Am 11. November trat in Zürich die bewundernswerte britische
Band Killing Joke auf, schon zur ersten Welle des Post-Punks
gehörten. Ihr eigener, kaum vergleichbarer Sound verlor während fast
vier Jahrzehnten nie seine Einzigartigkeit, egal, wie stark sie mit
den Stilen experimentierten. Im Jahre 2008 traf sich die Gruppe in
der Originalbesetzung (Jaz Coleman, Geordie Walker, Martin «Youth»
Glover, Paul Ferguson) und ist bis heute aktiv. Viele bekanntere
Gruppen haben den Einfluss von Killing Joke erkannt, jedoch liegt
ihr Hauptverdienst darin, dass sie sich im Industrial Rock etabliert
haben. Als Support-Acts für die legendären Briten traten die
Schweizer Driven Under (Thrash Metal) und Death Valley aus den USA
(Death Disco/Dance-Punk)auf.
Driven Under
Schon
vor der geplanten Startzeit standen die Musiker auf der Bühne,
nämlich um 19.30 Uhr. Ich konnte diese Gruppe schon einige Male an
diversen Konzertloactions sehen und ihre Auftritte haben mir immer
Freude gemacht. Originell kann man ihre Musik zwar nicht wirklich nennen,
aber darum geht es ihnen offenbar nicht. Das Highlight ist die
unvergessliche Stimme des Sängers Patric Bouffé, welche stark an
die von Bruce Dickinson erinnert. Was braucht man sonst? Driven
Under organisieren stets eine grosse Show, doch dieses Mal wollten
sie nicht ihre gesamte «Trick»-Palette zeigen. Mitten in der Show
spielte Patric die Rolle eines Irrenhauspatienten und erschien in
einer Zwangsjacke auf der Bühne. Die Challenge war natürlich gross,
denn die Fans, welche auf Killing Joke warteten, sollten auch an der
Vorgruppe Spass haben. Nach meinen Erfahrungen kann man die Killing
Jokes Fans nicht als "verrückt" bezeichnen, somit sind sie nicht
leicht "aufzuwecken". Ein paar Mal liess Patric das Publikum Killing
Joke "grüssen", doch erst am Ende des Auftritts hatte er damit Erfolg. Der
Auftritt dauerte bloss 25 Minuten.
Death Valley
Nach nur zwanzig Minuten war die Bühne für die nächste Band bereit.
Begrüsst wurde das Publikum von Dance-Beats, welche sehr schnell zu
harten Gitarrenriffs mutierten. Ihre Tournee hatten die Jungs mit der
Aufnahme des neuen Albums verbunden, «CVLT (AS FVK)», welches Anfang
November erschien. Schon ein Jahrzehnt erfreut die Band ihre Fans
mit ihrer ungewöhnlichen Auffassung harter Musik. Der Ideengeber der
Band, Reyka Osburn, Sänger und Gitarrist überraschte mit seinen
musikalischen Fähigkeiten. Es hat mich aber etwas traurig gestimmt,
dass man die Stimme des Multiinstrumentalisten nur mit Mühe hören
konnte. Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber seine Stimme ging
im Instrumental-Flow unter. Es sollte aber selbstverständlich sein,
dass man bei der Anpassung des Mikrofons im Post-Punk-Genre und
Alternative-Rock nicht weniger Aufmerksamkeit als der
Einstellung der Instrumente widmen sollte. Die Sänger dieser Bands
sind meistens romantische Wesen, welche die Gefühle mit Klangfarben
in der Stimme ausdrücken. Wir sollten eigentlich hören, wie sie sich während des
Songs ändert! Trotz all seiner gut gepflegten Instrumente die er
verwendet,
bleibt unumstritten, dass seine Stimme sein
Hauptinstrument ist. Die gesangliche Unterstützung der Bandkollegen
konnte die miserable Situation allerdings nicht retten. Der Auftritt dauerte
etwa vierzig Minuten und in dieser Zeit gelang es ihnen, das neue Album
anzukünden und ein paar Dance-Hits vorzuspielen. Er sang teilweise
auch mitten im Publikum. Da der Auftritt kurz nach den
Präsidentenwahlen in den USA stattfand, erwähnte Reyka den Sieg von
Trump, weil dies für ihn als Amerikaner ein wichtiges Ereignis war.
Was es für ihn bedeutete, konnte ich aber nicht nachvollziehen, denn
er erwähnte es nur beiläufig. Trotz des Fiaskos mit den
Mikrofoneinstellungen hat der Auftritt bei mir einen positiven Eindruck
hinterlassen.
Killing Joke Voll im
Zeitplan, also genau um 21.30 Uhr begann der Auftritt von Killing Joke.
Die Seele der Gruppe ist definitiv der Sänger Jaz Coleman. Im
Allgemeinen bedeutet das musikalische Schaffen von Killing Joke mehr
als nur Musik. Während der Konzerte versucht Jaz stets seine
Position durch zu setzen. Schon immer war er gegen die sozialen
Klischees, die Trägheit im politischen Denken. Doch im Gegensatz zu
vielen Vertretern des Punks verspottet er die bestehende Weltordnung
sarkastisch. Ob sich etwas im Laufe der Zeit geändert hat? Ich denke
ja. Seit einiger Zeit gibt es an Killing Joke Konzerten keine
aufregenden politischen Shows mehr. Die Band hisst keine Fahnen, wozu
auch? Statt der Flaggen breiten sie einen gemütlichen Wollteppich
mit Ornamenten auf der Bühne aus und es werden Kerzen sowie
Räucherstäbchen angezündet. Zum Intro gab es einen Bittgesang. Man
könnte ihren Bühnenstil als «esoterisch» bezeichnen. Gerne würde ich
anmerken, dass ich noch vor dem Konzert beim Sound-Check
von Geordies's berühmten halbakustischen Gitarre mitgeschaut habe.
Wie er dabei die Saiten "knetete" war
echt sehenswert. Trotz technischer
Vorbereitung war die Soundqualität in der ersten halben Stunde recht
unbefriedigend. Als schliesslich etwas mit dem Pedal nicht stimmte
und die Techniker dies korrigierten, wurde auch der Sound und somit
auch die Stimmung besser. Genau um 22 Uhr klang es dann so, wie es mussste!
Wahrscheinlich der beste Moment dieses Konzerts. Jaz bemerkte meiner
Meinung nach aber wahrscheinlich nichts davon. Ich habe das Gefühl, dass
er in einer Art Trance war, sein Gesicht erstarrte in einer für ihn
typischen "Grimasse des Schreckens". Er führte fast mechanische
Bewegungen aus und sang nicht zum Publikum, sondern nach oben, als wolle
er jemanden auf dem Dach herbei rufen. Die Jungs spielten beinahe
ohne Pause, ein Lied ging sogleich ins nächste über. Der Mangel an Kontakt
zum Publikum war jedenfalls kein Nachteil, die Musik ist so
selbsterklärend, jegliche Kommentare sind deshalb unnötig. Es wurden sowohl
alte Lieder wie auch die vom 2015 erschienenen Album vorgetragen,
darunter auch ihr Hit «I Am The Virus», welchen Jaz im Stile eines Wahnsinnigen
vortrug.
Setliste: «The Hum» - «Love Like Blood» - «Eighties» -
«Autonomous Zone» - «New Cold War» - «Exorcism» - «Requiem» - «Change» - «Turn To
Red» - «European Super State» - «I Am The Virus» - «Complications» - «Empire
Song» - «Unspeakable» - «The Wait» - «Pssyche» -- «Wardance» - «Pandemonium».
|
|