Jüngere Rockfans zwischen zwanzig und dreissig Jahren kennen
eher noch Eric Clapton, Jimmy Page, Keith Richards oder Jimi Hendrix
von „irgendwo“ her. Ältere Semester dürften hingegen bald Jeff Beck
nennen, der nämlich in der vom amerikanischen Rolling Stone
erstellten Liste „The 100 Greatest Guitarists Of All Time“ (2015
aktualisiert), nach den eben vier genannten Saiten-Virtuosen auf
Platz fünf geführt wird. Früher (zusammen mit Jimmy Page) kurz bei
den Yardbirds, beinahe als Ersatz für Syd Barrett (Pink Floyd)
gehandelt und letztlich noch vor 1970 als Gründer der Jeff Beck
Group (mit Rod Stewart und Ron Wood) zeigte der junge Musiker
bereits früh, was in ihm steckte. Obwohl kommerziell nie so
erfolgreich wie die erwähnten Kollegen, erarbeitete sich der
mittlerweile 74-jährige Brite ein Lebenswerk als Solo-Künstler, das
weit über die mehrfach erhaltenen Grammy’s hinaus geht. Meist nur
instrumental und mehrheitlich jazzig unterwegs, scharte Jeff Beck in
all den Jahren verschiedene Profis um sich, die ihn jeweils auch
live begleiteten. Da ich diesen Ausnahmemusiker bisher noch nie
gesehen und gehört hatte, war es heute Abend absolute Pflicht ins Z7
zu gehen!
Jeff Beck
Vor diesem Schweizer Konzert von heute Abend im Z7 stand Jeff Beck
bei uns am 22.10.2016 auf der AVO-Session Bühne in Basel. Damals
hatte er mitunter die junge Sängerin Rosie Oddie und Jimmy James
Hall als männliche Vertretung an den Vocals mit dabei. Letzterer
bestritt beim Auftritt heuer alleine einzelne Gesangsparts, was sich
über das ganze Konzert als klar bessere Konstellation gegenüber der
AVO-Session heraus stellen sollte. Am Bass hätte ich natürlich
liebend gerne die talentierte Tal Wilkenfeld gesehen und gehört,
aber Rhonda Smith stand ihr technisch in nichts nach. Immerhin sass
schliesslich mit Schlagzeuger Vinnie Colaiuta ein mir bekannter wie
begnadeter Musiker an seinem Arbeitsgerät. Nebst dessen unzähligen
Credits für zig andere Musiker und Bands ist dieser um die
Jahrtausendwende herum auch mal bei einer Jazz Rock Truppe namens
Karizma gewesen. Das zweite Mal begegnete er mir in Zusammenhang mit
Jeff Beck natürlich, und dies in Zusammenhang mit der legendären
Live-Veröffentlichung „Live At Ronnie Scott’s“, wo Master Beck 2007
fünf Tage hintereinander (!) aufgetreten ist. Das Line-Up bestand
aus Jason Rebello (Keyboards), Tal Wilkenfeld (Bass) und eben Vinnie
Colaiuta (Schlagzeug), plus ein paar Guests wie Joss Stone (Vocals),
Imogen Heap und Eric Clapton. Meine grosse Hoffnung war nun, dass
möglichst viele Songs dieser genialen Session auch im aktuellen Set
figurieren, und als dann «Stratus» bereits als zweiter Song folgte,
konnte nichts mehr schief gehen. Am Schluss sollten es dann gar
deren sieben werden!
