Die derzeitige Tour der Nu Metal-Gründer KoЯn war was Besonderes.
Der begabte Gitarrist, der sogenannte «verlorene Sohn» der Band,
Brian "Head" Welch, kehrte nach achtjähriger Irrfahrt in die Band
zurück. Dieses freudige Ereignis erlaubt uns den Gedanken, dass das
neue Album der Beherrscher der experimentalen Klänge zum Meisterwerk
werden könnte. Aber vor der Herausgabe des neuen Stoffs entschieden
sich KoЯn für eine Weltreise mit den alten, respektive ursprünglichen
Mitgliedern. Die Schweiz war unter den glücklichen Ländern, in denen
die Show «KoЯn 2013» geplant war. Aber wie es aussieht, hat Brian "Head"
Welch nicht vor, seine Solo-Karriere zu beenden. Zusammen mit seiner
Band Love And Death, die vor kurzem ihr neues Album heraus gegeben
hat, traten sie zusammen mit Hellyeah als Vorgruppe bei KoЯn auf.
Love And Death
Trotz eines Wochentages war die Halle des Komplex 457 schon zur
Anfangszeit, und zwar gegen 19.30 Uhr, voll von Fans von KoЯn. Und
das war auch kein Wunder, denn viele wollten Brian "Head" Welch am
Hauptmikrofon und nicht mit der Gitarre in der Hand mit eigenen
Augen sehen. Leider war das Fotografieren nur während des Auftrittes
von KoЯn selbst erlaubt, deswegen fehlen Fotos von Love And Death.
Was hingegen den Auftritt angeht, hinterliessen sie eher
einen guten Eindruck, obwohl es ziemlich komisch war, Brian ohne
Gitarre in der Hand zu sehen. Die Musik von Love And Death geht ohne
Zweifel in die Richtung von KoЯn, unterscheidet sich jedoch durch
ihren besonderen Wohlklang. Uns bleibt bloss, Brian viel Kraft zu
wünschen, damit er Zeit hat, es mit beiden Bands zu schaffen.
Hellyeah
Etwa gegen 20.40 Uhr kam die zweite Vorgruppe Hellyeah auf die
Bühne. Ehrlich gesagt war ich mit dem musikalischen Schaffen dieser Band vorher
nicht vertraut, und der erste Gedanke war, dass die Musiker Punk
spielen sollten. In Wirklichkeit erschien der Sänger mit einer rosa
Irokesen-Frisur, die als traditionelles Zeichen der Punk-Subkultur
gilt. Aber links von ihm tauchte der Gitarrist mit dem Cowboyhut
auf, der eher wie ein Country-Musiker wirkte. Rechts nahm ein
Gitarrist von ziemlich traditionellem Aussehen mit langem Haar
Platz. Der zweite Gedanke lautete deshalb: Wie konnten diese Leute
zusammen spielen? In der Tat stellte es sich heraus, dass die Jungs
soliden Thrash/Heavy Metal spielten. Aber trotz den Bemühungen des
Sängers und der beiden Gitarristen waren sie nicht so gut zu hören,
denn sie wurden durch den Bass- und Schlagzeugsound übertönt, da diese
zu fest in den Vordergrund gemischt waren. Leider ist die Akustik des Komplex 457
nicht ideal, und deswegen gab es nichts ausser verzerrten Basstönen
zu hören - Ich weiss leider nicht, wovon es abhängt, aber bei manchen
Konzerten gelingt es den Technikern, diesen Fehler in der
Rhythmus-Sektion zu überwinden und bei den anderen nicht. Aber man
merkte gleich, dass die Band mit voller Kraft arbeitete, und
deswegen hatte sie die treue Unterstützung verdient. Vor dem letzten
Song machte der Sänger eine bedeutende Anfrage: »Wollt ihr, dass
Hellyeah die Schweiz wieder besuchen und in derselben Halle
auftreten?» Natürlich antworteten die Zuschauer mit einem lauten und
sicheren «Ja!» Zu guter Letzt wiederholte der Sänger den Namen der
Band und bat die Zuhörer, ihn nachzusprechen, wahrscheinlich, damit
man sich den Namen merkte, und danach verliessen die Musiker die
Bühne. Im Grossen und Ganzen dauerte der Auftritt kaum eine Stunde.
