Livereview: Lordi - The Dogma
4. Oktober 2006, Zürich X-Tra
By Rockslave
Da doch die Schweizer Fans auch ordentlich für Lordi am "ESC" in Athen (20.5.06) stimmten, war die Freude grosse, dass die Truppe auch ein Gastspiel in Helvetien auf dem diesjährigen Tourplan stehen hatte. Ursprünglich war das Konzert im etwa 900 Fans (wenn ausverkauft!) fassenden Rohstofflager angesagt, musste dann aber wegen grösserem Andrang ins X-Tra verlegt werden. Das hatte mindestens zwei entscheidende Vorteile: Erstens waren an die 1'500 Fans ins X-Tra gekommen und zweitens hätten Lordi im Rohstofflager höchstens ein Päckli Knallfrösche anzünden und gleich wieder löschen können. Das X-Tra mit seinem geräumigen Innenraum bot natürlich ideale Bedingungen für eine komplette Lordi-Show. Bevor es jedoch soweit war, durfte meine Wenigkeit mitten am Nachmittag ein aufschlussreiches Interview mit Ox (b) und Amen (g) führen. Was sie zu sagen hatten und überhaupt, werdet Ihr bald nachlesen können. Als Support hatten die finnischen Monster-Rocker eine interessante Band als Support mit dabei: The Dogma! Die aus Italien (!) stammende Power Metal Truppe hat mit ihrem Debüt-Album "Black Roses" eine überraschend starke Scheibe abgeliefert, die erfreulicherweise aus dem sonst so geläufigen Stil-Schema unserer südlichen Nachbarn ausbricht. Die begründete Befürchtung, dass beim Schweizer Konzert eines internationealen Headliners, wie bei anderen Bands (zum Beispiel Deep Purple oder Gotthard) schon wiederholt vorgekommen, ein einheimischer Support verpflichtet wird, bewahrheitete sich an diesem Abend zum Glück nicht!

The Dogma
Mit etwa einer guten Viertelstunde Verspätung nahm das abendliche Spektakel seinen Anfang. Die fünf Italos stürmten die Bühne und nahmen Besitz von den paar Quadratmeterchen, die aufgrund der bereits stehenden Elemente von Lordi halt eher bescheiden waren. Das beeinträchtige die Band bei ihrem allerersten Auftritt in den Schweiz (!) aber keineswegs und so ballerten sie von Anfang an voll drauf los. Spätestens nach dem dritten Song war der Knoten beim stetig zunehmenden Publikumsaufmarsch geplatzt und dann entwickelte sich eine sehr beeindruckende Stimmung, die mich in dieser Form schon etwas überraschte. Ohne die Songs im Einzelnen zu kennen, lag der Fokus der Songs sicher bei "Black Roses", wo sich treibende Midtempo-Stampfer mit satten Double-Bass-Drum Hämmern duellieren und auch melodiöse Momente nicht fehlten. Und diese Mischung traf offensichtlich den Nerv der Fans, die The Dogma, wohl verstanden als Support (!) des Abends, eine grandiose Stimmung bescherten. Das lag auch sicher daran, dass man mit Sänger Daniele einen charismatischen und zugleich sehr soliden Frontmann am Mikro hatte, der die Meute mit Leichtigkeit zu dirigieren wusste. Nicht minder aktiv waren seine vier Mitmusiker, die auch optisch und performancemässig nichts anbrennen liessen. Nach der obligaten Dreiviertelstunde ging ein überzeugender Auftritt zu Ende und nicht wenige werden sich danach die am Merch-Stand erhältliche CD geholt haben. Forza Italia!

