Als im letzten Herbst der erste Longplayer heraus kam, nahm
noch kaum jemand Notiz von der Zürcher Band Khaøs. Gut einen Monat
später konnten wir fast die ganze Band (ohne den Live-Gitarristen
Antonio Princiotta) in der Sendung „Ohrbar Rocklounge“ von Kanal-K
zum Interview begrüssen. Natürlich auch mit dabei war der Frontmann
Chandler Mogel, der zu Promo-Zwecken extra aus New York in die
Schweiz geflogen war. Somit wären wir dann bereits bei den Details
der Gruppe angelangt, die in der Tat einen amerikanischen Sänger
angeln konnte. Das ist bemerkenswert, zumal so eine Konstellation
eher Seltenheitswert besitzt. Die Sache nahm im Sommer 2012 ihren
Anfang, als Gitarrist und Songwriter Mark Rossi im Studio von Ralf
Munkes eine EP aufnehmen wollte. Er brachte nur die Songs,
respektive Ideen, aber keine Musiker mit. Die wurden erst im
Nachhinein gesucht und Chandler war letztlich eine Empfehlung von
Ralf. Der New Yorker leiht seine Stimme bekanntlich auch einer
anderen Combo namens Outloud, und als diese gerade in Griechenland
unterwegs waren, erhielt er (Chandler) die Demo-Songs, war von
Anfang an begeistert und teilte mit, dass er dabei sei!
Fueled By Grace Die Vorband des heutigen Konzertabends
in der Hall Of Fame war mir zuvor nicht bekannt, aber den
Gitarristen erkannte ich dann vor Ort sehr wohl. Das war nämlich
Mack Schildknecht, der sonst für die Schweizer Hardrock Band China,
nebst Claudio Matteo, ebenfalls in die Saiten greift. Soweit so gut,
Fueled By Grace stellen somit Macks eigene Gruppe dar. Die
musikalische Ausrichtung konnte ich im Vorfeld nur erahnen, aber es
würde definitiv nicht zum Beispiel Thrash Metal sein. Vielmehr kam
einfach gute, handgemachte wie vielseitige Rockmusik daher. Das
Ganze war dann allerdings nicht wirklich hart, aber die Soli von
Herrn Schildknecht liessen sich angenehm anhören wie ansehen.
Frontmann Chahid „Stubi“ Stuber, der sich mal bei „The Voice Of
Switzerland versuchte, dort aber nicht weiter kam, gab sich
publikumsnah, was mit Ansagen auf Schweizerdeutsch zusätzlich
aufgewertet wurde. Obwohl sich nicht gerade massig Zuschauer vor der
Bühne tummelten, wurden diese aufgefordert, ruhig noch ein paar
Schritte weiter in Richtung der Bühne aufzurücken. Dem wurde darauf
mehr oder weniger, jedoch zögerlich,
Folge
geleistet. Dies kümmerte Fueled By Grace freilich wenig und so zog
das Quartett seinen Set, ohne mit der Wimper zu zucken, spielfreudig
durch. Trotzdem wurde ich persönlich bis fast am Schluss kaum warm
mit dieser Mucke. Da fehlte mir einfach das berühmtberüchtigte
Stückchen „Dreck“, das dem sonst grundsätzlich ansprechenden Sound
noch etwas mehr Pfeffer verleihen könnte. Möglicherweise fehlt live
ein Rhythmus-Gitarrist, denn wenn man den heute Abend auch
gespielten Song «Dad’s Track» in der Studioversion mit übereinander
gelegten Gitarrenspuren hört, dann vermisste ich genau das auf der
kleinen Bühne der „Hall Of Fame“. Nichtsdestotrotz merkte man den
Jungs, die sich stilistisch nicht einengen lassen wollen und sich
darum auf Einflüsse aus den Bereichen Country, Blues, Soul, Funk bis
hin zu Classic Rock berufen, an, dass sie gut miteinander
harmonieren und Spass an dem haben, was sie machen. Im Speziellen
fiel mir Drummer Alain Ackermann auf, der technisch saumässig gut
und beim Kurz-Solo ungeheuer filigran wie gleichzeitig arschtight
aufspielte. Das Debüt-Album ist noch in der Mache und wird mit
Sicherheit einen Grossteil der unten stehenden Setliste beinhalten.
Die Bilanz nach einer guten Stunde Spielzeit war unter dem Strich
musikalisch wie handwerklich absolut ok, aber ich höre Mack
dezidiert lieber mit China und dort entsprechend heftiger.
