Ursprünglich war dieses fette Metal-Package für die Halle im
Wettinger Sportzentrum Tägerhard vorgesehen. Relativ spät wurde das
Ganze dann aber nach Fribourg ins Forum verlegt. Somit war klar,
dass der eine oder andere Metaller wie einzelne Metallerinnen dies,
aus welchen Gründen auch immer, nicht mitbekommen würden und so im
Aargau vor verschlossenen Türen standen. Je nach zeitlichem Polster
und individueller Mobilität, konnte man sich jedoch schnurstracks
die knapp 140 km unter die Räder nehmen, um sich möglichst in hoher
Schadensbegrenzung üben zu können. Der ganz grosse Aufmarsch blieb
im entfernten Kanton Freiburg allerdings aus, aber es waren immerhin
doch etwas mehr als 3'000 Fans, die sich dieses Spektakel auf keinen
Fall entgehen lassen wollten. Testament als erster Support gehören
zur genremässigen Ur-Suppe des Thrash Metal und bewiesen zuletzt mit
ihrem bärenstarken, neuen Album «The Formation Of Damnation»
eindrücklich, dass der Schnauf offensichtlich noch beträchtlich ist!
Gleiches gilt für Ex-Metallica Recke Dave Mustaine, der die Kurve
mit Megadeth glücklicherweise längst wieder gekriegt hat und eine
tighte Mannschaft am Start hatte, zu der ja unter anderem Chris
Broderick von Jag Panzer gehört. (rsl)
Testament
Nochmal Glück gehabt!, denke ich, als ich (in die Halle tretend) die
letzten Klänge des Intros höre, um dann zu «Over The Walls» gleich
mal ordentlich den Kopf kreisen zu lassen. Die
Verschiebung des Konzerts von Wettingen nach Fribourg brachte nicht
nur eine grössere Location, sondern auch ein mittelgrosses
Verkehrschaos mit sich, sodass manche Konzertbesucher gerade noch
rechtzeitig, viele aber ärgerlicherweise auch zu spät, im Forum
eintrafen. Die Bay-Area-Thrasher von Testament scherten sich wenig
darum und zockten auch vor noch nicht allzu üppigem Publikumsauflauf
(so um die 1000 waren es immerhin schon), dass die Erde erbebte.
Hatten die Herren um Frontindianer Chuck Billy vergangenes Jahr mit
«Formation Of Damnation» eindrücklich bewiesen, noch lange nicht zum
alten Eisen zu gehören, liess das Quintett an diesem Abend auch
livetechnisch keine Zweifel mehr gelten. «The New Order», «Souls Of
Black» oder «Sins Of Omission», ein Thrash-Klassiker folgte auf den
nächsten, dargeboten von einer Band in bester Spiellaune, die sich
auch von dem anfänglich etwas
matschigen
Sound nicht irritieren liess: Dass Alex Skolnick, der wohl noch nie
einen schlechten Gig, geschweige denn ein mittel-mässiges Solo
abgeliefert hat, überzeugen würde, lag auf der Hand, doch auch seine
rifftechnische Unterstützung namens Eric Peterson brillierte sowohl
mit Tightness als auch filigranen Saitenspielereien. Neue Nummern
wie der aktuelle Smasher «More Than Meets The Eye» funktionierten
dabei ebenso gut wie altbewährtes der Marke «Malpractice», was nicht
zuletzt an den typischen ''Ohohoh''-Mitsingpassagen und einem
motivierenden Chuck Billy lag, der neben solider Gesangsleistung und
obligato-rischem Mikroständer-Gitarrespielen den Kontakt zum Publikum
nie abbrechen liess. Hat man dann noch eine lebende Drum-Maschine
wie Paul Bostaph hinter den Kesseln sitzen, so kann man gar nicht
anders, als auf voller Linie zu überzeugen. Wenn nach dieser Show
das Sounddock 14 zu Dietikon, wo Testament uns am 2. Juli 2009
wiederum eine gewaltige Schlachtplatte Thrash auftischen werden,
nicht rappelvoll wird, dann stimmt was nicht mit der Schweizer
Metalszene! (kis)
Setlist:
«Over The Wall» - «The New Order» - «Souls Of Black» - «Sins Of Ommission»
- «More Than Meets The Eye» - «DNR» - «Three Days» - «Malpractice»
- «Formation Of Damnation».
