Kita, Amen, OX, Awa und Mr. Lordi waren im Jahre 2006 die grossen
Gewinner des «Eurovision Song Contest», kurz ESC in Athen. Sie
hatten der Welt gezeigt, wie gross die Hard Rock und Metalszene in
Wirklichkeit ist. Niemand der "normalen" Bevölkerung hätte je mit
einem Sieg der Finnen gerechnet und schon gar nicht einem so
haushohen. Seit diesem Zeitpunkt ging es für die Nordlichter steil
bergauf. Zu Tourneen in Übersee und in Europa wurden volle Hallen
gerockt..., was will man mehr? Mit ihrem neuen Album «Deadache» im
Gepäck dabei, wollten sie uns nun abermals das Gruseln lernen.
Begleitet wurden die Finnen einerseits von Brandon Ashley & The
Silverbugs aus bella Italia (!), die bei uns kaum einer kennt und
Fatal Smile aus Schweden. Letztere hätten in den 80ern die damals
aufstrebenden Mötley Crüe zumindest optisch konkurrenzieren können.
(and)
Brandon Ashley & The Silverbugs
Die Bühne im Rohstofflager kann sich ja auch bei Konzerten ohne
Bühnendeko nicht gerade mit dem Prädikat gross schmücken. Aber an
diesem Mittwoch Abend war sie jedoch durch die Dekoration, die die
Monster aus Finnland mitgenommen hatten, noch kleiner als sonst. Von
daher blieb dem Opener, den Jungs von Brandon Ashley And The
Silverbugs, nichts anders übrig, als ihren
Bewegungsradius
einzuschränken. Die Show wurde durch ein Intro ab Band und einer mit
einem Cape vermummten Person begonnen. Schon bald sah man, zur
Freude der männlichen Besucher, dass sich unter dem Cape eine
gutaussehende, knapp bekleidete Frau befand. Im Laufe der gut 25
Minuten, die die Band aus Italien an Spielzeit hatte, beehrte uns
die Dame noch mit weiteren Auftritten. Mal als Cheerleaderin, mal
als eine Peitsche schwingende Domina oder als American Bitch, will
heissen Schönheitskönigin. Diese Einlagen waren sicher aufheiternde,
aber nicht zwingende Momente des Gigs. Vom Sound her bezeichnet sich
die Band als eine Mischung aus Rock'n'Roll mit Goth Rock und
Industrial Einflüssen, kurz Glam Core, wie sie es nennen. Die Vocals
fand ich nicht unbedingt schlecht, aber sie wollten einfach nicht so
recht ins Ohr rein. Sonst war der Auftritt in Ordnung. Sie
wechselten innerhalb der Setlist immer von Industrial-Songs, die an
Nine Inch Nails oder auch The Prodigy erinnerten, zu rockigeren
Nummern, die einfach nach vorne ballern. Schade war die Tatsache,
dass der Sound nicht wirklich so toll daher kam und der Gesang
zeitweise komplett von der Musik verschluckt wurde. Das ist halt
wohl einfach ein Problem der Location, aber alles in allem ein nicht
schlechter Opener. Es wurde sogar Applaus aus den ersten Reihen
gespendet! (and)
Fatal Smile
Ein ganz anderes Kaliber folgte darauf mit Fatal Smile aus Schweden,
die, wie in der Einleitung bereits erwähnt, so wie Mötley Crüe
anfangs der 80er aussahen. Da passte alles von den Fön- und
Zottelfrisuren über fette Tattoos bis hin zur obligaten
Leder-Garderobe, die ziemlich farbenprächtig präsentiert wurde.
Sänger Blade gebärdete sich von der ersten Sekunde an wie vom Affen
gebissen und fuhr ein ziemliches Brett auf, dem seine Kollegen in
Nichts nachstanden. Doch cooles Posing alleine reicht bekanntlich
nicht, es braucht dazu auch griffige Songs und da haperte es leider.
