Livereview: Iron Maiden - Trivium - Lauren Harris
5. Dezember 2006, Zürich Hallenstadion
By Rockslave (Rsl) & Kissi (Kis) - Maiden-Pics by Seraina S.
Ende gut, alles gut! So platt manche Sprichwörter des Öfteren auch klingen mögen, es gibt Momente, wenn auch wenige, in denen sie treffender nicht sein könnten. So auch in Bezug auf den Gig der grössten Metalband aller Zeiten: Iron Maiden! - auf den ich mich, wie sich wohl auch das Gros der Schweizer Metalgemeinde, seit Monaten gefreut hatte. Als ich dann jedoch einige Tage vor dem herbeigesehnten Tag vom Chef die Meldung bekam, dass wir wohl keine Photos machen dürfen (was sich nur wenige Stunden vor dem Konzert nach zuerst erfolgter Zusage leider bewahrheitete), vielleicht nicht mal Tickets bekommen würden, da zitterte mein riesiges Eiserne-Jungfrauen-Fanherz doch ziemlich. Immerhin hatten es Maiden, berühmter und erfolgreicher denn je, zum ersten Mal überhaupt fertiggebracht, das Zürcher Hallenstadion komplett auszuverkaufen! Schliesslich schaffte es Roxx dank seiner Beharrlichkeit (man darf doch auch mal schleimen, respektive loben..., oder nicht?!!) dennoch, uns (als Medienpartner wohlverstanden!) entsprechend einzuschleusen und als am Morgen des Metal-Ereignisses des Jahres das Zürcher Lokal-Radio "NRJ" unseren Rockslave überraschend um ein spontanes Fan-Interview bat, war klar, dass der Metal-Gott uns Metalfactorianern offensichtlich doch gnädig gesonnen ist. So fand man sich also an besagtem Tag mit rund 14'000 anderen Headbangern in der grössten Konzerthalle der Schweiz ein, um das wohl bislang umstrittenste Konzert der Speerspitze der NWOBHM zu erleben, denn die Briten zockten unter anderem und in dieser Art das erste Mal überhaupt (!) auf Kosten von unsterblichen Klassikern wie "Run To The Hills" oder "Number Of The Beast" den gesamten (!) Neuling "A Matter Of Life And Death" an einem Stück durch! Doch alles schön der Reihe nach, da auch das Vorprogramm, bestehend aus den amerikanischen Überfliegern Trivium (Na ja... - Rsl) und Maiden-Boss Steve Harris' Tochter Lauren, so oder so eines Berichts würdig war. (Kis)

Lauren Harris
Um bei Sprichwörtern zu verweilen: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm! Dass Kinder von Berühmtheiten oftmals das Gefühl haben, in die Fussstapfen ihrer Eltern treten zu müssen, ist weitgehend bekannt. Mal klappt es (wie bei John Bonham's Sohn Jason), mal nicht (man denke an Kelly Osbourne, die nervtötende Tochter von Ozzy). Lauren, die Tochter von Steve Harris, die wohl auch nur deswegen an diesem Abend eröffnen durfte, lag derweil irgendwo zwischendrin. Dass die Wunschfrau eines jeden Metallers (gutaussehend, Sängerin, Tochter einer Rock-Legende) performen kann, daran bestand schon nach wenigen Takten des Openers kein Zweifel mehr. Dass Lauren dabei reichlich in der Plattensammlung ihres Papas gekramt hat, auch nicht, denn das Material, welches sie mit ihren talentierten und makellos spielenden Mitmusikern während ihren gut 25 Minuten Spielzeit abfeuerte, erinnerte unweigerlich an die guten alten 70ies Hard Rock Zeiten der Marke U.F.O. oder Kiss, was somit Assoziationen an die Girls von The Donnas förmlich aufzwang und mit dem letzten Song "Natural Thing" hatte Frau ja auch noch gleich ein Cover der erstgenannten Band mit im Gepäck. Zwar hatte es Lauren Harris outfitmässig schon drauf, wie man sich als Rockerin auf der Bühne zu kleiden hat (Lederhose und schwarzes Tanktop), das Posieren muss die quirlige Frau aber noch lernen. Strahlend und voller Elan (wie auch der Rest der Band) rannte die kleine Sängerin über die Bühne, wobei ihr Kopfschütteln ziemlich unbeholfen und zuweilen fast erzwungen wirkte. Dies war jedoch sicherlich nicht der Hauptgrund dafür, dass lediglich Höflichkeitsapplaus gespendet wurde. Das lag zum einen daran, dass die teils noch etwas schwachen Songs nicht wirklich hängen blieben und zum anderen das Hallenstadion während der ganzen Show praktisch noch voll beleuchtet war. (Kis)

Trivium
