Livereview: Killer - City 6 - The Hardcore Bluesband
29. April 2006, Solothurn Kulturfabrik Kofmehl
By Rockslave
Auf dieses Konzert hatte sich der Schreiber dieser Zeilen mächtig gefreut und nicht nur deshalb, weil eine persönliche Einladung von Killer Häuptling Crown Kocher damit einher ging. Nein, denn zum einen war es einfach der perfekte Abschluss dieses Samstags, der in Zofingen mit der alljährlich in der Stadthalle statt findenden Metalbörse (bereits zum achten Mal) seinen Anfang nahm und zum zweiten, weil es schlicht das Heimspiel einer alt gediegenen Band (ok..., wir sprechen da jetzt natürlich schon nur noch von Crown) war. Trotzdem..., oder eben gerade deswegen beweist der in Ehren ergraute Rockhund in den 50ern, dass die mal in der COOP-Zeitung verbreitete These von Chris "dö Röhr" von Rohr, dass Männer ab 50 nicht mehr auf einer Bühne abrocken sollten, reichlich deplatziert wirkt. Fakt ist, dass die alten Rock'n'Roll Schoten immer noch reichlich frisch klingen, vor allem wenn sie von einem verjüngten Line-Up neues Leben eingehaucht bekommen. Es ist allerdings noch nicht so lange her, da hatte der gute Crown eine komplett andere Hintermannschaft, aber diese Story lassen wir jetzt ruhen. Mein Fokus für diesen Abend war klar beim neuen Sänger Andy Lickford, der sonst seine Stimmbänder für die national bekannte Cover-Band Nighthunter strapaziert. Ur-Schreihals Mark Broman besass ein sehr eigenständiges Organ und da heute Abend eigentlich "nur" alte Killer-Classics zu erwarten waren (was dann zwar ja nicht ganz stimmte...), musste der Neue schon was auf dem Kasten haben. Eins gleich vorweg: Mr. Lickford bestand die Prüfung mit Bravour und zwar locker! Vor dem Headliner, der fast auf den Tag genau vier Jahre nach dem kultigen Reunion-Konzert von 2002 wieder im Kofmehl (allerdings an einem anderen Ort) auf der Bühne stand, rockten zuerst noch die Hardcore Blues Band und City6. Da der Einlass erst um 21.00 Uhr war, zog sich das Ganze zeitlich etwas hin, was aber niemanden gross gestört haben dürfte.

The Hardcore Bluesband
Wenn man (wie ich) diese Gruppe bisher nicht kannte, dann könnte einen der Bandname leicht auf die falsche Fährte führen. Dieser Eindruck bestätigte sich, als die Musiker auf die Bühne kamen, unter ihnen auch ein blondes Mädel (Brige Geiser), das hinter einem Keyboard Platz nahm. Das sah eigentlich nicht wie "Hardcore" aus, aber Blues? Ja..., der wurde exzellent zelebriert. Blickfang war dabei vor allem Sänger/Gitarrist Phipu Gerber, der nicht nur eine gewisse optische Ähnlichkeit mit Popa Chubby aufwies, sondern weitgehend auch noch spielte wie er. Schon bald merkte man, dass hier eine eingespielte Truppe auf der Bühne stand, die sicher zig Gigs in verrauchten Pubs in den Knochen hat. Das bis dahin anwesende Publikum zeigte sich ob der soliden Darbietung jedoch eher hüftlahm und verfolgte das Geschehen auf der Bühne aus sicherem Abstand. Das kümmerte die Hardcore Bluesband jedoch nicht im Geringsten und es ging nicht lange, bis Frontmann Phipu schweissgebadet in die Saiten haute. Mit zunehmender Dauer des ersten Konzertes des Abends drehte dieser erst so richtig auf und solierte den Blues vom Feinsten, unterstützt von seiner guten Hintermannschaft. Wer auf Steve Ray Vaughn oder den bluesigen Gary Moore steht, kam voll auf seine Kosten. Allerdings käme diese Band, wie schon vorher beschrieben, in einer kleinen Knelle mit bierseligem Publikum weitaus besser an. Insgesamt schlug sich der Opener jedoch ganz achtbar und durfte dafür den wirklich verdienten Applaus entgegen nehmen.

