«The Monsters are back!» Und wie! Lordi liessen an diesem
Sonntagabend ihre finnische Zurückhaltung zu Hause, oder besser
gesagt in der «Scare Force One» und rockten das Z7 mächtig, gewaltig
und zerstörerisch. In der Luke gut versteckt, lag das neuste
Werk der Monster-Rocker («Scare Force One»). Mit gleich mal sechs
neuen Songs, der bekannten Crew, ergänzt durch einen sexgeilen
Piloten und zwei Stewardessen als Backgroundsängerinnen, bot der
Fünfer eine einmal mehr sehr showträchtige Darbietung. Mister Lordi
als Zeremonienmeister liess aber seinen Mitstreitern Amen (Gitarre),
OX (Bass), Mana (Schlagzeug) und seiner Mistreiterin Hella
(Keyboard) genügend Frei- und Spielraum, so dass jeder Musiker zu
seinem Solo kam. Bevor aber Lordi keine Gefangenen machten, mussten
sich die Besucher durch zwei Vorbands kämpfen..., einmal mehr.
Sinheresy
Die Italiener Sinheresy starteten angeblich ihre Karriere als
Nightwish-Coverband. Somit war die Marschrichtung schon mal
vorgegeben. Musikalisch in der symphonischen Metal-Szene verankert,
bot der Fünfer an vorderster Front «the beauty and the beast»!
Namentlich der stattliche Stefano Sain und die sehr zierliche
Cecilia Petrini, die sich beide den Gesang teilten. Cecilia
entpuppte sich dabei als bangender Hingucker, die aber den faden
Beigeschmack, nämlich dass Sinheresy die Kopie einer Kopie sind, kaum
beiseite schieben konnte. Die Reaktionen des Publikums waren sehr
verhalten. Das lag auch am doch sehr bühnenuntypischen Outfit der
Truppe. Da war nichts, das auf eine ambitionierte Combo schliessen
liess und da auch das Songmaterial alles andere als ein Ohrenschmaus
war, wird neben den Nightwish-Fans wohl kaum jemand die Band ins
Herz geschlossen haben. Der Publikumstest, wer denn nun das lauteste
Publikum auf der Tour ist, Polen, Deutschland oder doch die Schweiz,
ging dann auch ziemlich in die (Unter-) Hosen. Liegt es am
Überangebot von Bands, die auf Tour sind, oder einfach daran, dass
dieser Symphonic-Metal ausgelutscht ist… Es ist schade, wenn sich
eine Band bemüht, aber mehr Mühe mit sich selber bekundet…
Palace Das Teutonen-Quartett Palace stand als
nächstes auf der Bühne. 25 stattliche Jahre hat der Vierer bereits
auf dem Buckel, aber so richtig zu kennen scheint diese Band niemand.
Die Jungs gastierten vor drei Jahren zusammen mit Primal Fear schon mal
im Z7 und Sänger/Gitarrist HP Piller erinnerte sich gerne an die
damalige Show: «Damals war es schon super, aber heute wird es noch
besser!» Ob dies nun eine Drohung oder ein
Versprechen
werden sollte, belegten die kommenden Minuten. Teutonischen (Edel-)
Stahl hämmerte der Vierer ins Z7. Allerdings erreichte das Material
nie den Qualitätsanspruch von Accept, U.D.O. oder Grave Digger.
Einiges klang zwar vielversprechend, blieb aber zu wenig im Kopf
hängen. Die Publikumsresonanzen waren zwar bedeutend lauter als noch bei
Sinheresy, aber der so richtig grosse «Oha!»-Effekt wollte sich bei
den Wenigsten einstellen. Waren schon Sinheresy eher eine Tortur, so
musste man sich zumindest mit Palace auf den Headliner einstellen.
Okay, okay… Palace hatte interessante Doppelsoli und einen agilen
Shouter, der mit seinen Sprüchen das Publikum immer wieder aus der
Reserve locken wollte. Mister Piller bangte sich gerne die Birne von
Kopf, was aber eher aussah, als hätte er einen Stromschlag von der
Gitarre erhalten. Der bärtige Hüne am Bass, Tom Mayer, schlug auf
sein Instrument wie ein Holzhacker ein und Gitarrist Jason Mathias
solierte sich recht souverän durch den Set. Des Publikums Fäuste
schlug Luftlöcher und HP liess es sich nicht nehmen zu fragen:
«Wollt ihr noch mehr von diesem guten Stoff?» Allerdings musste der
singende Gitarrist diese Frage gleich zweimal stellen, um eine
Antwort zu erhalten. Mit einem gut klappenden Mitsingpart,
Chorgesang aller Musiker und einer Accept artigen Bühnenshow konnten
sich Palace mit den Worten: «Ihr seid ein fantastisches Publikum»
verabschieden. Gut gemacht, aber wenig hängen geblieben.
Lordi Mit dem Kiss-Song «Unholy» erlosch das
Hallenlicht und ein bärtiger Flugzeugkapitän begrüsste die
Anwesenden zur nun folgenden Flugshow. Sämtliche Sicherheitshinweise
und die Möglichkeit zum Beischlaf wurden den Anwesenden aufs Auge
gedrückt, um dann dem «the one and only» Lordi den Platz ein zu räumen.
Mit dem Eröffnungsdreier «Nailed By The Hammer Of Frankenstein»,
«This Is Heavy Metal» und «Hard Rock Hallelujah» stieg der monströse
Fünfer in die folgende, fast zwei Stunden dauernde Show ein.
