Wirklich daran geglaubt habe ich nicht, dass das
KILLER-Urgestein Crown Kocher nochmals in die Pötte kommt.
Einerseits machte die Gesundheit beim jetzt auch altersmässigen
Rock-Rentner zwischenzeitlich nicht mehr mit, und andererseits löste
sich das einstige Lineup vor gut sechs Jahren wieder auf. Der letzte
Gig den ich sah, war der beim 25. Jubiläum vom Outsider-Shop in
Olten. Doch der Crown ist ein zäher Hund, und sobald er jeweils
erneut Oberwasser verspürt, meldet er sich wieder zurück. So
geschehen anfangs Jahr, und begleitet von der richtigen
Veröffentlichung der bislang drei „aktuellen Songs“ «Man With A
Gun», «Pure Dynamite» und «Rocking Band», stach das KILLER-Schiff
wieder in See und kriegte ausser Sänger Andy Lickford mit Peter
Berger (g), Emi Basssbabe (b) und Roberto Antonucci wieder frischen
Wind in die Segel. Mit dabei an diesem Abend war ausserdem die
amerikanische Metal-Ikone Leather Leone (Ex-Chastain), die eine
junge Truppe aus Brasilien zur Verstärkung dabei hatte und nichts
anbrennen liess. Natürlich stattete Leather zuvor noch einen Besuch
im Outsider-Shop ab, worüber sich Chief René Freiburghaus wie ein
Honigkuchenpferd freute.
Leather Leone
Seit Mitte der 80er hat die Amerikanerin aus San Francisco sieben
full lenght Alben ihres Kollegen und Gitarristen David T. Chastain
eingesungen. Die 85-er Scheibe «Mystery Of Illusion» ziert dabei
meine Tonträger-sammlung schon über drei Dekaden! Der zumeist
knackige US-Metal ist wie geschaffen für Leathers Reibeisenstimme
und umgekehrt. Erfolgsmässig hielt sich das Ganze jedoch in Grenzen,
denn in Europa sah man die Band in ihrer Blütezeit kaum bis gar
nicht. Ähnlich erging es auch Anne Hull alias Ann Boleyn von Hellion
und heisst in erster Linie, dass eigentlich alles da gewesen wäre,
um richtig durch zu starten. Dass dies letztlich im Sinne von
kommerziell erfolgreich nur wenigen Bands gelingt, hat bekanntlich
tausend Gründe. Während sich Ober-shredder David mit zig (auch rein
instrumentalen) Alben über Wasser zu halten versuchte, tauchte
Leather in den 90ern unter und wurde in der Band Chastain durch Kate
French ersetzt. Erst seit 2013, also nach über zwanzig Jahren,
kehrte die stimmgewaltige Frontfrau zu Master Chastain zurück,
inklusive dem Ur-Bassisten Mike Skimmerhorn im Schlepptau. Seither
entstanden zwei neue Alben, das letzte 2015 mit dem Titel «We Bleed
Metal». Der erste CH-Auftritt als The Sledge/Leather Project wurde
2011 als Support von Vicious Rumors im Rock City in Uster
abgehalten.
Sechs
Jahre später steht die Powerfrau, altersmässig mittlerweile in den
50ern, mit der Band „Leather“ wieder in den Startlöchern und
gastierte Ende April mitunter am „Keep It True“-Festival in
Deutschland. Mit der Verpflichtung als Special Guest von KILLER kam
so ein cooles Package zustande, das heute Abend, wie auch zum
Headliner, einige Erwartungen schürte. Die Band, bestehend aus
Vinnie Tex (g), Daemon Ross (g), Thiago Velasquez (b) und Braulio
Drumond (d), hinterliess rein optisch schon mal einen ordentlichen
Eindruck. Die Performance, zu der nebst einigen alten
Chastain-Schoten auch der eine oder andere neue Song des noch
anstehenden Leather Solo-Albums gehörte, gestaltete sich über die
Distanz etwas zu schmalbrüstig. Es fehlte spürbar an Schärfe und
Arschtritt, was nicht nur der Support-Lautstärke geschuldet war.
Leather Leone zog sich dabei allerdings mehr als achtbar aus der
Affäre und bewies ausserdem eindrücklich, dass ihre Stimme noch
nicht abgedankt hat. Stimmungsmässig kams ebenso gut, und die zu dem
Zeitpunkt etwa gut hundert Fans wurden auf jeden Fall Zeuge einer
unter dem Strich dennoch genügend ansprechenden Show einer 80er
Metal-Ikone, die nicht weniger als elf Chastain-Songs am Start
hatte.
