Dass The Haunted ihre für den Februar
angekündigte Headliner-Tour zu Gunsten einer Tour mit Killswitch
Engage aufgeschoben haben, mag zwar für einige Fans Grund genug
gewesen sein, an dem Abend mit Abwesenheit zu glänzen, für die Band
hingegen war es ein brillianter Schachzug in alter Tradtition -
Immerhin konnten sie schon auf der vorletzten Tour im Vorprogramm
von Cradle Of Filth und Moonspell etliche Fans erreichen, die
ansonsten nie den Weg zu einer ihrer Headliner-Shows gefunden
hätten. Was Killswitch Engage angeht, so muss leider konstantiert
werden, dass sie seit ihrerm ersten Gig auf schweizerischem Boden
(2002 im Zürcher Abart) leider kein einziges Konzert in kompletter
Besetzung zu Stande gebracht haben - Sorgten letzten Sommer noch die
Stimmbänder von Übervokalist Howard Jones für eine Konzert-Absage,
so sah sich diesmal Chef-Klampfer & Obderdüdel Adam D. aufgrund
einer Rückenoperation zu einer Pause gezwungen. Immerhin konnte die
Band in Peter Wichers (Ex-Soilwork) einen hochwertigen Ersatz
finden, dennoch zählt ein Killswitch-Gig ohne Adam irgendwie nur
halb - Alle diejenigen, die die Band entweder bereits im kompletten
Line-up live oder auf der offiziellen Live-DVD gesehen haben, wissen
genau, was ich damit meine.
Das Zürcher Rohstofflager sah sich schon knapp eine halbe Stunde
nach Türüffnung mit einer stattlichen Horde an kleinwüchsigen
Kajalträgern konfrontiert, die nach erstem Merchandise-begaffen
gleich die vordersten Reihen in Beschlag nahm. Auch gut, so war
zumindest freie Sicht auf die Bühne garantiert. Ebenfalls nicht von
schlechten Eltern: Der zwei-Meter-Riese mit dem Schild «Got Weed?»,
der es sich auf dem Merch-Tisch gemütlich gemacht hatte, entpuppte
sich als The Haunted-Drummer Per Müller Jensen...
Bring Me The Horizon (Was für ein Name) starteten gegen 21:00 Uhr
recht unspektakulär und mit unterirdischem Sound in ihr Set, und
während sich der jüngere und zweifelsohne ignorantere Teil des
Publikums bereits ordentlich warm kreischte, übte sich der Rest in
vornehmer Zurückhaltung, was auch nicht wirklich als Vorwurf
gewertet werden soll: Bring Me The Horizon klangen denn auch so, wie
es der Name in etwa im Voraus erahnen liess - Verdammt deplaziert.
Bei jedem Dorftreffen der heimischen Metalcore-Jugend hätten sie
brilliert, auf der selben Bühne wie The Haunted & Killswitch Engage
zu stehen, ist dann allerdings eine Liga zu hoch -
Nachwuchsfürderung hin oder her. Wie erwähnt, die Band kriegt gegen
Ende ihres Sets meiner Meinung nach viel zu viel Applaus, mehr als
ein höfliches Nicken Richtung Backstage-Abgang wäre nicht nütig
gewesen.
Aber scheiss drauf, The Haunted waren an der Reihe, und die kantigen
Teenie-Ärsche in den Röhren-Jeans wurden nicht unwesentlich
aufgemischt - Was der schwedische Fünfer um Peter Dolving in den
nächsten 45 Minuten bot, war Metal pur. Licht Aus, «The Premonition»
ab Band, fünf Maniacs auf der Bühne, «The Flood» und «The Medication»
gleich hinterher - wie geil ist das denn? The Haunted liessen nichts
anbrennen und ballerten dem nun gerechterweise entzückten Publikum
die Riffs nur so
um
die Ohren, dass ich beinahe Pipi weinte. Als spätestens beim dritten
Song «99» (Der Überhit aus dem letztjährigen «rEVOLVEr») der Mosh
regierte, streckten sich dann auch endlich die gebührende Anzahl an
Pommesgabeln in Richtung Bühne und Peter Dolving bedankte sich dafür
mit seinen typischen ironischen Ansagen. Obwohl auffallend viele
Songs der neuen Scheibe den Weg ins Set fanden (Nebst dem bereits
erwähnten «Einstiegs-Trio» noch «The Drowning», «The Reflection» und
«The Fallout») stürte sich niemand an den zwangsläufig etwas
gehäufteren ruhigen Momenten, denn obwohl mehr als nur einmal cleane
Gitarren und Peter's Säuselvocals zu hüren waren, schaffte es die
Band dennoch, sogar in diesen Momenten heavy und etwas verstürend zu
klingen - Was neben alten Gassenhauern wie «Tresspass», «In Vein»
und dem abschliessenden «Dark Intentions/Bury Your Dead»
zweifelsohne eine meisterhafte Leistung darstellt. Auch die
Entertainer-Qualitäten der Band sind gewachsen, die Bjürler-Zwilinge
scheinen zwar nach wie vor am Boden festgenagelt zu sein, aber dafür
gibt sich Jensen diesmal bewegungsfreudig und vor allem Peter sucht
immer wieder Blickkontakt mit dem Publikum. Den Song «The Fallout»
widmet er dann auch den anwesenden Vertretern des maskulinen
Geschlechts, immerhin seien «Die Mädels ja dafür mit grüsseren
Hirnen und längeren Orgasmen gesegnet» worden (O-Ton Peter). Keine
Frage, The Haunted zählen nur schon wegen ihrer intensiven
Performance zur Speerspitze des schwedischen Metals, und mit einem
solch emotionalen wie versierten Vokalisten wie Peter Dolving und
den neuen Songs im Gepäck künnte sich nun endlich auch der lang
verdiente Erfolg über die Szene hinaus einstellen.
