Wenn mir ein Wahrsager vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich
dereinst mal (neben Deep Purple) auch über meine zweite, wenn nicht
erste, wegweisende Band meiner Passion für harte Klänge noch was
Aktuelles zu berichten hätte, wäre nur ein müdes Lächeln die Folge
gewesen. Doch im Musicbusiness gibt es (fast) nichts, was es nicht
gibt und deshalb reagierte ich zuerst mal etwas ungläubig auf diese
Ankündigung im Moonwalker Club in Aarburg.
Ein Blick auf die Homepage von Iron Butterfly bestätigte jedoch
hieb- und stichfest, dass die Kult-Band tatsächlich in Europa mit
insgesamt 23 Gigs auf Tour ist und gar zweimal in der Schweiz
aufspielen wird. Vom ursprünglichen Lineup war noch die
Rhythmus-Abteilung mit Bassist Lee Dorman und Drummer Ron Bushy am
Start. Keyboarder und Hauptsänger Doug Ingle ist leider nicht mehr
mit von der Partie und Gitarrist Erik Brann (der richtig Braunn
hiess) starb leider als Jüngster der Band im Jahre 2003 an einem
Herzinfarkt. Höchste Zeit also, zusammen mit meinem Vater (73!)
zurück zu den Wurzeln gehen, dorthin, wo alles begann.
Iron Butterfly
Wie im Vorspann angedeutet, war mein Vater in der Tat der
Wegbereiter meines heutigen Musikgeschmackes! Nach der persönlichen
Recherche müsste es 1969, also rund ein Jahr nach der
Veröffentlichung der zweiten LP «In-A-Gadda-Da-Vida» (das Debüt
«Heavy» wurde übrigens auch 1968 veröffentlicht!) gewesen sein, als
meine Eltern in Paris weilten und diesen Rockmeilenstein (zum
Glück!) mit nach Hause brachten. Dies, weil sie den Song aus einem
Kriminal-Film kannten und dieser ihnen beim Schlendern unterwegs aus
einem Ladenlokal zu Ohren kam. Tja..., und dann brauchte es eben
noch Deep Purple's «In Rock» (1970) und zehn Jahre später «Back In
Black» von AC/DC. Der Rest ist Geschichte..., und solche wurde
eigentlich auch heute Abend in Aarburg geschrieben. Ich und mein Dad
schauten uns gemeinsam Iron Butterfly im Jahre 2010 an..., der helle
Wahnsinn! Die Freude wurde allerdings zu Beginn des Konzertes etwas
getrübt, denn es war offensichtlich, dass nicht der
Original-Schlagzeuger Ron Bushy hinter den Kesseln Platz nahm,
sondern Ray Weston, der zuletzt eine Dekade lang Tourdrummer von
Wishbone Ash war. Diese Info kam gerade am Anfang vom demnach noch
einzig verbliebenen Ur-Mitglied Lee Dorman (b/v), der erklärte, dass
Ron aufgrund einer ärztlichen Weisung leider nicht mittun konnte. Ob
er davon schon beim Start der Tour in Hamburg (22.09.10) betroffen
war, wusste ich allerdings nicht. Nichtsdestotrotz waren die rund
etwa 100 Besucher (meist älteren Jahrgangs) mit einer gewissen
Vorfreude gekommen, und dieser sollte auch in dieser Konstellation
Rechnung getragen werden. Die weiteren Mitstreiter waren Keyboarder
und Sänger Martin Gerschwitz (u.a. Vanilla Fudge, Walter Trout Band
und Eric Burdon) sowie Gitarrist Charlie Marinkovich. Mit dabei
hatten die vier Musiker nur gerade ihre Instrumente und die nötigen
Stage-Amps. Das war also Standard und darum hatten die Helfer wohl
nicht einen besonders harten Job zu verrichten. Da Bassist Lee
Dorman offensichtlich nicht mehr ganz so gut zu Fuss unterwegs sein
kann, spielte und sang er auf einem bereit gestellten Barhocker. Das
sah optisch natürlich entsprechend "unspektakulär aus, färbte sich
aber keineswegs auf sein Spiel ab.
Das Konzert wurde kurz nach 21.00 Uhr (eine Vorgruppe gab es nicht)
mit dem Opener «Iron Butterfly Theme», gefolgt von «Unconcious
Power» (beide Songs stammen vom Debüt-Album «Heavy»), eröffnet. Da
meiner Wenigkeit eigentlich nur das Material von «In-A-Gadda-Da-Vida»
geläufig ist, hörte ich erst mal keine vertrauten Töne. Und damit
war jetzt nicht das berühmte Epos gemeint. Es dauerte bis zu «Flowers
And Beads», wo dann meine Mundwinkel sogleich weit nach oben gingen.
