Livereview: Krokus - Uriah Heep - Juraya
17. Dezember 2010, Bern - BEA Expo Halle 310
By Rockslave
Eine Woche vor Heiligabend war in der Landes-Hauptstadt Bern noch etwas gepflegter "Lärm" angesagt, dem man sich als geneigter Rockfan eigentlich nicht entziehen konnte. Während die erste Veranstaltung mit «Rockin' Christmas Festival» benamst wurde, fand am Tag darauf (entsprechend dem Härtegrad) das «Metal Christmas Festival mit insgesamt sieben Bands, darunter Korpiklaani, Sabaton und U.D.O. statt. Einen Tag zuvor sollten es eigentlich drei Protagonisten sein, nämlich The Sweet (oder was noch von ihnen übrig ist), Uriah Heep und Krokus als Headliner. Bevor man die Sache jedoch angehen konnte, musste das Publikum ja zuerst anreisen und das war an diesem Freitag Abend aufgrund der prekären (Neu-) Schneeverhältnisse wahrlich kein Zuckerschlecken. Darum waren an diesem Abend die öffentlichen Verkehrsmittel, sprich Zug und Tram klar Trumpf und ich sollte das nicht bereuen! Leider widerfuhr The Sweet das grosse Pech, dass sie irgendwo stecken geblieben waren. So musste für sie ziemlich rasch Ersatz gefunden werden und die Veranstalter hatten Glück!

Juraya

Die Schweizer Rockband aus dem Raum Interlaken war schon mal im Z7 in Pratteln zu Gast und zwar als Support von MSG im Frühherbst 2009. Eigentlich hätte das Konzert mit der ersten Band des Abends um 19.00 Uhr beginnen sollten, aber den eigenen Angaben zu Folge waren die Musiker kurz vor 17.00 Uhr noch schön brav zu Hause oder wo auch immer, als ein dringlicher Anruf aus Bern kam. Juraya fackelten darauf nicht lange, luden kurzerhand auf was sie brauchten und brausten unverzüglich in Richtung Berner Expo Halle davon. Eine halbe Stunde nach dem offiziellen Start des Anlasses, also 19.30 Uhr waren die vier Giele (zu Deutsch: Jungs) ready und der Veranstalter sicherlich froh, dass alles so kurzfristig organisiert werden konnte. Mit der Zeit drang es durch, dass der Beginn des «Rockin' Christmas Festival» nicht planmässig stattfinden konnte. Für Juraya war dieser Spontaneinsatz freilich wie vorgezogene Weihnachten, denn sie konnten vor gut 1'000 Leuten aufspielen. Entsprechend motiviert gingen sie ans Werk und steigerten sich mit jedem Song. Der glatzköpfige Sänger Peter Urfer bewies dabei seine unbestrittenen Qualitäten als Frontmann und auch der Rest der Truppe mit Gitarrist Gian Carlos Monn, Bassist Bill Jürg und Schlagzeuger Thomas Wälti hinterliess einen tighten Eindruck. Diese Spontanität übertrug sich bald auf die Stimmung in der Halle, die immer besser wurde. Die Rahmenbedingungen in Sachen Sound und vor allem dem üppigen Licht hatten dabei einen nicht unerheblichen Anteil an dieser erfreulichen Tatsache. Die synthesizerfreie Mucke bestand zum einen aus Songs des Albums «Open Secrets», allenfalls auch neuerem Material und mindestens einem Cover wie dem ganz passablen Manfred Mann Klassiker «Davy's On The Road Again». Nach rund 35 Minuten gab es deshalb zu einem ganz feinen Schlussapplaus nur zufriedene Gesichter..., auf der wie vor der Bühne.

Setliste: «Meaning Of Life» - «Tinsle Town» - «Secrets Of Love» - «Separate Ways» - «Times Of Desire» - «Davy's On The Road Again» - «Magic» - «Guilty» -- «My Way» (bin zwar nicht mehr ganz sicher, ob diese Zugabe wirklich gespielt wurde).

