Die finnischen Monsterocker Lordi beehrten zum elften Mal
das Z7. War es beim letzten Mal mit dem Wiegenfest von Sänger Lordi
verbunden, wurde dieses Mal "nur" die wie immer im Alice Cooper- und
Kiss-Style gehaltene Bühnenshow abgefeiert. Mit dem neuen Album
«Monstereophonic (Theaterror vs. Demonarchy)» im Gepäck und den
beiden Supportbands Silver Dust und Shiraz Lane konnte das Z7 gut
gefühlt werden. Interessanterweise wurde "nur" drei neue Liedern in
der Setliste eingebaut, dafür vier vom Debütalbum «Get Heavy». Sind
die Musiker mit den neuen Liedern nicht zufrieden? Oder liegt es
mittlerweile an der Vielzahl an Hits, die Lordi geschrieben haben
und somit nicht mehr alle Wünsche der Fans berücksichtigen können?
Trotz den unbeantworteten Fragen, blieb das Fazit positiv.
Shiraz Lane Zuerst standen die fünf Jungs von
Shiraz Lane auf der Bühne. Die Finnen um den blonden Shouter Hannes
Kett boten eine wilde, energische und nie stillstehende
Bühnenperformance. Man erinnerte sich dabei gerne an alte
US-Hairspray-Helden der Sorte Sven Gali, Wildside oder der
englischen Gattung wie Tigertailz. Die Jungs posten und bangten ohne
Ende, und Hannes versuchte mit schmachtendem Blick den weiblichen
Besucher einen heissen Lusttropfen zu bescheren. Trommler Ana
William war ein interessanter Hingucker, weil er mit seiner
mitreissenden Art, seinen fliegenden Drumsticks sowie der authentischen
und aggressiven Show einfach den sleazigen Touch vorlebte. Bassist
Joel Alex, der stark an Guns n' Roses Tieftöner Duff McKagan
erinnerte, tobte ebenso über die Bühne, wie die beiden Axtschwinger
Jani Laine und Miki Kalske. Okay, den Jungs fehlt sicher ein Hit,
aber mit einem zweiten Album könnte dieses Manko behoben werden. Die
Jungs machten beste Werbung in eigener Sache und bauten dabei locker
mal den Reggae-Klassiker «No Woman, No Cry» in das Set ein. Wie es
sich für eine richtige Sleaze-Truppe gehört, durfte der
Kajal-Strich
im Gesicht nicht fehlen. Wie auch die dicken Chorgesänge und die
hohen Schreie von Mister Kett, der dabei immer wieder an eine junge
Ausführung von Sebastian Bach (ehemals Skid Row) erinnerte. Gebt
dieser jungen Truppe Zeit, damit sie sich weiter entwickeln kann. Sie
sind sehr authentisch, man nimmt ihnen ab, dass sie die Songs fühlen
wie leben und die Musik als Lebensphilosophie in sich verinnerlicht
haben. Ob es dazu einen Kurzauftritt von Hannes mit einem
Zwangsjacken ähnlichen Gewand braucht? Da hätte ein differenzierterer
Sound mehr zum Gelingen dieser Show beigetragen. Trotzdem, es war
ein unterhaltsamer und mitreissender Gig und ich hoffe, dass die
Jungs bald wieder im Z7 zu bewundern sind.
Silver
Dust Was dann folgte, überforderte meine nun schon 32
Jahre andauernde Lebensphase von Konzertbesuchen. Die Westschweizer
von Silver Dust boten eine Show, bei der sich die Reihen auf
Geheiss von Sänger Lord Campbell auf den Boden setzten und dann
aufsprangen und hüpften. Sehr komisch, wie auch der Sound, der weder
Fisch noch Vogel war und sich durch eine «Eyes White Shut» artige
Show völlig skurril outete. Ich habe ja schon manches erlebt auf der
Bühne, aber was hier zu sehen und (leider auch) zu hören war,
überforderte meine musikalischen Grenzen. War es nun eine
S/M-Zeremonie oder der sich langsam aufbauende Vampirismus?
