Wie hatte ich
mich auf das Konzert "meiner" L.A. Guns gefreut! Die grossartigen, die
phänomenalen, die nicht nur von mir vergötterten Jungs aus Hollywood kamen auf ihrer
Europa- Tournee auch in die Schweiz, um ihre Fans mit umwerfender Musik zu überwältigen.
Doch bevor es losging wurde die Bühne erst mal von der Bieler Italian Alternative
Rockband Sesto Senso in Beschlag genommen.
Kurz nach 22 Uhr wurde im Club das Licht gedämpft und Sesto Senso gaben sich die Ehre.
Leider steht mir von ihnen keine Setliste zur Verfügung, deshalb kann ich nicht auf die
Songtitel eingehen. Ich kann nur soviel sagen: Wer bitteschön hat diese Band eigentlich
gebucht? Nichts gegen Sesto Senso, als Support einer anderen Band hätten sie sich
bestimmt gut gemacht, aber ich bezweifle doch sehr, dass nach dem Auftritt der L.A. Guns
sich noch irgendwer an sie erinnerte. Das finde ich äusserst schade, denn sie gaben sich
wirklich Mühe. Am Anfang war alles noch ein wenig wirr, man hörte beim ersten Song fast
nur das Schlagzeug, und die Stimme des Sängers ging total unter. Die Pause zum zweiten
Song war ausserdem viel zu lang. Mit der Zeit wurde dies jedoch besser. Das Stageacting
passte zur Musik, und der auf der Homepage als "groovig" bezeichnete Sound hat
sich bestätigt. Zwei sehr gute Songs wurden dargeboten, der Rest war jedoch völlig
unspektakulär. In den "Rest" beziehe ich auch den Nebel auf der Bühne sowie
die Lichtshow mit hinein. Es ist ein Jammer, dass Sesto Senso so schlecht abgeschnitten
haben, denn auf einer anderen Bühne als Support einer anderen Band wären sie besser
gewesen. In Spanien sahnen sie nämlich mächtig ab, so schlecht können sie also nicht
sein. Sie waren lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich wage mal ganz leise zu
flüstern, dass eine Band wie Shakra als Opener viel passender gewesen wäre.
Um 23.15 Uhr erklangen die ersten Töne des traumhaften "Over the Edge", die
Meister waren da! Phil Lewis riss mich von der ersten Sekunde an mit seiner Stimme so sehr
mit, dass ich etwas Mühe hatte, mich aufs Fotografieren zu konzentrieren. Als er das
Publikum dann auch noch mit "Welcome to Hollywood" begrüsste, schwand in mir
jegliches Bewusstsein, dass wir uns im Schweizerischen Luzern befinden, denn auf der
Bühne prangte dominierend die Amerikanische Flagge. Weiter ging es mit dem schnellen und
rockigen "Sex Action", bei dem die Technik und das Zusammenspiel einwandfrei
verliefen. Danach kam das bekannte und immer wieder gern gehörte "Never
enough", gefolgt von "Rock 'n' Roll Outlaw". Es gibt eine Sache, die
unbedingt erwähnt werden muss, nämlich die Bühnenoutfits. Ich hätte nicht gedacht,
dass ich sowas mal erleben würde, zumindest nicht in der Schweiz. Gitarrist Stacey Blades
zum Beispiel trug hautenge, schwarze Lederhosen mit roten Sternen an den Seiten. Wo kriegt
man so einen scharfen Fummel, wenn nicht in L.A.? Wie gerne hätte ich ihn angesprungen
und ihm das Teil vom Leib gerissen! Aber nicht weil er so sexy ist, sondern nur wegen der
Hosen. Selbstverständlich trug er die obligate Kette um den Hals mit dem goldenen Schloss
dran. Auch Phil Lewis hat klamottentechnisch nicht versagt, er wäre ebenfalls
ein "Anspring und Auszieh" - Kandidat gewesen. Natürlich durfte bei ihm die
lederne Beinbekleidung nicht fehlen, kombiniert mit einem schwarzen Hemd mit
mittelalterlichen Stickereien vorne, darüber ein langer, schwarzer Mantel. Mit der Zeit
wurde es immer wärmer, und er musste den schönen Mantel ausziehen. Es gab noch eine
witzige Handlung, die vielleicht nicht jeder im Publikum mitgekriegt hat. Ich stand
glücklicherweise direkt vor der Bühne und sah dadurch, wie Phil Lewis seine angerauchte
Zigarette auf den Boden warf. Auch Bassist Adam Hamilton hatte dies beobachtet, denn er
sah Phil erstaunt an, nahm die brennende Zigarette auf und rauchte sie weiter. Was auch
erwähnt werden muss ist Steve Riley's Drumkit, denn es war optisch ein wahres
Schmuckstück! In Bronze gehaltener Glitter überzog diese Perle von einem Schlagzeug. All
diese Einzelheiten waren es, die mich immer an diesen Abend erinnern werden, und ich hoffe
sehr, dass es anderen Fans genauso geht. Die Songauswahl war nicht schlecht, doch leider
fehlte "Hollywood Tease". Dafür waren aber "Beautiful" und
"Electric Gypsy" dabei, und als vorletztes Stück durfte natürlich "The
Ballad of Jayne" nicht fehlen, welches Phil mit den Worten "Wenn wir diesen Song
nicht spielen, lasst Ihr uns nicht aus dem Gebäude" ankündigte. Nicht zu vergessen
das Bandsolo ohne Phil Lewis, sowie Steve Riley's hervorragendes Drumsolo, diese waren
wirklich ausgezeichnet. Phil redete hin und wieder mit dem Publikum, und zwar geradezu
ideal: nicht zuviel, nicht zuwenig. Das Erlebnis (Konzert kann man es schon gar nicht
mehr nennen, ich zumindest nicht) endete mit "Rip and Tear", bei dem Phil einen
Fan ein paar Zeilen singen liess. Zum Schluss stellte er alle Member vor,bevor die L.A.
Guns endgültig die Bühne verliessen.
Danach lief ich nichts ahnend ins Foyer raus, begleitet von totaler Übermüdung und einer
tierischen Migräne. Doch dann sah ich die Band da stehen, und plötzlich war beides
vergessen! Ich rechne es den L.A. Guns sehr, sehr hoch an, dass sie sich unter ihre Fans
mischten um Autogramme zu verteilen und sich mit den Leuten fotografieren zu lassen. Sie
kamen total menschlich rüber, ganz normale Jungs ohne irgendwelche Starallüren. Ich
konnte mich sogar etwas länger mit Stacey Blades und Phil Lewis unterhalten. Bei Stacey
stellte sich heraus, dass wir einen gemeinsamen Freund in L.A. haben, und Phil
interessierte sich für den Anhänger an meiner Halskette. Sie zeigten sich alles andere
als kamerascheu und posierten mit mir vor der Digicam. Es war witzig und absolut
unglaublich. Nachdem ich Bands wie Kiss, Iced Earth oder AC/DC live gesehn habe mit ihren
pompösen Shows, mag es vielleicht seltsam klingen, aber ich muss es einfach loswerden:
das war das beste, was ich je gesehn habe! Es war total natürlich, absolut ungekünstelt
und genial, einfach echt. Kein grosses Tamtam, Pyros oder andere übertriebenen visuellen
Effekte. Es waren einfach vier Männer aus L.A., die ihren Job sehr gut gemacht haben und
für einen Abend gesorgt haben, den ich nie und nimmer vergessen werde!
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