Kaum einer der Songs hatte einen Refrain, den man sich merken
konnte. Selbst wenn einem das neue Album «World Domination»
einigermassen geläufig gewesen wäre, bleibt unter dem Strich kaum
was Zählbares übrig. Die anwesenden Fans reagierten entsprechend
eher zurück-haltend, was kein Wunder war. Davon liessen sich die
Jungs aus Schweden jedoch zu keiner Zeit aus dem Konzept bringen,
und rockten drauf los, wie wenn es kein Morgen mehr gäbe. Wie schon
ihre Kollegen zuvor, mussten
auch Fatal Smile mit sehr wenig
Bewegungsfreiheit auskommen, was bei dieser Glam-/Sleaze Rock-Mucke
natürlich alles andere als ideal ist. Die Jungs machten das Beste
daraus und posten dafür wie die Berserker. Gitarrist Mr. Y (wow, was
für ein cooles Synonym!) trug überdies noch weiss schimmernde
Raubtier-Linsen, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Sänger Blade
konnte zudem auf Backing Vocals all seiner Kollegen zählen, was
zumindest von dieser Seite her einen guten Eindruck hinterliess.
Insgesamt nicht so berauschend war allerdings das Niveau des
Songwritings, wo während den 45 Minuten vor allem neues Material
vorgetragen wurde. Da schüttelten Nikki Sixx & Co. damals die
weitaus besseren Songs aus dem Ärmel und bewiesen zuletzt mit «The
Saints Of Los Angeles», dass sie es nach weit mehr als einem
Vierteljahrhundert immer noch drauf haben. Da können sich Fatal
Smile noch so nach der Decke recken! Ohne Zweifel wissen sie jedoch
um die Wirkung der Optik und der Präsenz allgemein. Letzteres
bewiesen sie ausdauernd auch nach dem Konzert, wo die ganze Band bis
am Schluss den Merchstand selber schmiss. (rsl)
Lordi
Das Rohstofflager wurde mit Tüchern im hinteren Bereich abgetrennt.
Das liess darauf schliessen, dass wohl nicht so viele Zuschauer
erwartet wurden. Aber das Bild, das sich dann bei Lordi bot, war
wirklich enttäuschend. Der verbleibende Raum war nur zu dreiviertel
gefüllt, aber ohne Gedränge. Na ja, vielleicht lag es daran, dass
die Finnen seit ihrem Sieg umstritten sind. Einige schreien
Ausverkauf und andere wiederum finden es genial, was damals passiert
ist. Ich zähle mich zu der zweiten Gattung. Um 22:15 Uhr gingen die
Lichter zum dritten Mal an diesem Abend aus und auf der Bühne begann
das Intro, welches fast fünf Minuten dauern sollte. Die
Bühnende-koration erinnerte an ein altes Schlachthaus mit
blutverschmier-ten Kacheln. Das Drum war auch eine spezielle Sache.
Rings um das Teil war ein Gestell, an welchem diverse Gegenstände,
wie ein Schwert, ein aufgespiesster Kopf oder oben drüber eine
dicke, schwere Kette, befestigt waren. Als das Intro durch war,
stolzierten die Monster Awa am Keyboard, Kita an den Drums, OX am
Bass und Amen an der Gitarre auf die Bühne und begannen mit den
ersten Riffs.
