Livereview: Inishmore - Hellvetica - Firesnake
28. Oktober 2006, Stiefeli-Ryter Bar, Uezwil AG
By Roger W.
Im Aargau brodelt es in der Metalszene. Konnten nur zwei Wochen zuvor Arise in Dottikon an ihrem Konzert-Abend eine zahlreiche heitere Headbanger-Schar begrüssen, wiederholte sich dies im nur gerade 10 km südlich davon gelegenen Uezwil wieder. Dabei sah es im Vorfeld gar nicht mal so rosig aus. Die neu ausgeräumte Scheune des Restaurants Stiefeli-Ryter ist leider so schallundicht, dass die Konzerte bereits um 22.00 Uhr zu Ende sein mussten. Uezwil selber ist praktisch nur per Auto erreichbar und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, gab es bei den Organisatoren, der Gruppe Hellvetica, kurz davor einen Wechsel am Schlagzeug. Warum es trotzdem ein sehr erfolgreicher Abend wurde, erfährt Ihr in diesem Bericht!

Firesnake
Was tun zwei hungrige und talentierte Nachwuchsbands aus derselben Region, wenn es ihnen an Konzertmöglichkeiten fehlt? Genau, sie organisieren selbst die Clubs, laden sich gegenseitig ein und verpflichten zusätzlich einen bekannten, publikumswirksamen Headliner. Mit Firesnake und Hellvetica hatten wir die Newcomer, mit Inishmore die Etablierten. Dass der Stiefeli-Ryter-Gig nicht der Erste dieser Anlässe war, erkannte man bereits beim Publikums-Aufmarsch, der die Scheune gut füllte, als Firesnake um 19.00 Uhr los rockten. Ich kann mich noch gut an den ersten Auftritt dieser Band erinnern. Schon damals war ich beeindruckt von der Energie, die diese Truppe an den Tag legt. Zwei Jahre später haben Firesnake einen gewaltigen Wandel durchgemacht, einen neuen Sänger an Bord geholt, andere Leute ausgewechselt und den Sound vom Heavy Metal in Richtung Power Metal erweitert. Das Schöne dabei ist, dass man bei ihnen von Konzert zu Konzert Fortschritte beobachten kann. Und so war die Live-Power auch diesmal wieder ein bisschen intensiver. Firesnake präsentieren sich als geschlossene Einheit, die es versteht, die energiegeladene Musik durch Umherrennen, Headbangen und Posen zu unterstützen. Das Publikum dankte es denn auch mit reger Bewegung. Und als am Schluss Sänger Jonas Ambühl die ersten "Hey-Spielchen" probierte, klappten diese hervorragend. Das einzige Problem bei Firesnake sind die Songs, die mir bis heute irgendwie nicht hängen bleiben wollen. Will die Band in Zukunft wirklich was erreichen, sollte sich dort noch einiges ändern. Auf die Live-Situation hin gesehen ist dieses Manko aber bedeutungslos, weil die Songs über bekannte Strukturen verfügen und zum Headbangen einladen. Firesnake sollte man aber definitiv im Auge behalten, und dies nicht nur, weil Sänger Jonas selbst ein Iron Maiden Cover à la "The Trooper" nicht peinlich werden lässt.

Set-Liste: "Odi Et Amo", "Game Is Life", "Fight, "Man Of Shadows", "Rest In Peace", "No Time", "The Trooper", "World Control", "War Of Old" & "Inside Me".