City6
Nun war die Reihe an einer weiteren einheimischen Rock-Band, von der ich bisher noch nie was gehört hatte! Ein kurzes Sapperlot entfuhr meinem Munde, aber bei der heutigen Dichte an Bands ist offenbar möglich, dass neue(re) Gewächse, selbst wenn sie quasi vor der Haustüre agieren, noch unbekannt sein können. Wirklich? Nicht ganz, denn wenn ich das in meinem Rücken an der Wand hängende und signierte Plakat mit dem Titel "Krokus - Live on Tour 2001" anschaue, entdecke ich zwei mir bekannte Gesichter: Drummer Marcel Kopp und Gitarrist Dave Stettler! Sie beide verdienten sich also ihre Sporen bei der bekanntesten und erfolgreichsten Schweizer Rockband ab und spielten mit ihren City6-Kollegen auch schon in verschiedenen Zusammensetzungen. Es brauchte deshalb nicht lange, und der kernige Heavy Rock mit etwas Modern-Touch zündete alsbald den Turbo. Als optisches und stimmliches Zugpferd konnte Sänger Andy Kopp bei den Mädels in der ersten Reihe locker punkten. Dave Stettler und Didi "Dee" Meier lieferten dazu jede Menge satte Riffs, die von der Rhythm-Section mit Bassist Pat Binz und Marcel Kopp (d) getragen wurde. Begleitet wurde der City6-Sound von diversen Sound-Samples (ab Band), die eine eigene Note einbrachten, mir aber oft 'ne Prise zu modern klangen. Nichtsdestotrotz vermochte die Band das überwiegend lethargisch dastehende Publikum etwas aus der Reserve zu locken. Die ersten paar Reihen, eigentlich ausschliesslich mit jungen Fans und einem total zappeligen Typen besetzt, zelebrierten hingegen ihre eigne Party zum ansteckenden City6-Sound. Man merkte den Musikern an, dass sie mächtig Spass an ihrem Auftritt hatten und dank ihrer langjährigen Bühnenerfahrung eine absolut tighte Show ablieferten. Das erlaubte ihnen auch, zum Schluss als Zugabe eine schmissige Version des Disco-Smasher's "I was made for lovin you" von Kiss zu bringen, ohne dabei peinlich rüber zu kommen. Dass sich die allermeisten der anwesenden Kidz dieses Kult-Songs von 1979 kaum bis gar nicht bewusst waren, liegt halt am Zeitgeist und der Vergänglichkeit als solche.

Set-Liste: "Feel it", "Children", "Why", "Train to nowhere", "Dive in", "No One like you", "Heat of the night", "Cry", "Higher", "I was made for lovin" you".

