Livereview: Judas Priest - Megadeth - Testament
11. März 2009, Fribourg - Forum
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis) - All Pics by Rockslave
Ursprünglich war dieses fette Metal-Package für die Halle im Wettinger Sportzentrum Tägerhard vorgesehen. Relativ spät wurde das Ganze dann aber nach Fribourg ins Forum verlegt. Somit war klar, dass der eine oder andere Metaller wie einzelne Metallerinnen dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht mitbekommen würden und so im Aargau vor verschlossenen Türen standen. Je nach zeitlichem Polster und individueller Mobilität, konnte man sich jedoch schnurstracks die knapp 140 km unter die Räder nehmen, um sich möglichst in hoher Schadensbegrenzung üben zu können. Der ganz grosse Aufmarsch blieb im entfernten Kanton Freiburg allerdings aus, aber es waren immerhin doch etwas mehr als 3'000 Fans, die sich dieses Spektakel auf keinen Fall entgehen lassen wollten. Testament als erster Support gehören zur genremässigen Ur-Suppe des Thrash Metal und bewiesen zuletzt mit ihrem bärenstarken, neuen Album «The Formation Of Damnation» eindrücklich, dass der Schnauf offensichtlich noch beträchtlich ist! Gleiches gilt für Ex-Metallica Recke Dave Mustaine, der die Kurve mit Megadeth glücklicherweise längst wieder gekriegt hat und eine tighte Mannschaft am Start hatte, zu der ja unter anderem Chris Broderick von Jag Panzer gehört. (rsl)

Testament
Nochmal Glück gehabt!, denke ich, als ich (in die Halle tretend) die letzten Klänge des Intros höre, um dann zu «Over The Walls» gleich mal ordentlich den Kopf kreisen zu lassen. Die Verschiebung des Konzerts von Wettingen nach Fribourg brachte nicht nur eine grössere Location, sondern auch ein mittelgrosses Verkehrschaos mit sich, sodass manche Konzertbesucher gerade noch rechtzeitig, viele aber ärgerlicherweise auch zu spät, im Forum eintrafen. Die Bay-Area-Thrasher von Testament scherten sich wenig darum und zockten auch vor noch nicht allzu üppigem Publikumsauflauf (so um die 1000 waren es immerhin schon), dass die Erde erbebte. Hatten die Herren um Frontindianer Chuck Billy vergangenes Jahr mit «Formation Of Damnation» eindrücklich bewiesen, noch lange nicht zum alten Eisen zu gehören, liess das Quintett an diesem Abend auch livetechnisch keine Zweifel mehr gelten. «The New Order», «Souls Of Black» oder «Sins Of Omission», ein Thrash-Klassiker folgte auf den nächsten, dargeboten von einer Band in bester Spiellaune, die sich auch von dem anfänglich etwas matschigen Sound nicht irritieren liess: Dass Alex Skolnick, der wohl noch nie einen schlechten Gig, geschweige denn ein mittel-mässiges Solo abgeliefert hat, überzeugen würde, lag auf der Hand, doch auch seine rifftechnische Unterstützung namens Eric Peterson brillierte sowohl mit Tightness als auch filigranen Saitenspielereien. Neue Nummern wie der aktuelle Smasher «More Than Meets The Eye» funktionierten dabei ebenso gut wie altbewährtes der Marke «Malpractice», was nicht zuletzt an den typischen ''Ohohoh''-Mitsingpassagen und einem motivierenden Chuck Billy lag, der neben solider Gesangsleistung und obligato-rischem Mikroständer-Gitarrespielen den Kontakt zum Publikum nie abbrechen liess. Hat man dann noch eine lebende Drum-Maschine wie Paul Bostaph hinter den Kesseln sitzen, so kann man gar nicht anders, als auf voller Linie zu überzeugen. Wenn nach dieser Show das Sounddock 14 zu Dietikon, wo Testament uns am 2. Juli 2009 wiederum eine gewaltige Schlachtplatte Thrash auftischen werden, nicht rappelvoll wird, dann stimmt was nicht mit der Schweizer Metalszene! (kis)

Setlist:
«Over The Wall» - «The New Order» - «Souls Of Black» - «Sins Of Ommission» - «More Than Meets The Eye» - «DNR» - «Three Days» - «Malpractice» - «Formation Of Damnation».