Megadeth
Obwohl Chuck Billy & Co. ansich eine Top-Leistung abgeliefert
hatten, war der Zuspruch der anwesenden Fans nicht gerade
überwältigend. Das änderte sich schlagartig, als Megadeth die Bühne
enterten und mit «Sleepwalker» optimal
starteten. Die ganze Band zeigte sich sehr agil und vor allem Chris
Broderick, der eigentlich hauptamtlich für die amerikanische
Kult-Band Jag Panzer in die Saiten haut, gefiel mit diesmal sehr
gut. Der Sound kam deutlich wuchtiger als zuvor daher, obwohl die
riesige Halle einiges davon verschluckte. «Wake Up Dead»
katapultierte einen dann bis nach 1986 zurück, gefolgt von «Take No
Prisoner» (Rust In Peace - 1990). Die geniale Triplette reichte aus,
um eine erfreulich gute Stimmung zu erzeugen. Das Tüpfelchen auf dem
berühmten "i" hiess hier im französisch-sprachigen Einzugsgebiet aber
klar «A Tout Le Monde»! Da zeigte sich wieder einmal eindrücklich,
was so ein Song, zum richtigen Zeitpunkt und am
richtigen Ort gespielt, ent-sprechend bewirken kann. Besser geht's
nimmer und deshalb ertönte unter anderem der lauteste Mitsing-Part
des ganzen Abends. Die ansich nur von Guitar-Amps bevölkerte Bühne
liess den Protagonisten genügend Auslauf, der auch rege benützt
wurde. Die ganze Chose klang deshalb nicht nur gut, sondern
hinterliess auch optisch einen überzeugenden Eindruck. Dave
Mustaine's eigenwillige Stimme hörte sich klar und
kräftig
an und überhaupt konnten keine grossen Schwächen, wenn überhaupt,
entdeckt werden. Das galt auch für die geil bestückte Setliste, die
nicht weniger als drei Songs vom legendären 92er-Album «Countdown To
Extinction» enthielt. Die weniger gelungene Periode vom (zu modern
gehaltenen) Album «Risk» wurde zum Glück komplett ignoriert.
Hingegen hätten Megadeth ruhig noch mehr Material von «Youtha-nasia»
(2004) bringen können. Aber auch so liessen sich die Amis während
einer guten Stunde nicht lumpen und servierten die zweite
Thrash-Keule des überaus friedlich abgehal-tenen Anlasses. Obwohl die
unerreichbare Klasse des Jahrhundert-Gigs im Zürcher Volkshaus vom
27. Juni 2007 nicht getoppt werden konnte, servierten Dave's Mannen
eine verdammt schmackhafte Metal-Suppe, die mit dem schlichten
Band-Namenszug Backdrop im Rücken auch ohne Maggi-Würze während
einer ganzen Stunde vorzüglich schmeckte. Nur weiter so! (rsl)
Setlist: «Sleepwalker» - «Wake Up Dead» - «Take No Prisoners» - «A
Tout Le Monde» - «Skin Of My Teeth» - «She Wolf» - «In My Darkest
Hour» - «Symphony Of Destruction» - «Sweating Bullets» - «Hangar 18»
- «Peace Sells..., But Who's Bying?» - «Holy Wars..., The Punishment
Due».
Judas Priest
Seit Rob Halford 2004 wieder in den Schoss von Judas Priest
zurückgekehrt war, liess das Heavy-Metal-Urgestein immer wieder
verlauten: The Priest is back! Das Reunions-Album «Angel Of
Retribution», das letztjährige Konzeptwerk «Nostradamus» und
verschiedene Konzertreisen untermauerten diesen Ausspruch aber
weniger, als sie Zweifel daran aufkommen liessen. Halford liess
stimmlich wie performance-technisch zu wünschen übrig, das
Songwritting blieb auf weiter Strecke hinter früheren Glanztaten
zurück. Wie würden sich die britischen Metalveteranen also diesmal
schlagen? Ausgiebig war im Vorfeld über die Setlist der Tour
spekuliert worden, einige behaupteten gar zu wissen, dass
«Nostradamus» in voller Länge aufgeführt werden sollte, ein Gerücht,
welches nicht zuletzt durch die Verlegung des Konzerts wegen zu
grosser Bühne an Glaubhaftigkeit zunahm. Als dann aber zum Intro
«Dawn Of Creation» das selbe rot-schwarze Stagedesign zum Vorschein
kam, welches auch schon letztes Jahr verwendet worden war, schien
diese Möglichkeit trotz dem Einstieg «Prophecy», der Opener von
«Nostradamus», aus dem Spiel und mit dem darauffolgenden «Metal Gods»
war dagegen klar: Judas Priest hatten sich im Verlauf des letzten
Jahres nicht die Mühe gemacht, andere Songs einzuüben und
präsentierten ihren Fans etwas dreist die exakt gleiche Setlist wie
2008. Gleiche Bühne, gleiche Setlist also auch die selbe
mittelmässige Leistung wie letztes Jahr und somit eine Enttäuschung?
