Livereview: Judas Priest - Megadeth

26. Juni 2018, Dübendorf – Samsung Hall
By Rockslave – All Pics by Tinu
Das Datum dieses edlen Billings war schon eine Weile vorher bekannt geworden, und so war die Freude darauf nicht kleiner, als zumindest Judas Priest auch beim diesjährigen „Sweden Rock Festival“ anfangs des Monats Juni als einer der grossen Headliner neben Iron Maiden und Ozzy Osbourne feststanden. Das Schweizer Hallenkonzert der laufenden «Firepower»-Tour besass aber gegenüber der Openair-Variante dennoch einen Vorteil, zumindest was den Sound angeht. Da es in Schweden allerdings hammermässig daher kam, stiegen die Erwartungen in der Heimat noch zusätzlich an. Das beinhaltete zudem die kleine Hoffnung, dass der Set womöglich leicht abweicht, was er, ausser der Songreihenfolge vor den Zugaben, schliesslich doch nicht tat. Im Vorprogramm standen Megadeth als Special Guest, die in den letzten Jahren, auch albummässig, eher zugelegt denn abgebaut haben, vor allem «Dystopia» (2016). Das Outdoor-Konzert vom Z7 im letzten August ist auf jeden Fall noch in bester Erinnerung geblieben, und somit war für diesen metallischen Leckerbissen alles Nötige angerichtet. Da das Konzert schon um 19:30 Uhr begann, gab es noch reichlich Platz vor der Bühne.

Megadeth

Obwohl sich Obermacker Dave Mustaine und seine Jungs offiziell nach wie vor auf der «Dystopia»-Tour befanden, respektive auch selber als Headliner Konzerte gaben, wie unter anderem zwei Tage und vier Tage später in Italien, stand beim gekürzten CH-Support-Set für die Oberpriester bei vier (sonst sechs) Songs immer noch das eine Album im Zentrum: «Rust In Peace»! Das Hammer-Teil von 1990 hat bald drei Dekaden auf dem Buckel, aber der Opener «Hangar 18» sprang einen gleich wie ein junges Raubtier an. Wie damals Saiten-Ass Marty Friedman, brachte sich Zweitklampfer Kiko Loureiro umgehend ins Zusammenspiel mit Dave ein. Der Übergang zum galoppierenden «Dystopia»-Track «The Threat Is Real» zeigte danach unmissver-ständlich auf, dass Megadeth immer noch voll im Saft stehen. Das gilt weniger für die Vocals von Mr. Mustaine, die erstens schon immer so waren, wenn auch deutlich kräftiger in jüngeren Jahren, und zweitens mag man den Gesang halt oder eben nicht. Zumindest ist hier über die bisherige Karriere Konstanz gegeben. Diese bestand auch in Sachen Härte, die heute Abend ausgepackt wurde. Beim rasanten «Take No Prisoners» hatte ich mehr als einmal ein paar „Déjà-vus“ in die gute alte Zeit der 80er/90er. Spätestens beim Alltime-Klassiker «Symphony Of Destruction» war dann klar, wo der Unterschied zu guten und mittelmässigen Bands liegt. Leider gab es bei diesem Auftritt nichts vom «Youthanasia»-Longplayer, nicht mal «A Tout Le Monde». Dafür sah man „Rattlehead“, das offizielle Megadeth-Maskottchen (wie Eddie bei Iron Maiden) beim gleichnamigen Song kurz über die Bühne stapfen. Das mittlerweile zahlreicher gewordene Publikum war in der Zwischenzeit in beste Stimmung versetzt worden, aber mit «Holy Wars...The Punishment Due» schloss sich einerseits der «Rust In Peace» Kreis zum Opener und andererseits war die eine Stunde Spielzeit leider viel schnell vorbei. Dave Mustaine ging, nachdem er sich bei den Fans überaus herzlich für den Zuspruch bedankte, als Letzter von der Bühne, und ich habe den sonst eher introvertierten bis teils mürrisch wirkenden Musiker selten so demütig wie an diesem Abend gesehen. Für dieses Verhalten gibt es einen treffenden Begriff: Altersmilde! Besser spät als nie kann man dazu nur sagen. Hoffentlich werden Megadeth die Schweiz bald wieder als Headliner beehren.

Setliste: «Prince Of Darkness (Intro)» - «Hangar 18» - «The Threat Is Real» - «The Conjuring» - «Take No Prisoners» - «My Last Words» - «Tornado Of Souls» - «Dystopia» - «Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» - «Rattlehead» - «Holy Wars...The Punishment Due».

