Livereview: Jorn - Influence X

12. Dezember 2012, Pratteln - Galery
By Rockslave
Manchmal braucht es halt eine Mischung zwischen Schicksal und Dr. Zufall! Was Jorn Lande und seine Jungs angeht, so standen diese ja genau an besagtem Samstagabend auf der Bühne im Z7, als meine Wenigkeit in Bern bei Deep Heep Mann‘s Force Band weilte. Will heissen, dass ich mir den norwegischen Ausnahmesänger sonst sicher gerne wieder einmal als Headliner angeschaut hätte. Da gerade danach ein paar Gigs auf der laufenden Tour (bis zur nächsten Station in Italien tags darauf nach dem heutigen Auftritt) ausfielen, entstand umgehend eine ganze Dayoff-Woche, die die Band und ihren Tross dazu veranlasste, vor der Weiterreise in den Süden gleich hier zu bleiben. Die spontane Anfrage, ob man während dieser Zeit womöglich in der Galery „einziehen und wohnen könne“, wurde unter der Prämisse gut geheissen, dass die Norweger vier Tage später kurzerhand nochmals auftreten! Da alle Beteiligten nichts dagegen einzuwenden hatten, führte dies zu einem kurzfristigen Konzertaufruf, dem ich dann nicht mehr wiederstehen konnte. Gegen 80 Leute sahen das auch so und Influence X angelten sich den zur Verfügung gestellten Supportplatz.

Influence X
Der letzte Auftritt der Schweizer Prog/Rock-Metaller als eine der Support-Bands von Destruction in Wettingen am 24.11.12 war von Licht und Schatten geprägt. Die heutige Ausgangslage für den ambitiösen Sound von Influence X war meines Erachtens deutlich besser und so kam es dann auch. Rodger Iqbal (g), Vito Staedler (keyb), Ralph Zollinger (b), Roger Heim (d) und Fronthüne Ramin Dänzer mussten aber zuerst mal mit dem flächenmässig kargen Platz auskommen und machten einfach das Beste daraus. Das klang dann eigentlich von Anfang an schon ziemlich gut und der progressiv ausgerichtete Heavy Sound, ergänzt um die variantenreichen Vocals legte sich angenehm in die Gehörgänge der paar Dutzendschaften, die dem Aufruf gefolgt und heute Abend nach Pratteln gekommen waren. Technisch versiert, hinterliess der Schweizer Prog-Metal Fünfer einen überaus guten und geschlossenen Eindruck. Mit teils spürbaren Vibes von Dream Theater ging auch die Überlänge einzelner Songs einher, was ja genretypisch ist. Mitunter hörte ich bei Influence X auch die alten Ivanhoe heraus, was mir speziell gut gefiel. Ralph erzeugte derweil mit seinem 6-String Bass ergänzend ebenso dazu passenden Klänge und tiefen Töne, was den echten Proggern unter Fans bestimmt aufgefallen sein dürfte. Als die Reihe an einem rein instrumentalen Song war, nahm sich Ramin kurzerhand eine Auszeit, kam von der Bühne runter und sah seinen musizierenden Kollegen, mitten in der ersten Reihe stehend, aufmerksam zu. Ein Bild, das bei solchen Clubkonzerten dann und wann vorkommt. Nach gut 40 Minuten waren sich alle einig, einen überaus ansprechenden Konzertauftakt in der Galery gesehen zu haben.

Setliste: «Invasion» - «Determed» - «Voyager» - «Pacman» - «Stranded By Coincidence» - «Existence».

Jorn
Dieses Konzert war ja, wenn die Tour normal weiter gegangen wäre, gar nicht auf dem Plan gestanden! Die unerwarteten Ereignisse (siehe Einleitung) führten somit zu einem geschichtsträchtigen Zusatz-Konzert, das vom Datum her nicht kultiger hätte sein können: 12. Dezember 2012 oder in der Kurzform 12.12.12! Kurz: Ein idealer Tag, um einen entsprechenden Eintrag im Club-Archiv nachzuführen. Mir konnte das Ganze so oder so recht sein, denn damit konnte ich den verpassten Auftritt des umtriebigen Norwegers in schon fast privater Atmosphäre nachholen. Im Wissen darum, dass Jorn Lande ein grosser Fan und Bewunderer unseres unvergessenen Ronnie James Dio (R.I.P.) ist, liess auf die eine oder andere Cover-Version hoffen, doch ein erster rascher Blick auf die von Hand geschriebene Setliste offenbarte nichts in diese Richtung, vielmehr wurde dem eigenen Schaffen gehuldigt, was ja beileibe nicht verkehrt war. Der Opener «Road Of The Cross», der auch das offizielle Live-Album «Live In Black» (2011) eröffnet, füllte die Galery soundmässig gleich aus und Jorn schmiss sich umgehend in seine ureigenen Posen, wie man sie in ähnlicher Form, also unter Zuhilfenahme des Mikrophon-Ständers, sonst nur von David Coverdale (Whitesnake) her kennt. Dazu natürlich die prägnante Stimme, die manchmal eben den Timbre von Ronnie wieder aufleben lässt. Weiter gings mit «Shadow People», einem satten Groover vor dem Herrn. Man merkte ohne Umschweife, dass hier eine absolut tighte Band am Werk war. Allen voran die beiden Gitarristen Trond Holter und Jimmy Iversen, die nicht mit wuchtigen Riffs und Soli geizten. Bassist Bernt Jansen scherte derweil nur optisch etwas aus, da sein aufgesetzter Cowbow-Hut nicht wirklich zur Musik passte, doch handwerklich gab es hingegen nichts auszusetzen. Rhythmisch wurde das Ganze durch Altmeister Willy Bendiksen zusammen gehalten, dem man sein Alter (um die 50+ herum) zwar ansah, doch das hinderte ihn freilich nicht daran, an seinem Drum vollen Einsatz zu geben. Diesen gab es in Form von lauter Zustimmung auch seitens der Fans, die einer wirklich geilen Show beiwohnen konnten. Obwohl ich ja jeweils nun wirklich nicht so angetan von Cover-Versionen bin, hätte ich mir genau hier und heute eine gewünscht. Jorn und seine Jungs hatten jedoch genug eigene Highlights am Start und je länger das Konzert dauerte, desto besser wurde es. Nach «I Came To Rock» wäre an sich ein erster Gang zurück in den Backstage-Bereich geplant gewesen, doch die Band blieb gleich oben und servierte als Zugaben noch «Lonely Are The Brave» und «War Of The World». Als das begeisternde Konzert nach knappen 90 Minuten zu Ende war, lichtete sich sich die Galery ziemlich schnell. Ich bliebe noch eine Weile und so konnten noch ungezwungene Gespräche mit allen Musikern (!) geführt, Unterschriften abgeholt und gemeinsame Fotos in total relaxter Stimmung geschossen werden. Dabei entpuppte sich auch Jorn Lande als sehr pflegeleicht, nett und freundlich, was man ihm vielleicht nicht immer geben würde. Gegen morgens früh um vier Uhr zogen die nordländischen Gäste dann nach einer relaxten Woche weiter in Richtung Italien.

Setliste: «Road Of The Cross» - «Shadow People» - «Below» - «World Gone Mad» - «Bring Heavy Rock» - «Time To Be King» - «Man Of The Dark» - «The Inner Road» - «Drum Solo Willy Bendiksen» - «Blacksong» - «Guitar Solo Trond Holter» - «We Brought The Angels Down» - «I Came To Rock» -- «Lonely Are The Brave».