Mit ein paar Akkorden Verspätung, jedoch gewollt,
betrat das Obermonster Mr. Lordi die Bühne und wurde lauthals von
den Zuschauern in Empfang genommen. Die Kostüme der einzelnen
Mitglieder sind im Groben gleich geblieben und haben einfach ein
paar kleine Änderungen verpasst bekommen. Was mich an den Kostümen
fasziniert, ist die Tatsache, dass alle Ideen von Mr. Lordi selbst
stammen. Bis ins kleinste Detail wurden sie perfekt gefertigt. Da
war, auch wenn einer der Bandmembers zum Beispiel den Kopf nach
hinten warf, nirgends was von seinem echten Hals zu sehen, sondern
auch dort war alles geschminkt und gestylt. Von der Musik her muss
man nicht mehr viel zu der Combo sagen. Sie sind sich auch auf der
neuen Scheibe treu geblieben. Guter, fetter Hard Rock mit
Mitsing-Refrains und Ohrwurmcharakter, dazu die raue Stimme des
Frontmonsters. Leider war auch hier die Qualität des Sounds nicht
wirklich das Wahre. Der Bass bollerte einfach zu laut und verschlang
den Gesang öfters mal. Aber trotz allem waren Lordi bester Laune und
legten sich voll ins Zeug, um das Schweizer Publikum für knappe ein
dreiviertel Stunden Hard Rock und monstermässig zu unterhalten. Wenn
man die Show-Elemente und Einlagen zwischen den Songs angeschaut
hat, fühlte man sich in die Zeit der alten Splatter und Zombie
Horrorfilme zurückversetzt. Das ist es einfach, was eine Lordishow
ausmacht. Eine derbe, aber auch witzige Horrorshow. Da wurde
beispielsweise eine Person geköpft, dass das Blut richtig schön
heraus spritzte. Diese Trophäe wurde danach auf dem Drumpodest
aufgespiesst. Zum, respektive nach dem Keyboard-Solo wurde ein
tanzendes Zombie-Pärchen von Awa mit einem Holzpflock durchbohrt.
Auch der Chef selbst hatte, ganz Alice Cooper like, meistens was in
den Klauen, um damit herum zu fuchteln. Mal war es ein Stab, aus dem
vorne Nebel austrat, den er dann über und in die Zuschauer jagte.
Als er als Metzger mit haarloser Maske auf die Bühne kam, hatte er
einen abgetrennten Arm bei sich und wedelte mit dem vor den Köpfen
der Fans rum. Beim Song «Dr. Sin» war Timu als Arzt verkleidet und
machte sich daran, eine Operation durchzuführen. Beim Track «Devil
Is The Loser» kam der Chef mit seinen riesen Flügeln auf die Bühne,
die sich im Verlaufe des Liedes ganz ausbreiteten. Wie man sehen
konnte, lief auf der Bühne immer etwa und es wurde einem ganz sicher
nie langweilig bei der Zürcher Lordi-Show. Auch der Rest der Band,
speziell OX und Amen an den Saiteninstrumenten rockten und bewegten
sich unentwegt auf der Stage rum. Gerade Gitarrist Amen zeigte einen
speziellen Stil auf der Bühne und rannte oft hin und her. Er machte
das eigentlich seitwärts, wie ein Krebs. Die Jungs
und das Mädel
wussten einfach genau, was die Fans wollten. Eine üppig geschmückte Stage, fetter Hardrock und eine Monstershow, die einem unterhält.
Das ist Hard Rock Unterhaltungsmusik. Man merkte den Fans einfach
deutlich an, dass sie in erster Linie auf die Mucke des vorletzten
Tonträgers «The Arockalypse» standen. Bei Songs wie «Bring Back The
Balls To Rock», «Whos Your Daddy?» oder auch «They Only Come Out At
Night» wurde mächtig abgefeiert, mitgesungen und gebangt. Und bei
den neueren Tracks war das schon weniger der Fall. Als dann im
Zugabenteil Awa die Melodie der unbestrittenen Bandhymne «Hard Rock
Hallelujah» anspielte, gab es kein Halten im Rohstofflager mehr. Da
sangen die Fans nochmals so richtig mit und waren begeistert. Neben
der durchschnittlichen Soundqualität stand für mich als einziger,
wirklicher Negativpunkt des Auftritts die (feuerpolizeilich
bedingte) Tatsache fest, dass komplett auf den Einsatz von Pyros
verzichtet wurde. Stattdessen gab es Papierschnitzelregen oder, wie
bei der romantischen Ballade «Evilyn», Schneeflocken für's Publikum.
(and)
Setlist: «They Only Come Out At The Night» - «Raise Hell in Heaven»
- «Bite Like A Bulldog» - «Whos Your Daddy» - «Blood Red Sandman» -
«Monskin» - «Night Of The Loving Dead» - «Deadache» - «Bring Back
The Balls To Rock» - «Monster Monster» - «Evilyn» - «Wake The Snake»
- «Dr. Sin Is In» - «Charlene» - «Would You Love A Monsterman» - «Devil
Is A Loser -- «Hard Rock Hallelujah».
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