Nach dem ansprechenden, aber klar verbesserungsfähigen Auftritt der Tochter von Maiden-Boss Steve Harris war es nun an der Zeit, dass Trivium die zahlreich erhaltenen Vorschusslorbeeren als vermeintlich neue Thrash-Könige zu bestätigen vermögen. Ob man es wahrhaben will oder nicht, aber die mit Sicherheit talentierten Amis wurden in der letzten Zeit von der Major-Journaille etwas gar hoch gehandelt. Von der heissesten Newcomer-Band der Szene war da die Rede. Ok..., das neue Album "The Crusade" ist ohne Zweifel gut, wächst ehrlich gesagt mit jedem Umgang mehr, aber die Quadratur des Kreises ist diese Mucke definitiv nicht. Grund dafür ist, dass die Ingredienzien des Trivium-Sounds sattsam bekannt sind. Das merkte man auch nach kurzer Zeit auf der Bühne. Die Jungs wurden vom Zürcher Publikum im ausverkauften Hallenstadion aber erstmal gebührend empfangen. Danach ging es gleich zur Sache und die Florida-Gang legte sich ordentlich ins Zeug. Frontmann Matthew Heafy, gerade mal etwas über 20 Jahre alt, wirkte überaus souverän und überhaupt hinterliess die ganze Band auch optisch einen äusserst professionellen Eindruck. Was hingegen die Musik angeht, da scheiden sich wohl die Geister. Während jüngere Fans sich zwangsläufig mehr mit Trivium identifizieren können, hörte ich kaum was wirklich Bahnbrechendes, geschweige denn Neues. Vor allem alte Metallica, Artillery, Nevermore, Machine Head und Merauder fallen mir da ein. Wenn man sich das neue Album anhört, dann stechen die töften Chöre und einige catchy Melody-Lines ohne Zweifel deutlich heraus, aber Metallica zu Cliff Burton's Zeiten sind vor allem bei der Live-Performance allgegenwärtig, was halt zum überwiegenden Teil auch am stark an James Hetfield erinnernden Gesang liegt. Dazu kommt, dass die Feinheiten der Studio-Produktion (zum Beispiel die ziemlich guten Sechssaiter-Soli!) auf der Bühne mehrheitlich untergingen. Derart gestrickt, langweilte mich der Auftritt schon nach einer Viertelstunde und ich war echt froh, als dieses (leider höchstens mittelmässig gemixte) Gedöns vorbei war. Immerhin wurden Trivium in Zürich fair behandelt, denn in London flogen neuesten Meldungen zu Folge mit Pisse gefüllte Behältnisse auf die Bühne und auf Youtube kursiert derzeit ein Video, wo die Band das Konzert vom 12. Dezember in Birmingham wegen einem 'ne Flasche werfenden Fan (?) unterbrechen musste und diesen wortlaut aus der Halle schmeissen liess. Ob das gute Vorzeichen für eine langanhaltende Karriere sind? Wir werden die Antwort auf diese Frage schon bald erhalten, wenn Trivium nächstes Jahr als Headliner (!) auf Euro-Tour gehen werden. Dass dabei Annihilator als Support (!!) mit von der Partie sind, könnte für die Youngsters noch böse enden, beziehungsweise voll in die Hose gehen. Und das selbst mit der Erkenntnis, dass Jeff Water's Bandkollegen schon hochkarätiger waren. Fazit für Trivium: Fähige Musiker mit entsprechend guter Promotion im Rücken müssen trotzdem ihr Lehrgeld zahlen! (Rsl)

Iron Maiden
"Doctor Doctor" von U.F.O., das gehört einfach zum Anfang einer Maiden-Show, wie das Amen zur Kirche (Sprichwörter Part III). Auch an diesem Abend kündigte dieser Song den Auftritt jener Band an, auf den die ganze Halle gewartet hatte. Mit Tarnnetzen behangen und in Grünfarben gehalten, präsentierte sich die Bühne zwar etwas bescheidener als während der "Dance Of Death"-Tour vor drei Jahren, dafür passend zur neusten Maiden-Scheibe "A Matter Of Life And Death", dem kommerziell wohl erfolgreichsten Album der gesamten Bandgeschichte. Vor dem Hintergrund einer zerbombten Stadt begann das Spektakel wie zu erwarten mit "Different World", dem Opener vom neuen Studio-Werk "AMOLAD", welches laut Ankündigung komplett zur Aufführung gebracht werden sollte. Und schon bei diesem ersten Song stellten die Herren aus Britannien klar, dass sie nicht zu Unrecht auch heute noch, gut 30 Jahre nach der Gründung, als eine der, wenn nicht als die grösste Metalband aller Zeiten gelten. Während Adrian Smith und Dave Murray eher gemütlich zockten, machte Janick Gers sofort den gewohnten, gehasst wie geliebten Kasper und schwang seine Gitarre alsbald in alle Himmelsrichtungen. Das Zentrum der Aufmerksamkeit war aber auf jeden Fall Frontsirene Bruce Dickinson beschert, der sich heute in einem etwas schäbig wirkenden Blazer endgültig auf den Metalsänger-Thron hievte, da er gottgleich dynamischer, versierter und perfekter als je zuvor sang. Wie makellos klar der ganze Sound generell abgemischt war, zeigte sich im weiteren Verlauf während abwechslungsreicheren und bombastischeren Songs wie "These Colours Don't Run" oder dem hymnischen "Brighter Than A Thousand Suns" immer wie deutlicher und auch rein optisch boten die doch schon um die 50 Jahre alten Herren