Livereview: Kreator - Exodus - Death Angel - Suicidal Angels
14. Dezember 2010, Pratteln - Z7
By André G. (and) & Kissi (kis)  -  All Pics by André G.
Tourpackages liegen ja schwer im Trend. Grosse Namen gehen auf Gastspielreise und nehmen sich zahlreiche kleinere Supportacts mit, die den Abend komplettisieren. Man könnte meinen, es ginge darum die Hallen voll zu bekommen oder die Kosten so einer Reise zu verteilen oder auch dass die Headliner keine 2-stündigen Shows mehr spielen brauchen. Das kann alles ein Grund für solche Tourneen sein.

Aber im Falle des Thrashfest 2010 ist das alles egal. Hier kommt die Crème de la Crème des harten Metals auf die Bühne. Mit Kreator ist ein Urgestein der germanischen Thrashszene mit dabei. Mille und seine Jungs lassen bei jedem ihrer Auftritte die Wände beben. Mit den Bay Area Matadoren Exodus und Death Angel sind gleich zwei Legenden der frühen Achtziger im Package. Death Angel bringen seit Anbeginn ihrer Tage die Ohren und Nacken der Fans zum Glühen mit ihrem abwechslungsreichen Soundgewand. Exodus stehen seit jeher für die brutale Abrissbirne vor dem Herrn. Da braucht der geneigte Musikliebhaber keine Worte, jeder weiss, was einem erwartet. Mit dem Opener aus Griechenland ist eine Combo auf dem Billing, die zur neuen Generation der Szene gehört, wenn sie Selbige nicht sogar anführen. Egal aus welchem Grund dieses Packages zusammen unterwegs sein mag, für Fans des Genres bleibt da kein Wunsch mehr offen. Da wird es nachher Unmengen an Dul-X Muskelsalbe brauchen und viele Stunden Massage, bis da alle Muskeln wieder entspannt sind und jeder Wirbel sich an seinem Platz befindet. (and)

Suicidal Angels
19.00 Uhr stand als Startzeit im Programmheft. Und siehe da, ziemlich pünktlich fetzten die Griechen auf die Bühne. Nach einem kurzweiligen Intro legten sie breitgrinsend los. Die noch nicht so zahlreich vor der Stage stehenden Headbanger begannen auch sogleich die vorhandenen oder auch imaginären Haarprachten zum Fliegen zu bringen. Ausser dem Haarerotieren hatten sie auch mit Band anfeuern so einiges zu tun. Die Band spielte ziemlich tight und druckvoll. Ich habe die Jungs dieses Jahr bereits am Metalfest erleben dürfen und dort fand ich den Hype um die Combo doch sehr übertrieben, aber nach der Show jetzt muss ich sagen, sie sind gute Nachfolger wenn dann die an dem Abend noch folgenden Acts den Ruhestand antreten sollten. Klar, das Rad kann nicht mehr neu erfunden werden, aber sie haben ihre Aufgaben gut gemacht und wissen amtlich zu ballern, riffen und thrashen. Mal wildern sie in europäischen Gefilden und das andere Mal mehr auf der anderen Seite des Atlantiks. Die Jungs ballerten 30 Minuten lang arschtight aus der Hüfte. Die Band konnte mit jedem gezockten Track mehr Leute zum Mitmachen animieren. Die Fäuste die sich gegen die Hallendecke streckten, wurden immer zahlreicher. Dank solchen jungen Combos braucht der geneigte Thrashfan keine Angst zu haben, dass seine Lieblings-Stilrichtung vom Aussterben bedroht ist. (and)