Hach war das einfach nur schön! Obwohl der aktuelle Sound das
psychedelische Element von früher zwangsläufig nicht aufbauen
konnte, merkte man schon, dass hier wenigstens noch etwas vom guten,
alten Spirit in der Musik drin steckte. Tastenmann Gerschwitz hatte
anstatt einer echten Hammond-Orgel zwar "nur" zwei Roland-Synthies
dabei, entpuppte sich aber zumindest als valabler Ersatz des
übermächtigen Doug Ingle. Nebst Dorman hatte auch 6-Saiter
Marinkovich einzelne Gesangsparts und meisterte diese ganz
ordentlich. Sein Gitarren-Spiel konnte sich im Angesicht der
prägenden Vorlage ebenso echt hören lassen. Spätestens beim ziemlich
rockigen und groovigen «Easy Rider» wurde mir bewusst, dass ich mich
früher wohl etwas besser um die Discographie von Iron Butterfly
hätte kümmern müssen. Wie dem auch sei, aber wenn Passagen kamen,
die sich zum Beispiel nach Pink Floyd anhörten, dann war mir als
erklärtem Fan allerdings schon klar, warum ich damals bis auf die
eine Platte keine Notiz von den Amerikanern genommen hatte und bis
in die Gegenwart keine weiteren Berührungspunkte schaffen konnte.
Und dann war es endlich soweit..., die erste Platin-Scheibe der
Musikgeschichte wurde zitiert: «In-A-Gadda-Da Vida»!
Und nun nahm es (nicht nur) mich natürlich brennend Wunder, wie sich
der Aushilfsdrummer beim berühmten Schlagzeug-Solo anstellen würde.
Wundersames erwartete der Saal wahrscheinlich nicht gerade, aber es
blieb die obligate Frage im Raum stehen, wie nahe das Ganze am
Original gehalten wurde. Bevor die legendäre Keyboard-Melodie den Jahrhundert-Smasher einleitete, kramte Herr Gerschwitz eher
unerwartet Johann Sebastian Bach's noch berühmtere «Toccata & Fuge
in D-Moll» hervor und bewies hiermit sein Können. Obwohl die
digitalen Sounds seines Roland-Synthies soweit sehr authentisch
klangen, fehlte letztlich halt schon Einiges und eine echte Hammond
ist eben durch nichts zu ersetzen! Das wusste zum Beispiel auch Jon
Lord (Ex-Deep Purple), der wohl bis auf den heutigen Tag kaum was
anderes (wenn überhaupt!) gespielt hat. Das grundsätzlich eher
andächtig lauschende Publikum konnte dann und wann auf Aufforderung
von der Bühne her zu kollektivem Klatschen gebracht werden. Mehr war
aber nicht raus zu holen hier und anders hatte ich es ja nicht
wirklich erwartet. «Butterfly Blue», das bluesige Nach-Epos, das
bekanntlich nie den Hauch einer Chance in Sachen Erfolg für sich
verbuchen konnte, hinterliess dafür ein paar progressive Duftmarken,
ehe..., ach ja..., vorhin fehlte ja noch was..., das Drum-Solo! Nun
gut..., Ray Weston gab sich sichtlich Mühe und war auf jeden Fall in
der ersten Hälfte gut an der Sache dran, sprich er spielte die mir
und den Altfans sattsam bekannten Parts mit dem nötigen
Wiedererkennungswert. Allerdings hörte sich der (Drum-) Sound
bretthart und im Verhältnis viel zu laut an. Ein Blick auf die Uhr
zeigte schliesslich, dass im Wesentlichen soweit "alles" gespielt
wurde. Während dem Solo befanden sich die anderen drei Kollegen
allerdings oben im Refugium und liessen ihren Drummer quasi alleine
auf der Bühne zurück. Als dann danach als letztes Stück zum meiner
grossen Freude auch noch «Are You Happy» folgte, konnte es nach
guten 80 Minuten auf diese Frage nur eine Antwort geben: Ja!!
Setliste: «Iron Butterfly Theme» - «Unconscious Power» - «Time Of
Our Lives» - «Stone Believer» - «Flowers And Beads» - «Easy Rider» -
«Butterfly Bleu» - «In-A-Gadda-Da-Vida» -- «Are You Happy».
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