Als Konzertabschluss des Jahres 2016 sollte ich mir meine
Lachmuskeln mit den Klängen von J.B.O. verzaubern lassen. Die
Deutschen und ihre rosarote Lebenseinstellung verfehlten dabei ihre
Wirkung nicht. Man kann sicher darüber philosophieren, ob dermassen
viel Gequatsche auf der Bühne nötig ist, denn schon ein Tobias
Sammet (Edguy) wird dafür immer wieder gesteinigt. Im Vergleich zu
J.B.O. ist Toby aber ein in sich gekehrter Introvertierter und
schlussendlich gehören die Plaudereien von Hans "G. Laber" Holzmann
und Veit "Vito C." Kutzer einfach zur Show des Quartetts. Was dem
Konzert aber sicherlich gut tun würde, wäre, wenn die Jungs sich nicht
immer gegenseitig ins Wort fallen würden und damit die
Situationskomik fast ein bisschen killen, weil man als Besucher
nicht alles versteht.
Man merkte dem
Besucherauflauf an, dass J.B.O. nicht zum ersten Mal in diesem Jahr
in der Schweiz spielen. So blieb der Aufmarsch der Massen im Kofmehl
überschaubar. Trotzdem findet man bei einem James Blast Orchester
Gig immer auch ein breit gefächertes Publikum. Vom Punker, über
Hardrocker und Metaller, bis hin zu Skifeten-Fanatikern und Leuten,
sich heute Helene Fischer, morgen den Trauffer und übermorgen Metallica
anschauen, war alles vertreten. Der Alkohol floss reichlich,
so dass sich selbst einige Damen mit einem sehr indirekten Weg
in Richtung Klo bewegten. Es führen eben viele Wege aufs WC,
beziehungswiese nach Rom…
AC Angry
Bevor aber die Franken Solothurn in pink verwandelten, standen AC
Angry auf der Bühne. Das Quartett aus Saarbrücken rockte sich mit
einer gehörigen Portion Motörhead und Zodiac Mindwarp & The Love
Reaction durch ihren Support-Slot. Es rockte fett aus den Boxen, erfuhr aber mit
zunehmender Spielzeit eine gewisse Monotonie. Das neue Werk
«Appetite For Erection» wurde nicht nur bildlich mit Sidedrops zur
Schau gestellt, sondern auch musikalisch vorgestellt. Das Problem an
diesem Sound ist einfach, dass es mittlerweile viel zu viele dieser
AC/DC-affinen Combos gibt, die man kaum mehr unterscheiden kann und
die ganz Grandiosen meistens untergehen. Ob nun AC Angry zu den
besseren oder den schlechteren gehören, wird sich noch weisen
müssen. Denn! Die Jungs gaben sich zwar Mühe, konnten aber nicht über
einen gewissen Achtungserfolg hinaus gehen. Das lag auch daran,
dass das Publikum noch sehr spärlich im Kofmehl herum stand und eigentlich
nur auf den Headliner wartete. Somit fiel der Schlussapplaus dann
auch eher dürftig aus. Schade, denn die Truppe hat echt Potenzial
und könnte sich mit mehr auf den Punkt gebrachten Songs klar besser
verkaufen. So blieb ausser einem nett gemeinten "Danke Switzerland"
nicht viel von der Show hängen, und die Vorschusslorbeeren, welche
«Appetite For Erection» anhafteten, blieben für dieses Mal auf der
Strecke liegen.
J.B.O. Nun war es Zeit
für die rosarote Armeefraktion. Die Marshall-Boxen in rosa, das
Schlagzeug in rosa, die Musiker in rosa und selbst das Licht war
leicht rosa gefärbt. Und hier ist gleich der zweite und letzte
Kritikpunkt. Zusammen mit zu viel Bühnennebel, sah man die Musiker
oftmals gar nicht, was sicherlich einen zusätzlich, leicht
rosaroten, gespenstischen Anstrich bekam, aber auch zu Lasten der
Show ging. Der Spassfaktor war gross und wenn das komplette Kofmehl
aus völliger Inbrunst «Arschloch und Spass dabei» mitsingt, hat dies
schon was Skurriles. "Kennt ihr den Unterschied zwischen der
schweizerischen und der österreichischen
Nationalflagge?
Ihr habt ein Plus = positiv und die anderen ein Minus = negativ.
Keine Ahnung, ob dies an der finanziellen Lage liegt", laberte Hans
los. Als Dankeschön wurde der Truppe eine pinkige Schweizerfahne
entgegen gehalten. Die Stimmung war von Beginn weg sehr gut und dies
lag nicht nur an den beiden Backgroundsängern, die sich immer wieder
neu kostümierten und Hans und Vito somit fast die Show stahlen.
"Wollt ihr den alten Scheiss aus dem Jahr 1998 hören, da war ich
gerade mal sieben Jahre alt?", stellte Hans mit einem breiten
Grinsen fest, und wie die Solothurner wollten! Trotz der zwei
Stunden dauernden Show blieben einige Hits der Deutschen auf der
Strecke. So wurden weder «Wir sind die Champignons» (Queen),
«Symphonie der Verstopfung» (Megadeth), «Walk With An Erection» (The
Bangles), «Tschibum» (Spider Murphy Band), «Ich vermisse meine
Hölle» (Zlatko), noch «Eins, zwei, drei» (Ricky Martin) gespielt.