Judas Priest
Nach der mehr als überzeugenden Vorstellung der Kollegen von Megadeth war es nun am Headliner, die entsprechende Antwort darauf abzugeben. Kaum war «Firepower», das neue und überraschend stark ausgefallene neue Studioalbum veröffentlicht, kam die niederschmett-ernde Kunde zu Glenn Tiptons Parkinson-Erkrankung und als Folge davon die Einschränkungen zur bevorstehenden Tour. Die aktuelle Zustand von Glenn lasse nur noch gelegentliche Auftritte für die jeweils drei letzten Songs im Set zu. Wo er nun effektiv gefehlt hat, entzieht sich meiner Kenntnis, aber der noch verbliebene Ur-Gitarrist war zumindest in Schweden dabei, und auch am heutigen Abend sollten ihn die Fans in der Samsung Hall noch frenetisch begrüssen können. Bis es jedoch soweit war, legten der Metal God Rob Halford, Gitarrist Richie Faulkner, Bassist Ian Hill, Drummer Scott Travis und Aushilfsgitarrist wie Producer Andy Sneap (Hell) eine Heavy Metal Show der Extraklasse hin. Dabei durfte der Titeltrack und Opener gleich beweisen, mit welcher Stärke Judas Priest in der Ausgabe 2018 immer noch unterwegs sind. Mit der ersten Klassiker-Triplette «Grinder», «Sinner» und «The Ripper» zeigte vor allem Rob Halford, inzwischen bald 67-Jährig, was stimmlich noch in ihm steckt. Bei «Sinner» wurden zum Beispiel glasscheibenzerstörende Screams raus gehauen, die sehr nahe an die Leistungen der 80er anschliessen konnten! Das war in den 2000er-Jahren beileibe nicht immer so, und welcher Jungbrunnen hier angezapft wurde, ist nicht bekannt. Wer die Songs gut kennt und genau hinhört, wird allerdings bald ein paar Details finden, wo Rob gewisse Gesangslinien stimmband-schonender angeht, um dann aber bei seinem Markenzeichen, den high pitch screams im richtigen Moment praktisch keine Abstriche machen zu müssen. Selbst «Painkiller» als einer der gesanglich herausforderndsten Tracks wurde, nach «Hell Bent…» noch auf dem Motorrad sitzend, beeindruckend performt.

Der Tross an sich wurde jedoch ohne Zweifel durch Leadgitarrist Richie Faulkner gelenkt und auf Trab gehalten. Unentwegt bewegte er sich aktiv auf der Bühne hin und her, nahm immer wieder andere Positionen und Posen ein. Dazu heizte er die Fans mehrfach an, im Rhythmus mitzuklatschen, während Andy Sneap banddienliche wie wuchtige Rhythmus-Riffs beisteuerte. Ian Hill stand, wie gewohnt, posend vor seinem Bassstack und lieferte zusammen mit Drummer Scott Travis das uhrwerkmässige Rhythmusgerüst des legendären Priest-Sounds ab. Die Setliste enthielt heuer ein paar Überraschungen, positive wie negative. Das bezog sich natürlich nur darauf was gespielt, respektive ausgelassen wurde. «Saints In Hell», «Night Comes Down» und «Freewheel Burning» sorgten für sichtliche Freude, während ich persönlich so Dinger wie «Victim Of Changes», «Beyond The Realms Of Death» oder «Desert Plains» vermisste. Nichtsdestotrotz lieferte die Band heute Abend wiederum sowas von ab, dass alles andere unwichtig war. Cool war auch festzustellen, dass die neuen Songs killen und dies nicht nur auf dem Tonträger. Zur grossen Freude der Fans kam Glenn Tipton auch in Dübendorf für den Zugabenteil auf die Bühne und wurde nicht nur von seinen Bandmates herzlichst begrüsst. Der Anblick des sichtlich erkrankten Musikers führte einem dann aber grausam real vor, wie schnell alles vorbei sein kann, wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt. Es dürfte somit wohl das letzte Mal gewesen sein, dass man Glenn live mit Judas Priest hat spielen sehen. Nach 105 Minuten gab es somit nur noch eines zu sagen: Weltklasse! Es wird sich dann nach der «Firepower»-Tour eh zeigen, wie es weiter gehen wird, vor allem wer den Platz neben Richie als festes Bandmitglied an der zweiten E-Gitarre übernehmen wird. Bei all den zahlreich gespielten Shows wird ausserdem sicher genug Material für eine spätere Live-Nachlese vorliegen. Lassen wir uns also überraschen.

Setliste: «War Pigs – Black Sabbath» - «Firepower Intro» - «Firepower» - «Grinder» - «Sinner» - «The Ripper» - «Lightning Strike» - «Bloodstone» - «Saints In Hell» - «Turbo Lover» - «Prelude (Intro)» - «Tyrant» - «Night Comes Down» - «Freewheel Burning» - «Guardians (Intro)» - «Rising From Ruins» - «You've Got Another Thing Comin'» - «Hell Bent For Leather» - «Painkiller» -- «Metal Gods (mit Glenn Tipton)» - «Breaking The Law (mit Glenn Tipton)» - «Living After Midnight (mit Glenn Tipton)».