Da doch die Schweizer Fans auch ordentlich
für Lordi am "ESC" in Athen (20.5.06) stimmten, war die Freude
grosse, dass die Truppe auch ein Gastspiel in Helvetien auf dem
diesjährigen Tourplan stehen hatte. Ursprünglich war das Konzert im
etwa 900 Fans (wenn ausverkauft!) fassenden Rohstofflager angesagt,
musste dann aber wegen grösserem Andrang ins X-Tra verlegt werden.
Das hatte mindestens zwei entscheidende Vorteile: Erstens waren an
die 1'500 Fans ins X-Tra gekommen und zweitens hätten Lordi im
Rohstofflager höchstens ein Päckli Knallfrösche anzünden und gleich
wieder löschen können. Das X-Tra mit seinem geräumigen Innenraum bot
natürlich ideale Bedingungen für eine komplette Lordi-Show. Bevor es
jedoch soweit war, durfte meine Wenigkeit mitten am Nachmittag ein
aufschlussreiches Interview mit Ox (b) und Amen (g) führen. Was sie
zu sagen hatten und überhaupt, werdet Ihr bald nachlesen können. Als
Support hatten die finnischen Monster-Rocker eine interessante Band
als Support mit dabei: The Dogma! Die aus Italien (!) stammende
Power Metal Truppe hat mit ihrem Debüt-Album "Black Roses" eine
überraschend starke Scheibe abgeliefert, die erfreulicherweise aus
dem sonst so geläufigen Stil-Schema unserer südlichen Nachbarn
ausbricht. Die begründete Befürchtung, dass beim Schweizer Konzert
eines internationealen Headliners, wie bei anderen Bands (zum
Beispiel Deep Purple oder Gotthard) schon wiederholt vorgekommen,
ein einheimischer Support verpflichtet wird, bewahrheitete sich an
diesem Abend zum Glück nicht!
The Dogma
Mit etwa einer guten Viertelstunde Verspätung nahm das abendliche
Spektakel seinen Anfang. Die fünf Italos stürmten die Bühne und
nahmen Besitz von den paar Quadratmeterchen, die aufgrund der
bereits stehenden Elemente von Lordi halt eher bescheiden waren. Das
beeinträchtige die Band bei ihrem allerersten Auftritt in den
Schweiz (!) aber keineswegs und so ballerten sie von Anfang an voll
drauf los. Spätestens nach dem dritten Song war der Knoten beim
stetig zunehmenden Publikumsaufmarsch geplatzt und dann entwickelte
sich eine sehr beeindruckende Stimmung, die mich in dieser Form
schon etwas überraschte. Ohne die Songs im Einzelnen zu kennen, lag
der Fokus der Songs sicher bei "Black Roses", wo sich treibende
Midtempo-Stampfer mit satten Double-Bass-Drum Hämmern duellieren und
auch melodiöse Momente nicht fehlten. Und diese Mischung traf
offensichtlich den Nerv der Fans, die The Dogma, wohl verstanden als
Support (!) des Abends, eine grandiose Stimmung bescherten. Das lag
auch sicher daran, dass man mit Sänger Daniele einen charismatischen
und zugleich sehr soliden Frontmann am Mikro hatte, der die Meute
mit Leichtigkeit zu dirigieren wusste. Nicht minder aktiv waren
seine vier Mitmusiker, die auch optisch und performancemässig nichts
anbrennen liessen. Nach der obligaten Dreiviertelstunde ging ein
überzeugender Auftritt zu Ende und nicht wenige werden sich danach
die am Merch-Stand erhältliche CD geholt haben. Forza Italia!
Lordi
Das hätten sich die Finnen wohl nicht in ihren kühnsten Träumen
vorstellen können, was ihnen und der Band, respektive dessen
Geschichte im Jahre 2006, nach dem grandiosen Sieg beim "ESC" in
Athen, widerfahren würde. Und was wurde da journalistisch wie
aktionsmässig nicht alles in Gang gesetzt..., ob jetzt dafür oder
dagegen. Fakt ist, dass sich eine Zeit lang fast die ganze Welt mit
den Monster-Rockern in irgend einer Form auseinander setzen musste.
Mittlerweile hat das Rauschen im Blätterwald etwas nachgelassen und
man kann sich hauptsächlich wieder dem widmen, was man eigentlich am
liebsten macht, nämlich auf der Bühne für seine Fans abzurocken.