Megadeth
Obwohl Chuck Billy & Co. ansich eine Top-Leistung abgeliefert hatten, war der Zuspruch der anwesenden Fans nicht gerade überwältigend. Das änderte sich schlagartig, als Megadeth die Bühne enterten und mit «Sleepwalker» optimal starteten. Die ganze Band zeigte sich sehr agil und vor allem Chris Broderick, der eigentlich hauptamtlich für die amerikanische Kult-Band Jag Panzer in die Saiten haut, gefiel mit diesmal sehr gut. Der Sound kam deutlich wuchtiger als zuvor daher, obwohl die riesige Halle einiges davon verschluckte. «Wake Up Dead» katapultierte einen dann bis nach 1986 zurück, gefolgt von «Take No Prisoner» (Rust In Peace - 1990). Die geniale Triplette reichte aus, um eine erfreulich gute Stimmung zu erzeugen. Das Tüpfelchen auf dem berühmten "i" hiess hier im französisch-sprachigen Einzugsgebiet aber klar «A Tout Le Monde»! Da zeigte sich wieder einmal eindrücklich, was so ein Song, zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort gespielt, ent-sprechend bewirken kann. Besser geht's nimmer und deshalb ertönte unter anderem der lauteste Mitsing-Part des ganzen Abends. Die ansich nur von Guitar-Amps bevölkerte Bühne liess den Protagonisten genügend Auslauf, der auch rege benützt wurde. Die ganze Chose klang deshalb nicht nur gut, sondern hinterliess auch optisch einen überzeugenden Eindruck. Dave Mustaine's eigenwillige Stimme hörte sich klar und kräftig an und überhaupt konnten keine grossen Schwächen, wenn überhaupt, entdeckt werden. Das galt auch für die geil bestückte Setliste, die nicht weniger als drei Songs vom legendären 92er-Album «Countdown To Extinction» enthielt. Die weniger gelungene Periode vom (zu modern gehaltenen) Album «Risk» wurde zum Glück komplett ignoriert. Hingegen hätten Megadeth ruhig noch mehr Material von «Youtha-nasia» (2004) bringen können. Aber auch so liessen sich die Amis während einer guten Stunde nicht lumpen und servierten die zweite Thrash-Keule des überaus friedlich abgehal-tenen Anlasses. Obwohl die unerreichbare Klasse des Jahrhundert-Gigs im Zürcher Volkshaus vom 27. Juni 2007 nicht getoppt werden konnte, servierten Dave's Mannen eine verdammt schmackhafte Metal-Suppe, die mit dem schlichten Band-Namenszug Backdrop im Rücken auch ohne Maggi-Würze während einer ganzen Stunde vorzüglich schmeckte. Nur weiter so! (rsl)

Setlist: «Sleepwalker» - «Wake Up Dead» - «Take No Prisoners» - «A Tout Le Monde» - «Skin Of My Teeth» - «She Wolf» - «In My Darkest Hour» - «Symphony Of Destruction» - «Sweating Bullets» - «Hangar 18» - «Peace Sells..., But Who's Bying?» - «Holy Wars..., The Punishment Due».

