Livereview: Judas Priest - Thin Lizzy
12. Mai 2012, Fribourg - Forum
By Rockslave (rsl) & Tinu (tin) - All Pics by Rockslave

Leider war es mir (warum auch immer!) nicht vergönnt, Judas Priest in den 80ern mal live in der Schweiz sehen zu können und 1991 gehörte die Aufmerksamkeit der Geburt meines Juniors. Somit begrub ich die Hoffnung schon bald, dass ich das ursprüngliche Lineup überhaupt jemals sehen würde. Die ersten Shows Ende der 90er mit Tim "Ripper" Owens waren später zwar allesamt nicht ohne, doch es fehlte halt was und Fight wie Halford (Solo) konnten die Lücke auch nicht schliessen. Gross war deshalb die Freude 2004, als der Metal God definitiv wieder mit seinen ehemaligen Kumpels unter gemeinsamer Flagge erneut auf die Bühne stieg. «Angel Of Retribution» (2005) und «Nostradamus» (2008) ergänzten den Backkatalog der Studio-Alben und es folgten viele Konzerte, bei denen sich Rob Halford (zum Beispiel 2008 in Huttwil und 2009 hier in Fribourg) jeweils achtbar schlug. Der letztjährige Auftritt in Basel war aber in jeder Hinsicht ein Knaller, einerseits von der Performance her und andererseits der Einführung von Richie Faulkner als Ersatz für K.K. Downing. Im Wissen darum, dass die aktuelle Tour die letzte Möglichkeit darstellte, die Band nochmals in dieser blendenden Verfassung zu sehen, machte die Reise nach Fribourg ins Forum zur absoluten Pflicht, und Thin Lizzy als hochkarätiger Support waren ja alleine schon die halbe Miete! (rsl)


Thin Lizzy

Ich behaupte jetzt mal mit Fug und Recht, dass der grossartige und leider viel zu früh verstorbene Phil Lynott seine helle Freunde daran hätte, wenn er sehen würde, dass seine Band über ein Vierteljahrhundert nach seinem Ableben immer noch existiert und die alten Kult-Klassiker inzwischen gar neue, junge Fans gefunden haben. Seit dem Neustart von 1999 anlässlich eines Tribute-Konzertes (damals noch mit John Sykes) bis heute gaben sich wieder ein paar Musiker die Klinke in die Hand. Das aktuelle Lineup besteht nun aus den alten Recken Scott Gorham (g/v), Brian Downey (dr) und Darren Wharton (keys) sowie Neuzeit-Rückkehrer Marco Mendoza (b) und den Neuzugängen Ricky Warwick (v/g Ex-The Almighty) und zuletzt Damon Johnson (Ex-Alice Cooper). Erfreulicherweise entpuppte sich die Verpflichtung des ehemaligen The Almighty Frontmannes als wahrer Glücksgriff, denn seine Stimme passt wunderbar zum Sound von Thin Lizzy. Davon konnte ich mich anfangs 2011 bereits im Z7 mal überzeugen, wobei zu diesem Zeitpunkt noch Vivian Campbell (Ex-Dio, Def Leppard) an der zweiten Klampfe auf der Gehaltsliste stand. Das bedeutete nun also, dass die aktuelle Formation top eingespielt war und man sich einfach auf einen schönen Best-Of Gig freuen konnte.

Die Bühne war soweit eher spartanisch bestückt, will sagen dass nur gerade die nötigen Stage-Amps, das Drum und ein Keyboard zu sehen waren. Unter dem grossen Bandlogo, das im weiteren Verlauf des Konzertes diverse Farben annahm, nahmen die Musiker ihre Plätze ein und legten gleich mit «Are You Ready» los. Wie nicht anders erwartet, kam das Ganze von Anfang an ziemlich tight daher und liess schon bald die guten, alten Zeiten wieder in Erinnerung rufen. Zumindest bei denen älteren Semestern in der Halle (wovon es sichtlich schon einige gab), die womöglich gar noch in den Genuss des Meisters himself gekommen sind. Das erste Highlight des Abends war dann eine obergeile Version von «Killer On The Loose», die auch auf «Don't Believe A Word» abfärbte, wo der neue Sänger Ricky Warwick einmal mehr bewies, dass er seine Sache wirklich gut macht. Seine Mitstreiter wirkten derweil sehr agil und steuerten dann und wann dem Gesamtsound dienliche Backing Vocals bei. In Sachen Posing war natürlich Marco Mendoza die unangefochtene Nummer eins, dicht gefolgt von Damon Johnson. Spätestens bei «Whiskey In The Jar» taute die grosse und längst nicht ausverkaufte Halle erstmals so richtig auf. Die ausgewählten Songs waren allesamt Alt-Klassiker, bei denen aber auffiel, dass diese nicht aus der "Ära Sykes" stammten. Darum fehlten ein paar Songs, wovon vor allem das Ausbleiben von «Cold Sweat» wirklich schade war. Nichtsdestotrotz sah das zum Schluss bei «The Boys Are Back In Town» in Sachen Applaus aber gar nicht schlecht aus und man hätte gerne noch weitere Songs aus dem riesigen Backkatalog abfeiern wollen. Bei der nächsten Headliner-Tour dürfte das dann kein Thema mehr sein. Interessant war an diesem Konzert auch die Tatsache, dass eine neue Generation heran gewachsen ist, die sich offenbar hinter die CD- und LP-Schränke der Eltern gemacht hat. Umso schöner, wenn man in ein paar Jährchen noch von diesem gediegenen Konzertabend erzählen kann! (rsl)

