Was hat der Bandname Krokus in den letzten
paar Jahren nicht alles ertragen müssen. Nicht wenige sagten
spätestens nach dem Ausstieg von Gründungsmitglied Fernando von Arb
voraus, dass es ab jetzt mit dem einstigen Schweizer Rock-Flagschiff
nur noch ganz bergab gehen kann. Casting-Guru von Rohr, der
eigentlich gescheiter wieder seinen Bass umschnallen sollte, anstatt
absolut nervend in der Öffentlichkeit rumzusülzen, goss mit seinen
träfen Sprüchen laufend frisches Öl ins Feuer. Mittlerweile sind wir
ja etwas schlauer, die Szene mit "Hellraiser" um ein klasse
Rock-Album reicher und auch live kracht es wieder oder immer noch
gewaltig. Seit dem Neuzuzug von Mandy Meyer und vor allem Stefan
Schwarzmann agiert die Band powervoller denn je. Sei es im kleineren
Rahmen eines Alpenrock House oder der Monsterbühne in Balingen. Wie
sich die neuen Songs neben den alten Klassikern präsentieren, konnte
auf der laufenden "Hellraiser"-Tour begutachtet werden. Als (ewiger)
Support fungierten Sideburn, die Krokus 1995 bei "To Rock Or Not Be"
noch als Genocide begleiteten. Dessen inzwischen leicht geänderte
Ausrichtung noch mehr in Richtung von Angus Young & Co. passte
meiner Meinung nach nicht zwingend als Support des heutigen Abends.
Sideburn
Eins muss man ihnen auf jeden Fall lassen: Sie wirken (seit 20
Jahren!) stets echt, geben alles und wer sie dieses Jahr als
Anheizer von Def Leppard im Zürcher Volkshaus gesehen hat, weiss,
dass die Truppe echt Arsch treten kann. Ob sich diese Stimmung heute
Abend wiederholen lässt? Rein von der Optik her mussten Sideburn mit
dem Ausstieg von Gitarrist David Pariat zwar einen Rückschlag
hinnehmen, der dieses Jahr aber spielerisch durch Boris gleichwertig
wett gemacht wurde. Darum ging es dann mit dem Opener "Get That Way"
gleich volle Kanne los. Sänger Roland Pierrehumbert spielte sogleich
seine Routine aus und poste mit seinen Kollegen um die Wette. Auch "Crocodile"
und "Slave To The Core" gerieten ordentlich, nur das Publikum wollte
nicht so recht. An der Band lag es mit Sicherheit nicht, aber
irgendwie war die Meute noch nicht richtig wach. Das änderte sich
dann bis zum Schluss kaum wesentlich. Das Rose Tattoo Cover "Rock'n'Roll
Outlaw" holte dann erwartungsgemäss noch ein paar Kohlen aus dem
Feuer, was auch nicht weiter verwunderlich war, denn die Verneigung
vor den kultigen Aussies war mehr als würdig. Insgesamt sah man eine
routinierte Show, die aber bei Weitem nicht an den vom Volkshaus
rütteln konnte. Ohne die Live-Qualitäten von Sideburn mindern zu
wollen, fand ich sie heute Abend nicht unwiderstehlich. Ausserdem
hätte man das stilistische Wagnis eingehen sollen, einer
unbekannteren (Schweizer) Band einen Aufritt vor dem Krokus Publikum
zu gewähren. Wie gesagt: Solider Gig, aber diesmal keine
Meisterleistung.
Set-Liste: "Get That Way", "Crocodile", "Slave To The Core",
"Gangster Lover", "Trouble Maker", "Nostalgic", "Never Kill The
Chicken", "Rock'n'Roll Outlaw", "Voodoo Girl", "Gasoline" & "Hell On
Wheels".
