Wer Lust auf eine richtig tolle Party hatte, der war an diesem
Abend an der richtigen Adresse, wenn er sich ins Volkshaus begab. Da
versammelten sich Frauen in schönen Gewändern, Männer in
Kettenhemden und alle möglichen Leute in anderen interessanten
Outfits, die einfach perfekt zur Stimmung und zur Musik des Abends
passten. Zürich erlebte dadurch während einiger Stunden eine kleine
Zeitreise, denn vor dem Konzert gingen die kostümierten Fans in die
umliegenden Restaurants und Bars und hoben sich optisch auf eine
richtig erfrischende und spannende Weise vom Rest des Stadtbildes
ab. Pünktlich zur Türöffnung strömte das friedliche Volk in Richtung
Eingang, bester Laune und sichtbar neugierig auf die folgenden
Stunden voller mitreissender Musik.
Fiddlers Green
Seit rund zwanzig Jahren zelebrieren Fiddlers Green eine Spielart,
die sie selber als Irish Independent Speedfolk bezeichnen.
Zelebrieren im wahrsten Sinne des Wortes, denn an jenem Aprilabend
in Zürich ging die Post ab! Es wurde gefeiert, getanzt und
gelacht
was das Zeug hält. Eben so, wie man sich das "Fiddlers Green"
vorstellt, welches sich aus der irischen Bezeichnung für das
Paradies der Seeleute ableitet. Die Stimmung im Publikum war vom
ersten Augenblick an auf dem Höhepunkt, denn Irish Folk ist nun mal
äusserst fröhlich, und Fiddlers Green sind hervorragende
Entertainer. Dies merkte man vor allem, als Sänger Ralf Albers die
Zuschauer zu einer "Wall of Folk" animierte. Man bildete in der
Mitte einen Graben, und dann wechselten die beiden Gruppen
zeitgleich die Seiten, was für viel Gelächter und noch mehr
Fröhlichkeit sorgte. Im Grunde merkte man gar nicht, dass hier "nur"
die Vorband spielt, denn die Erfurter wurden abgefeiert und gaben
auf der Bühne einfach alles. Tobias Heindl spielte im Dunkeln gar
ein Solo auf seiner Geige, deren Bogen mit weissen LED-Lichtern
bestückt war - ein echter Hingucker! Für eine weitere Erheiterung in
akustischer Form sorgte Akkordeonspieler Stefan Klug, der sich die
Drumsticks von Schlagzeuger Frank Jooss borgte und mit ihnen auf
einen Metalleimer eindrosch, welchen er vorher über einen
Mikrofonständer gestülpt hatte. Wahrlich, diese Band war der
perfekte Einheizer für In Extremo, denn das Volkshaus kochte vor
positiver Vibrationen. Wer von Fiddlers Green noch nicht genug hat,
der kann sich die Truppe schon bald wieder anschauen, denn sie
spielen dieses Jahr noch zweimal in der Schweiz.
In Extremo
Hat eigentlich schon mal jemand ein schlechtes Konzert von In
Extremo gesehen? Wahrscheinlich nicht, denn diese Band ist immer
wieder ein unvergleichliches Erlebnis, so auch an diesem Abend in
Zürich. Nach einer erstaunlich kurzen Pause spürte und sah man, dass
die Show schon bald losgehen wird. Ein Beamer projizierte das Cover
des aktuellen Albums "Sterneneisen" auf die Leinwand, welches man
auf dieser Tour zu promoten gedenkte. Mit dem gleichnamigen Song
startete man auch die Show, frenetisch von der klatschenden und
tanzenden Menge bejubelt. Die Band war wieder einmal herrlich
gekleidet, allen voran Sänger Micha, dessen Jacke und Hose von
diversen interessanten Details wie bunten Perlenschnüren,
Pailletten, Knöpfen und kleinen Teilen eines Kettenhemdes zierten.
Auf dem Rücken prangte passenderweise ein rotes Heptagon. Doch auch
Flex der Biegsame hatte sich richtig herausgeputzt und sah in seinem
grünen Bühnenkostüm aus wie ein edler Waldelf! Um mal beim optischen
Gesamteindruck zu bleiben: Am Bühnenrand und auf dem
Schlagzeugpodest waren kleine Schienen angebracht, auf denen Kameras
hin und her fuhren, um die Live-Bilder direkt auf den Hintergrund zu
beamen. In Kombination mit mancherlei anderen Bildern sorgte das für
eine tolle und ausdrucksstarke Abwechslung, denn die Einblendungen
passten stets hervorragend zum jeweiligen Lied. So kriegte man z.B.
bei "Mein rasend Herz" ein schlagendes Herz zu sehen. Beim neuen
Song "Gold" regnete es gar Goldpailletten. In Extremo hatten die
Setliste wirklich sorgfältig zusammengestellt, denn von neuen
Stücken wie "Unsichtbar" bis zu älteren Krachern wie "Vollmond" oder
"Spielmannsfluch" war einfach alles dabei. Besonders bei Letzterem
sang das Publikum sehr laut mit und plötzlich sang eine Gruppe Fans
vor der Bühne für In Extremo ein kleines Ständchen, von dem man bei
uns auf dem Balkon des Volkshauses gerade noch "Geili Sieche..."
verstand. Sänger Micha war zunächst verdutzt, kommentierte das
Ständchen dann aber amüsiert und lachend mit "Ich verstehe das zwar
nicht, aber von hier oben klingt das wie "Ihr seid geile Tiere",
also danke!" Insgesamt war es eine sehr, sehr starke Show, die
äusserst tiefe Eindrücke und Erinnerungen hinterliess. Es war ein
Auftritt voller inniger Wärme, was nicht nur an den regelmässig
eingesetzten Pyros lag, sondern am zwischenmenschlichen Geist all
der Fans, die an jenem Abend nicht nur ihre geliebten In Extremo zu
feiern schienen, sondern auch das Leben selbst. Wir danken den
Berlinern herzlich für diesen perfekten Abend!
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