Livereview: KoЯn - Hellyeah - Love And Death

19. Juni 2013, Zürich - Komplex 457
By Natalia N.
Die derzeitige Tour der Nu Metal-Gründer KoЯn war was Besonderes. Der begabte Gitarrist, der sogenannte «verlorene Sohn» der Band, Brian "Head" Welch, kehrte nach achtjähriger Irrfahrt in die Band zurück. Dieses freudige Ereignis erlaubt uns den Gedanken, dass das neue Album der Beherrscher der experimentalen Klänge zum Meisterwerk werden könnte. Aber vor der Herausgabe des neuen Stoffs entschieden sich KoЯn für eine Weltreise mit den alten, respektive ursprünglichen Mitgliedern. Die Schweiz war unter den glücklichen Ländern, in denen die Show «KoЯn 2013» geplant war. Aber wie es aussieht, hat Brian "Head" Welch nicht vor, seine Solo-Karriere zu beenden. Zusammen mit seiner Band Love And Death, die vor kurzem ihr neues Album heraus gegeben hat, traten sie zusammen mit Hellyeah als Vorgruppe bei KoЯn auf.

Love And Death

Trotz eines Wochentages war die Halle des Komplex 457 schon zur Anfangszeit, und zwar gegen 19.30 Uhr, voll von Fans von KoЯn. Und das war auch kein Wunder, denn viele wollten Brian "Head" Welch am Hauptmikrofon und nicht mit der Gitarre in der Hand mit eigenen Augen sehen. Leider war das Fotografieren nur während des Auftrittes von KoЯn selbst erlaubt, deswegen fehlen Fotos von Love And Death. Was hingegen den Auftritt angeht, hinterliessen sie eher einen guten Eindruck, obwohl es ziemlich komisch war, Brian ohne Gitarre in der Hand zu sehen. Die Musik von Love And Death geht ohne Zweifel in die Richtung von KoЯn, unterscheidet sich jedoch durch ihren besonderen Wohlklang. Uns bleibt bloss, Brian viel Kraft zu wünschen, damit er Zeit hat, es mit beiden Bands zu schaffen.

Hellyeah
Etwa gegen 20.40 Uhr kam die zweite Vorgruppe Hellyeah auf die Bühne. Ehrlich gesagt war ich mit dem musikalischen Schaffen dieser Band vorher nicht vertraut, und der erste Gedanke war, dass die Musiker Punk spielen sollten. In Wirklichkeit erschien der Sänger mit einer rosa Irokesen-Frisur, die als traditionelles Zeichen der Punk-Subkultur gilt. Aber links von ihm tauchte der Gitarrist mit dem Cowboyhut auf, der eher wie ein Country-Musiker wirkte. Rechts nahm ein Gitarrist von ziemlich traditionellem Aussehen mit langem Haar Platz. Der zweite Gedanke lautete deshalb: Wie konnten diese Leute zusammen spielen? In der Tat stellte es sich heraus, dass die Jungs soliden Thrash/Heavy Metal spielten. Aber trotz den Bemühungen des Sängers und der beiden Gitarristen waren sie nicht so gut zu hören, denn sie wurden durch den Bass- und Schlagzeugsound übertönt, da diese zu fest in den Vordergrund gemischt waren. Leider ist die Akustik des Komplex 457 nicht ideal, und deswegen gab es nichts ausser verzerrten Basstönen zu hören - Ich weiss leider nicht, wovon es abhängt, aber bei manchen Konzerten gelingt es den Technikern, diesen Fehler in der Rhythmus-Sektion zu überwinden und bei den anderen nicht. Aber man merkte gleich, dass die Band mit voller Kraft arbeitete, und deswegen hatte sie die treue Unterstützung verdient. Vor dem letzten Song machte der Sänger eine bedeutende Anfrage: »Wollt ihr, dass Hellyeah die Schweiz wieder besuchen und in derselben Halle auftreten?» Natürlich antworteten die Zuschauer mit einem lauten und sicheren «Ja!» Zu guter Letzt wiederholte der Sänger den Namen der Band und bat die Zuhörer, ihn nachzusprechen, wahrscheinlich, damit man sich den Namen merkte, und danach verliessen die Musiker die Bühne. Im Grossen und Ganzen dauerte der Auftritt kaum eine Stunde.