Judas Priest
Seit Rob Halford 2004 wieder in den Schoss von Judas Priest zurückgekehrt war, liess das Heavy-Metal-Urgestein immer wieder verlauten: The Priest is back! Das Reunions-Album «Angel Of Retribution», das letztjährige Konzeptwerk «Nostradamus» und verschiedene Konzertreisen untermauerten diesen Ausspruch aber weniger, als sie Zweifel daran aufkommen liessen. Halford liess stimmlich wie performance-technisch zu wünschen übrig, das Songwritting blieb auf weiter Strecke hinter früheren Glanztaten zurück. Wie würden sich die britischen Metalveteranen also diesmal schlagen? Ausgiebig war im Vorfeld über die Setlist der Tour spekuliert worden, einige behaupteten gar zu wissen, dass «Nostradamus» in voller Länge aufgeführt werden sollte, ein Gerücht, welches nicht zuletzt durch die Verlegung des Konzerts wegen zu grosser Bühne an Glaubhaftigkeit zunahm. Als dann aber zum Intro «Dawn Of Creation» das selbe rot-schwarze Stagedesign zum Vorschein kam, welches auch schon letztes Jahr verwendet worden war, schien diese Möglichkeit trotz dem Einstieg «Prophecy», der Opener von «Nostradamus», aus dem Spiel und mit dem darauffolgenden «Metal Gods» war dagegen klar: Judas Priest hatten sich im Verlauf des letzten Jahres nicht die Mühe gemacht, andere Songs einzuüben und präsentierten ihren Fans etwas dreist die exakt gleiche Setlist wie 2008. Gleiche Bühne, gleiche Setlist also auch die selbe mittelmässige Leistung wie letztes Jahr und somit eine Enttäuschung? Spätestens mit «Eat Me Alive» stand die Antwort fest: Nein! Wirkte Halford vor einigen Monaten noch unsicher und stimmlich stark limitiert und seine Mitstreiter Tipton, Downing, Hill und Travis zu routiniert, stand in Fribourg eine Band auf der Bühne, die nicht mehr wiederzuerkennen war. Die hohen Schreie gelangen überraschend gut, Halford stand weniger als zu erwarten vornübergebeugt vor seinem Teleprompter und auch die Instrumentensektion zockten mit deutlich mehr Spielfreude und Power, sodass Headbang-Oldies wie «Berween The Hammer And The Anvil», «Devil's Child», «Breaking The Law» oder «Hell Patrol» vom Publikum nach allen Regeln der Kunst gefeiert wurden. Wie zu erwarten brach diese Stimmung während dem zweiten «Nostradamus»-Song, «Death», leider ein. Auch wenn der tonnenschwere Doom-Track nicht von schlechten Eltern ist, so passt eine solche Nummer halt einfach nicht in ein Priest-Set. Auch «Dissident Agressor» und die zwar Gänsehaut verbreitende, von Halford gefühlvoll intonierte Ballade «Angel» liessen das Publikum eher in Warten anstatt Party-Stimmung verfallen. Dies änderte sich mit «Helion/Electric Eye» (dazu das passende Augenbackdrop) natürlich schlagartig und auch wenn «Rock Hard, Ride Free» nicht jedem Zuschauer geläufig zu sein schien, wurde die Nummer euphorisch mitgesungen. Davon beflügelt konnte sich nicht mal der ansonsten auf cool machende K.K. Downing an seiner Klampfe ein Lächeln verkneifen. Dass dies seinen spielerischen Fähigkeiten aber in nichts schadet, zeigte sich beim absoluten Show-Highlight, einer Extended-Version des 77er Klassikers «Sinner» von «Sin After Sin». Nicht nur, dass Halford seinem Ruf als Metalgott mit vergleichsweise klaren Screams wieder gerecht wurde, nein, Downing liess seine Gitarre bei einem ausgedehnten Tremolo-Solo ausgiebig kreischen und sorgte so für den Faktor Spielfreude, auf welchen man bei Judas Priest seit langem verzichten musste. Ein souverän dargebotenes «Painkiller» setzte darauf den ersten Schlusspunkt. Was danach kam, kommt schon seit Jahrzehnten und macht doch immer wieder Spass: Mit dröhnendem Motor fuhr Halford auf einer glänzenden Harley auf die Bühne und läutete so den Zugabenreigen ein. «Hell Bent For Leather» und ein grandioses «The Green Mahalishi» kurbelten nochmal die Stimmung an, bevor es schon wieder Applaudieren und «Zugabe»-Schreien hiess. In eine Schweizerflagge gehüllt erklomm Mr. Halford ein weiteres Mal die Bühne, um zum ausgiebigen Jodel-Singalong zu bitten, was zwar wiederum unterstrich, wieviel Spass Halford am Auftreten wieder zu haben scheint, letztlich aber doch eher überflüssig blieb. Ganz anders «You've Got Another Thing Coming», dem wirklich letzten Song, der ein würdiges Finale einer überraschend beeindruckenden Show darstellte, auch wenn meine Wenigkeit des exakt selbe Set damit schon zum dritten Male miterleben durfte. Bleibt also nur zu hoffen, dass die britische Metal-Institution ihr aktuelles Unterfangen, nämlich die komplette Live-Darbietung ihres Meilensteins «British Steel» (1980), nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Europa in die Tat umsetzen wird. Ansonsten bleibt zu sagen: The Priest Is Back!!! (kis)

Setlist: «Intro: Dawn Of Creation» - «Prophecy» - «Metal Gods» - «Eat Me Alive» - «Between The Hammer And The Anvil» - «Devil's Child» - «Breaking The Law» - «Hell Patrol» - «Death» - «Dissident Aggressor» - «Angel» - «Hellion/Electric Eye» - «Rock Hard, Ride Free» - «The Sinner (+ Downing's Solo)» - «Painkiller» -- «Hell Bent For Leather» - «The Green Mahalishi (With The Two Pronged Crown)» --- «Halford's Singalong» - «You've Got Another Thing Coming».