Zuvor
lechzte ich unentwegt nach jedem weiteren Song, den ich mit der
erwähnten Live-Scheibe (inzwischen auch als 3LP-Monster in der
Sammlung stehend) abgleichen konnte. Und was passierte?! Meine
Gebete wurden erhört, denn nach «Nadia» folgte später gleich ein
Vierer-Bündel nacheinander, sprich «Brush With The Blues» war der
letzte Songs davon. Obwohl Jeff Beck ja eher oder lieber im Jazz zu
Hause ist, kann er natürlich auch anders und bleibt dabei aber immer
sich selber. Seinen Stil, ausgehend von der unvergleichlich
eigentümlichen Technik, die praktisch ohne Plektrum auskommt,
erkennt man innert Kürze, auch vom Tremolo-Einsatz her, wie das
Spiel von Dire Straits Chef Mark Knopfler. Ein paar Anschläge und
Melody-Lines reichen aus, und man weiss sofort, um wen es sich
handelt. Dass Jeff sich jedoch vor allem durch eigene
Interpretationen von bestehenden Songs einen Namen gemacht hat, ohne
dabei anbiedernd zu wirken, ist eine ganz grosse Stärke dieses
aussergewöhnlichen Gitarristen. Ich bekam mehrmals eine fette
Gänsehaut und genoss jede Minute dieses Events. Dies ging dem
begeisterten wie zahlreich aufmarschierten Publikum ebenso. Ich
denke mal, dass das Z7 knapp nicht ausverkauft war. Insgesamt lebte
das Konzert von allen Akteuren, und vor allem die Rhythm Section mit
Bassistin Rhonda und Drummer Vinnie war schon fast alleine das
Eintrittsgeld wert. Zwingend zu erwähnen gilt es auch die Cellistin
Vanessa Freebairn-Smith, die vorerst eine untergeordnete Rolle
einnahm, dann aber zunehmend immer wieder passende Parts
beisteuerte. «Morning Dew», gut gesungen von Jimmy James, gefiel mir
in der Interpretation von Nazareth jeweils besser. Nach knapp zwei
Stunden war leider alles vorbei und ich total happy.
Fazit: Als Rockmusik-Fan (den Metaller lassen wir in dieser
Betrachtung ausnahmsweise mal aussen vor) kommt man an Jeff Beck
nicht vorbei! Klar…, Hendrix (wie auch?!), Page (wo war ich bloss
1980, als Led Zeppelin in Zürich spielten, verdammt?!) und Clapton
(ist mir einfach zu seicht) fehlen mir noch, aber die Akte Jeff Beck
wurde hiermit nicht geschlossen, sondern erst recht zum Leben
erweckt. Sollte der angejahrte Saitenzauberer nochmals auf Tour
gehen, werde ich erneut keine Sekunde zögern und mir ein Ticket
krallen. Das sollten mir übrigens interessierte junge Fans auf jeden
Fall gleich tun, denn es kann sehr schnell zu spät sein! Dass ich
ausserdem noch zu einer Original-Setliste gekommen bin, die während
des Gigs am Bühnenboden angeklebt war, rundete das Ganze bestmöglich
ab. Notiz am Rande: Akkreditiert war ich, darum gibt es auch diesen
Bericht, aber Fotos durften an diesem Konzert von Jeff Beck & Band
keine, respektive von niemandem gemacht werden! Dennoch liessen sich
natürlich auch ausserhalb des Fotopits und mit normalem Equipment im
Taschenformat gute Bilder machen.
Setliste: «Pull It» -
«Stratus (Billy Cobham Cover)» - «Nadia (Nitin Sawhney Cover)» -
«You Know You Know (Mahavishnu Orchestra Cover)» - «Morning Dew
(Bonnie Dobsen Cover)» - «I Have To Laugh (Otis Rush Cover)» - «Star
Cycle» - «Lonnie On The Move (Lonnie Mack Cover)» - «Mná na
h-Éireann (The Chieftains Cover)» - «Just For Fun» - «Little Wing
(The Jimi Hendrix Experience Cover)» - «A Change Is Gonna Come (Sam
Cooke Cover)» - «Big Block» - «Cause We've Ended As Lovers (Syreeta
Cover)» - «You Never Know» - «Brush With The Blues» - «Blue Wind» -
«Superstition (Stevie Wonder Cover)» - «A Day In The Life (The
Beatles Cover)» -- «You Shook Me (Willie Dixon Cover)» - «Going Down
(The Alabama State Troupers Cover)».
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