Ein Konzert mit drei Bands, die man alle schon mehrere Male live
miterlebt hat, könnte für die Einen eine Verschwendung kostbarer
Zeit bedeuten, was sicherlich für gewisse Musik stimmen mag, aber im
Falle von Katatonia, Swallow The Sun und Long Distance Calling war
es für mich ein lang ersehntes Wiedersehen, eine Wiedergeburt und
vor allem ein paar Stunden voll genialer Klangwelten. Dass das
Kofmehl in Solothurn auch noch als Location genutzt wurde, freute
mich doppelt, denn das Kofmehl liegt zentral, kann also unbeschwert
erreicht werden und die Konzerthalle ist nicht zu gross und auch
nicht zu klein, sympathisch für ein musikalisches Festmahl. Ein Hoch
auf das Kofmehl, denn mit dem momentanen Programm machen sie alles
richtig und was Freundlichkeit, Preise und Technik anbelangt, kann
ich nur sagen: TOP!
Long Distance Calling
Die Post Rocker von Long Distance Calling stehen für viel Härte,
viel Gefühl und KEIN Gesang. Dass die Deutschen für Katatonia den
ersten Supportplatz übernehmen, kommt nicht von ungefähr, denn die
Jungs haben mit dem Sänger Jonas Renske einen Song aufgenommen, der
auf dem momentan neuesten Werk zu finden ist. Nachdem auf der
Bühne
alles bereit stand, konnte dann endlich losgelegt werden. Die Halle
war recht voll, trotzdem war die erste Reihe frei, so dass man
problemlos Platz hatte und das direkt beim Geschehen. Sie liessen
absolut nichts anbrennen und fingen sofort an, der Halle
einzuheizen. Perfekt ausgeführter instrumentaler Post Rock der
härteren Sorte. Kein Kopf konnte da stillhalten. Was zusätzlich zur
Musik hervorgehoben werden muss, war die Arbeit der Mischer. Da
hatte man die richtigen Leute an den Knöpfen, richtig geil! Höllisch
starke Riffs und unglaubliche Abwechslung rissen das Publikum mit. Die
andere Seite an Long Distance Calling, die feinen, langatmigen, Post
Rock typischen Parts wurden ebenso perfekt vorgetragen und die
Zuschauer wurden regelrecht verzaubert. Ja, ich schwärme und ich
schwärme zurecht. Long Distance Calling ist auf CD meisterlich, live
sind sie jedoch göttlich. Bravo!
Swallow The Sun
Auch die Finnen durften noch ran an diesem Abend, der zweite Support
war niemand Geringeres als die Melodic Death/Doom Band Swallow The
Sun aus Finnland. Viele Zuschauer waren wohl nur wegen ihnen
gekommen, denn die Halle füllte sich schlagartig. Als das Sextett
loslegte, war es um das Publikum geschehen, es wurde geheadbangt und
getobt, es blieb aber trotzdem sehr angenehm, mal abgesehen von der
Affenhitze im Kofmehl. Kein Gemoshe, kein Gepoge, einfach nur ein
Konzert für Geniesser. Ich genoss es, aber irgendwie konnte ich mit dem
Sänger Mikko Kotamäki einfach nicht warm werden, der Typ schreit,
dann growlt er wieder, dann heult er beinahe, definitiv zuviel des
Guten. Mit Bestimmtheit sehr abwechs-lungsreich, aber weniger wäre
manchmal und sicherlich hier, mehr gewesen. Musikalisch kann man den
Herren nichts vorwerfen, schwere Kost liefern sie allemal, aber dies
gekonnt und mit viel Emotionen. Die melodischen Elemente wirken im
Gegensatz zu den Doom Passagen doch ab und zu ein wenig zu dick
aufgetragen. Da hätte man das Keyboard lieber in den Hintergrund
gestellt und dafür dröhnende Gitarrenwände drei Level hochgeschaltet,
aber eben, dem Zuschauer hat es gefallen und ich konnte damit leben.
Die Techniker lieferten auch hier ein tollen Job ab. Weniger gut
funktionierte hingegen die Klimaanlage, es war wirklich kaum zum Aushalten.
Katatonia
Aaaahh!!! Endlich sehe ich die schwedischen Depressive Rock Götter
wieder, endlich live vor mich hinschweben und in weite, traumhafte
Klanglandschaften abschweifen. Ich freute mich wie alle anderen
Zuschauer riesig auf den Auftritt der Schweden. Jonas Renkse, der
Sänger von Katatonia, ein gewaltiger Kerl, dem man nachts wohl nicht
gern über den Weg läuft, traut man niemals eine so sagenhafte Stimme
zu und trotzdem strahlt er schon von Anfang an eine absolut
unglaubliche Präsenz
aus.
Mit «Forsaker» begann das Spektakel, das
Publikum konnte sich nicht halten, mir wurde beinahe schwindelig, es
war ein grosser Moment und zwar einer, der mir sogar jetzt noch
Gänsehaut verursacht. Letztes Mal, als ich Katatonia am «Summerbreeze»
gesehen habe, war ich vor allem von der Abmischung enttäuscht, aber
heute war alles top! Danke Kofmehl-Team für diesen genialen Einsatz.
Zurück zu Katatonia: Sie blieben beim neuen Album, «Liberation» war
das nächste Stück. Es ging im gleichen Stil weiter, von den letzten
vier Alben wurden Songs ausgewählt und keiner fiel ab, alle hatten
diese individuelle Magie, jeder Song verzauberte uns Zuhörer aufs
Neue. Der Gesang war wie auf den CD's, wenn nicht sogar noch besser,
noch emotionaler, noch gewaltiger. Die Herren beherrschen ihre
Instrumente und sie liebten darauf zu spielen, das merkte man ihnen
und auch den Klängen an. Grossartig, wie Gitarrenmelodien sanfte
Gesangs-passagen begleiten und dann langsam zusammen stärker werden
und explodieren. Ein Festmahl für die Gehörgänge! Das Trommelfell
machte einen doppelten Salto rückwärts, denn was uns hier geboten
wurde, war weltklasse. Zum Abschluss bekamen die Zuschauer mit
«Leaders», nochmal ein krönendes Finale eines unvergesslichen
Auftrittes. Danke Katatonia, Danke Kofmehl!
Setliste: «Forsaker» - «Liberation» - «My Twin» - «Onward Into
Battle» - «Complicity» - «Longest Year» - «Omerta» - «Teargas» - «Saw Your Drown» -
«Idle Blood» - «Ghost» - «Evidence» - «Rusted» - «Day And Then The Shade» - «In The
White» - «For My Demons» - «Dispossession» -- «Leaders».
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