Death Angel
Von Griechenland gings danach zurück an den Geburtsort des Thrash Metal, die kalifornische Bay Area. An ebenjenem Ort vor fast 20 Jahren gegründet, sind Death Angel seit einigen Jahren wieder ganz vorne mit dabei, wenn es um schweisstreibende Live-Shows geht. Eindrücklich bewiesen sie dies auch im Z7. Mit ungestümer Kraft stieg der Fünfer mit «I Chose The Sky» vom aktuellen Silberling «Endless Retribution» in sein Set ein und liess zum ersten Mal an diesem Abend mehr als nur ein paar Köpfe rotieren. Klang die Stimme von Front-Dreadlocksträger Mark Osegueda dabei noch etwas heiser, besserte sich dies schon mit dem schon viel zu lange nicht mehr gehörten «Evil Priest», dem vertrackt rabiaten Smasher vom Debüt «The Ultra-Violence» (1987), gefolgt von «Buried Alive». Egal ob die mehrstimmigen Gesänge, Tightness oder die unbändige Spiel- und Bewegungsfreude, Death Angel machten einfach alles richtig. Dies galt auch für die beiden Neuzugänge, Basser Damien Sisson und Drummer Will Carroll, die einzig optisch etwas verwirrten, musste man sich durch deren blonde Mähnen doch vom einheitlichen Phillipino-Äusseren der Truppe verabschieden. Umso unverständlicher, weswegen das Publikum sowohl aktuelle Knaller wie «Truce» oder «Claws In So Deep» als auch Klassiker wie «Mistress Of Pain» oder «Seemingly Endless Time» so gar nicht gebührend abfeiern wollte, sondern nur lauwarm mitmachte. Dies änderte sich auch nicht wirklich beim finalen Doppelschlag «The Ultra-Violence» / «Thrown To The Wolves». Ob es daran lag, dass die Kreator-Fans schon jetzt wussten, dass ihre Band gegen diese energiegeladene Performance nur abstinken konnte? (kis)


Setliste: « I Chose The Sky» - «Evil Priest» - «Buried Alive» - «Mistress Of Pain» - «Claws In So Deep» - «Seemingly Endless Time» - «Truce» - «River of Rapture» - «The Ultra-Violence» / «Thrown To The Wolves».

Exodus
Wer die Bay Area Veteranen schon live gesehen hat, wusste, was er zu erwarten hatte. Die Jungs haben noch nie Gefangene gemacht. Was nach einem Auftritt der Band übrigbleibt, ist nur noch Schutt und Asche. Ihr Soundgewand war etwas weniger differenziert als vorher. Es war halt ein losgelassener Tornado, der da durch das Z7 fegte. Gary, Lee, Jack, Tom und Brüllmeister Rob Dukes zeigten allen Anwesenden was eine Harke ist. Insbesondere Gary und Lee glänzten mit hervorragendem Spiel. Die Soli kamen blitzschnell und die Riffs ballerten, dass sie einem die Eingeweide zum Kochen bringen. Meister Tom hinter der Schiessbude trieb Band wie Zuschauer zu Höchstleistungen an. Mit Volldampf in die Fresse brettertn sie durch ein Potpourri ihrer Bandhistory. Aus alt mach neu und aus neu mach alt, so könnte man die Songauswahl bezeichnen. Mit Highlights wie «War Is My Shepherd», «Bonded By Blood» oder auch «Strike Of The Beast» zeigten sie was sie drauf haben und die zahlreich erschienenen Fans bedankten sich mit Bangen, Moshen und Mitschreien. Eines ist den Fans klar, wenn Rob einen Circle Pit oder sogar eine Wall Of Death verlangt. Nämlich dass da nicht lange Drumherum geredet wird, sondern jeder Einzelne seinen Platz bezieht und Vollgas gibt. Brüllwürfel Rob Dukes stampfte, brüllte und spuckte über/auf die Bühne, als wäre er ein wildes im Käfig eingesperrtes Tier. Aber wie ist das, wenn da ein Musiker auf der vielen Spucke ausrutscht? Ist das ein Fall für die SUVA? Das brutale Vernichtungskommando, das auf den Namen Exodus hört, gab den Zuschauern was sie brauchten. Da blieben keine Wünsche offen. Sie sind für mich die perfekte Symbiose von Wut, Aggression, Kraft und musika-lischem Können. Brutal geht die Welt zu Grunde. Die Jungs sind der perfekte Soundtrack zum Untergang. Sie walzten alles in Grund und Boden und wurden von den Fans vom ersten Ton an frenetisch abgefeiert. Für mich konnten die Jungs an dem Abend den Sieg in die Bay Area mitnehmen. (and)