Setliste: «Juggernaut» - «Ruler Of The Wasteland» -
«Outsider» - «Paradise» - «We Bleed Metal» - «Chains Of Love» -
«Black Knight» - «Angel Of Mercy» - «Black Smoke» - «Evil Awaits Us»
- «Shockwaves» - «All Hail The King» - «All Your Neon» - «For Those
Who Dare» - «Voice Of The Cult» - «The 7th Of Never».
KILLER
Der Kanton Solothurn kann sich ja in Sachen Rockbands schon
glücklich schätzen, denn mit Krokus wurde unauslöschlich Schweizer
Rockmusik Geschichte geschrieben. Das haben KILLER auch, wenn auch
nicht mit dem gleichen Erfolg verbunden. Die 80er Tourneedates mit
Motörhead kann ihnen niemand mehr nehmen, und für gut erhaltene
Originale der insgesamt vier Vinyl-LPs muss man(n) nach wie vor
einige Scheinchen locker machen. Dies zeigt zumindest, dass KILLER
immer noch gefragt sind, zumindest bei den Die-Hard Fans.
Oberindianer und Social Media Selbstinszenierer Crown Kocher hat
nach dem Aufbäumen im Jahre 2002 (Reunion zum 20-Jahr Jubiläum im
Kofmehl zu Solothurn), 2006 (legendäres Konzert, ebenso im Kofmehl),
2007 im Z7 (Support von Tesla) und 2011 in Olten (siehe Einleitung
und um nebst anderen Konzerten in der Schweiz die
prestigeträchtigeren davon zu nennen) wieder der Hafer gestochen.
Nachdem die letzte Episode mit Kaktus (inklusive dem Album «No Time
To Die»), wo ja Kocher-Spezi Duco Aeschbach (Drums) das „Duo
Infernale“ komplettiert, 2013 ihr
vorläufiges
Ende fand, musste wieder was gehen in Rock-City Luterbach. Durch
einen Deal mit Bellaphon Records kann zum Beispiel nun die ganze
Discographie offiziell auf CD erworben werden. Doch das alleine
reicht bekanntlich nicht aus, denn der Titel des Buches «Hunde,
wollt ihr ewig rocken?!» von Krokus-Bassist Chris von Rohr ist auch
für KILLER Programm! Rock until‘ you drop heisst die Devise, und
2017 war es wieder soweit: KILLER are back again, stronger than
ever!
Die Mannschaft besteht neben dem rockenden Rentner mit
weissem Haupthaar aus drei Fünftel des Line-Ups von Cutest Beast,
einer Schweizer Judas Priest Cover-Band. Alter Bekannter dabei ist
Frontgaul Andy Lickford, der schon ab 2006 zeigte, wer den
Ur-Shouter Markus „Mark Broman“ Brönnimann bestens ersetzen kann.
Und last but not least konnte mit Emi Bassbabe die wohl
spielfreudigste und attraktivste Bassistin der Schweiz mit ins Boot
geholt werden. Damit wurde man dem Song «Pure Dynamite» mehr als
gerecht, und dass die neue
Formation wirklich was taugt, wurde schon bald offenkundig. Die neue
Axtfront mit Crown und Peter riffte kongenial und die Rhythm-Section
mit Emi und Roberto passte wie die Faust aufs Auge. Dazu gehört
natürlich der agile Schreihals Andy, der aktuell noch mehr als
Sänger performt und weniger Faxen als früher reisst. Die alten
Rockkamellen blühten auf wie nie und zahlreiche wie
mitsing-taugliche Parts bewiesen einmal mehr, dass ein guter Song
immer ein guter Song bleiben wird. Crown Kocher blühte sichtlich
wieder auf und lieferte zudem einige feine Soli ab, die kein
Verfallsdatum kennen. Mit «Rock The Fire» wurde der aktuellste Song
vorgestellt, der wohl auf dem nächsten Studioalbum, sofern in
absehbarer Zeit veröffentlicht, zu finden sein wird. Die
mittlerweile auf etwa gut 150 Leute angewachsene Meute feierte ihre
Helden des Abend lautstark ab und, am Schluss waren sich alle einig,
auch ohne den schmerzlich vermissten Klassiker «Ladykiller», dass
KILLER kaum, wenn je besser abgerockt haben!
Setliste: «Get
Up, Get Down» - «Come Along» - «Midnight Highway Rider» - «A Man
With A Gun» - «Pure Dynamite» - «On The Rocks» - «Never Touch A
Tiger» - «Break My Chains» - «We're A Rocking Band» - «Rock The
Fire» - «Passport» - «Crazy Daisy» -- «Take Me, Break Me, Shake Me»
- «Sell Your Soul».
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