Hellvetica
Gleiches gilt für Hellvetica, die mit Roman ebenfalls über einen sehr guten Sänger verfügen, der es versteht, seine Entertainer-Qualitäten zu nutzten und passive Zuhörer in wilde Tiere zu verwandeln. An diesem Abend war das Publikum aber so gut vorgewärmt, dass dies für ihn wohl schon fast zu einfach war. Die "Hey-Spielchen" probierte er jedenfalls bereits aus, als das erste Lied "Fight Back" noch gar nicht richtig begonnen hatte. Und natürlich klappte es. Hellvetica prügelten sich anschliessend mit ihren Songs irgendwo zwischen Thrash- und Heavy Metal durch ihr Set und liessen mit "Dark Angel" dann zur Überraschung Vieler die erste und eigentlich einzige reine Ballade vom Stapel. Im Vergleich zu Firesnake bewegen sich bei Hellvetica aber nicht alle Bandmitglieder gleich viel. So sind Bassist Pascal und Leadgitarrist MooN die Ruhepole, während Sänger Roman, unterstützt durch Rhythmus-Gitarrist Jon, die Blicke auf sich zieht und für Unterhaltung sorgt. Mit "Boom" folgte das letzte Lied bereits nach vier gespielten Songs, da aufgrund des Schlagzeuger-Wechsels nur ein gekürztes Set gespielt werden konnte. Sänger Roman schien darüber aber nicht traurig zu sein und nutzte die Gelegenheit, den Drummer herzlich willkommen zu heissen. Eine Zugabe gab es aber trotzdem. Hellvetica holten Freiwillige aus dem Publikum und gaben ihnen Textblätter, mit denen sie nochmals ihr "Boom" darboten. Eine sympathische Geste, die das Potenzial der Band wirksam unterstrich.

Set-Liste: "Intro", "Fight Back", "Only Pain", "Broken", "Dark Angel", "Boom" & "Boom Together (Reprise)".

Inishmore
Damit waren also ein paar der eingangs erwähnten Probleme vergessen. Nur gab es bei Inishmore wieder Unvorhergesehenes und dies schon wieder auf den Schlagzeuger bezogen. Dieser fing im Verlauf des Abends eine Fiebergrippe ein, so dass das Set der Headliner stark gekürzt werden musste. Mit "Journey Through The Dark" starteten Inishmore dann so, wie man es von ihnen gewohnt ist: Mit viel Bewegung, Headbangen, doppelläufigen Gitarren-Soli, schönen Keyboard-Passagen und einem Gesang der weltweit (!) seines Gleichen sucht. Die Lieder selbst strotzen vor Eigenständigkeit und können noch am ehesten mit denen von Gamma Ray verglichen werden. Ermutigt durch den Erfolg von Hellvetica forderte Sänger Ramin Dänzer ebenfalls schon beim ersten Song zu den "Hey-Spielchen" auf, die wiederum klappten. "Moonchildren" und das neue "Red Lake" folgten, bevor mit "Revolution" und "Three Colours Black" zwei eher selten gespielte Perlen die Ehre bekamen, für die ich der Band noch heute dankbar bin. Das Set musste aber stark gekürzt werden, so dass danach bereits das traditionell Letzte oder je nachdem zweitletzte Lied "Memories" angespielt wurde. Das Publikum reagierte darauf zuerst verstört, verstand den Entscheid aber, gab nochmals Vollgas und sang begeistert den Text mit. "Zugabe-Rufe" wurden danach trotzdem laut. Und so spielten Inishmore das Böhse Onkelz-Cover "Auf gute Freunde", welches vom Publikum lautstark mitgegröhlt wurde, während die beiden Gitarristen spielend durchs Publikum tobten. Schlagzeuger Jonas Dänzer sah danach ziemlich fertig aus. Ihm gebührt grösster Respekt, dass er diese Höllenfahrt auf sich genommen hat. Das Konzert selber war zwar kurz, die Stimmung dafür umso euphorischer, so dass Inishmore wohl zufrieden die Heimfahrt antreten konnten. Bleibt nur noch die Frage, wieso diese Band immer noch nicht den Erfolg hat, den sie eigentlich längst verdient? Überzeugt Euch selbst, besucht ihre Konzerte und bestellt auf ihrer Homepage die CDs einer der absoluten besten Bands der Schweiz!

Apropos: Das frühe Konzerte-Ende hatte auch so seine Vorteile. Das Publikum verschob sich ins Restaurant, wo es musikalisch von einem fähigen Hard-Rock/Metal-DJ verwöhnt wurde und wo noch bis spät in die Nacht getrunken und gefeiert wurde. Kopfschmerzen am folgenden Tag inklusive...

Set-Liste: "Journey Through The Night", "Moonchildren", "Red Lake", "Revolution", "Three Colours Black", "Memories & "Auf gute Freunde".