Killer
Gegen Mitternacht war es dann endlich soweit: Killer are back on stage! Nach der Aufwärmrunde im Usterner Rock City am 1. April (no joke guys!), die als ansprechend, aber verbesserungswürdig vermittelt wurde, fokussierte sich alles auf diesen Abend in der Heimat. Killer und das Kofmehl..., vor vier Jahren mit der hammergeilen Reunion-Show ging man schon mal auf Tuchfühlung. Seit dieser Zeit ist viel passiert, einerseits mit dem Kofmehl, dessen mehr oder weniger gleicher Lokal-Inhalt mit neuer Aussenhülle bekanntlich an einen neuen Standort umziehen musste und natürlich mit Killer, dessen aktuelle Bandgeschichte ein paar weitere Kapitel ergänzt bekam, die auf "unterschiedliche Resonanzen und Reaktionen" stiessen. Mainman Crown Kocher liess sich von all der Unbill aber buchstäblich nicht weich "kochen", hatte stets ein klares Ziel mit Killer vor Augen und hat das Ruder nun wieder fest im Griff. Mit (bis auf Bassist Dave Gugelot) total neuer Mannschaft präsentierte sich das neben Krokus bekannteste Solothurner Rock-Monster gestärkter denn je. Die Ankündigung von Andy Lickford als neue Front-Sirene konnte ich vorher nicht richtig einordnen, da ich ihn bisher noch nie (mit Nighthunter) live gehört hatte. Soll's geben sowas..., aber kaum ging's los mit dem Opener "Get up get down", huschte ein Lächeln über mein Gesicht: Jau, dat isses! Lickford ist in der Tat das vierblättrige Kleeblatt, das den erwarteten Gesang zum Killer-Sound perfekt intonieren kann! Crown, wiederum im Streifen-Pyjama angetreten, nahm hiermit mit diesem geglückten Schachzug allen Zweiflern gleich den Wind aus den Segeln. Was danach während gut neunzig Minuten folgte, war wiederum eine Zeitreise zurück zu den Anfangstagen. Dabei gebärdete sich die ganze Band unheimlich agil und poste unablässig, dass sich die Balken bogen. Man wähnte sich zeitweilen wirklich in den 80ern. Der Blick von der Bühne runter in Richtung Publikum zeigte allerdings etwas anderes. Auf der Homepage des Kofmehl's war zu lesen, dass derjenige oder diejenige, der (die) mit der abgefahrensten Kutte auftaucht, einen Preis gewinnt. Drei Mal darf der geneigte Leser jetzt raten, wie viele Kutten an diesem Abend zu sehen waren: Keine einzige! Zumindest habe ich keine gesehen. Überhaupt bestand das Publikum optisch aus stinknormalem Party-Volk und so verhielt es sich auch: Nämlich reichlich passiv. So ändern sich die Zeiten..., was aber nicht heissen soll, dass vorne am Bühnenrand nichts los gewesen wäre, doch zeitweilen traute ich meinen Augen nicht, was da abging. Die teils schon ziemlich angetrunkenen Boys krallten sich zum Beispiel (mehrfach) die am Bühnenboden angeklebte Set-Liste (he ja, man muss doch schnell nachschauen, welcher Song jetzt als nächstes dran kommt...) und enterten etwas später auch gleich noch die Bühne. Ok..., Spass muss sein, aber heutzutage werden offenbar ohne Rücksicht auf irgend wen oder irgend was alle Hemmungen abgelegt. Anerkennung und Lob gebührt der Security-Lady, die diese Situation ruhig, aber sehr fair wieder unter Kontrolle brachte. Einem Teil der Musiker schien das Ganze auch nicht so geheuer. Sie liessen sich aber absolut nichts anmerken und powerten volle Kanne weiter. Der Sound kam fett, wenn auch nicht übermässig laut. Je länger das Konzert dauerte, desto besser kam Andy Lickford in Fahrt und kalauerte ständig rum. Man hatte das Gefühl, dass dieser schon eine Ewigkeit bei Killer sei. Songmässig gab es natürlich einen Classic nach dem anderen und mit "Pure dynamite" gar einen neuen, der ganz in der Tradition eines typischen Songs aus der Feder von Crown seine Premiere feiern durfte. Nach der letzten Zugabe ("Sell your soul") folgten noch die legendären Pyros über den Amps und setzten so den "knalligen Schlusspunkt" morgens um 1.30 Uhr. Es wird sich zeigen, ob das neue Album nochmals was reissen wird. Killer Ausgabe 2006 sind auf jeden Fall so stark wie nie zuvor und wenn es gelingt, wieder neue Fans anzusprechen und ein paar namhafte Headliner zu supporten, werden die schwarze Jack Daniel's Guitar und sein stolzer Besitzer noch lange nicht in Rente gehen.

Weitere von mir gemachte Fotos sind in dieser Gallerie der offiziellen KILLER-Homepage verewigt!

Set-Liste: "Get up get down", "Come along", "Midnight highway rider", "Killer lady", "Break my chains", "Pure dynamite", "Passport", "On the rocks", "Out on the frontline", "Take me break me", "Get out of my life", "Never touch a tiger", "Crazy Daisy", "Ladykiller", "Sell your soul".