Der Juni 2013 hatte es in Sachen
Konzerte wahrlich in sich! Nach dem „Sweden Rock Festival“ gab es nur
eine kurze Verschnaufpause, die privat zuerst bei MUSE (15.06.13) und
nun am Tag zuvor bei Testament im Solothurner Kofmehl einmal mehr
unterbrochen wurde. Im Hallenstadion wartete indes eine fette Triplette
auf die Fans, die hochkarätiger kaum sein konnte, denn nach KISS
folgten zwei Tage später Iron Maiden, unmittelbar gefolgt von Toto! Und
ob man es glaubt oder nicht, alle drei Veranstaltungen waren mehr oder
weniger „sold out“ und es soll dem Vernehmen nach Leute gegeben haben,
die gleich an allen drei Abenden mit dabei waren. Doch in der Woche
drauf gings konzernmäsig gleich weiter mit Saxon (23.06. und 24.06.13)
und Heathen (25.06.13), was die Geldbeutel von Otto Normalverbraucher
kräftig belastete. Was den heutigen Abend mit KISS angeht, so durfte
man sich die „grösste Band der Welt“ keinesfalls entgehen lassen! In
meinem Fall sind aller guten Dinge sind drei, denn nach 2008 und 2010
sah ich die Kult-Amis nach Schweden insgesamt zum vierten und hier in
Zürich nun zum dritten Mal. Als Support durften heuer die
Landesgenossen von Rival Sons ran.
Rival Sons
Eigentlich ist es völlig egal, welche Band vor KISS spielt, denn
eigentlich haben sie schon verloren, bevor sie überhaupt angefangen
haben zu spielen. Die KISS-Army, sprich die Die-Hard Fans von Paul,
Gene, Tommy und Eric wie alle anderen Fans aller Altersklassen auch,
mussten jetzt wieder drei Jahre auf ihre Helden warten. Deshalb gilt
ausschliesslich ihnen die Aufmerksamkeit und das bekam der Vierer aus
Long Beach schon bald zu spüren. Frontmann Jay Buchanan kümmerte das
allerdings wenig und so legte das Quartett mit seinem teils arg
zeppelin-lastigen Rocksound voll los. Selbst-redend, dass die Lautstärke
spürbar leiser war, als es danach beim Headliner entsprechend donnern
würde. So konnten Rival Sons an dieser Stelle, sprich auf einer so
grossen Bühne, kaum was reissen und agierten auf ziemlich verlorenem
Terrain. Das war so gesehen eigentlich schade, denn die Amis brachten
letztes Jahr ihr zweites Album «Head Down» heraus, das zwar nicht ganz
an das brillante Debüt «Pressure & Time» (2011) heran reichte, aber
dennoch punkten konnte.
Heute Abend war, wie gesagt, kaum was davon zu spüren, obwohl sich die
Band redlich bemühte und dem Zürcher Publikum ihre Musik schmackhaft
machen wollte. Mag auch sein, dass viele Leute die Affinität hin zu Led
Zeppelin weniger goutieren, respektive das Thema im ganzen Retro
Rock-Revival zur Genüge kennen. Seis drum, immer kann man nicht
gewinnen, aber das Kalkül war wohl schon da, stets vor (zumeist)
ausverkauftem Haus spielen und so neue Fans zu generieren können. In
Zürich ging die Rechnung heute Abend nicht auf und darum mutierte die
Darbietung trotz Höflichkeitsapplaus zur Kategorie „unter ferner
liefen“. Immerhin sorgte «Pressure & Time», der Titeltrack und Hit
aus den Anfangstagen, für etwas mehr Wohlwollen. Diese Musik gehört
jedoch klar in eine viel kleinere Location rein, wo man besser auf
Tuchfühlung mit den Musikern gehen kann.
