Livereview: Jeff Scott Soto - Harmonic Generator - Lisa Cuthbert

18. Mai 2014, Pratteln – Z7
By Rockslave
 
Eigentlich gibt es auf diesem Planeten fast keinen kompletteren Sänger als den Amerikaner Jeff Scott Soto! Was vor dreissig Jahren auf, respektive mit den frühen Alben des schwedischen Flitzefingers Yngwie J. Malmsteen begann, erfuhr in den drei Jahrzehnten danach unzählige weitere Stationen, die durch grandiose Alben regelrecht gepflastert sind. Dazu gehören natürlich auch die unvergessenen Talisman, das mehrfache Mitwirken bei Axel Rudi Pell und selbst das Trans-Siberian Ochestra oder auch die (kurze) Zeit bei Journey tauchen im Palmares dieses Ausnahmemusikers auf. In der jüngeren Vergangenheit dürfen ausserdem Soul Sirkus (2005) und auch W.E.T. (2009 und 2013) nicht fehlen. Anlässlich des bemerkenswerten 30-jährigen Jubiläums ging Jeff nun auf eine Solo-Tour, die den Tross auch nach Pratteln ins Z7 oder genauer gesagt ins Mini-Z7 führte. Klar sagt man dem bezüglich des dürftigen Publikumsinteresses „Perlen vor die Säue“ werfen, aber letztlich war es sogar ein Segen, dass dieses Konzert im Rahmen einer Club-Veranstaltung stattgefunden hatte. Eher speziell gebärdeten sich die beide aus Frankreich stammenden Support-Slots Lisa Cuthbert und Harmonic Generator.

Lisa Cuthbert

Das vorne in der Mitte der Bühne aufgebaute Keyboard sorgte bei mir ohne einen gehörten Ton schon mal für etwas Stirnrunzeln, was die Rollenverteilung und den zu erwartenden Sound anging. Als sich dann die in einen Kapuzenmantel gehüllte Lisa Cuthbert, zusammen mit ihren Mitmusikern Antoine Doin (g), Yohann J. Bizeul (b) und Marvin Morelle (d) in Stellung brachte, baute sich zumindest kurzfristig eine gewisse Erwartungshaltung oder sagen wir ruhig mal Spannung dazu, auf. Diese wurde jedoch schon bald wieder vollständig abgebaut, denn zu Beginn dominierte vor allem Lisas dezentes Keyboard-Spiel und getragener Gesang dazu. Die Band kam erst etwas später doch noch zum begleitenden Musizieren. Sobald dies eintrat, war gar ein Ansatz von „Härte mit progressiven Vibes“ auszumachen. Diese Momente waren jedoch rar gesät und so plätscherte der (wohl erste) CH-Auftritt bei uns ziemlich ereignisarm am kaum bis gar nicht antizipierenden Publikum vorbei. Dass die Französin mitunter The Sisters Of Mercy auf deren Tourneen mit ihren Backing Vocals verstärkt, war heute Abend zu keiner Zeit heraus zu spüren und nicht nur ich war froh, als die erste halbe Stunde zu Ende ging und immerhin mit einem fairen Schlussapplaus bedacht wurde.

Harmonic Generator
So etwas ist bisher wohl noch nie im heiligen Gemäuer des Z7 vorgekommen, nämlich dass gleich zwei Support-Bands aus Fronkreisch zu Gast waren. Doch es war tatsächlich so und nach der Lisa Cuthbert aus Lille (die aber auch irische Wurzeln zu haben scheint), war nun die Reihe an Harmonic Generator aus Marseille. Stilistisch lagen die beiden Gruppen allerdings deutlich auseinander und das merkte man schon bei den ersten paar Takten von Quentin Barthes-Villegas (v), Charl' Roussel (g), Renaud Satre (g), Nico Helinger (b) und Alex Roussel (d). Interessanterweise nahm die mittlerweile fast zehnjährige Karriere der Band ihren Anfang in Australien (!), wo die erste Single «Dead On The Ground» 2011 veröffentlicht wurde. Darüber hinaus wurden dort auch erfolgreiche Liveaktivitäten unternommen. Im Jahr darauf setzten die Jungs wieder zu den Aussies über und nahmen dort die erste Langrille auf. Zurück in der Heimat wurde weiter getourt, mitunter als Support von Raven und Girlschool. Dieser Leistungsausweis war auf der Bühne umgehend heraus zu hören. Der energetisch vorgetragene und durch zwei Gitarren angetriebene Rock war überaus wild, mit punkiger Attitüde versetzt und absolut schweisstreibend. Die Musiker und insbesondere Frontmann Quentin kamen ziemlich schnell auf Betriebstemperatur und feuerten beim letzten Konzert auf der „JSS-Tour“ eine zünftige Salve Rock’n’Roll von der Mini-Z7 Bühne runter. Das kam auch bei den Fans weitgehend gut an und gipfelte in ordentlich lautem Beifall. Für meine Ohren war das Konzert insgesamt ganz ok, aber die Chose war etwas zu stark auf Vollgas fixiert und darunter litt halt die Abwechslung. Die Performance und das tighte Zusammenspiel waren über die Distanz von rund vierzig Minuten jedoch makellos.

