Livereview: Leave's Eyes - Atrocity - Elis
27. April 2006, Zürich Dynamo/Werk 21
By Wishmaster & Toby     All Pics by Wishmaster
Wer schon einige Male im Werk 21, sprich dem Keller des Dynamo's, an Parties oder Konzerten war, der weiss, wie die Wärmeverhältnisse dort meistens sind: Mit der Zeit wird es dermassen warm, dass man meinen könnte, die globale Erwärmung hat hier ihr Zentrum. Dass die Eingangstüren zuweilen offen sind, bringt leider nur minimale Linderung, und dass viele Metalheads und Gothics gerne rauchen, trägt eher zu einer stickigen Atmosphäre bei. Wobei sie auch wiederum etwas Familiäres an sich hatte, denn dies ist beinahe schon das Markenzeichen des Werk 21... - Gut, ich will mich hier nicht beklagen und an der Location herum mäkeln, denn es geht hier um etwas völlig anderes: Nämlich um das Familientreffen par excellence, dargestellt durch Alexander Krull und Liv Kristine Espenaes-Krull. Eigentlich fehlte nur noch ihr Sohn, dann wäre die Familie tatsächlich komplett gewesen. Doch der Sprössling dürfte schon tief und fest geschlafen haben, als sich sein Papa und seine Mama auf die Bühne des Dynamos begaben, um ihr Programm zu präsentieren.

Elis
Doch bevor die Bühne für die Familie Krull freigmacht wurde, war es erst Zeit für Elis. Für die Lichtensteiner war es nicht ganz einfach, da der Krull-Express einiges an Verspätung hatte. Statt 13 Uhr Nachmittags, erschienen die Musiker erst um 18 Uhr. Dies hatte natürlich folgen auf den Zeitplan, da ja erst die Soundchecks anstanden. So blieb für Elis nicht viel Vorbereitungszeit übrig und der Konzertbeginn verschob sich um fast eine Stunde. Für die wartende Masse war es dann die Erlösung, als endlich die Pforten zum Kellergewölbe geöffnet und die ersten Klänge von Elis zu vernehmen waren. Elis rockten routiniert die Bretter und gaben einige ihrer Klassiker zum Besten. Darunter natürlich auch Songs vom aktuellen Album wie "Der letzte Tag" und "Die Zeit". Doch neben Bewährtem gab es auch eine Kostprobe vom wohl bald kommenden neuen Album mit dem Song "Show me the way". Neben dieser Neuigkeit, war es auch für den neuen Gitarristen Christian Gruber die Feuertaufe, im sich stetig erwärmenden Treibhaus. Der Sound von Elis war sehr basslastig und sicherlich alles andere als perfekt (sicherlich eine Auswirkung der Zeitnot), jedoch konnte dies die Fans nicht erschüttern, der Truppe ihren Applaus zu spenden. So sorgten Elis für 'ne gute halbe Stunde schon mal für angenehme Stimmung und die ersten Schweisstropfen im Gewölbe.

Atrocity
Nach einer relativ kurzen Pause nach den Goth-Metallern Elis war es dann auch endlich soweit: Atrocity betraten die Bühne, allen voran Mastermind und Preisträger für die vermutlich längste Matte der Welt: Alexander Krull. Im Hintergrund agierte seine Ehefrau Liv Kristine und begeisterte durch ihre wunderbaren, wenngleich auch sehr leisen Vocals als Kontrast zu den wütenden Growls und tiefen Gesängen ihres Gatten. Der hatte sichtlich Spass bei der Arbeit, denn zwischen den Stücken gab er immer wieder mal einen humorvollen Spruch von sich und betonte, dass er sich freue, hier zu sein. Gut, dies kann man als Pflichtübung und Tribut an die jeweilige Location ansehen, aber man merkte Alex an, dass er dies auch wirklich so meinte. Er forderte das Publikum auch immer wieder auf, die Hände zu erheben oder mitzuklatschen, teilweise auch mitzusingen. Dem Enthusiasmus wirkte jedoch eine eher träge Masse entgegen, die zwar brav mitmachte, aber kaum mitsang oder von alleine die Initiative ergriff. Kurzum: Der Funke wollte nie so recht überspringen, egal wie gross die Mühe von Alex war. Vielleicht lag dies an der, im Kontrast zu Leave's EyesKlängen, eher härteren und nicht ganz so eingängigen Art des Atrocity-Sounds. Dennoch brachte Atrocity die Meute zwischendurch zum Kochen, besonders das finale "Shout" von der "Werk 80" Scheibe führte zu einem generationsübergreifenden Mitgejohle und für eine bombastische Stimmung. Neben diesem Tears For Fears Klassiker, sorgten auch "The great commandment" und "Cold black days" für die Höhepunkte im Atrocity-Set und weiter steigende Temperaturen.

Leave's Eyes
Frustriert war Alex jedoch keineswegs, sondern machte ungetrübt mit der selben Spielfreude weiter, die nicht mit dem letzten Song endete, sondern sogleich in die Band seiner Ehefrau Liv überging. Einen Musikertausch mit grossen Instrumentenwechseln gab es nicht, denn Alex' Band war ebenso für den Sound von Leave's Eyes verantwortlich. Nun merkte man auch deutlich, dass an diesem Abend die meisten Leute wegen Leave's Eyes angereist waren. Die Masse stand dicht gedrängt vor der Bühne und liess sich von Madame Liv verzaubern. Mit Songs wie "Into your light", "Farwell proud man" und "Elegy" im Gepäck, dem sehr familiären Ambiente des Werk 21 und der natürlichen Ausstrahlung dieses engelsähnlichen Wesens, wurde der Abend zum Genuss für die Sinne und sorgte für eine tolle Stimmung. Als Europa-Premiere wurde auch der Titelsong der kommenden "Legend Land"-EP gespielt, sehr zur Freude des Publikums. Auch ruhige Nummern wie "Leave's eyes" heizten den ohnehin schon hohen Temperaturen weiter ein und sorgten für die magischen Momente, eingehüllt in nordländischen Melodien. A propos Sound: An den Reglern musste wohl oder übel in der Zwischenzeit was passiert sein, denn war die Qualität von Atrocity kaum von Mängeln getrübt, so gab es bei Leave's Eyes immer wieder Rückkopplungs-Geräusche zu hören, die schon ein wenig an den Nerven zerrten und ein Fragezeichen gegenüber den Tontechnikern aufwarfen. Ansonsten war der Auftritt von Liv und Alex, welche nun die Rollen getauscht hatten, einsame Klasse und hätte berührender nicht sein können. Sie scherzten auf der Bühne miteinander und mit dem Publikum, und es war wirklich beinahe so, als wäre es ein Familientreffen der besonderen Art. Immer wieder sagten sowohl Liv als auch Alex ‚Danke und sogar ‚Merci, und ich kann nur sagen: Merci, dass ihr so gut gelaunt und unterhaltsam wart, und bis zum nächsten Mal...

Nach erfolgtem Konzert stellte sich Liv noch den Fans, gab Unterschriften und unterhielt sich mit den Konzertgängern. Auch mir lief sie noch kurz über den Weg und wie sie mir berichtete, machte ihr der Auftritt enormen Spass. Trotz den Temperaturen und der kleinen Location war es für sie ein toller Event, welcher sie entzückte..., wie uns auch!