Vor satten 20
Jahren befanden sich Krokus in den Staaten und promoteten ihr Hammeralbum
"Headhunter" vor tausenden von Fans. Seither ist viel Wasser die Aare
runtergeflossen und unzählige Besetzungswechsel, sowie ein musikalisches Auf und Ab
kennzeichneten seither das Umfeld der bis dato immer noch einzigen Schweizer Rockband, die
das Hallenstadion (ein Jahr zuvor, also 1982) jemals ausverkaufen konnte. Das Volkshaus
stand letztmals 1988 anlässlich der "Heart attack"-Tour auf der Menü-Liste,
als man die Double Billing-Tour mit Ted Nugent spielte. Das Konzert von damals wies im
Wesentlichen drei Kernpunkte auf. Erstens spielte da noch ein gewisser Chris von Rohr
Bass, zweitens dauerte das Konzert nur etwa 70 Minuten und drittens zerdepperte Fernando
von Arb am Schluss des Sets eine Billig-Gitarre zu Sperrholz. Zustände, die man sich
heute eigentlich nicht mehr so richtig vorstellen kann. Man soll ja im Alter bekanntlich
etwas "ruhiger" werden. Statt der Showelemente steht nun die Musik wieder im
Vordergrund und mit Rückkehrer Marc Storace ist auch die Seele von Krokus wieder an Bord.
Mit dem neuen und beileibe nicht schlechten Album "Rock the block", das die
Schweizer Hitparade (wennauch nur eine Woche) anführte, will man heuer an alte Erfolge
anknüpfen. Ob es gelingen wird, hängt in erster Linie vom Feedback der Fans ab. Die
Qualität der Konzerte nahm auf jeden Fall stetig zu und das jetzige Line-Up ist so stark
wie lange nicht mehr.
Deshalb war ich beim Eintreffen im Volkshaus richtig erstaunt, dass die Galerie, also der
Balkon geschlossen war. Sollte das schon ein Vorzeichen sein? Wie werden wohl die
geplanten Konzerte in den U.S.A. abgehen? Fragen über Fragen. Den Support an diesem Abend
bestritten Crystal Ball. Die Innerschweizer Melodic Power Rocker haben sich kontinuierlich
hochgearbeitet und gehören mittlerweile fest zur Schweizer Rockszene. Bevor sie aber auf
der Bühne standen, durfte noch eine (mir nicht bekannte) Local-Band ran, die dem Publikum
die erste Dosis Rock'n'Roll verpasste. Obwohl nicht ausverkauft, war die Stimmung unter
den Fans gut und die Temperaturen im Innern schon ganz ordentlich. Das sollte sich im
weiteren Verlauf des Abends noch mächtig steigern!
Um 20.30 Uhr war es dann soweit. Crystal Ball enterten die Bühne und legten
mit "Dance with the devil" gleich zu Beginn heftig los. Sänger Mark Sweeney
hatte das gut gelaunte Publikum im Handumdrehen im Sack und bei "Savage mind"
wurde es gar richtig laut! Der ewige, aber selbstauferlegte Prüfstein "Am I
free" gelang vorzüglich und überhaupt rockte die Band in einer Art und Weise, wie
ich sie zuvor noch nie gesehen hatte. Klar fehlten melodiöse Sachen wie "Shine
on" oder "Star at the sun" nicht, aber von den Zuckerballaden gab es
diesmal keine. Das schien der abgehenden Meute aber egal zu sein, die bei "Lay down
the low" lauthals mitsang. Die Band schien beeindruckt zu sein und gab die Energie
zurück. Besonders Basser Dany Schällibaum hat die Lethargie des vergangenen Tage
augenscheinlich abgelegt, bewegte sich und liess die Matte heftig kreisen. Mit
"Private visitor" und "Soul mate" legten Crystal Ball nochmals Feuer
und es war wirklich schade, dass die Dreiviertelstunde, die sie zur Verfügung hatten,
bereits vorüber war. Aber ich bin mir sicher, dass die Band an diesem Abend etliche Fans
dazugewinnen konnte!
Nach der Umbaupause von einer halben Stunde ging das Saallicht zum dritten Mal an diesem
Abend aus und da waren sie: Krokus, live auf den heiligen Brettern des Volkshauses, das in
den letzten Monaten und Jahren nicht mehr so viel Rock'n'Roll wie auch schon zu Gesicht
bekam. "Heatstrokes" wurde als knalliger Opener ausgewählt und eröffnete den
Set des Headliners. Der Sound kam roh und laut und die Fans gingen gleich voll mit. Marc
Storace machte einen fitten Eindruck und peitschte seine schneidenden Vocals nach vorne.
Der Rest der Band, also Tony, Domi und Patrick heizten dem rockenden Ex-Lehrer aus
Fulenbach tüchtig ein. Allerdings kann ich es immer noch nicht verstehen, warum Fernando
das berühmte Wechsel-Solo gegen Ende des Songs nicht mit Dominique teilt, na ja. Weiter
ging es bereits mit einem der neuen Songs: "Mad world", gefolgt von
"American woman" und "I want it all", das halt gar etwas schmalzig
ist. Dock keine Angst, denn gleich gings mit "Bad boys ragdolls" volle Pulle
weiter und mit zunehmender Dauer des Konzertes wurde es immer besser. Auch kein Wunder,
bei einem alten, wie zeitlosen Heuler nach dem anderen. Die legendäre Show von Sumiswald
(Sommer 2002) wurde zwar auch diesmal nicht getoppt, aber dafür wurde "Rock
city" zu meiner grossen Freude ausgespielt und nicht in ein Medley verpackt, geil!
Einer der besten Songs des Abends war dann jedoch einmal mehr "Easy rocker". Ein
nachwievor genialer Kracher, der den ewigen Vergleich mit Angus & Co. meilenweit
hinter sich lässt. Nach "Back seat Rock'n'Roll" und dem Titeltrack des neuen
Albums war dann erst mal Schicht im Schacht. Im Zugabenteil stach "Eat the rich"
heraus, bevor "Bedside radio" das definitive Ende einer weiteren und guten
Krokus-Show einläutete. Somit alles Friede, Freude, Eierkuchen? Nun, sicher nicht ganz,
denn ich (und die Band vielleicht auch?) war mir eigentlich sicher, dass dieser Abend
ausverkauft sein würde. Nichts desto Trotz bekamen die angereisten Fans ein tolles
Konzert zu sehen und schauen nun alle nach den noch anstehenden Swiss- und Euro-Dates
(unter anderem auch am Sweden Rock!) langsam in Richtung U.S.A., um gegen Ende des Jahres
zu erfahren, ob der R'n'R-Express in den Staaten auch wieder zündete oder nicht. Mal
sehen..., no risk, no fun aber auf jeden Fall: Good luck Krokus!
Set-Liste: "Heatstrokes", "Mad world", "American woman",
"I want it all", "Bad boys ragdolls", "Tokyo nights",
"Stayed awake all night", "Long stick goes boom", "Fire",
"R'n'R tonight", "Throwing her China", "Screaming in the
night", "Rock city", "Easy rocker", "Back seat Rn'R,
"Rock the block", "Eat the rich", "Flying through the
night", "Bedside radio".
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