Die Ausgangslage nach dem Oberhammer-Konzert vom vergangenen
23. Juni in Fribourg war klar. Schaffen sie es, diese Jahrhundert-Show zu toppen oder
nicht? Nun, ausverkauft war das Zürcher Konzert schon mal nicht, aber es waren doch
ziemlich viele Fans gekommen. Unten war das Getümmel ziemlich gross, während es auf den
Rängen oben schon noch einige leere Plätze gab. Als Anheizer hatte man mit Gamma Ray
eine sehr erfahrene Metal Band am Start und Kai Hansen spielte ja nicht zum ersten Mal vor
so einer Kulisse. Dem entsprechend hatte er das Publikum bald auf seine Seite gezogen, was
sich bald durch bemerkenswerten Zuspruch ausdrückte.
Gamma Ray
Da die Anfahrt nach Zürich an diesem Abend eher etwas mühsam war und ich noch zwei
Tickets eines Kollegen vertickern musste, kam es, dass Gamma Ray bereits auf der Bühne
standen, als ich in die Halle kam. Der erste Eindruck des Gehörten war nicht
überschwenglich, was (hinten links, halb oben) zur Hauptsache am grottenschlechten Sound
lag. Die Gitarren hörte man praktisch überhaupt nicht und Kai Hansen nur dann, wenn er
ganz spitze Schreie von sich gegeben hatte. Songmässig erkannte ich eigentlich nix, weil
ich auch gar nicht richtig bei der Sache war. Der Soundbrei liess diesen Auftritt ziemlich
unauffällig an mir vorbei rauschen. Das Publikum machte aber ganz ordentlich mit, was in
dieser Halle als Support eines bekannten Headliners alles andere als selbstverständlich
ist. Zum Schluss kam der bejubelte Helloween-Kracher "I want out", der den Metal
Heads nochmals so richtig Feuer unter dem Arsch machte. Zusammenfassend war es, bis auf
den unakzeptablen Sound, eine gute und routinierte Show, die klar belegte, dass Gamma Ray
eine sehr beliebte Band ist und über eine grosse, treue Fanbase verfügt.
Iron Maiden
Bei ein paar Bands fehlen mittlerweile die klassischen Intro's zu Beginn eines Konzertes.
Dafür bekommen gewisse Songs von Band-Kollegen einen besonderen Stellenwert, wenn diese
immer vor einer Show abgespielt werden. "Doctor doctor" von UFO ist inzwischen
zum untrüglichen Zeichen geworden, dass es bei den "Eisernen Jungfrauen"
jeweilen bald losgeht. So war es natürlich auch heute Abend in Zürich. Nachdem in
Fribourg eine wirklich kultige Set-Liste mit einigen alten Krachern zum Besten gegeben
wurde, war abzusehen, dass nun nach der offiziellen Veröffentlichung von "Dance of
death" nicht nur der heutige Opener "Wildest dreams" vom neuen Album
präsentiert werden würde. Bevor man sich dazu aber überhaupt Gedanken machen konnte,
rüttelte einen eine Bomben-Version von "Wrathchild" so richtig wach. Das
Publikum antizipierte ordentlich, reagierte aber keinesfalls überschwenglich auf die
Aufforderung von Bruce Dickinson, ein lautes "Wrathchild" zu erwidern. Nach zwei
weiteren älteren Stücken folgten mit dem Titelstück und "Rainmaker" die
nächsten zwei Newcomer, wovon Letzterer klar mehr Zuspruch erhielt. Das Bühnenbild war
diesmal in mittelalterlicher Art aufgemacht. Links und rechts thronten zwei grosse Türme,
in denen je eine Eddie-Figur, in einen Kapuzen-Unhang gehüllt und mit Sense in der Hand,
drinstand. Verbunden wurden diese über eine quer verlaufende Traverse, die als Mauerwerk
in Erscheinung trat. Der Rest mit den wechselnden Hintergründen und übergrossen
Eddie-Porträits wurde bereits in Fribourg verwendet. Das Gesamt-Bild in Zürich sah auf
jeden Fall genial aus und vor allem die Lichteffekte waren diesmal deutlich besser. Dies
sollte nach einer furiosen Version von "Brave new world" bei
"Paschendale", einem weiteren neuen Song, seinen absoluten Höhepunkt erfahren.
Das gleissend weisse Licht, das zusammen mit viel Trockeneis und zuckenden Effekten die
ganze Bühne in Beschlag nahm, sah von vorne hammermässig aus. Nach "Lord of the
flies", dem einzigen Stück aus der Bayley-Ära, folgte mit "No more lies"
der vorletzte Neuzugang in der Set-Liste. Die Stimmung war inzwischen richtig gut
geworden, war aber nie auch nur in der Nähe von Fribourg. Auf die Band färbte das aber
in keinster Weise ab, denn sie wirkte agil wie eh und je. Das Gitarren-Trio mit Adrian,
Dave und Janick war eh bereits die halbe Miete wert. Dickinson zeigte sich stimmlich
ebenso auf der Höhe und legte eine respektable Strecke auf der Bühne zurück. Bei
"Fear of the dark" war die Magie dieses genialen Songs dann (endlich mal!)
beinahe gänsehautmässig. Der Zugaben-Block mit dem für meinen Geschmack zu langen
"Journeyman" brachte den zuvor aufgebauten Enthusiasmus leider ziemlich schnell
wieder zum Erliegen. Iron Maiden beschritten damit eher neues und ungewohnt ruhiges
Terrain, das die Fans mit Sicherheit in zwei Lager geteilt haben dürfte und weiter wird.
"666, the number oft the beast" (mit Eddie auf der Bühne) und "Run to the
hills" beendeten dann den Auftritt nach gerade mal rund hundert Minuten. Dass dabei
mit "2 minutes to midnight" (und weiteren Klassikern!) mein persönliches
Highlight fehlte, konnte jedoch den insgesamt guten Eindruck nicht entscheidend
schmälern. Iron Maiden sind aktuell erneut ein Highlight, das sich kein echter Fan der
Band entgehen lassen sollte! Up the irons...
Set-Liste: Intro ("Doctor, doctor"), "Wildest dreams",
"Wrathchild", "Can I play with madness", "The trooper",
"Dance of death", "Rainmaker", "Brave new world",
"Paschendale", "Lord of the flies", "No more lies",
"Hallowed be thy name", "Fear of the dark", "Iron Maiden",
"Journeyman", "666, the number of the beast", "Run to the
hills".
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