Lordi
Das hätten sich die Finnen wohl nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen können, was ihnen und der Band, respektive dessen Geschichte im Jahre 2006, nach dem grandiosen Sieg beim "ESC" in Athen, widerfahren würde. Und was wurde da journalistisch wie aktionsmässig nicht alles in Gang gesetzt..., ob jetzt dafür oder dagegen. Fakt ist, dass sich eine Zeit lang fast die ganze Welt mit den Monster-Rockern in irgend einer Form auseinander setzen musste. Mittlerweile hat das Rauschen im Blätterwald etwas nachgelassen und man kann sich hauptsächlich wieder dem widmen, was man eigentlich am liebsten macht, nämlich auf der Bühne für seine Fans abzurocken. Nach dem kultigen "God Of Thunder" der Altmeister Kiss und einem etwas gekürzten Intro (dem von "Arockalypse") ging die Show Schlag Mitternacht der Bühnenuhr mit dem Opener "Bringing Back The Balls To Rock" gleich ordentlich los. Die Reaktion im optisch gut ausgefüllten Saal war überwältigend und trug fast hysterische Züge, mindestens zu Beginn. Vor der Kulisse ihres opulenten Horror-Schlosses gingen die Akteure sogleich in Stellung, rissen ihre altbekannten Fratzen und die ersten Pyros liessen dann auch nicht lange auf sich warten. Dazu kamen unvermittelt ein paar unerwartet starke Knaller, die den ganzen Fotographen-Tross (der vorne rechts aufkoloniert wurde und erst ab dem vierten Song loslegen konnte) richtig gehend durchschüttelten. Boa..., das ging aber echt heftig ab! Der Stage-Sound schien auch ganz laut zu sein, wenn auch etwas undifferenziert. Für diesen Party-Hardrock würde eine zusätzliche Rhythmus-Guitar womöglich nicht schaden, oder, je nachdem, für noch mehr akustischen Matsch sorgen. Während die Hintermannschaft fixe Masken und Kostüme trug, wechselte Mr. Lordi seine Utensilien ein paar Mal aus oder ergänzte sie. Dazu gehörten Accessoires wie eine (weibliche) Puppe, abgehackte Gliedmassen, ein Totem mit Pyro oder die obligate Motorsäge. Die Flüssigkeit, die auch meine Wenigkeit im Fotograben traf, war natürlich NICHT Blut, sondern bloss Wasser! Dafür stiegen die Funken neben der Sägescheibe in die Höhe. Dazu hängte sich der Chef über die bereits üppige Maskerade bei der "Butcher-Nummer" noch zusätzliche Teile (sollte wohl Haut darstellen) an den Kopf. Bassist Ox gab derweil mal "einen Schuss" aus einem Rak-Rohr ab, während Keyboarderin Awa einen Pyro-Schirm kurz spazieren führte. Nicht fehlen durften natürlich auch die ausgefahrenen Fledermaus-Flügel des Meisters. Die Set-Liste beinhaltete eine soweit gute Mischung der bisherigen drei Studio-Alben. Dabei war es aber so, dass zum Beispiel die zweite neue Single "Who's Your Daddy" etwas mehr Zuspruch erhielt, als die weniger bekannten Songs. Da zeigte sich dann zunehmend auch die Schwäche von Lordi. Die Songs vermögen im Gesamtkontext, also inklusive der Show-Elemente, wohl bestens zu unterhalten, aber qualitativ kommen sie oft nicht über das Mittelmass hinaus und ähneln sich auch zu einem guten Teil. Das vergleichsweise bescheidene Drum-Solo von Kita, eingebettet in ein paar bekannte Cover-Tunes (ab Band!), hinterliess nicht nur glückliche Gesichter. Als die Band etwas später das erste Mal "Good night" sagte und die Bühne verliess, war noch nicht einmal eine Stunde um! Die Leute schrieen Lordi natürlich noch zweimal zurück, bis es zum Schluss logischerweise heissen musste: "Hard Rock Hallelujah"! Der "ESC"-Smasher heizte die Stimmung ein letztes Mal nochmals kräftig an und dann war nach knappen 80 Minuten jedoch sprichwörtlich Ende Feuer. Value for money? Nun ja..., ein oder zwei Songs mehr hätten sicher nicht geschadet, aber das ganze Paket ansich hat gestimmt und für diese (altersmässig relativ ausgewogene) Anzahl Fans war das X-Tra mit seinen seitlichen, schmalen Balkonen eindeutig die richtige, wenn nicht die beste Location für eine Lordi-Show in diesem Rahmen.

Set-Liste: "Intro (God Of Thunder - Kiss)", "SCG3 Special Report", "Bringing Back The The Balls To Rock", "Get Heavy", "Who's Your Daddy?", "Not The Nicest Guy", "Pet The Destroyer", "Blood Red Sandman", "Biomechanic Man", "It Snows In Hell", "Drum-Solo Kita", "The Deadite Girls Gone Wild", "Dynamite Tonite", "Devil Is A Looser", "They Only Come Out At Night", "Would You Like A Monsterman" & "Hard Rock Hallelujah".