KoЯn
Der Auftritt von KoЯn fing um 22.00 Uhr an. Zuerst war es ganz dunkel, nur das Schlagzeug war beleuchtet und dahinter sass Ray Luzier. Die Show begann mit klaren Schlägen aus dem bekannten Song «Blind» des Debüt-Albums, die als Intro verwendet wurden. Danach erschienen die anderen Mitglieder der Band auf der Bühne. Man muss betonen, dass KoЯn ihre Wurzeln hegten und pflegten. Trotz der Tatsache, dass viele ihre Alben sehr populär waren, bevorzugten sie es dennoch, Songs aus dem Debüt-Album zu spielen. Das ist auch ziemlich leicht zu erklären, denn gerade das Album aus dem Jahre 1994 gilt als der erste Versuch der Entwicklung von der Stilrichtung, für die KoЯn so hoch geschätzt werden: grollende, klirrende Rhythmus-Sektion, eine Menge an Effekten und Samples, Gitarrenzischen, Rasselgeräusche, Gurgeln, die weltweit als «grausliche Synthesizertöne» bekannt wurden. Die Fans konnten es selbst wahrnehmen, wie schwer es war, all die einmaligen Töne während des Konzertes wiederzugeben: Auf der Bühne standen Computer und Synthesizeranlagen, Gitarrist Munky verzauberte das Publikum mit tollen Gitarren-Soli, und der kürzlich zurück gekehrte «Head» beeindruckte die Zuhörer mit zahlreichen Gitarreneffekten. Er benutzte seine Gitarre nicht nur als Theremin (berührungsloses Erzeugen von Tönen - MF), sondern auch als Showelement, indem er sie regelmässig in den Saal richtete. Man darf auch die hyperemotionalen Vokalparts von Davis, welche auch die Einzigartigkeit der Band unter anderem ausmachen, nicht ausser Acht lassen: Flüstern, Aufschreie und Seufzer - kann er alles perfekt ¨zusammen. Der charismatische Frontmann hielt keine langen Reden, doch in den Pausen zwischen den Songs gelang es ihm, den Restlärm der beiden Gitarristen zu übertrumpfen, um das Zürcher Publikum anzupeitschen.

Dann kam der unvergessliche Moment in der Show, als Jonathan mit dem Dudelsack auf die Bühne kam und das Intro zu «Shoots And Ladders» spielte! Natürlich nahm Davis seine berühmte Mikrofonanlage aus Zürich, die von dem bekannten Schweizerischen Maler H.R. Giger gemacht hatte. Von erhöhter Emotionalität ergriffen, schaukelte Davis sie oder benutzte sie als Halter. Der Bassist Fieldy hypnotisierte derweil alle mit seiner eigenartigen Palmmuting-Technik. Während der ersten Hälfte des Auftrittes benutzte er die schwarze Bassgitarre mit grünen Saiten und tauschte sie danach gegen die weisse Bassgitarre mit roten Saiten aus. Das merkte man unmittelbar auch am Klang: Die schwarze Bassgitarre wirkte sanft, federleicht, und die weisse kam dann eher härter daher. Man merkte auch, dass die Akustik während des Auftrittes von KoЯn wesentlich besser geworden war, und es gab auch keine Dominanz der Bassgitarre gegenüber den anderen Tönen mehr. Mag aber sein, dass die Musiker so gut aufeinander eingespielt sind, dass sie einander perfekt ergänzen, und mussten dies nicht so derb in den Vordergrund stellen. Wahrscheinlich ist dies das Geheimnis eines guten Klangs bei nicht so guten akustischen Bedingungen. Man spielte «Narcissistic Cannibal» und «Get Up!» aus dem letzen Album. Das Publikum tanzte nicht nur zu Elektromusik. Den Securities blieb nur noch, den Fans Becher mit Wasser einzuschenken - an diesem Abend waren sie nicht nur als Wächter der Musiker anwesend, um sie vor den verrückten Stagedivern zu schützen, sondern auch als "Wasserverteiler" tätig. Deswegen einen grossen Dank an dieser Stelle. Und ebenso ein fettes Dankeschön an die Veranstalter für das Buchen von diesem Package. Uns bleibt nun nur noch, auf das neue Album warten, das sie zusammen mit Brian "Head" Welch heraus bringen wollen!

Setliste: «Intro» - «Blind» - «Ball Tongue» - «Twist» - «Chi» - «Falling Away From Me» - «Narcissistic Cannibal» - «Dead Bodies» - «Coming Undone» - «Did My Time» - «Shoots And Ladders/ Somebody» - «Here To Stay» - «Helmet In The Bush» - «No Place To Hide» - «Need To» - «Lies» - «Another Brick In The Wall (Pink Floyd-Cover)» - «Get Up» - «Got The Life» - «Freak On A Leash».