Uriah Heep
Eines war für mich schon klar, bevor auch nur ein Ton gespielt wurde..., das hypergeniale Konzert neun Tage zuvor in Aarburg würde niemals getoppt werden können. Und, um es gleich vorweg zu nehmen, ich hatte Recht. Allerdings sagt man dem natürlich jammern auf hohem Niveau, denn bislang habe ich noch kein einziges, schlechtes Konzert von Mick Box und Co. gesehen. Eine Weile sah es zwar so aus, wie wenn auch die zweite Band des Abends den Schneewirren Tribut hatte zollen müssen, weil um 20.30 Uhr hörte ich von einem der Stage-Mitarbeiter, dass die Band noch nicht mal in Bern angekommen sei! Das waren nun in der Tat keine guten Nachrichten, die aber eine knappe halbe Stunde später nicht mehr von Bedeutung waren, als Uriah Heep auf die längstens hergerichtete Bühne stiegen und es gleich mit «Wake The Sleeper», gefolgt von «Overload», ordentlich krachen liessen. Spätestens beim ersten Oldie «Return To Fantasy» waren die Musiker so quasi warm gespielt und die Fans der Lethargie des voran gegangenen Wartens entflohen. Aufgrund der verkürzten Setliste als zweiter Support von Krokus traten die Briten schon jetzt zur Reise in die musikalische Vergangenheit an und zelebrierten ihre zeitlose Musik. Der Sound war ganz ok, obwohl dieser in der grossen Halle niemals die Kompaktheit wie in einer deutlich kleineren Location erreichte. Die BEA Expo Halle fasst maximal etwa 4'500 Fans, wenn die Hütte ausverkauft ist. Heute Abend war vielleicht knapp ein Drittel davon anwesend, weshalb die Halle etwa in der Mitte mit grossen, schwarzen Tüchern abgehängt, respektive verkleinert wurde. Trotzdem hatte es noch genügend Freiraum, aber das anwesende Publikum war gut drauf und ergötzte sich an den kultigen Songs der Altmeister. Bassist Trevor Bolder legte sich auch in Bern voll ins Zeug, optisch wie spieltechnisch. Der geniale, schon fast knarzende Klang aus dem "Moonwalker Club» stellte sich leider nicht in der gleichen Intensität ein, aber das war ja auch nicht zu erwarten. Uneingeschränkte Freude bereitete hingegen «Stealin'», das bei den jeweiligen Headliner-Gigs nicht immer in der Setliste auftaucht. Mein Favorit war aber klar «July Morning», wo abermals alle Register gezogen wurden. Dieser inzwischen sagenhaft 40-jährige (!) Übersong gehört zum Weltkultur-Erbe der Rockmusik und ist schlicht und ergreifend "unkaputtbar". Das bestens bekannte Keyboard-Intro auf der 71er Studio-Scheibe «Look At Yourself» wurde übrigens von einem gewissen Manfred Mann eingespielt! «Easy Livin'» beendete den Hauptteil und als Zugabe setzte «Sunrise» die letzte Duftmarke des knapp stündigen Auftrittes. Fehlt da nicht noch was? Die gleiche Frage stellten sich wohl noch einige mehr, aber es war Tatsache: «Lady In Black» wurde tatsächlich ausgelassen! Hört sich an sich komisch an, war aber so. Da der Radio-Smasher auf der Setliste weder aufgeführt noch allenfalls doch vorhanden, dann aber durchgestrichen war, gehe ich jetzt mal davon aus, dass er der Support-Rolle geopfert werden musste.

Setliste: «Intro/Wake The Sleeper» - «Overload» - «Return To Fantasy» - «Bird Of Prey» - «Stealin'» - «Free An' Easy» - «Gypsy» - «Look At Yourself» - «July Morning» - «Easy Livin'» -- «Sunrise».

