Abseits der üblichen Konzertschuppen, in denen ich mich
sonst so rumtreibe, erwartet die Schweiz ein ganz besonderes
Spektakel. Finnland und Schweden gelten schon seit Jahren als DIE
Metal-Länder. Die Schweiz ist da eher weniger ein Begriff, obschon
wir auch hierzulande starke Bands haben, die im Ausland bekannt
sind. Die Mischung dieser konkreten Bands ist aber ein Event, den
man sich nicht entgehen lassen kann. Wer es nicht nach Buchs
geschafft hat, kann glücklicherweise noch nach Pratteln, wo am
23.11.2018 übrigens auch ein Lordi-Livevideo gedreht wird!
Follow The Cipher
Das frische Blut aus Schweden konnte schon sehr viele positive
Kritiken für ihr geniales Debütalbum ernten. Auch beehrte die Band
bereits einige namhafte Festivals in ganz Europa. Die Truppe aus
Falun gilt als recht innovativ im ansonsten relativ homogenen Genre
Power Metal. Trotz Orientierung am Altbekannten, gibt es viel Neues
und die Mischung ist eben auffällig. Es scheint, wie ich schon in
der Albumkritik erwähnte, etwas Besonderes an Falun zu sein, denn es
gibt weitere grossartige Beispiele von genialer Musik aus dieser
wunderschönen Kleinstadt. Einige Konzertbesucher sind, wie ich
erfahren konnte, nur wegen Follow The Cipher gekommen. Selbstsicher
und mit unendlicher Energie feuert die herzallerliebste Linda Toni
Grahn das noch etwas spärliche Publikum an. Die hübsche und
vielfältig talentierte Energiebombe strahlt so richtig im dürftig
beleuchteten Raum, und es ist nicht nur ihr erdbeerrotes Haar. Auch
die Bandkollegen haben einiges auf dem Kasten und die kleine Bühne
wird vollkommen ausgenutzt. Die Atmosphäre ist vom ersten Ton an
schon fast atemberaubend. Leider ist das Set ein wenig kurz, aber
der Abend wurde auf jeden Fall ganz ansprechend eröffnet.
Glücklicherweise sind so ziemlich alle Songs auf dem Debütalbum
fantastisch, sodass auch wirklich nur gute Songs gespielt werden
konnten. Live klingt die Band ganz genau so gut wie auf dem Album.
Wahrscheinlich könnten auch die Gitarristen und der Bassist etwas
mehr tun, wenn es mehr Platz geben würde. Selbst die winzige
technische Panne bleibt fast unbemerkt. Besonders aktiv macht das
Publikum beim Sabaton-Cover «Carolus Rex» mit. Herzlich, offen und
kommunikativ, so kann man die Band bezeichnen. Dies merkt man schon
auf der Bühne, wenn man Linda ausnahmsweise mal sprechen hört,
jedoch wird es einem erst so richtig klar, wenn man sich in der
Pause an den Merchstand begibt. Dort nimmt sich die Band für jeden
Zeit, der etwas plaudern möchte, die grosse Dankbarkeit für die
Unterstützung und Fanliebe ist riesig und scheint echt. Trotz der
musikalischen Bombe, die die Band erschaffen hat, sind alle sehr
bodenständig geblieben und es ist eine grosse Freude, sich mit der
Frontfrau einen Drink zu gönnen. Wer Follow The Cipher noch nicht
live gesehen hat, sollte dies baldmöglichst nachholen! Da die
Unterstützung für diese Newcomer überall recht gross zu sein
scheint, werden uns die Schweden vielleicht/hoffentlich häufiger in
der Schweiz besuchen.
Silver Dust Die
vier Herren aus Porrentruy im Kanton Jura konnten hierzulande schon
Erfolge feiern, sind aber auch im Ausland teils ein Begriff. Die
Mischung aus Dark Rock, Gothic und Metal ist speziell und zusammen
mit dem wunderschönen Auftritt in edlen Kostümen eine echte Freude
für Augen und Ohren. Mit dem neuen Drummer Magma wirkt die Show
zunächst etwas anders, aber ich glaube, dass es schlussendlich ein
Plus für die Band ist. Wer sich noch an den Vorgänger, Mr. Killjoy
erinnern kann, wird mich wohl verstehen. Die psychotische Mimik des
jungen Schlagzeugers war teils recht "gfürchig" und gab
der
Show ein gewisses Etwas, es passte aber nicht komplett ins Konzept
und wurde je länger, je mühsamer. Die Band um den
ultrasympathischen, charismatischen und privat extrem herzlichen und
bodenständigen Sänger Lord Campbel, ist wahrscheinlich immer noch
ein Geheimtipp. Auch hier möchte ich eine herzliche Empfehlung
abgeben, sich die Band mal live anzutun. Trotz des recht kurzen Sets
scheint die Stimmung nochmal gehoben. Mit bereits drei Alben im Sack
können die Herren auch etwas mehr Abwechslung in die Shows
reinbringen. An diesen scheiden sich bekanntlich die Geister. Etwas
esotherisch angehaucht sind sie ja schon irgendwie. Ein grosser
Spiegel auf der Bühne, der düstere Clips zeigt, ein normalerweise
dunkles Bühnendesign... dazu die Kostüme im gothisch-viktorianischen
Stil. Wer auf Dunkelheit und Düsteres steht, wird optisch schonmal
bestens bedient, für meine Augen ist es ein absolutes Fest!
