Wer schon einige Male im Werk 21, sprich dem
Keller des Dynamo's, an Parties oder Konzerten war, der weiss, wie
die Wärmeverhältnisse dort meistens sind: Mit der Zeit wird es
dermassen warm, dass man meinen könnte, die globale Erwärmung hat
hier ihr Zentrum. Dass die Eingangstüren zuweilen offen sind, bringt
leider nur minimale Linderung, und dass viele Metalheads und Gothics
gerne rauchen, trägt eher zu einer stickigen Atmosphäre bei. Wobei
sie auch wiederum etwas Familiäres an sich hatte, denn dies ist
beinahe schon das Markenzeichen des Werk 21... - Gut, ich will mich
hier nicht beklagen und an der Location herum mäkeln, denn es geht
hier um etwas völlig anderes: Nämlich um das Familientreffen par
excellence, dargestellt durch Alexander Krull und Liv Kristine
Espenaes-Krull. Eigentlich fehlte nur noch ihr Sohn, dann wäre die
Familie tatsächlich komplett gewesen. Doch der Sprössling dürfte
schon tief und fest geschlafen haben, als sich sein Papa und seine
Mama auf die Bühne des Dynamos begaben, um ihr Programm zu
präsentieren.
Elis
Doch bevor die Bühne für die Familie Krull freigmacht wurde, war es
erst Zeit für Elis. Für die Lichtensteiner war es nicht ganz
einfach, da der Krull-Express einiges an Verspätung hatte. Statt 13
Uhr Nachmittags, erschienen die Musiker erst um 18 Uhr. Dies hatte
natürlich folgen auf den Zeitplan, da ja erst die Soundchecks
anstanden. So blieb für Elis nicht viel Vorbereitungszeit übrig und
der Konzertbeginn verschob sich um fast eine Stunde. Für die
wartende Masse war es dann die Erlösung, als endlich die Pforten zum
Kellergewölbe geöffnet und die ersten Klänge von Elis zu vernehmen
waren. Elis rockten routiniert die Bretter und gaben einige ihrer
Klassiker zum Besten. Darunter natürlich auch Songs vom aktuellen
Album wie "Der letzte Tag" und "Die Zeit". Doch neben Bewährtem gab
es auch eine Kostprobe vom wohl bald kommenden neuen Album mit dem
Song "Show me the way". Neben dieser Neuigkeit, war es auch für den
neuen Gitarristen Christian Gruber die Feuertaufe, im sich stetig
erwärmenden Treibhaus. Der Sound von Elis war sehr basslastig und
sicherlich alles andere als perfekt (sicherlich eine Auswirkung der
Zeitnot), jedoch konnte dies die Fans nicht erschüttern, der Truppe
ihren Applaus zu spenden. So sorgten Elis für 'ne gute halbe Stunde
schon mal für angenehme Stimmung und die ersten Schweisstropfen im
Gewölbe.
Atrocity
Nach einer relativ kurzen Pause nach den Goth-Metallern Elis war es
dann auch endlich soweit: Atrocity betraten die Bühne, allen voran
Mastermind und Preisträger für die vermutlich längste
Matte
der Welt: Alexander Krull. Im Hintergrund agierte seine Ehefrau Liv
Kristine und begeisterte durch ihre wunderbaren, wenngleich auch
sehr leisen Vocals als Kontrast zu den wütenden Growls und tiefen
Gesängen ihres Gatten. Der hatte sichtlich Spass bei der Arbeit,
denn zwischen den Stücken gab er immer wieder mal einen humorvollen
Spruch von sich und betonte, dass er sich freue, hier zu sein. Gut,
dies kann man als Pflichtübung und Tribut an die jeweilige Location
ansehen, aber man merkte Alex an, dass er dies auch wirklich so
meinte. Er forderte das Publikum auch immer wieder auf, die Hände zu
erheben oder mitzuklatschen, teilweise auch mitzusingen. Dem
Enthusiasmus wirkte jedoch eine eher träge Masse entgegen, die zwar
brav mitmachte, aber kaum mitsang oder von alleine die Initiative
ergriff. Kurzum: Der Funke wollte nie so recht überspringen, egal
wie gross die Mühe von Alex war. Vielleicht lag dies an der, im
Kontrast zu Leave's EyesKlängen, eher härteren und nicht ganz so
eingängigen Art des Atrocity-Sounds. Dennoch brachte Atrocity die
Meute zwischendurch zum Kochen, besonders das finale "Shout" von der
"Werk 80" Scheibe führte zu einem generationsübergreifenden
Mitgejohle und für eine bombastische Stimmung. Neben diesem Tears
For Fears Klassiker, sorgten auch "The great commandment" und "Cold
black days" für die Höhepunkte im Atrocity-Set und weiter steigende
Temperaturen.
Leave's Eyes
Frustriert war Alex jedoch keineswegs, sondern machte ungetrübt mit
der selben Spielfreude weiter, die nicht mit dem letzten Song
endete, sondern sogleich in die Band seiner Ehefrau Liv überging.
Einen Musikertausch mit grossen Instrumentenwechseln gab es nicht,
denn Alex' Band war ebenso für den Sound von Leave's Eyes
verantwortlich. Nun merkte man auch deutlich, dass
an diesem Abend die meisten Leute wegen Leave's Eyes angereist
waren. Die Masse stand dicht gedrängt vor der Bühne und liess sich
von Madame Liv verzaubern. Mit Songs wie "Into your light", "Farwell
proud man" und "Elegy" im Gepäck, dem sehr familiären Ambiente des
Werk 21 und der natürlichen Ausstrahlung dieses engelsähnlichen
Wesens, wurde der Abend zum Genuss für die Sinne und sorgte für eine
tolle Stimmung. Als Europa-Premiere wurde auch der Titelsong der
kommenden "Legend Land"-EP gespielt, sehr zur Freude des Publikums.
Auch ruhige Nummern wie "Leave's eyes" heizten den ohnehin schon
hohen Temperaturen weiter ein und sorgten für die magischen Momente,
eingehüllt in nordländischen Melodien. A propos Sound: An den
Reglern musste wohl oder übel in der Zwischenzeit was passiert sein,
denn war die Qualität von Atrocity kaum von Mängeln getrübt, so gab
es bei Leave's Eyes immer wieder Rückkopplungs-Geräusche zu hören,
die schon ein wenig an den Nerven zerrten und ein Fragezeichen
gegenüber den Tontechnikern aufwarfen. Ansonsten war der Auftritt
von Liv und Alex, welche nun die Rollen getauscht hatten, einsame
Klasse und hätte berührender nicht sein können. Sie scherzten auf
der Bühne miteinander und mit dem Publikum, und es war wirklich
beinahe so, als wäre es ein Familientreffen der besonderen Art.
Immer wieder sagten sowohl Liv als auch Alex ‚Danke und sogar ‚Merci,
und ich kann nur sagen: Merci, dass ihr so gut gelaunt und
unterhaltsam wart, und bis zum nächsten Mal...
Nach erfolgtem Konzert stellte sich Liv noch den Fans, gab
Unterschriften und unterhielt sich mit den Konzertgängern. Auch mir
lief sie noch kurz über den Weg und wie sie mir berichtete, machte
ihr der Auftritt enormen Spass. Trotz den Temperaturen und der
kleinen Location war es für sie ein toller Event, welcher sie
entzückte..., wie uns auch!
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