Jeff Scott Soto
Vor meinem geistigen Auge sah ich noch den Auftritt am BYH!!!-Festival von 2013, als Jeff Scott Soto vor fast 20‘000 Metal-Maniacs hammermässig ablieferte. Umständehalber (wegen Anreiseproblemen der Pretty Maids) wurde er bekanntlich kurzerhand auf die Openair-Bühne versetzt und nutzte so die Gunst der Stunde. Heute Abend konnte man den begnadeten und erfreulicherweise immer noch sehr bodenständigen Musiker ganz aus der Nähe geniessen. Mit dabei hatte er eine hochkarätige Truppe, die in Kürze das Lineup der bald kommenden neuen Band ‚Soto‘ bilden wird. Da wären einmal Jorge Salán (g) und BJ (g/keys), dann David Z (b) und schliesslich Edu Cominato (d). Kaum auf der Bühne, entfachte das bestens aufeinander abgestimmte und eingespielte Quintett eine Show der musikalischen Superlative! Den Auftakt nach dem Intro machte «Take U Down», ein Song ab dem letzten Studio-Album «Damage Control» (2012), gefolgt von «21 st Century» und «Damage Control». Letzterer Track auch ab der noch aktuellen Langrille. Jeff war sichtlich gut drauf und erfreute sich an jedem einzelnen Fan, der vor ihm stand. Getragen von seiner exzellent aufspielenden Band, lief der Strahlemann aus Brooklyn zur Höchstform auf. Dabei wurde nicht nur Heavy Rock zelebriert, sondern auch Souliges oder Funkiges aus dem reich befrachteten Backkatalog zum Besten gegeben. Was bei anderen Gruppen unter Umständen eine Gratwanderung sein oder gar zu einem Irrlauf geraten kann, klang, von diesen agilen Jungs vorgetragen, einfach wie aus einem Guss. Kein Wunder antizipierten die Besucher des Mini-Z7 fast geschlossen und feierten Jeff Scott Soto und seinen Mannen nach allen Regeln der Kunst ab. Vor dem Talisman-Medley wurde kurz noch dem verstorbenen ehemaligen Bassisten Marcel Jacob gedacht, der 2009 ja leider freiwillig aus dem Leben schied. Ebenso nicht fehlen durften, wie in der Einleitung bereits erwähnt, musikalische Vertreter aus der gemeinsamen Zeit mit dem schwedischen Guitar-Hero Yngwie J. Malmsteen («I’m A Viking / I’ll See The Light»), die granatenstark rüber kamen. Nach rund 105 Minuten war schliesslich unabwendbar Schicht im Schacht und wer nach dem Konzert noch etwas Zeit investierte, wurde mit Fotos und Unterschriften der ganzen Band belohnt.

Setliste: «Intro / Take U Down, 21st Century» - «Damage Control» - «Drowning» - «Learn To Live Again / One Love (W.E.T. Cover) » - «Believe In Me» - «Look Inside Your Heart» - «Soul Divine» - «Fool Fool / Warrior (Axel Rudi Pell Cover) » - «Eyes Of Love» - «Risk (Jorge Salán Cover) » - «Break Your Chains / Day By Day / Give Me a Sign / Colour My XTC / Dangerous / Just Between Us / Mysterious (This Time It's Serious) / Frozen / Crazy (Talisman Medley, incl. Madonna and more) » - «I'll Be Waiting (Talisman Song) / Bass Solo (David Z)» - «Short Guitar Solo Segue (Jorge Salán) » - «I Am A Viking / I'll See The Light Tonight (Yngwie J. Malmsteen Cover) » - «Livin' The Life (Steel Dragon Song) » -- «Stand Up (Steel Dragon Song)».