neun ehemalige Musiker zu verzeichnen gibt.
Dieser Zustand von wegen sich ausserhalb der Heimat eher rar zu
machen, wurde heute Abend endlich durchbrochen und gipfelte in einem
hammergeilen Auftritt. Gitarrist Steve Moore schien sich ein
weiteres Mal pudelwohl zu fühlen und riss seine Kollegen mit
Spielfreude und Enthusiasmus mit. Die längst angewärmten Fans
antizipierten vorzüglich und verwandelten das Tenn in eine am
gleichen Strick ziehende Festhütte. Die kernig vorgetragenen Songs
gingen einem aber auch locker in die Knochen und es gab mehrere
abschädelnde Metalheads in den vordersten Reihen. Frontmann John
Harbinson fand denn auch den Draht zum Publikum und überhaupt kam
die tight aufspielende Truppe ziemlich cool rüber. Hoffentlich sieht
man die Jungs bald wieder auf anderen Bühnen der Welt abrocken.
Setliste: «Where We Belong» - «Another Rainy Night» - «Three
Kings» - «The Pass Loning» - «Secret Gateway» - «Coming Home» - «The
Memory Never Dies» - «Night Of The Storm» - «Cushy Glen» - «Hail the
Brave» - «Albhartach» - «You're Not the Same» - «Death Dealer».
Sorcerer Mit der zweitletzten Band des" ICE ROCK"-
Festivals 2019 erfüllte sich ein langgehegter persönlicher Wunsch
von Booker Marco Forster. Die Grundlage dafür wurde im Herbst 2017
mit der brillanten und nach dem ebenso überzeugenden Werk «In The
Shadow Of The Inverted Cross» von 2015 veröffentlichten
Killer-Scheibe «The Crowning Of The Fire King» als so zu sagen
zweites Comeback-Juwel gelegt. Die Dichte, Schwere und gleichzeitige
Melodiösität der Schweden (übrigens nicht zu verwechseln mit der
gleichnamigen Power Metal Truppe aus Argentinien!) ist einzigartig.
Somit blieb zur grossen Freude auch meiner Wenigkeit zur
Verpflichtung dieser Kult-Truppe um die Ur-Members Anders Engberg
(v), Johnny Hagel (b) und Richard Evensand (d) nur die Frage übrig,
ob sich der Epic Doom Metal mit der gleichen Intensität wie auf
Tonträger live reproduzieren liess. Die Antwort auf diese Frage
lautet unmissverständlich wie erfreulich "ja", und zudem absolvierte
die ursprünglich aus Stockholm stammende Band am heutigen Abend den
allerersten Auftritt in der Schweiz überhaupt! Bei so viel Pathos
konnte es ja nur gut heraus kommen, aber dass es letztlich sowas von
Hammer werden würde, war nicht zwingend zu erwarten. Die Freude
darüber war nicht nur beim zeitweise mitten in den Fans stehenden
Marco zu spüren, der sich beinahe Tränen der Gerührtheit aus dem
Gesicht wischen musste, sondern (fast) alle Anwesenden waren ebenso
hin und weg. Es entstanden wirklich bewegende Momente, denn dass das
Interesse an einer Combo, die zwischen dem ersten Split von 1992 und
2010 fast zwanzig Jahre weg vom Fenster war (!), so gewürdigt wird,
ist einfach nur geil. Frontmann Anders war sich dies offenbar
bewusst und genoss offensichtlich jede Minute dieses kultigen
Auftrittes. Von den 2000er- Alben kamen je drei Songs zum Zug und
der Rest stammte von der EP (2015) und den Anfängen vor fast
dreissig Jahren. «The Sorcerer» als Zugabe war schliesslich nichts
als pure Magie und das verhältnismässig laute Mitsingen des Refrains
freute die ganze Band sichtlich, die sich nachher sichtlich bewegt
und dankbar von ihren Fans verabschiedete.
Setliste: «Sirens»
- «Black» - «Lake Of the Lost Souls» - «The Highlander» - «Ship Of
Doom» - «The Dark Tower Of The Sorcerer» - «The Devil's Incubus» -
«The Crowning Of The Fire King» - «Born With Fear» - «Exorcise The
Demon» -- «The Sorcerer».