Spätestens mit «Eat Me Alive» stand die Antwort fest: Nein! Wirkte
Halford vor einigen Monaten noch unsicher und stimmlich stark
limitiert und seine Mitstreiter Tipton, Downing, Hill und Travis zu
routiniert, stand in Fribourg eine Band auf der Bühne, die nicht
mehr wiederzuerkennen war. Die hohen Schreie gelangen überraschend
gut, Halford stand weniger als zu erwarten vornübergebeugt vor
seinem Teleprompter und auch die Instrumentensektion zockten mit
deutlich mehr Spielfreude und Power, sodass Headbang-Oldies wie «Berween
The Hammer And The Anvil», «Devil's Child», «Breaking The Law» oder
«Hell Patrol» vom Publikum nach allen Regeln der Kunst gefeiert
wurden. Wie zu erwarten brach diese
Stimmung
während dem zweiten «Nostradamus»-Song, «Death», leider ein. Auch
wenn der tonnenschwere Doom-Track nicht von schlechten Eltern ist,
so passt eine solche Nummer halt einfach nicht in ein Priest-Set.
Auch «Dissident Agressor» und die zwar Gänsehaut verbreitende, von
Halford gefühlvoll intonierte Ballade «Angel» liessen das Publikum
eher in Warten anstatt Party-Stimmung verfallen. Dies änderte sich
mit «Helion/Electric Eye» (dazu das passende Augenbackdrop)
natürlich schlagartig und auch wenn «Rock Hard, Ride Free» nicht
jedem Zuschauer geläufig zu sein schien, wurde die Nummer euphorisch
mitgesungen. Davon beflügelt konnte sich nicht mal der ansonsten auf
cool machende K.K. Downing an seiner Klampfe ein Lächeln verkneifen.
Dass dies seinen spielerischen Fähigkeiten aber in nichts schadet,
zeigte sich beim absoluten Show-Highlight, einer Extended-Version
des 77er Klassikers «Sinner» von «Sin After Sin». Nicht nur, dass
Halford seinem Ruf als Metalgott mit vergleichsweise klaren Screams
wieder gerecht wurde, nein, Downing liess seine Gitarre bei einem
ausgedehnten Tremolo-Solo ausgiebig kreischen und sorgte so für den
Faktor Spielfreude, auf welchen man bei Judas Priest seit langem
verzichten
musste. Ein souverän dargebotenes «Painkiller» setzte darauf den
ersten Schlusspunkt. Was danach kam, kommt schon seit Jahrzehnten
und macht doch immer wieder Spass: Mit dröhnendem Motor fuhr Halford
auf einer glänzenden Harley auf die Bühne und läutete so den
Zugabenreigen ein. «Hell Bent For Leather» und ein grandioses «The
Green Mahalishi» kurbelten nochmal die Stimmung an, bevor es schon
wieder Applaudieren und «Zugabe»-Schreien hiess. In eine
Schweizerflagge gehüllt erklomm Mr. Halford ein weiteres Mal die
Bühne, um zum ausgiebigen Jodel-Singalong zu bitten, was zwar
wiederum unterstrich, wieviel Spass Halford am Auftreten wieder zu
haben scheint, letztlich aber doch eher überflüssig blieb. Ganz
anders «You've Got Another Thing Coming», dem wirklich letzten Song,
der ein würdiges Finale einer überraschend beeindruckenden Show
darstellte, auch wenn meine Wenigkeit des exakt selbe Set damit
schon zum dritten Male miterleben durfte. Bleibt also nur zu hoffen,
dass die britische Metal-Institution ihr aktuelles Unterfangen,
nämlich die komplette Live-Darbietung ihres Meilensteins «British
Steel» (1980), nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in
Europa in die Tat umsetzen wird. Ansonsten bleibt zu sagen: The
Priest Is Back!!! (kis)
Setlist: «Intro: Dawn Of Creation» - «Prophecy» - «Metal Gods» - «Eat Me
Alive» - «Between The Hammer And The Anvil» - «Devil's Child» - «Breaking The Law»
- «Hell Patrol» - «Death» - «Dissident Aggressor» - «Angel» - «Hellion/Electric
Eye» - «Rock Hard, Ride Free» - «The Sinner (+ Downing's Solo)» - «Painkiller»
-- «Hell Bent For Leather» - «The Green Mahalishi (With The Two
Pronged Crown)» --- «Halford's Singalong» - «You've Got Another Thing
Coming».
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