Nach
dem kultigen "God Of Thunder" der Altmeister Kiss und einem etwas
gekürzten Intro (dem von "Arockalypse") ging die Show Schlag
Mitternacht der Bühnenuhr mit dem Opener "Bringing Back The Balls To
Rock" gleich ordentlich los. Die Reaktion im optisch gut
ausgefüllten Saal war überwältigend und trug fast hysterische Züge,
mindestens zu Beginn. Vor der Kulisse ihres opulenten
Horror-Schlosses gingen die Akteure sogleich in Stellung, rissen
ihre altbekannten Fratzen und die ersten Pyros liessen dann auch
nicht lange auf sich warten. Dazu kamen unvermittelt ein paar
unerwartet starke Knaller, die den ganzen Fotographen-Tross (der
vorne rechts aufkoloniert wurde und erst ab dem vierten Song
loslegen konnte) richtig gehend durchschüttelten. Boa..., das ging
aber echt heftig ab! Der Stage-Sound schien auch ganz laut zu sein,
wenn auch etwas undifferenziert. Für diesen Party-Hardrock würde
eine zusätzliche Rhythmus-Guitar womöglich nicht schaden, oder, je
nachdem, für noch mehr akustischen Matsch sorgen. Während die
Hintermannschaft fixe Masken und Kostüme trug, wechselte Mr. Lordi
seine
Utensilien ein paar Mal aus oder ergänzte sie. Dazu gehörten
Accessoires wie eine (weibliche) Puppe, abgehackte Gliedmassen, ein
Totem mit Pyro oder die obligate Motorsäge. Die Flüssigkeit, die
auch meine Wenigkeit im Fotograben traf, war natürlich NICHT Blut,
sondern bloss Wasser! Dafür stiegen die Funken neben der Sägescheibe
in die Höhe. Dazu hängte sich der Chef über die bereits üppige
Maskerade bei der "Butcher-Nummer" noch zusätzliche Teile (sollte
wohl Haut darstellen) an den Kopf. Bassist Ox gab derweil mal "einen
Schuss" aus einem Rak-Rohr ab, während Keyboarderin Awa einen
Pyro-Schirm kurz spazieren führte. Nicht fehlen durften natürlich
auch die ausgefahrenen Fledermaus-Flügel des Meisters. Die Set-Liste
beinhaltete eine soweit gute Mischung der bisherigen drei
Studio-Alben. Dabei war es aber so, dass zum Beispiel die zweite
neue Single "Who's Your Daddy" etwas mehr Zuspruch erhielt, als die
weniger bekannten Songs. Da zeigte sich dann zunehmend auch die
Schwäche von Lordi. Die Songs vermögen im Gesamtkontext, also
inklusive der Show-Elemente, wohl bestens zu unterhalten, aber
qualitativ kommen sie oft nicht über das Mittelmass hinaus und
ähneln
sich auch zu einem guten Teil. Das vergleichsweise bescheidene
Drum-Solo von Kita, eingebettet in ein paar bekannte Cover-Tunes (ab
Band!), hinterliess nicht nur glückliche Gesichter. Als die Band
etwas später das erste Mal "Good night" sagte und die Bühne
verliess, war noch nicht einmal eine Stunde um! Die Leute schrieen
Lordi natürlich noch zweimal zurück, bis es zum Schluss
logischerweise heissen musste: "Hard Rock Hallelujah"! Der "ESC"-Smasher
heizte die Stimmung ein letztes Mal nochmals kräftig an und dann war
nach knappen 80 Minuten jedoch sprichwörtlich Ende Feuer. Value for
money? Nun ja..., ein oder zwei Songs mehr hätten sicher nicht
geschadet, aber das ganze Paket ansich hat gestimmt und für diese
(altersmässig relativ ausgewogene) Anzahl Fans war das X-Tra mit
seinen seitlichen, schmalen Balkonen eindeutig die richtige, wenn
nicht die beste Location für eine Lordi-Show in diesem Rahmen.
Set-Liste: "Intro (God Of Thunder - Kiss)", "SCG3 Special Report", "Bringing
Back The The Balls To Rock", "Get Heavy", "Who's Your Daddy?", "Not
The Nicest Guy", "Pet The Destroyer", "Blood Red Sandman", "Biomechanic
Man", "It Snows In Hell", "Drum-Solo Kita", "The Deadite Girls Gone
Wild", "Dynamite Tonite", "Devil Is A Looser", "They Only Come Out
At Night", "Would You Like A Monsterman" & "Hard Rock Hallelujah".
|
|