Speziell der Siegessong vom «Eurovision Song Contest», «Hard Rock
Hallelujah», liess den Publikums-Chorgesang in grandioser und
lautstarker Höhe erklingen. Mit einem grossen Funkenregen aus der
Streitaxt von Mister Lordi wurde der wohl bekannteste Track der
Finnen beendet. Die beiden speziell für die «Scare Force One»
rekrutierten Stewardessen blieben dezent im Hintergrund stehen und
unterstützten den Sänger bei den Chorpassagen. Die Show war gespickt
mit Zusatzelementen. Wie die stolpernden Clowns bei «Hell Sent In
The Clowns», dem Schnee in
der Halle bei «It Snows In Hell», der
völlig begeistert auf der Bühne stehenden US-Bürgerin mit ihrem
Kind, das unbedingt von Mister Lordi bei «Sir, Mr. Presideath, Sir»
geküsst werden sollte (was auch geschah, bis zum bitteren Ende und
einer aufgebissenen Bauchhöhle), beim Keyboardsolo, bei dem eine
junge Frau von einem alleinstehenden Babywagen angelockt und
urplötzlich von den kleinen und kräftigen Kinderhänden in den
Kinderwagen gezogen wurde, den ausgebreiteten Flügeln beim Sänger
(«Devil Is A Looser»), dem zu Tode geweihten Bettler beim Basssolo
von OX (der dem Armen auch gleich die Gedärme raus riss), oder der
hinlänglich bekannten Kreissäge bei «Not The Nicest Guy». Viele der
Showelemente waren nicht neu, was aber in meinen Augen hingegen fehlte, waren
Pyros ohne Ende! Es knallte viel zu wenig. Trotzdem kam jeder auf
seine Kosten, der sich gerne eine Alice Cooper-Show ansieht.
Musikalisch boten die Finnen einen guten Querschnitt aus ihrer
Karriere. Jedes Album wurde bedacht und auch wenn nicht jeder Song
das Potenzial eines «Hard Rock Hallelujah», «Would You Love A
Monsterman?», «The Riff», «Devil Is A Looser», oder «Deadache»
aufweist, für beste Unterhaltung war gesorgt. Mit «Don't Let My
Mother Know» schlich sich ein Track in die Setliste, der nur von der
«Devil Is A Looser»-Maxi her bekannt ist. Eine nette und sehr gute Wahl,
auch wenn die Wenigsten diesen Song kannten. Cool dann auch die
Ansage zu «Sincerely With Love», wo Mister Lordi lapidar feststellte:
«Heute ist Sonntag und morgen müsst ihr wieder zur Arbeit oder in
die Schule? NEIN, NEIN, NEIN!!! Ich habe mit euren Chefs und euren
Lehrern gesprochen, und ihr alle habt morgen einen freien Tag.
Sollten sie sich nicht mehr daran erinnern, dann zeigt ihnen allen
den Mittelfinger und schreit sie mit einem kräftigen «Fuck you!» an!
Fuck you asshole, sincerely with love!»
Seine Begleitmusiker
trumpften auf. Bassist OX mit seiner gruseligen, majestätischen
Erscheinung hämmerte wie Mark «The Animal» Mendoza von Twisted
Sister auf sein Instrument ein. Dabei hatte er seinen funkigen
Solopart, zu dem er gleich mal seine Wut an einem kleinen,
gefangenen Bettler ausliess. Keyboarderin Hella gruselte mit ihren
schaurigen Klängen beim Solisten-Part und Amen trumpfte ägyptisch
inspiriert bei «Amen's Lament To Ra II» auf. Schlagzeuger Mana spielte zuerst
mit einem von Geisterhänden geleiteten Totenschädel, der hinter
einem Tuch verborgen war. Sein Schlagzeugsolo beendete der Trommler mit
blauneonfarbenen Drumsticks, mit denen er sein Werkzeug förmlich
zerdepperte. Lordi trumpften als Einheit auf und begeisterten die
Anwesenden von der ersten bis zur letzten Sekunde. Als nach dem
Abschlusssong «Would You Love A Monsterman?» der bierbauchige Pilot
wieder auf der Bühne erschien, wusste alle, dass nun das Ende der
Show nahte und die «Scare Force One» ihren Heimflug antreten
würde. Doch weit gefehlt! Der Pilot bedankte sich bei Lordi für all
die Jahre der Zusammenarbeit und verbreitete die freudige
Mitteilung, dass heute an diesem Abend das Obermonster seinen Geburtstag
feierte. Sogleich wurde ein Geburtstagständchen für den Sänger
angestimmt (Band und Publikum). Der Gefeierte bedankte sich erneut für
das elfte Konzert, welches er zusammen mit seiner Band in seiner
Lieblings-Location spielen konnte. Als krönender Abschluss musste natürlich
ein Kiss-Song gespielt werden, ist Mister Lordi doch ein glühender
Verehrer der Schock-Rocker aus den USA. «God Of Thunder» beendete schliesslich
das Konzert und die völlig zufriedene Fanschar machte sich
glückselig auf den Heimweg.
Setliste: «+ETA» - «Nailed By The Hammer Of Frankenstein» -
«This Is Heavy Metal» - «Hard Rock Hallelujah» - «Deadache» - «Hella's Kitchen
(Keyboard-Solo Hella)» - «Hell Sent In The Clowns» - «Blood Red
Sandman» - «Drumsolo Mana» - «Give Your Life For Rock And Roll» -
«Don't Let My Mother Know» - «Bass-Solo OX», «How To Slice A Whore» -
«It Snows In Hell» - «The Riff» - «Sincerely With Love» - «Amen's
Lament To Ra Ii (Guitar-Solo Amen)» - «Not The Nicest Guy» - «Sir, Mr.
Presideath, Sir» - «Devil Is A Loser» - «Scg7: Arm Your Doors And
Cross Check» - «Scare Force One» - «Who's Your Daddy?» - «Would You
Love A Monsterman?» - «God Of Thunder (Kiss Cover)».
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