Setliste: «The Ballad Of Leonard And Charles» - «Beyond The Pale» - «Children Of A Worthless God» - «A Lesson In Violence» - «Blacklist» - «Bonded By Blood» - «War Is My Shepherd» - «The Toxic Waltz» «Strike Of The Beast» - «Good Riddance».

Kreator
Nachdem «The Man Comes Around» von Johnny Cash ein lustiges Backstage Video begleitet hatte, stiegen Mille und seine Jungs auf die ziemlich stark umgebaute Bühne. Neben dem erhöht platzierten Drumkit hatte es beidseitig zwei Treppen, die in erster Linie vom Mastermind Mille Petrozza benutzt werden. Neben dem Schlagzeug standen beidseitig je ein Mikro. So bleibt der Frontmann ziemlich flexibel, was seine Bühnenperformance angeht. Kreator feiern 25 Jahre Thrash Metal aus dem Ruhrpott. Die Songs, die wie immer einen repräsentativen Überblick über das Schaffen der Band lieferten, wurden per Leinwand mit blutigen Filmchen supportet. Ich durfte die Combo schon des Öfteren livehaftig erleben. Die sind immer gut, ich habe noch nie einen wirklich schlechten Auftritt des Vierers erlebt. Was aber auch zu sagen ist, es gibt auch nie wirklich etwas Neues zu erleben. Der Bühnenaufbau variiert sicherlich jedes Mal, aber von der Songauswahl her ist es immer in etwa dasselbe. Einige neue Tracks und reichlich alte Klassiker, da kann sich der Fan dennoch nicht beklagen. Die Band weiss einfach, was die Leute von ihr wollen. Ein solides Thrash Metal Feuerwerk wurde da von den Jungs entfacht. Ventor drückte das Pedal durch und ebnete den Weg für die Gitarren und den Bass, welche sich so gekonnt sicher durch die Songs rifften und zockten. Mille mit seiner kauzigen etwas kreischigen Stimme macht den Kreator Sound einzigartig. Seine Ansagen sind immer wieder und eigentlich aufs Wort genau dieselben seit vielen vielen Jahren. Aber auch das stört den geneigten Fan keineswegs. Im Gegenteil, das gehört halt zu den Trademarks der Band. Ebenso, wie es zur Band, dem Amen in der Kirche gleich gehört, dass Mille das Publikum beim Finale mit einer Fahne in der Hand nochmals anstachelt und dabei die Alt-Hymne «The Flag Of Hate» einläutet. Mit vorher genanntem Song und dem nahtlos folgenden «Tormentor» ging ein genialer, absolut perfekter Thrash Metal Abend zu Ende und die durchgeschwitzen Fans wurden in die sehr kalte Nacht entlassen. Was man auch in Pratteln, wie schon öfters auf Thrash Konzerten in der letzten Zeit, gesehen hat, ist die gute Durchmischung des Publikums. Old School Thrashers stehen neben ganz jungen Fans der neuen Generation. Väter sind mit ihren Söhne vor der Bühne und lassen es krachen. So funktioniert Metal und das ist das Schöne. Genau wegen solchen Sachen wird es noch lange heissen: Metal never dies! (and)


Setliste: «Intro (Johnny Cash "The Man That Comes Around")» - «The Patriarch/Violent Revolution» - «Hordes Of Chaos» - «Phobia» - «Terrible Certainty» - «Betrayer» - «Voices Of The Dead» - «Enemy Of God» - «Destroy What Destroys You» - «Amok Run» - «Endless Pain» - «People Of The Lie», «Pleasure To Kill» - «Coma Of Souls» - «The Pestilence» -- «Flag Of Hate» - «Tormentor».