Setliste: «Are You Ready» - «Jailbreak» - «Killer On The Loose» - «Don't Believe A Word» - «Whiskey In The Jar» - «Suicide» - «Rosalie» - «Black Rose» - «Cowboy Song» - «The Boys Are Back In Town».

Judas Priest
Nach dem famosen Gig am Sonisphere-Festival 2011 in Basel musste ich mir die Metal-Götter aus Birmingham nochmals ansehen. Um es gleich vorneweg zu nehmen: Judas Priest sind noch immer, oder besser gesagt endlich wieder das Evangelium der harten Klänge. Keine andere Truppe hat einen dermassen charismatischen Sänger, der endlich wieder in den gewohnten Höhen schreit und keine andere Combo hat das ultimativere Gitarrenduo als Glenn Tipton und Richie Faulkner. Die Beiden sind die Pforte zum höchsten Thron des Olymps und an ihnen kommt niemand vorbei! «The priest is back» und das in einer nicht mehr zu erwartenden Stärke! Was sich schon in Basel angekündet hat, fand in Fribourg seine Fortsetzung. Auch wenn die Setliste keine Änderung hatte, und die Pyros, Flammen und Laser an den gleichen Stellen ihren Einsatz hatten, war es ganz einfach unglaublich, was das Quintett an diesem Abend vollbrachte. Von jedem Studioalbum, auf dem Rob Halford sang, wurde mindestens ein Lied gespielt. Dabei kamen Perlen wie «Starbreaker», «Beyond The Realms Of Death», oder auch «Blood Red Skies» zu Ehren und liessen das Konzert zu etwas ganz Besonderem werden. Dass bei der Vielzahl von tollen Tracks, der eine oder andere persönliche Favorit fehlte war klar. Somit musste ich auf den Genuss von «Freewheel Burning», «Riding On The Wind», «Running Wild», «Worth Fighting For», oder «Delivering The Gods» verzichten und trotzdem liess die Setliste kaum weitere Wünsche offen. Okay, vielleicht hätte man auf «Never Satisfied» verzichten können…



Gestartet wurde mit dem «British Steel»-Klassiker «Rapid Fire». Von Beginn weg war es ein Ohrenschmaus den fetten und differenzierten Basssound von Ian Hill zu lauschen. Noch nie hat der bärtige Engländer einen solchen Druck erzeugt. Ein neues Erscheinungsbild, welches Judas Priest sehr gut zu Gesicht stand. Dass der Bassist aber nach wie vor den Aktionsradius eines Bierdeckels kaum verschwendet und sich als nach vorne und hinten beugender Banger outet ist nichts Neues und gehört zum guten Ton der britischen Vorreiterband. Scott Travis schmiss wieder unzählige Male seinen Drumstick in die Höhe, um ihn für den nächsten Schlag auf seinem Tom sicher aufzufangen. Er ist und bleibt das Schweizer Uhrwerk, das an diesem Abend aber nicht den gewohnt gelangweilten Eindruck hinterliess (Racer X spielen einfach komplexer), sondern vom ersten Takt an grinste er und genoss das Konzert sichtlich. Auch wenn das die vielen KK Downing-Fans anders sehen, aber Richie liess den langjährigen Gitarristen vergessen. Mister Faulkner hat eine dermassen natürliche, freundliche und mitreissende Art, sieht optisch ähnlich aus wie sein Vorgänger und spielt eine Axt, dass es eine Freude ist. Sein Side-Kick Glenn lächelte ins Publikum, solierte wie ein Gott und duellierte sich mit Richie ein ums andere Mal, und Rob… Das Sorgenkind der letzten Jahre. Der Meistersänger, der kaum mehr einen Ton traf, die meisten Songs viel tiefer sang und meilenweit davon entfernt war seine Screams auch nur ansatzweise zu zelebrieren… Er stand da auf der Bühne und umwickelte das sehr gut gefüllte Forum mit seinem Charisma. Keiner konnte sich dem entziehen und wenn er seinen Dank an die Metal-Gemeinde richtete, dann war dies nicht ein blosses Lippenbekenntnis, sondern eine aufrichtige Verneigung seiner Person an jeden, der ihm in den letzten Jahren den Lebensunterhalt finanzierte. Sein Gesang klingt vielleicht nicht mehr so wie zu Beginn der achtziger Jahre, war davon aber nicht mehr weit entfernt. Der 61-jährige Sänger variierte mit seiner Stimme, sang die tieferen Passagen ebenso souverän, wie die hohen und konnte problemlos die spitzen Schreie mal kurz oder auch mal sehr lang halten. «Metal Gods», «Heading Out To The Highway», «Starbreaker», «Victim Of Changes», «The Sentinel», «Beyond The Realms Of Death», «Blood Red Skies» und «The Green Manalishi» sind die Paradebeispiele, wie zielsicher Mister Halford seine Schreie im Forum seinen freien Lauf liess.