Zumindest Trommler Mr. Killjoy versprühte das Flair, dass er einem
komischen
Voodoo-Zauber zum Opfer fiel und dabei wie von Geisterhand mit
seinen völlig abgedrehten Grimassen und seiner sehr mechanischen
Spiel-weise auf sich aufmerksam machte. Klar haute er mit einer
unglaublichen Wucht auf sein Arbeitsgerät ein, aber seine
Präsentation hatte schon was Skurriles und Beängstigendes. Der
grosse Spiegel auf der Bühne, auf dem kleine Filme eingespielt
wurden, wiederspiegelte das Gehörte und diente zur Untermalung der
abge-fahrenen Musik. Die Songs waren sehr technisch, um nicht zu
sagen mit einer Rammstein-Kälte versehen, gespielt. Allerdings
übertrumpfte das Konzept des Vierers die Musik, was in meinen Augen
niemals passieren darf. Darum unterhielten sich die Leute nach dem
Auftritt von Silver Dust auch mehr über die blau leuchtende Gitarre,
statt die Musik der Truppe. Was bei Powerwolf lustig und mit viel
Spass in den Backen vorgetragen wird, ist bei Silver Dust nur
anstrengend. Eines ist sicher, der Vierer polarisiert und dies nicht
zu knapp. Vielen schien die Truppe jedoch zu gefallen, und wenn mich mein
Auge nicht täuscht, traten einige Besucher nach Silver Dust sogar
die Heimreise an. Was mir wiederum beweist, dass in der heutigen
Zeit eine Band nicht mit tollen Liedern auf sich aufmerksam machen
muss, sondern mit einer ausgefallenen und abgefahrenen
Bühnenvorstellung.
Lordi Dass eine
Performance durchaus auch abgedreht sein kann, bewiesen die
Schockrocker aus Finnland. Glücklicherweise hat die Band gute Songs
im Köcher, die man mitschreien kann. Wie nahe Mister Lordi am
Geschehen ist, zeigte der Shouter mit folgender Anekdote. «2003
besuchte uns ein kleiner Knirps mit seinem Vater, das war bei
unserer ersten Show hier im Z7. Jedes Mal wenn wir hier auftraten,
waren die Zwei als Besucher dabei. Der Vater ist, wie ich auch, ein
bekennender
Kiss-Fan. Heute spielt dieser Knirps als Schlagzeuger bei Silver
Dust, die einen wirklich tollen Job ablieferten!» Der maskierte
Schreihals sprach an diesem Abend bedeutend mehr als auch schon.
Dabei bedankte er sich auf Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch
und Schwedisch, oder bemerkte, dass es «…hier schweineheiss ist…»,
und im fast die «Balls» abfallen vor lauter Schwitzen. «I'm sweating
like a pig! I'm sweating my balls off!!!» Da der Shouter nicht
unbedingt mit seiner Montur auf seine Balls stehen möchte, wie
schwer wiegt dieses Kostüm (?), versteht sich dann von selbst… «The
die hard fans asking us, please play «Icon Of Dominance». Please,
please, please», und weil der Fünfer eine liebenswerte Truppe ist,
wurde dieser Wunsch auch gerne erfühlt.
Was ein etwas
mulmiges Gefühl verbreitete, waren die solistischen Einlagen der
Band. Okay, gewürzt mit Showelementen war dies ja ganz gut, aber an
den technischen Fähigkeiten änderte dies nicht viel. Die Jungs sind
keine Virtuosen, was sie auch nicht sein müssen, aber zumindest das
Basssolo von OX fiel nur dadurch auf, dass er am Schluss eine Nonne
abschlachtete. Beim Drumsolo von Mana tänzelte ein Skelett mit zwei
Mumien über die Bühne, während vor dem Amen Solo sich eine
Archäologin an einem Grab zu schaffen machte, und nach einem Selfie
durch Amen vertrieben wurde. Das Keyboardsolo von Hella erklang
ebenso disharmonisch, wie viele Parts in den Songs, welche dem
Gesamtbild einen gruseligen Anstrich verliehen.