The Treatment
Es war im Frühling 2013, als Noisy Miller (Ex-Killer, Smoke'n'Flame)
und meine Wenigkeit gemeinsam einen denkwürdigen Trip nach London
unternahmen, um im Rahmen der «Frantic»-Tour eine lebende Legende im
Hammersmith Apollo (wie es seinerzeit noch hiess) erleben zu können:
Status Quo im Ur-Lineup! Soweit so gut, aber im Vorprogramm stand
eine junge Band, die damals in den Startlöchern zu einer grossen
Karriere stand: The Treatment! Das dem wirklich so ist oder war,
zeigten auch die vorher in der Schweiz gespielten Support-Slots für
Alice Cooper 2011 und Steel Panther 2012, gefolgt von weiteren
grossen Namen wie KISS, Mötley Crüe oder Thin Lizzy. Der ungestüm
zelebrierte Hard & Heavy Rock erinnerte jeweils an die glorreichen
Zeiten von Skid Row in den 90ern und den frühen Def Leppard in den
80ern. Spätestens 2015 kam dann allerdings richtig Sand ins
Getriebe, als Frontmann Matt Jones nach sieben Jahren den Hut zog.
Im gleichen Jahr wurden die Vakanzen wieder behoben und die Zeit von
Mitchel Emms (v) und Tao Grey (g) brach an. Letzterer ersetzte
Fabian Dammers, der nur kurz als Nachfolger von Ben Brookland im
Line-Up stand. Im Frühling 2016 folgte schliesslich mit «Generation
Me» der dritte Longplayer der Truppe, der gleichzeitig den
albenmässigen Einstand der Neuzuzüger bedeutete. Die Resonanzen
darauf fielen allerdings durchwachsen aus und so wurde der einstige
Schwung der einstigen britischen Rock-Hopefuls jäh gebremst.
Nichtsdestotrotz legten die Jungs das ICE ROCK dann aber kurzerhand
in Staub und Asche! Durchflutet von Energie legten The Treatment
einen ziemlich agilen und schweisstreibenden Set auf die Matte, der
erahnen liess, dass der wilden Haufen zumindest noch voll motiviert
dabei ist und keine Kompromisse eingeht. Frontmann Mitchel führte
derweil die Rolle als Zampano am Bühnenrand ohne Fehl und Tadel aus.
Der Rest der Band stand ihm in Sachen Einsatz in nichts nach, und so
powerte sich das Quintett durch einen ziemlich flotten Set hindurch.
Obwohl die Energie-Reserven der Fans bei der sechsten und letzten
Band des ICE ROCK Festival 2019 langsam aber sicher am Schwinden
waren, hielt sich die ausgelassene Stimmung bis ganz am Schluss und
bescherte den agilen Jungs eine schlicht einen definitiv geilen
Auftritt im Emmental. Um 00:30 Uhr war dann pünktlich Schicht im
Schacht und das ICE ROCK, Ausgabe 2019 bereits wieder Geschichte!
Die Antwort auf die von Fridu während dem Festival natürlich mehr
als einmal gestellte Frage "Isch das öppis gsi?" gab es auch hierzu
nur eine Antwort: "Sensationell!
Fazit zur Ausgabe 2019: Die getroffene Entscheidung, das
Festival eine Woche nach hinten zu schieben, war goldrichtig, denn
nach der Weihnachtszeit und dem Jahreswechsel wäre der 3. Januar
nicht wirklich optimal gewesen. Viele leckten da noch die letzten
Party-Wunden oder befanden sich vor dem nahendem 7. Januar, also dem
Montag als erstem Arbeitstag im neuen Jahr, noch voll im
Chill-Modus. Das Wetter präsentierte sich ebenso winterlich, heisst,
es hatte ordentlich Neuschnee gegeben, und die Temperaturen waren
zum Glück aber nicht so tief wie vor zwei Jahren, als gar das Bier
vor der Kälte kapitulieren musste. Dies passierte heuer zum Glück
nicht, obwohl Väterchen Winter die Zügel in diesem Jahr straff in
seinen Händen hielt und ich mein Auto vor den Heimfahrten jedes Mal
halbwegs ausbuddeln musste. Sonst lief aber fast alles wie gewohnt
am Schnürchen, und so freuen wir uns im Jahre 2020 auf die nächste
Ausgabe des coolsten Schweizer Rock-Festivals!
|
|