Doch nun zum faktischen Headliner des Abends: Killswitch Engage
hatten ordentlich was gut zu machen, aber sie konnten immerhin von
Anfang an auf ihre Fans zählen. Vom Opener «A Bid Farewell» bis hin
zum letzten Song «My Last Serenade» durch die kompletten 70 Minuten
gab das Publikum beinahe alles; obwohl der Pit an einigen Stellen
immer wieder versiegte, wurde er kurz darauf wieder neu gestartet.
Killswitch hämmerten sich mit gewohnter Tightness durchs Set, die
Übergrooves von Drummer Justin Foley liessen keinen Anwesenden
stillstehen. Sänger Howard Jones begrüsste bereits nach dem ersten
Track das Publikum und entschuldigte sich gleich darauf für die
vielen Probleme, in der Schweiz einen brauchbaren Gig hinzulegen.
Aber spätestens nach dem
zweiten Track «Fixation On The Darkness» hatte das Publikum der Band
vergeben und sang sich kollektiv die Kehle aus dem Leib -
Schweinegeil, was so ein paar melodiüse Refrains ausmachen künnen.
Killswitch spielten von der aktuellen Scheibe gerade mal drei Songs
(«Daylight Dies», «My Curse» & «This Is Absolution»), aber diese
fügten sich dafür nahtlos in den bunten Reigen aus harten Riffs und
markantem Gesang ein. Richtig punkten konnte zudem der Circle-Pit
bei «Rose of Sharyn», sowie das am lautesten mitgesungene «The End
Of Heartache» vom gleichnahmigen Album. Trotz der unglaublich fetten
Performance und Ersatzklampfer Peter Wichers' soliden Leistung
stellte sich bei mir bald die Erkenntnis ein, dass
Original-Gitarrist und Bandkopf Adam der Show zweifelsohne noch das
i-Tüpfchen aufgesetzt hätte. Ohne ihn sind Killswitch Engage einfach
«nur» ein verdammt geiles und abrockendes Metalkommando, mit ihm auf
der Bühne hätte sich allerdings noch das prädikat «durchgeknallt»
eingereiht - denn genau seine nun fehlenden üblichen Albereien
machten erneut klar, dass vieles von ihrem Songmaterial verdammt
ähnlich klingt. Aber Schwamm drüber, Adam war nicht da, gefeiert
wurde trotzdem. Howard stellte zwischendurch mal fest, dass man
angesichts der penetranten Hässlichkeit der männlichen
Konzertbesucher die Mädels wohl rauseskortieren müsste, ansonsten
aber grinste der Riese (Hat der Henry Rollins gefrühstückt?)
hauptsächlich über beide Ohren, beschränkte seine Gestik auf ein
Minimum und überliess Gitarrist Joel und Bassist Mike das Posen. Als
schliesslich Punkt (!) 23:00 Uhr die Band nach einer einzigen Zugabe
und unter frenetischem Applaus die Bühne verliess und das Licht im
Saal anging, wurde mir mit einem Schlag bewusst, dass dies bereits
eines der Metalhighlights dieses Jahres gewesen war - Denn genau wie
The Haunted konnten auch Killswitch Engage an diesem Abend einfach
nur Punkten was das Zeug hält, das Publikum frass ihnen aus den
Händen. Bitte mehr davon!
An dieser Stelle müchte ich mich noch bei einem gewissen
freundlichen jungen Herren um die 17 in Baggypants und mit
Baseball-Cap bedanken, der mir natürlich völlig unabsichtlich
während des Killswitch-Gigs (Nene, meine Kumpels lagen falsch, der
hat das bestimmt nicht extra gemacht...) in einer moshfreien Zone
von hinten in den Rücken gefallen ist, und mir damit eine äusserst
schmerzhafte Begegnung mit dem Boden und ein geschwollenes Knie
beschert hat. Sehr sozial, besten Dank auch dafür. Keine Angst, ich
lass ab jetzt die Finger von deiner Mama.
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