Unterhaltung pur: Die völlig neue Lightshow war bis auf den letzten Snare-Schlag von Nicko McBrain auf die Songs abgestimmt und tauchte die Band mal in blutrotes, mal in melancholisch blaues Licht, nur um dann wieder bunt wie ein Regenbogen den Refrain zu untermalen. Diese wurden vom Publikum zuerst noch nicht so euphorisch mitgeschrieen wie bei alten Klassikern, dennoch steigerte sich die Stimmung kontinuierlich. Dies setzte sich auch während "The Pilgrim" und "The Longest Day" fort, was Ausdruck der ungeheuren Spiel- und Bewegungsfreude der Band war. Vor allem Steve Harris schien mächtig stolz auf das neue Material und in bester Laune zu sein, was sich in einem stetigen Grinsen und unablässigen Herumwieseln äusserte. In der ersten wirklichen Ansage von Bruce ans Publikum stellte sich heraus, dass "AMOLAD" auch in der Schweiz Goldstatus erreicht hatte und für das bedankte sich der Frontmann gebührlich beim Publikum, was wiederum mit einer Welle und aufbrandendem Jubel, der nicht mehr enden wollte, quittiert wurde. Als zukünftiger Vertreter der Setlist empfahl sich darauf "Out Of The Shadows": Die an Bruce's Solokarriere erinnernde Powerballade wurde durch stimmungsvolle Lichtarbeit und seiner Hammer-Stimme zu einem der Highlights dieses Abends und auch die Vorabsingle "The Reincarnation Of Benjamin Breeg" überzeugte live tausendmal besser als auf der Studio-Scheibe. Das Prunkstück der Scheibe folgte aber erst noch und zwar in Form des neuneinhalb Minuten langen Abschlusstracks "The Legacy", der so gewaltig wie "Rime Of The Ancient Mariner" über das Publikum herfiel und bei welchem vor allem Janick Gers (dem in der letzten Zeit ja wiederholt nachgesagt wurde, live gar nicht zu spielen und nur zur Dekoration auf der Bühne den Hampelmann zu machen, was totaler Quatsch ist!) zeigte, was er konnte, da er ein filigranes Lick und Solo nach dem anderen heraus ballerte. Währenddessen spielte Bruce mit riesigen Flutlichtern, die auf den Stegen an den Bühnenrändern aufgebaut waren und schaffte es so, das Publikum in echte Feierlaune zu versetzen. Noch einmal sich zuerst bedankend, kündigte Bruce darauf den Retro-Teil des Abends an und als dann das Cover von "Fear Of The Dark" als Backdrop aufgezogen wurde, kochte die ganze Halle regelrecht über: Die Gänsehaut stand einem einfach "meterhoch" zu Berge, als 14'000 Metalheads diesen Übersong wie aus einem Munde mitsangen. In vereinter Brüderlichkeit grölte da der 40-Jährige in seiner Kutte zusammen mit dem 15 Jahre alten Teenie. Doch nicht nur das Lied an sich, auch die Band trug zu dieser grandiosen Stimmung bei, denn restlos alle bewegten sich was das Zeug hielt und Bruce klang immer noch (nach mittlerweile gut 80 Minuten), als hätte er erst gerade "Piece Of Mind" eingesungen. Das Gleiche galt für "Iron Maiden" (Scream for me Zurich!), welches in der Mitte abrupt unterbrochen wurde! Der Grund war ein riesiger Panzer, der hinter der Bühne aufstieg und aus welchem ein Soldaten-Eddie mit Feldstecher über das Publikum spähte. Danach wurde die Band noch kurz angesagt und mit den üblichen Rückkopplungen am Ende dieses Songs verschwanden Maiden hinter der Bühne. Die nun völlig aufgekratzten Fans hatten natürlich noch lange nicht genug und so kam Bruce wieder auf die Bühne gerannt, um dabei erstmal das Wiederkommen von 2008 anzukündigen, wo das gigantische "Powerslave"-Bühnendesign im Zuge einer weiteren History-DVD auf europäischen Festival-Bühnen zu weiteren Ehren kommen wird. "Two Minutes To Midnight" erklang darauf als erste Zugabe, wobei das Hallenstadion abermals völlig ausflippte und als zu "The Evil That Men Do" schliesslich noch ein Soldaten-Eddie auf der Bühne herumschlurfte, sollte dann eigentlich der Hinterletzte bemerkt haben, dass an diesem Abend die Götter des Heavy Metals zum zigten Mal eine zwar ungewohnte, aber dennoch fabelhafte Show abgeliefert hatten. Das Publikum jedenfalls war sich dessen bewusst und verlangte noch zehn Minuten nach dem Ende der Show nach weiteren Zugaben, die aber leider nicht mehr erfüllt wurden. Ok, das ganze neue Album am Stück zu spielen, ist sicherlich kein Stimmungsgarant und Risiko zugleich, besass auch ein paar Längen, dennoch konnte man jedoch nichts anderes konstatieren, als dass Iron Maiden wohl noch nie so gut waren. Perfekter Sound, perfektes Licht, perfekte Musiker, perfekter Sänger: Maiden = Perfekt! (Kis)