KISS
Schlabberzunge Gene Simmons liess mal vor einiger Zeit in einem
Interview verlauten, dass der Brand, also die Marke KISS mittlerweile
derart in der Musikwelt verwurzelt ist, dass es eigentlich keine
Original-Musiker auf künftigen Tourneen mehr braucht. So weit kommt es
hoffentlich nicht, denn das kompositorische Ur-Member Gespann
Stanley/Simmons ist der Motor der Band, was unlängst mit dem aktuellen
Album «Monster» mehr als eindrücklich unter Beweis gestellt wurde. Was
mich persönlich in Zürich erwarten würde, war nach dem „Sweden Rock
Festival“ weitgehend klar, aber Konzerte in der Halle unterscheiden
sich von Freiluftveranstaltungen. Und genau das war es, was mich
neugierig machte, also welche Unterschiede in der Halle auszumachen
waren. Im Fotograben stand ich heute Abend für einmal nicht für Metal
Factory, dafür unser KISS-Maniac Tinu! Somit liess sich der heutige
Abend bequem aus dem Pressebereich verfolgen. Wie es sich für den
Beginn einer jeden Show der Rock-Legende gehört, kam natürlich die
berühmte Ansprache, die wohl kaum einer in der Halle nicht kannte. Der
schwarze Vorhang fiel und bevor er unten ankam, ging ein gewaltiger
Aufschrei durchs ganze fast ausverkaufte Hallenstadion! Zu den ersten
Klängen von «Psycho Circus» kamen Gene, Paul und Tommy, auf einem
grossen Podest stehend, von oben nach unten. Sogleich nahmen
alle ihre Plätze ein und liessen umgehend «Shout It Out Loud» auf dem
Fusse folgen. Begleitet von bereits fettem Licht kam auch der Sound
schon ziemlich ordentlich daher und man merkte gleich, dass das
Publikum bereits voll antizipierte. Dass die Setliste wiederum
mehrheitlich die erfolgreichen 70er Jahre abdeckt, war auch für die
aktuelle Tour zu erwarten, und so kam es auch. Dass dann aber vom neuen
Album «Monster» lediglich der Opener «Hell Or Hallelujah»
berücksichtigt wurde, war angesichts des guten Neu-Materials echt
schade.
KISS gingen hier auf Nummer sicher und zelebrierten einmal mehr einen
natürlich so oder so überzeugenden Querschnitt ihres immensen
Backkataloges. Dass dabei einiges auf der Strecke bleibt, versteht sich
von selber. Auf der anderen Seite gibt es einfach „Musts“ und von denen
haben die Amerikaner so viele, dass einfach eine Auswahl getroffen
werden musste. Dazu gehörten «War Machine» und «God Of Thunder», wo
Gene die Elemente Feuer und Blut brachte, während Paul bei «Love Gun»,
an einem Drahtseil hängend, über die Köpfe der Zuschauer hinweg auf
eine kleine Bühne in der Mitte der Halle gebracht wurde. Eigentlich ja
nichts Neues oder Aufregendes, aber den Reaktionen nach kommt diese
Einlage immer noch bestens an. Respektabel, wenn auch nicht immer auf
dem gleichen Level, präsentierten sich Paul Stanleys Stimmbänder. Auch
wenn längst nicht mehr alles im grünen Bereich ist, gab Mr. Starchild
mit cleverer Unterstützung seiner Kollegen alles, was eben ging. Der
Stimmung tat dieser Umstand auf jeden Fall keinen Abbruch
und je länger die Show dauerte, desto mehr reifte die Erkenntnis, dass
diese Tour eine der stärksten der letzten Jahre ist. Mag auch sein,
dass jetzt vor allem viele junge und neue Fans, die KISS am heutigen
Abend womöglich zum ersten Mal überhaupt live gesehen haben,
realisieren, dass solche Events nicht mehr so lange genossen werden
können. Vor allem die kleine Schweiz muss ja eigentlich immer mehr oder
weniger regelrecht darob zittern, überhaupt berücksichtigt zu werden.
Sollten die älteren zwei Herren in der Band in nicht so ferner Zukunft
beschliessen, dass die Reiserei rund um den Globus ein definitives Ende
findet, braucht es neben den Erinnerungen an die guten alten Zeiten
solche Konzerte wie das hier, das noch lange im Kopf nachhallt und alle
Fans auf ewig mit geschwellter Brust und Freude erzählen lässt, dass
man dabei gewesen ist.
Setliste: «Intro (Speech)» - «Psycho Circus» - «Shout It Out Loud» -
«Let Me Go, Rock 'N' Roll» - «I Love It Loud» - «Hell Or Hallelujah» -
«War Machine (Gene breathes fire)» - «Heaven's On Fire» - «Deuce» -
«Say Yeah» - «Shock Me (only first verse)» - «Outta This World (Tommy
and Eric Jam)» - «God Of Thunder (Gene Bass solo intro - spits blood
and flies)» - «Lick It Up» - «Love Gun (Paul flies over crowd to the
B-stage)» - «Rock And Roll All Nite» -- «Detroit Rock City» - «I Was
Made For Lovin' You» - «Black Diamond» - «Outro (God Gave Rock 'n' Roll
To You II)».
|
|