Soundtechnisch sprechen wir von zahlreichen Verschmelzungen
altbekannter Elemente mit moderneren, elektronischer Untermalung von
teils harten, teils trancemässigen Riffs und verschiedenen
Gesangsarten und Growls. Vielleicht kann man sich auf die
Bezeichnung Gothic Metal einigen, jedoch gibt es immer wieder
Abweichungen ins Progressive und Experimentelle. Alles in Allem
nicht jedermanns Sache, für Freunde der etwas abstrakteren
Kreativität aber definitiv zu empfehlen. Auf der Bühne wirkt das
Gespielte und Gesungene um Einiges eindrucksvoller und ansprechender
als auf den bereits sehr interessanten Alben. Gerne wieder!
Lordi
Nun wird es aber Zeit für die finnischen Monster. Das Plakat am
Eingang zur Location lässt mich etwas schmunzeln, es wird
hervorgehoben, dass Lordi Eurovision Song Contest Gewinner sind.
Muss das sein? Während ich nach dem Fotoeinsatz die Show geniesse,
bemerke ich überdurchschnittlich viele Konzertbesucher, die
irgendwie fehl am Platz scheinen. Ich vermute, dass es an eben
dieser Eurovision-Werbung liegt, man hat einfach das Interesse der
Leute geweckt, die normalerweise wahrscheinlich nichts mit Metal und
Dergleichen am Hut haben. Fairerweise muss man hier auch sagen, dass
Lordi kommerziell gewisse Erfolge feierten und halt "leider" auch im
Mainstream bekannt sind.
Die Show kann mich überhaupt nicht
schockieren, aber da bin ich wohl schon etwas abgehärtet. Mit Liebe
zum Detail gestaltete Bühnenoutfits eines jeden Bandmitglieds,
Masken, da will man am liebsten ganz nah dran sein und alle
Einzelheiten genaustens untersuchen. Selbst die Totenköpfe auf den
Knien des Frontmannes klappern mit den Kiefern beim Gehen! Der
monströse Auftritt ist gepaart mit einer enormen Sympathie, die die
Finnen ausstrahlen. Zwar kann man ihre wahren Gesichter nicht sehen,
aber man weiss einfach, dass das super nette Typen sind. Das kommt
natürlich an. Das Publikum macht mit, ein paar kleinere Moshpits
kann ich entdecken. Audioaufnahmen mit Stimmen, eine Puppe, die eine
erhängte Frau darstellen soll, die plötzlich ins Publikum schwebt
und ein Pfarrer, der durch die dämonische Macht des Frontmonsters
Mr. Lordi auf die Knie gezwungen wird (und in dessen Schritt
landet...), ja das sind schon starke Statements. Heutzutage schockt
sowas jedoch nicht
mehr,
besonders nicht jemanden, der schon andere "Schock-Rocker" live
miterlebt hat (wobei Schock-Rock als Genrebezeichnung völliger
Mumpitz ist). Besonders cool ist, dass man trotz aller Elemente die
guten alten Soli nicht vergessen hat, die jede Liveshow nochmals
aufwerten. So geht Spass! "E Mordsparty", könnte man sagen. Ob die
Musik als solche anspruchsvoll ist, lassen wir hier aus, genauso die
Texte dazu. Bei Lordi geht es um die Show und die ist "sackstark",
Jung und alt gehen ab, selbst wer keine langen Haare hat ist am
Headbangen. Besonders toll am Schluss die Riesenflügel, die sich
gegen Schluss öffnen. Wer einfach Spass will, ist an einem Lordi
Konzert richtig, und ich weiss, dass ich gerne wieder gehen werde.
Setlist: Sexorcism - Monsterman - Charlene / House - Your
Tongues - Mana's Drum Solo - Sandman - It Snows In Hell - Hella's
Keyboard Solo - She's a Demon - Naked In My Cellar - Rock Police -
Ox' Bass Solo - Hug You Hardcore - The Riff - Amen's Guitar Solo -
Who's Your Daddy
Encores: Devil Is A Looser - Hard Rock
Hallelujah
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