Es ist schon eine ganze eine Weile her, seit mir mal ein gewisser
Herr Freiburghaus vom Outsider Shop in Olten (den Hunderter für die
Schleichwerbung hole ich dann noch ab!) eine CD mit dem Titel «Visions
And Reality» nahe gelegt hatte, zumal diese CD damals in der Schweiz
nirgends sonst erhältlich war. Das ist jetzt gute 15 Jahre her und
die Band hiess: Ivanhoe! Etwas später lernte vor allem deren Sänger
Andy B. Frank persönlich kennen. Nach seiner Zeit bei einer der
hoffnungsvollsten Prog-Bands aus Dutscheland entstand zuerst die
eigene Combo Symphorce, bevor dann Brainstorm aktuell wurden. Der
Rest von Ivanhoe lag dann erst mal eine Zeit lang flach, ehe 1999
Bassist Giovanni Soulas und Gitarrist Achim Welsch das Projekt
Charisma mit der Sängerin Annette Kienzle und weiteren Mitstreitern
aus der Taufe hoben. Das Album hiess "Karma" und lässt auch heute
noch keinen Ivanhoe Fan kalt. 2005 stiess der neue Sänger Mischa
Mang dazu und auch der damalige Keyboarder Richie Seibel (bei
Charisma) ist im heutigen Line-Up mit dabei. Drei Jahre später
folgte das fünfte Album «Lifeline». Zusammen mit meiner persönlichen
Premiere im Downstairs gab es ein herzliches Wiedersehen nach langer
Zeit. Das Vorprogramm bestritten Orymus aus Fribourg.
Orymus
Von der jungen Schweizer Band Orymus (vormals Volvox) hatte ich
zuvor noch keine Kenntnis. Das ist jeweils eine immer spannende
Ausgangslage, die einiges versprach, was dann letztlich auch
eingehalten wurde. Die fünf Musiker, allesamt mit Jahrgang 1988,
richteten sich vor ihrem Auftritt noch kurz ein und legten dann
gegen 21.50 Uhr los. Es erklang Rock mit massig 70er Vibes und
auffallenden laut/leise Parts. Zentraler Mann der Band ist Sänger
Daniel Brönnimann, der mir etwas wie der junge Ian Gillan (Deep
Purple) vorkommt und neben seiner sehr ausdrucks-starken Stimme auch
an der Akustik-Gitarre eine beeindruckende Figur machte. Darüber
hinaus war bei ihm auch massig Charisma auszumachen. Die anderen
Bandmitglieder hatten optisch mehr oder weniger einen Touch von
einer Schülerband. Weit darüber hinaus gingen aber die technischen
Fertigkeiten aller Musiker, die einen recht eingespielten Ein-druck
hinterliessen. Dass dann als zweiter Song mit Uriah Heep's Oldie «Rainbow
Demon» bereits eine Cover-Version am Start war, dürften die meisten
der etwa 60 - 70 an-wesenden Besucher des Downis nicht mitbe-kommen
haben. Ich fand die Interpretation durchaus gelungen und überhaupt
passte dieser Song eigentlich noch ganz gut zum restlichen Material,
das Orymus an diesem Abend spielten. 2008 wurde mit «Stranger In
Paradise» eine selbstfinanzierte Demo-CD mit sechs Tracks (plus
Intro) aufgenommen.
Davon wurden in Tibi's Downstairs aber nur zwei Stücke
berücksichtigt. Somit hörte man insgesamt überwiegend neueres
Material der Freiburger Band. Der auf der Setliste mit «Lied Dänu»
notierte Song unterstrich die Frontmann Qualitäten von Herrn Brönnimann abermals, der hier nur seine Stimme und die schon
erwähnte Akustik-Klampfe im Einsatz hatte. Die progressive Seite
der
Band kam eher im Ansatz zum Ausdruck, da dafür die typischen
Solo-Eskapaden fehlten, was aber für einen Support-Auftritt eh nicht
angebracht wäre. Der Sound an sich war für die bescheidene Grösse
der Location recht annehmbar. Dass Orymus es aber auch richtig
krachen lassen können, zeigte am Schluss der Demo-Track «Schizophrenia»,
der natürlich auch mit einem leisen Part aufwarten konnte. Die
Ambitionen der jungen Band ("wir wollen mal vor ganz viel Publikum
spielen") sind da, doch der Realitätssinn ist den berufstätigen und
teils studierenden Musi-kern bis jetzt nicht abhanden gekommen. Die
(im Video-Interview auf der Homepage) konstatierte Freude an der
Musik war für mich während den gut 35 Minuten auf jeden Fall spür-
und nachvollziehbar. Das ist ja schon mal eine gute Grundlage für
ein Weiterkommen. Good luck Orymus!
Setliste: «Rusty Nails» - «Rainbow Demon» - «Do It In The Way» -
«Lied Dänu» - «Another World In Paradise» - «Busy» - «Straight To
The Sky» - «Schizophrenia».