Krokus
Dieser Auftritt stand für meine Wenigkeit ganz im Fokus der Entwicklung seit dem Tourstart der «Hoodoo»-Tour, die ja im vergangenen Frühling ihren Anfang nahm. Dazwischen lag vor allem die bemerkenswerte Visitenkarte, die man in Balingen beim BYH!!!-Festival hinterlassen hatte, sowie einige weitere Openair-Auftritte in Deutschland, Österreich, Frankreich, Luxemburg und der Tschechischen Republik. Im Rahmen des heimatlichen «Rockin' Christmas Festival» von insgesamt vier Konzerten war die Berner Stippvisite der dritte Streich. Die Bedingungen konnten somit nicht besser sein, dass man eigentlich auf eine top eingespielte Band treffen sollte. Der Set-Auftakt gebührte traditionell wie immer «Long Stick Goes Boom» und war bereits ein erster Gradmesser dafür, ob das Ganze mit dem erwünschten Druck rüber kam oder nicht. Und in der Tat vermochten die ersten Minuten erfreulicher-weise zu überzeugen. Meine persönliche Wahrnehmung davon war im Fotograben während den ersten drei Songs allerdings etwas eingeschränkt. Danach mischte ich mich mitten unters Fussvolk und liess mich einfach nur noch voll beschallen. «Shot Of Love», mein Lieblingssong vom neuen Album, geriet abermals vorzüglich und trotz zu Beginn etwas basslastigem Sound konnte man mit dem Gezeigten durchaus zufrieden sein. Marc Storace war stimmlich voll auf der Höhe, auch wenn er nicht mehr ganz alle hohen Gesangslinien so wie früher bringen kann. Im Vergleich mit Kollegen in seinem Alter schlägt er sich jedoch immer noch glänzend. Das schleppende «Winning Man» bildete zum direkt nachfolgenden «Rock'n'Roll Handshake» die kaum fassbare Zeitbrücke von 29 Jahren und «Tokyo Nights» setzte noch einen drauf und markierte satte drei Dekaden! Unseren geschätzten LesernInnen dürfte bei meinen Berichten längst aufgefallen sein, dass ich oft solche Zeitsprünge dokumentiere, aber es ist nun mal Tatsache, dass altgediente Bands nebst vielen neuen und jungen Gruppen noch längst bestehen können. Das wird sich jedoch von jetzt an gerechnet in wenigen Jahren laufend verändern und darum ist es empfehlenswert, sich alles noch anzusehen, solange es geht! So gross die Freude über die Rückkehr des alten Lineup von Krokus ist, so wehmütig denkt man an Songs, die man trotz allem wohl nicht mehr live hören wird. Damit einher geht natürlich die Setliste als solche, die halt seit Längerem mehr oder weniger gleich geblieben ist. Klar, die Hits wie «American Woman», «Tokyo Nights» oder «Heatstrokes» fehlen ja nicht, aber wo bleibt zum Beispiel «Stayed Awake All Night», «Nightwolf» (ok, mit Mandy Meyer und Stefan Schwarzmann kam der ja wieder!) oder ein paar Songs des unbestritten geilen «To Rock Or Not To Be» Albums? Immerhin hat sich «Easy Rocker» gehalten und ja..., «Headhunter»..., doch lassen wir dieses Thema ruhen und erfreuen uns an dem was ist, und das ist ja beileibe nicht schlecht! Was mir heute Abend besonders gefiel, respektive auffiel, war ein sichtlich agilerer Mark Kohler, der sich öfters mal auf der Bühne hin und her bewegte und wie in alten Zeiten mit Fernando von Arb um die Wette poste. Freddy Steady schien auch auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen und seien wir jetzt mal ehrlich..., «Nightwolf» würde jetzt also wirklich drin liegen. Wie dem auch sei..., derweil hielt sich der Kopftuch tragende Bassist mit eher schräg anmutenden Wortmeldungen ans Publikum soweit zurück und lieferte einen soliden, wenn auch unspektakulären Rhythmus-teppich bei. «Hoodoo Woman» als erste Zugabe hat sich inzwischen definitiv zu einem Live-Klassiker gemausert und konnte die grundsätzlich gute Stimmung noch einmal anheben. Da ich mich (und viele andere wohl auch) mental schon auf das unweigerliche wie immer noch unnötige Steppenwolf-Cover «Born To Be Wild» als Konzertabschluss eingestimmt hatte, wurde überraschend und zu Ehren von Steve Lee (R.I.P.) der Bob Dylan Smasher «Mighty Quinn» (allgemein bekannter in der Version von Manfred Mann's Earth Band) gespielt. Eine nette wie aufrichtige Geste für den tragisch verstorbenen Freund, die dankbar und mit einem gebührenden Schlussapplaus bedacht wurde. Mir hat das Gezeigte auch vom Sound und dem Licht her sehr gefallen und die ganze Chose hatte klar mehr Biss als beim ersten Konzert in Zuchwil. Mal sehen, was die Zukunft also noch bringen wird, doch zuerst standen nun die Festtage und der Jahreswechsel auf dem Programm.

Setliste: «Long Stick Goes Boom» - «American Woman» - «Rock City» - «Shot Of Love» - «Winning Man» - «Rock'n'Roll Handshake» - «Tokyo Nights» - «Fire» - «Screaming In The Night» - «Rock'n'Roll Tonite» - «Easy Rocker» - «Heatstrokes» -- «Hoodoo Woman» - «Bedside Radio» --- «Mighty Quinn».