Im Normalfall, sprich als
Konzertbesucher zwischen 15 und 35 Jahren, geht man sich einen
68-jährigen Musiker in diesem Genre nicht zwingend anschauen. Ab 40
aufwärts bis scheintot eher noch, aber wenn es sich dabei um einen
Hochkaräter wie den ehemaligen Uriah Heep Keyboarder/Gitarristen Ken
Hensley handelt, verwischen die Altersgrenzen. Das ist auch gut so und
vor allem die Jungen tun gut daran, diese tendenziell abnehmenden
Gelegenheiten nicht auszulassen! Sein ehemaliger Kumpel und Bandboss
Mick Box trägt den Namen Uriah Heep nach wie vor erhobenen Hauptes in
die Welt hinaus. Deren letzte Alben waren qualitativ echte
Sahnehäubchen und die Live-Shows gehören sowieso zum Besten, was es aus
dieser Ecke zu hören gibt. Das gilt vor allem für die zahlreichen alten
Klassiker, die immer noch das Salz in der Suppe in der Setliste sind.
Dazu gehört natürlich auch ein Rockmonument mit dem Titel «July
Morning», das von Phil Lanzon gespielt, dem langjährigen aktuellen
Keyboarder der Heepsters, kaum Schwächen aufweist, aber wenn da der
gute Ken in die Tasten greift, ist der Spirit der 70er fast wieder
greifbar! Mit The Blackberry Brandies konnte ein musikalisch
hochstehender Support verpflichtet werden, der diesen Auftritt als
Aufwärmrunde für die anstehende Anheizer-Show von Slowhand Eric Clapton
am 14. November in Basel nutzte.
The Blackberry Brandies
Obwohl ich den Namen Bettina Schelker sicher schon ein paar Mal
unbewusst zur Kenntnis genommen hatte, war keine Vorstellung davon
vorhanden, was mich und das Pratteler Publikum des heutigen Abends
erwarten würde. Ebenso wenig, dass es sich bei den Brandies eigentlich
hauptsächlich um das Duo Bettina Schelker und Thomas Baumgartner
handelt, das von einigen Mitmusikern begleitet wird. Während die blonde
Sängerin/Gitarristin unter anderem Schweizer Box-Meisterin (!) war,
hatte der Herr Baumgartner mal eine Phase bei V.O. Pulvers GurD. Der
Sound dieses musikalisch (und eventuell auch privat) harmonisierenden
Duos war dann aber von Anfang an total relaxed und stellte genau den
richtigen Einstieg für diesen Samstagabend, respektive das Wochenende
dar. Begleitet von drei Kollegen an Gitarre, Bass und Schlagzeug legte
die Band locker flockig los. Da Bettina ihren Gesang fortwährend mit
ihrer akustischen Gitarre begleitete, driftete die Chose zu keiner Zeit
in härtere Gefilde. Es war Wohlfühlmusik in der Schnittmenge von
mitunter bluesigem Rock, teils
untersetzt mit Country und Folk-Vibes. Dadurch tönte es dann auch mehr
nach dem Sound, den wir so mehr aus Amerika denn aus unseren Gefilden
kennen. Der Aufbau und die Arrangements wie letztlich auch die
Performance kamen höchst professionell daher. Das Publikum war sich
dessen offenbar auch bewusst, doch mehrheitlich herrschte einfach
gepflegtes Geniessen der Darbietung, dessen Abschnitte, sprich Lieder,
mit anerkennendem Applaus bedacht wurden. Die Vocals-Leads teilten sich
Bettina und Thomas, was jeweils solo oder auch miteinander bestens
zusammen passte. Mir wurde es während den gut 45 Minuten dann
irgendwann mal zu chillig, was das Verschieben meiner Wenigkeit an die
Bar auslöste. Die eigene zu Beginn erwähnte Mission von The Blackberry
Brandies sah ich dann aber vollends erfüllt.
Ken Hensley
Was haben Ken Hensley und W.A.S.P. gemeinsam? Ein Album…, und das kann
in Sachen Hammond-Orgel Einsätze nur «The Headless Children» heissen!
Wem das bisher noch nie aufgefallen ist oder es bis dahin schlicht
nicht wusste, soll das edle Teil gleich mal hervor klauben und wird
sogleich anfangen zu schmunzeln. Der unverkennbare Sound war in 70ern
natürlich das Markenzeichen von Uriah Heep schlechthin und ja, es war
auch Hensley, der den Megaseller «Lady In Black» geschrieben hat. Vor
etwas mehr als einem Jahr gastierte die Rock-Ikone im AlpenRock House
in Kloten, wo er, wie heute Abend auch, zusammen mit Live Fire auf der
Bühne stand. Wie sich bald heraus stellte, war das so zu sagen
norwegische Lineup neben Hensley nicht mehr das gleiche wie beim
letzten Mal. Es fehlten Eirikur Hauksson (v/keyb) und Sid Ringsby (b).
Letzterer wurde durch den Italiener Roberto Tiranti ersetzt und dieser
deckte neben dem Bassspiel die zweite Leadstimme ab. In dieser
Besetzung wurde auch das aktuelle Album «Trouble» eingespielt, von dem
es im Z7 das eine oder andere Müsterchen zu hören gab. Dazu gehörte
«Ready To Die» als guter Opener, gefolgt von «The Curse» vom
2011er-Vorgänger «Faster». Musikalisch wurde grundsätzlich das geboten,
was man erwarten
konnte. Töfter Hard- und Melodic Rock, angereichert mit dem typischen
Hammond-Sound des Maestro. Die älteren Fans warteten dabei auf den
ersten Heep-Track, der prompt für deutlich mehr Zustimmung sorgte:
«Circle Of Hands»! Es lag natürlich auf der Hand, was das Publikum an
diesem Konzert in erster Linie hören wollte, und die Gebete wurden früh
erhört. Als Ken nach einem kurzen Soloteil den berühmten Tag im Juli
anspielte, versank auch ich beinahe in Trance. Dieser Zustand der
Glückseligkeit wurde durch «The Wizard» gar noch gesteigert. Ein
Jahrhundert-Song, der immer noch nichts von seinem Glanz verloren hat.
Tadellos war auch die Leistung des „Neuen“, also Bassist Roberto, der
mehr als einmal seine Hammer-Vocals aufblitzen liess. Es lag teilweise
gar etwas von Altmeister Glenn Hughes (Trapeze, Ex- Deep Purple) in der
Luft. Die grösste Ausstrahlung hatte jedoch Ken Hensley, der voll in
seinem Spiel aufging. Sei es an der Orgel oder der akustischen Gitarre.
Dieses, also das zweitgenannte Instrument, spielte mitunter die
Hauptrolle beim Smasher «Lady In Black», der dem gut antizipierenden
Publikum vorzüglich mundete. Im Zugabenteil durfte «Gypsy» nicht fehlen
und mit dem Schlusssong der neuen Platte, gingen gut 105 Minuten
Spielzeit zu Ende, die Lust auf noch mehr machten. In diesem Sinne cu
soon again Mr. Hensley!
Setliste: «Ready To Die» - «The Curse» - «Circle Of Hands» - «Beyond
The Starz» - «July Morning» - «The Wizard» - «I Don't Know» - «The Last
Dance» - «Stealin'» - «Easy Livin'» - «Lady in Black» -- «Set Me Free
(From Yesterday)» - «Gypsy» --- «The Longest Night».
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