Und ja, J.B.O. sind eigentlich nichts anderes als eine Coverband,
welche sich bekannte Hits vornimmt, die verpunkt, vermetallisiert
oder verrockt und mit einem deutschen Text verziert. - Selten kommen
eigene Lieder zum Tragen. - Dafür punkteten einmal mehr «Im Verkehr»
(Johnny Wakelin) oder der von den Backstreet Boys bekannte Hit
«Everybody», der bei J.B.O. «Wir ham 'ne Party» heisst. Die Kirche
ist auch ein gern gesehenes Opfer, und so lästerte Hans mal locker
über den letzten deutschen Papst Benedikt den Viertelvorzwölften. Und
wenn die Party dann schon am lautesten ist, will Hans von den Fans
ein: "Gib mir ein J, gibt mir ein B, gib mir ein O, was heisst das?"
haben, das jeweils die extrem laute Antwort des Publikums "J! B! O!"
erzeugte. "Danke Solothurn!" - "Bitte Vito!"
Der Umstand, dass
J.B.O. 2014 in den Charts den ersten Platz nicht erreichten, nehmen
die Herren mit Humor. "Helene Fischer brauchte das Geld dringender,
sie kommt ja auch aus der Ukraine!», witzelte Vito. "Das mit der
Jugend neigt sich bei uns langsam dem Ende zu", liess uns Hans
wissen und erhielt dafür ein deftiges «Ohhh» oder bissiges
Gelächter. Dass die Herren aber auch ein Herz für Kinder haben,
liessen sie uns alle mit dem Track «Panzer Dance» wissen, bei dem
die Urversion vom Kinderlied «A Ram Sam» stammt. "Wollt ihr einen
verbotenen Song hören? Das muss aber unter uns bleiben!", leitete
Hans zum folgenden Statement über, dass die Jungs vor einiger Zeit
mit dem Management von Rammstein Probleme hatten. Als damals J.B.O.
den Nicole Hit «Ein bisschen Frieden» in einer Rammstein-Version
veröffentlichten, fanden gewisse Leute dies nicht so lustig. Aus
diesem Anlass wurde der «Rammstein Reggae» mit dem
Hinweis gespielt, dass Vito und seine Truppe keine Probleme mit den «Links,
zwei, drei, vier»-Herren haben. Bei «Vier Finger für ein Halleluja»
kam dann die berühmte Pommes-Gabel zu Ehren und der Versuch von
J.B.O. trotz erhöhtem Alkohol-Genuss das Ein-Mal-Eins des Heavy
Metal beizubringen. Wenn selbst bei diesem Song sogar ein kleiner
Mosh-Pit von den Fans angezettelt wird, dann haben die Erlanger
wirklich alles perfekt gemacht.
"Solothurn, könnt ihr noch
singen?" denn es nahte «Ein guter Tag zum Sterben», der von den
Anwesenden laut mitgesungen wurde. Der Mitsingfaktor war dabei so
hoch, wie bei Blind Guardians «Bard Song» oder Steel Panthers
«Community Property». "Solothurn, wir kommen zu letzten Lied!
(Pause) - vom neuen Album!", aber auch schon bald zum letzten Songs
des offiziellen Sets. Wie ihr lest, wenn bei anderen Bands mehr über
das Konzert erzählt wird, sind es die Rahmenbedingungen, die bei
J.B.O. das Salz in der Suppe ausmachen. Selbst wenn man das Gelaber
weglassen würde, die Songs reissen den Besucher dermassen mit, dass
man nicht anders kann, als Spass zu haben. Zwei Zugabeblöcke mit
jeweils zwei Songs rundeten schlussendlich diesen Abend ab. "Wenn
ihr den Refrain von «Verteidiger des Blödsinns» laut genug mitsingt,
spielen wir noch eine absolut letzte Nummer. Ihr habt es selber in
der Hand! Das ist Demokratie, und ihr in der Schweiz zelebriert diese
ja!" Es war für mich der tolle Abschluss einer bewegenden
Konzertsaison, bei dem der eine oder andere Gig der Flut an
Gastspielen zum Opfer fiel. Sehe ich heute schon, was nächstes Jahr
alles auf Tour geht, schwant mir Böses!
Setliste:
«Glaubensbekenntnis» - «Bolle» - «Rock Muzik» - «Arschloch und Spass
dabei» - «Im Verkehr» - «Ich liebe dir» - «1001 Nacht» - «Ich hätte gern
mehr» - «Gänseblümchen» - «Wir ham 'ne Party» - «Die Waldfee» - «Panzer
Dance» - «Rammstein Reggae» - «Bimber Bumber Dödel Dei» - «Könige»,
«Gimme Dope Joanna» - «Drum/Bass-Solo» - «Hose runter!» - «Vier Finger
für ein Halleluja» - «Ein guter Tag zum Sterben» - «Wacken ist nur
einmal im Jahr» - «Kuschelmetal» - «Dr. Met» -- «Geh mer halt zu
Slayer» - «Verteidiger des Blödsinns» - «Ein Fest».
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