Krokus
Auf diesen Auftritt war ich gespannt wie ein Flitzebogen in dem
Sinne, wie sich die guten, neuen Songs von "Hellraiser" neben den
alten Klassikern schlagen werden. Das dachten sich offensichtlich
auch einige Hundertschaften, die an diesem Abend den Weg ins Z7
gefunden hatten. Dass dabei der Altersdurchschnitt eher ab 25
aufwärts war, überraschte nicht wirklich, obschon es auch zahlreiche
junge Fans im Publikum gab. Da ich bereits Besitz der Setliste war,
das heisst des Konzertes im
Berner
Bierhübeli vom 16.11.06, wusste ich eigentlich schon ziemlich genau,
welche Songs gespielt werden sollten. So kam es dann, dass ich die
erste Triplette (mit ausschliesslich neuem Material), darunter den
Titeltrack als Opener aus dem Fotograben begutachten konnte. So
richtig los ging es eigentlich erst mit einer explosiven Version von
"Long Stick Goes Boom" und spätestens mit einem weiteren
Oldtime-Classix namens "Bad Boys, Rag Dolls" brachen die Dämme. Die
Band zeigte sich agil und spielfreudig, ein Bild, das die neue
aktuelle Formation erst seit ein paar Monaten bietet. Weniger gut
war hingegen der Sound, der mindestens von meinem Standort aus
(Mitte der Halle, etwa 3 - 4 Meter vor dem Mischpult) ziemlich
basslastig und dadurch völlig breiig daher kam. Zwischendurch hörte
man Mandy's Klampfe kaum bis gar nicht! Leider änderte sich das mehr
oder weniger bis zum Schluss nicht wesentlich. Das war natürlich
schade, zumal sich zusätzlich ein ziemlich nervender Brumm-Ton breit
machte und wie wenn das nicht schon genug gewesen wäre, streikte bei
"Angel Of My Dreams" das Mikrophon des "Maltese Falcon". Marc und
seine Hinterleute brachte das freilich nicht aus dem Konzept und so
zockten Krokus munter weiter. "Midnight Fantasy" empfahl sich
derweil als zukünftiges Zugpferd im Live-Set, während mir die neue
Interpretation (mit Mandy's Intro) vom Übertrack "Screaming In The
Night" abermals und definitiv nicht mundete. Das kriegt(e) Fernando
von
Arb klar besser hin. Ohrenbetäubend, sprich total übersteuert, wurde
die Power von "Spirit Of The Night" in einem undifferenzierten
Phon-Angriff regelrecht verballert, schade! Das Publikum ging soweit
ordentlich mit, aber eine Mega-Stimmung war nicht auszumachen. Das
war fünf Tage zuvor in Marc's Heimat Malta wohl anders. Das Konzert
ansich war ohne Zweifel top, aber ich hatte schon deutlich bessere
Auftritte (notabene mit dem jetzigen Line-Up!) gesehen.
Nichtsdestotrotz konnte man aber sehen und hören, dass die Schweizer
Rockmaschine Nr.1 immer noch bestens geschmiert ist und gehörig
Power in den Knochen hat. Ob es allerdings in der nächsten Zeit
(nach 1982) zu einem neuerlichen Auftritt im Hallenstadion kommen
wird, kann derzeit nicht schlüssig beantwortet werden. "Eat The Rich"
als letzte Zugabe zeigte nach etwas mehr als 105 Minuten auf jeden
Fall eindrucksvoll, warum der Bandname Krokus auch mit dem leicht
veränderten Logo immer noch sehr hell im helvetischen Rock-Himmel
aufleuchtet..., Rock'n'Roll tonight..., wie wahr!
Set-Liste: "Hellraiser", "Too Wired Too Sleep", "Hangman", "Long
Stick Goes Boom", "Bad Boys, Rag Dolls", "Midnight Fantasy", "Fight
On", "Screaming In The Night", "Spirit Of The Night", "American
Woman", "Angel Of My Dreams" "Easy Rocker", "Rock City" "Rock'n'Roll
Tonight", "Celebration", "Headhunter", "Bedside Radio" & "Eat The
Rich" (anstelle von "Rocks Off"!).
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