Es waren die Showelemente, welche dem Lordi Gig einen speziellen
Anstrich verleihen. Allerdings, wer schon mal ein Konzert der Finnen
gesehen hat, sah sich auch mit vielen wiederkehrenden Elementen
konfrontiert. WOBEI, dies bei einer Kiss-, Alice Cooper- oder Iron
Maiden-Show auch nicht anders ist. So tappste Mr. Lordi mit einem
Schamanen ähnlichen Wolfskopf bei «Bringing Back The Balls To Rock»
über die Bühne, oder dieses Mal wurden bei «Cadaver Lover» einem Mann
die Gedärme mit der Kreissäge aus dem Körper gefräst. Oder Mister
Lordi stand mit seinen Monsterflügel bei «Devil Is A Looser» am
Bühnenrand und liess sich von den Fans feiern. Dafür fehlten bei
«It's Snows In Hell» die weissen Schneeflocken. Bei «Down With The
Devil» drückt ein Priester Lordi ein Kreuz auf die Stirne. Der dabei
aufkommende weisse Rauch hatte wiederum was Lustiges und Kultiges.
Das von vielen erwartete und durch den Sieg beim «Eurovison Song
Contest» bekannte «Hard Rock Hallelujah» wurde erwartungsgemäss von
allen laut mitgesungen und das Z7 glich einer Hüpfburg. Mit
folgender Ansage: «You know some assholes? I know four here on
stage! Give me your middle finger!» leitete der Sänger zu «Sincerely
With Love» über. Es war nicht nur der Grusel-Effekt, welcher der
Fünfer auf die dreidimensionale Bühne brachte, sondern auch eine
gehörige Portion Spass und schwarzer Humor. Den Abschluss bildete
das Double «Who's Your Daddy» und «Would You Love A Monsterman», bei
dem nochmals alle laut mitsangen und nach vollendeter Show glücklich
und zufrieden das Z7 verliessen. Die Band fand sich
anschliessend
noch beim Backstageeingang ein, um mit den Fans zu sprechen, Fotos
zu machen und ihren Otto unter Fotos, Booklets und T-Shirts zu
schreiben.
Man kann sicher von der Show und der Musik von
Lordi denken, was man will. Aber! Das Konzept und die Umsetzung von
Show und Musik bleiben in dieser Form einmalig und auf seine Art und
Weise kultig. Den Anwesenden hat es gefallen und es gab kaum
jemanden, der enttäuscht von dannen zog. Alleine aus diesem Grund
haben die Finnen alles richtig gemacht, und auch wenn gewisse
Showelemente vielleicht ein bisschen über die Ziellinie hinausschossen, es
war eine extrem unterhaltsame Geschichte.
Setliste:
«God Of Thunder (Kiss Song) - Intro» - «SCG8: One Message Waiting-
Intro» - «Let's Go Slaughter He-Man (I Wanna Be The Beast-Man In The
Masters Of The Universe)» - «Babez For Breakfast» - «Nailed By The
Hammer Of Frankenstein» - «The Riff» - «Hellbender Turbulence» - «Bass
Solo OX» - «Bite It Like A Bulldog» - «Icon Of Dominance» - «Drum Solo
Mana (With Bits Of The Unholy Gathering)» - «Bringing Back The Balls
To Rock» - «Hug You Hardcore» - «It Snows In Hell» - «The Children Of
The Night» - «Keyboard Solo Hella» - «Cadaver Lover» - «Down With The
Devil» - «Blood Red Sandman» - «Guitar Solo Amen» - «Hard Rock
Hallelujah» - «Sincerely With Love» - «Devil Is A Loser» -- «Who's Your
Daddy?» - «Would You Love A Monsterman?».
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