Ivanhoe
Es war schon eine ganze Weile her, seit ich Ivanhoe das letzte Mal
live gesehen hatte. Das müsste eigentlich 1997 anlässlich der «Polarized»-Tour
gewesen sein. Damals natürlich noch mit dem alten Sänger Andy B.
Franck. So wie ich dessen weitere Karriere im Verlauf der Jahre
verfolgte (und ihn noch mehrmals bei späteren Interviews mit Fragen
zu seiner musikalischen Vergangenheit "nervte"), behielt ich auch
stets seine ehemaligen Kollegen im Auge. Die CD mit Charisma (siehe
Einleitung) war ja dann schon mal kräftig Balsam auf die Wunden
eines alten Ivanhoe Fans. Die nächste, kreative Ära der einstigen
deutschen Prog-Hoffnung bekam aber erst wieder mit dem Eintritt von
Sänger Mischa Mang Auftrieb, der die letzten beiden Alben «Walk In
Mindfields» (2005) und aktuell vor zwei Jahren eben «Lifeline»
ziert. Trotz diesen beiden Top-Alben kam die Band leider nicht
entscheidend weiter. So ein Headliner-Gig ist ja mal grundsätzlich
eine tolle Sache und für mich war es ein herzliches Wiedersehen mit
den alten Recken Giovanni Soulas (b), der zwar später im Tibi's
ankam, überraschenderweise dann nicht spielte und von einem Kollegen
namens Sascha für den heutigen Auftritt ersetzt wurde. Ein ebenso
freundschaftliches Shake-Hands gab es mit Gitarrist Achim Welsch.
Des Weiteren ist ja der frühere Gitarrist Chuck Schuler auch wieder
zurück im Line-Up. Wie gesagt eine freudige Sache, aber die Kulisse
war für so eine Hammer-Band für mein Empfinden unter dessen Würde.
Nichtsdestotrotz überwog die
Wiedersehensfreude und auch Ivanhoe
schienen heute Abend einfach die Lust zu verspüren, ihr Publikum zu
begeistern. Im Vorfeld erfuhr ich dann allerdings, dass man von der
Vorbereitung her (auch wegen der Situation am Bass) nicht mehr als
75 Minuten aufspielen werde.
Den Auftakt als Opener machte erst mal «Lonelies» vom «Polarized»-Album
und sofort füllte sich der Raum mit dem wohlklingenden Sound, den
ich so nun schon so lange nicht mehr live gehört hatte. Klar klingt
die Stimme von Mischa anders als die von seinem Vorgänger, aber der
machte seine Sache gut und wurde von seinen Hinterleuten mit tightem
Spiel optimal unterstützt. Überhaupt suchte Mischa gleich von Anfang
an den Draht zum Publikum, das darob immer mehr auftaute. Das lag
auch am jetzt klar lauteren und vor allem fetteren Sound, der ins
Downi geblasen wurde. Mit «Time Machine» und «Mad Power» folgen zwei
Songs vom letzten Album, die ganz nach der alten Tradition gestrickt
sind. Die dezent hörbaren Keyboard-Einsätze der CD wurden dabei ab
Band beigesteuert. Nur zu «What Love Is For», also dem Intermezzo
davor, haute Mischa selber mal kurz in die Tasten. Einmal liess man
gar einen Fan auf die Bühne stehen, der dort kurz voll abbangen
durfte. Derweil mischte sich Mischa in die erste Reihe und alle
hatten ihren Spass. Da war kein muskelbepackter Security-Mann
zugegen, man ist ja hier schliesslich auf dem Lande..., respektive
vor den Toren der Landeshauptstadt Bern. Während ich letzten Endes
vergeblich noch auf einen Titel des Debüts wie zum Beispiel meinem
absoluten Favourite «Deeper Ground» wartete, wurde der Zweitling
«Symbols Of Time» wenigstens mit «Raining Tears» bedacht. Den
regulären Schluss bestritten zuerst der letzte und dann der erste
Song und gleichzeitig der Opener wie Titeltrack von «Lifeline». Um
mindestens fünfviertel Stunden Bühnenzeit zu erreichen, wurde
«Cheops» einfach nochmals gespielt, was dem gut gelaunten Publikum
jedoch überhaupt nichts ausmachte. Unter dem Strich war ich soweit
zufrieden mit dem Auftritt und auch das sehr gemütliche Ambiente und
die grundsätzlich gute wie friedliche Stimmung trugen Einiges dazu
bei. Allerdings machte sich bei mir persönlich schon etwas Wehmut
breit, wenn man sich vergegenwärtigt, welches Potenzial eigentlich
in dieser Band steckt. Die Hoffnung stirbt jedoch bekanntlich
zuletzt, und ich wünsche mir einfach, Ivanhoe eines Tages wieder mal
vor deutlich mehr Fans sehen zu können!
Setliste: «Intro/Lonelies» - «Time Machine» - «Mad Power» - «Walk In
Mindfields» - «What Love Is For» - «You'll Burn» - «Arrows» -- «Raining
Tears» - «Cheops» - «Lifeline» --- «Cheops» (2).
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