Setliste: «Overcome» - «She» - «Dad’s Track» - «Addicted» - «Sarah»
- «The End» - «Summerbird» - «The Rising» - «Fight» -- «Desire».
Khaøs
Da ich im Vorfeld das neue Album «Risen» schon ein paar Mal am Ohr
hatte, wusste ich was kommt, aber noch nicht mit welcher Intensität
der wuchtige Studio-Sound auf die Bühne übertragen werden konnte. Im
Gegensatz zur Vorgruppe standen hier nun zwei Gitarristen auf der
Matte und das hörte man sofort. Die Live-Verstärkung mit Antonio
Princiotta (übrigens der Bruder von Doro-Klampfer Luca Princiotta)
ergänzte das virtuose Spiel von Mainman Mark Rossi ungemein. Des
Weiteren agierte mit Nic Angileri (b) und Trevor Franklin (d) eine
exzellente Rhythm-Section und das berühmte Tüpfelchen auf dem „i“
war eben Chandler Mogel. Besser hätte man diese Kombination nicht
bilden können, denn seine Stimme passt perfekt zu diesem opulenten
wie melodiösen Rocksound, dem teilweise ein leicht moderner Touch
anhaftet. Vibes der härteren Nickelback gehen mir dabei auch nicht
aus dem Sinn und vor allem die Balance der laut/leise Parts
innerhalb der Songs ist stets hoch wie melodiös. Das zeichnet den
charakteristischen Sound von Khaøs aus, der natürlich bei aller
Lieblichkeit immer noch viel zu hart für das Mainstream-Radio ist.
Doch das ist gut so, denn wenn man sich mal die Soundwand des
Album-Openers «After The Silence» oder zum Beispiel das Brett von
«Crisis Factor» anhört, wo gar Disturbed anklingen, dann wird klar,
dass dies so nur in den entsprechenden Rock- und Metal-Sendungen
gespielt wird. Doch dagegen gibt es ja eigentlich ein probates
Mittel, nennt sich Ballade und findet sich auf «Risen» jedoch nur in
der halbballadesken Ausführung bei «Exalted», «Hung The Moon» und
«As Far As We Go». Somit sieht es wirklich schlecht für den reinen
Mainstream aus, doch auf den sind Khaøs eh nicht aus. Vielmehr soll
es rocken und das tat es beim erst zweiten Gig dieser Formation
reichlich. Da passte einfach alles und das gefiel auch den leider
viel zu spärlich aufmarschierten Fans, dessen Anzahl deutlich unter
100 Nasen war. Ein Typ davon ging sogar völlig in der Musik auf und
bangte sich unmittelbar vor der Bühne fast den Schädel vom Hals
runter! Bei «Ride The Chain Theme» gewährte die Band ihrem Sänger
eine kurze Verschnaufpause und legte ein instrumentales Müsterchen
der solistischen Fähigkeiten aufs Parkett, ehe es danach wieder mit
Power und Pepp weiter ging. Je länger Khaøs spielten, desto mehr
malte ich mir in Gedanken aus, wie dieser fette Sound wohl auf einer
grossen Festival-Bühne, zum Beispiel beim Sweden Rock, klingen
würde. Dass es dies täte, steht ausser Frage, nur bleibt die Frage,
wie diese
tolle Band in der Zukunft wahr genommen wird. Da das öffentliche
Radio hier keine Hilfestellung bietet, bleibt das Ganze etwas im
Untergrund hängen, aber ich bin überzeugt, dass wir von dieser
Gruppe noch einiges hören und sehen werden. Solange sich Mogel
Chandler mit den Begehrlichkeiten von Outloud zurecht findet, geht
auch die Geschichte von Khaøs weiter und versinkt dann eben nicht im
„Chaos“. Verdient hätten sie es alleweil und mal sehen, wie dereinst
ein weiteres Album klingen wird und die Musikszene hoffentlich ein
weiteres Mal aufhorchen lässt. Nach gut achtzig durchgespielten
Minuten war schliesslich ohne das übliche Zugabegebaren Schicht im
Schacht, und die überzeugende Darbietung konnte dem professionellen
Studio-Eindruck von «Risen» locker das Wasser reichen, was keine
Selbstverständlichkeit ist!
Setliste: «Intro» - «Distress
Signal» - «Hated» - «After The Silence» - «Exalted» - «Crisis
Factory» - «Reason To Die» - «Ride The Chain Theme (mit Soli)» -
«Imagined Danger» - «As Far As We Go» - «The Breathing Room» -
«Static Windows» - «End Of Daze» - «Perfect Future».
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