Optisch präsentierte sich die Band im typischen Metaloutfit mit viel Leder und dekorierte die Bühne mit vielen Ketten und wechselnden Projektionen hinter dem Schlagzeug von Scott. Dabei wurden immer wieder kleine Filme und das Cover des kurz darauf angespielten Songs gezeigt. Die Laser-Show erinnerte nicht nur an den Video-Clip von «You've Got Another Thing Comin'», sondern auch an die guten alten achtziger Jahre. Ebenso die Feuersäulen, die nicht nur die Halle erleuchteten, sondern auch die vordersten Reihen zum Schwitzen brachten. Dabei erreichten die Engländer nicht unbedingt das Ausmass einer Kiss-Show, aber als perfekte Untermalung reichte es allemal. Das Quintett hatte das Publikum von der ersten Sekunde auf seiner Seite. So überliess Rob seinen Fans den kompletten Text bei «Breaking The Law» und dirigierte es nach Belieben. Dass der Shouter vor «Hell Bent For Leather» mit einem Motorrad auf die Bühne fuhr und zusätzlich eine Schweizer Fahne bei «You've Got Another Thing Comin'» spazieren trug waren ebensolche Highlights, wie die gute Gesangsleistung bei «Painkiller», welche von einem kurzen, interessanten Schlagzeugsolo von Scott eingeleitet wurde. Das Einzige was fehlte, waren die mechanischen Bewegungen von Rob bei «Electric Eye», ansonsten boten die Herren eine rundum fantastische Show, bei der sich Mister Halford auch nicht mehr so konsequent seinem Teleprompter widmen musste, wie in der Vergangenheit. Schade, dass sich Judas Priest mit einer solchen Leistung verabschieden wollen. Andererseits sollte man dann abtreten, wenn es am schönsten ist und das ist bei Priest definitiv der Fall. Während Iron Maiden den Fehler machen, ihre uninspirierten und langweiligen neuen Songs dem Publikum vorzuspielen und dabei die alten Hits in Vergangenheit geraten, bieten Judas Priest ihren Anhängern genau das, was sie von der Band erwarten. Judas Priest haben Iron Maiden seit letztem Jahr in meiner Gunst überholt und weit hinter sich gelassen und die lauten «Priest, Priest, Priest»-Rufe im Forum, nach dem letzten gespielten Ton, bleiben mir noch lange in Erinnerung, ebenso wie die glückliche, über alle Backen strahlende Truppe, die sich von ihren Fans erhobenen Hauptes verabschieden konnte. Meine Herren, es war mir eine Ehre, sie in dieser sensationellen, famosen und unschlagbaren Form nochmals gesehen zu haben. DANKE!!! (tin)

Setliste: «Battle Hymn/Rapid Fire» - «Metal Gods» - «Heading Out To The Highway» - «Judas Rising» - «Starbreaker» - «Victim Of Changes» - «Never Satisfied» - «Diamond & Rust» - «Dawn Of Creation/Prophecy» - «Night Crawler» - «Turbo Lover» - «Beyond The Realms Of Death» - «The Sentinel» - «Blood Red Skies» - «The Green Manalishi (With The Two Pronged Crown)» - «Breaking The Law» - «Short Drum Solo Scott Travis» - «Painkiller» - «The Hellion/Electric Eye» - «Hell Bent For Leather» - «You've Got Another Thing Comin'» - «Living After Midnight».