KoЯn
Der Auftritt von KoЯn fing um 22.00 Uhr an. Zuerst war es ganz dunkel,
nur das Schlagzeug war beleuchtet und dahinter sass Ray Luzier. Die
Show begann mit klaren Schlägen aus dem bekannten Song «Blind» des
Debüt-Albums, die als Intro verwendet wurden. Danach erschienen
die anderen Mitglieder der Band auf der Bühne. Man muss betonen, dass
KoЯn ihre Wurzeln hegten und pflegten. Trotz der Tatsache, dass
viele ihre Alben sehr populär waren, bevorzugten sie es dennoch, Songs
aus dem Debüt-Album zu spielen. Das ist auch ziemlich leicht zu
erklären, denn gerade das Album aus dem Jahre 1994 gilt als der
erste Versuch der Entwicklung von der Stilrichtung, für die KoЯn so
hoch geschätzt werden: grollende, klirrende Rhythmus-Sektion, eine
Menge an Effekten und Samples, Gitarrenzischen, Rasselgeräusche,
Gurgeln, die weltweit als «grausliche Synthesizertöne» bekannt
wurden. Die Fans konnten es selbst wahrnehmen, wie schwer es war,
all die einmaligen Töne während des Konzertes wiederzugeben: Auf
der Bühne standen Computer und Synthesizeranlagen, Gitarrist Munky
verzauberte das Publikum mit tollen Gitarren-Soli, und der kürzlich
zurück gekehrte «Head» beeindruckte die Zuhörer mit zahlreichen
Gitarreneffekten. Er benutzte seine Gitarre nicht nur als Theremin
(berührungsloses Erzeugen von Tönen - MF), sondern auch als Showelement,
indem er sie regelmässig in den Saal richtete. Man darf auch die
hyperemotionalen Vokalparts von Davis, welche auch die Einzigartigkeit
der Band unter anderem ausmachen, nicht ausser Acht lassen:
Flüstern, Aufschreie und Seufzer - kann er alles perfekt
¨zusammen. Der charismatische Frontmann hielt keine langen Reden,
doch in den Pausen zwischen den Songs gelang es ihm, den Restlärm
der beiden Gitarristen zu übertrumpfen, um das Zürcher Publikum
anzupeitschen.
Dann kam der unvergessliche Moment in der Show, als Jonathan mit dem
Dudelsack auf die Bühne kam und das Intro zu «Shoots And Ladders»
spielte! Natürlich nahm Davis seine berühmte Mikrofonanlage aus
Zürich, die von dem bekannten Schweizerischen Maler H.R. Giger
gemacht hatte. Von erhöhter Emotionalität ergriffen, schaukelte
Davis sie oder benutzte sie als Halter. Der Bassist Fieldy
hypnotisierte derweil alle mit seiner eigenartigen Palmmuting-Technik.
Während der ersten Hälfte des Auftrittes benutzte er die schwarze
Bassgitarre mit grünen Saiten und tauschte sie danach gegen die
weisse Bassgitarre mit roten Saiten aus. Das merkte man unmittelbar
auch am Klang: Die schwarze Bassgitarre wirkte sanft, federleicht,
und die weisse kam dann eher härter daher. Man merkte auch, dass die Akustik
während des Auftrittes von KoЯn wesentlich besser geworden war, und
es gab auch keine Dominanz der Bassgitarre gegenüber den anderen
Tönen mehr. Mag aber sein, dass die Musiker so gut aufeinander
eingespielt sind, dass sie einander perfekt ergänzen, und mussten
dies nicht so derb in den Vordergrund stellen. Wahrscheinlich ist
dies das Geheimnis eines guten Klangs bei nicht so guten akustischen
Bedingungen. Man spielte «Narcissistic Cannibal» und «Get Up!» aus
dem letzen Album. Das Publikum tanzte nicht nur zu Elektromusik.
Den Securities blieb nur noch, den Fans Becher mit Wasser einzuschenken
- an diesem Abend waren sie nicht nur als Wächter der Musiker anwesend,
um sie vor den verrückten Stagedivern zu schützen, sondern auch als
"Wasserverteiler" tätig. Deswegen einen grossen Dank an dieser Stelle.
Und ebenso ein fettes Dankeschön an die Veranstalter für das
Buchen von diesem Package. Uns bleibt nun nur noch, auf das neue
Album warten, das sie zusammen mit Brian "Head" Welch
heraus bringen wollen!
Setliste: «Intro» - «Blind» - «Ball Tongue» - «Twist» - «Chi» - «Falling
Away From Me» - «Narcissistic Cannibal» - «Dead Bodies» - «Coming
Undone» - «Did My Time» - «Shoots And Ladders/ Somebody» - «Here To
Stay» - «Helmet In The Bush» - «No Place To Hide» - «Need To» - «Lies» -
«Another Brick In The Wall (Pink Floyd-Cover)» - «Get Up» - «Got The
Life» - «Freak On A Leash».
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