Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich Lynyrd Skynyrd das
letzte Mal live gesehen habe. Genau war das am 15. Oktober 1997 und
zwar im Zürcher Volkshaus, also vor satten zwölf Jahren! Damals war
ein gewisser Bruce Dickinson als Support (!) auf der Tour dabei. Ich
vergesse die "geschockten" Gesichter der Leute nie mehr, als zuerst
mal ein regelrechter Metal-Tornado durch das ehrwürdige Haus fegte.
Danach war der Headliner zumindest in meinen Ohren nur noch ein
"laues" Lüftchen. Ob die Amis in der Zwischenzeit bei uns nochmals
aufspielten, entzieht sich meiner Kenntnis. Somit war es nötig,
dieser Kult-Band endlich wieder meine Aufwartung zu machen. Das in
Wettingen aufmarschierte Publikum war altersmässig augenscheinlich
gemischt, aber die älteren Semester überwogen eindeutig. Und diese
wussten auch genau, dass man Johnny Van Zant und Co. auf keinen Fall
nur auf den Überhit «Sweet Home Alabama» reduzieren darf. Spätestens
seit dem Einstieg (1996) von Ex-Blackfoot Klampfer Rickey Medlocke
ist spürbar mehr Power im Sound. Den hatten allerdings auch "unsere"
Chickenhouse, die als Vorgruppe spielen durften.
Chickenhouse
Die Emmentaler Blues-Rocker dürften über die Zusage dieses Supports
für Lynyrd Skynyrd sicherlich erfreut gewesen sein, denn erstens war
die Halle schon recht gut gefüllt und zweitens konnte man davon
ausgehen, dass das Publikum bestimmt etwas mit dem Sound vom
Hühnerhaus anfangen konnte. So kam es denn erfreulicherweise auch,
aber Chickenhouse, allen voran ihr quirliger Sänger Andy Zaugg und
die "Wild Drum-Machine" Fridu Gerber mussten alles geben, dass das
zwar brav applaudierende, zunächst jedoch eher lethargisch da
stehende Konzert-Volk aus dem Dorn-röschen Schlaf aufgeweckt werden
konnte. Darum erstaunte es mich ein wenig, dass man bei der Auswahl
nicht durchwegs auf rockige Lieder gesetzt hatte, da mit «Cheap TV»
ein akustisch vorgetragener Barhocker-Song gespielt wurde. Sowas ist
zwar nett, aber der Stimmung überhaupt nicht zuträglich. Gitarrist
Jim Bows holte mit agilem Spiel und Gesang die Kastanien wieder
etwas aus dem Feuer, nur Bassist Burns Heiniger "brannte" überhaupt
nicht und wirkte viel zu passiv. Mit «She's A Lady» gings zum Glück
wieder flott(er) weiter und spätestens beim «Texas Blues» war der
Höhepunkt der Anteilnahme erreicht. Obwohl weder gehüpft noch Haare
wild durch die Gegend flogen, antizipierte das
Publikum den
angezettelten "Sing-a-long" bestens. Die zeitweilen etwas banalen
wie ausgelutschten "Ohhh-ou-ou"-Rufe wurden lautstark erwidert und
was Besseres gibt es nicht. Zu ziemlich spartanisch einge-setztem
Licht, markanten Bannern auf der Bühne und soweit passablem Sound,
der ruhig noch etwas lauter hätte sein dürfen, spielten Chickenhouse
ein solides Konzert, das leider nur 30 Minuten dauerte (dauern
durfte) und deshalb viel zu früh zu Ende war. So war dann nach «Three
In A Bed» bereits Schicht im Schacht und das Hallenlicht ging fast
brutal schnell wieder an. Was die sonst zweifelsfrei gute
Perfor-mance insgesamt angeht, so fehlt mir persönlich manchmal ein
Zacken mehr Härte, aber das ist wohl Geschmackssache. Den Vogel zum
Schluss schoss die neben der Bühne (an einer Türe) hängende "Today's
Schedule" ab, wo doch bei 8:00 pm tatsächlich Chickenfoot (!!) drauf
stand! Das wär's jetzt noch gewesen.
Setliste: «Repo Man» - «Ask No Questions» - «Blues Man» - «Cheap TV» - «She's A Lady»
- «Texas Blues» - «Three In A Bed».
Lynyrd Skynyrd
Als die Bühne für den Headliner vor der Kulisse von gut 2'000
Zuhörern hergerichtet war, präsentierte sie sich eigentlich bis auf
das Keyboard von Neuzugang Peter Pisarczyk (ersetzte dieses Jahr den
verstorbenen Billy Powell - R.I.P.) und das Arbeitsgerät von Drummer
Michael Cartellone praktisch wie leer gefegt. Das änderte sich
natürlich mit dem Eintreffen aller Musiker, insgesamt deren neun,
inklusive zwei Sängerinnen, die für die nötigen Backing Vocals verantwortlich
zeigten. Letztere und zwar Carol Chase sowie Gary
Rossington's Frau Dale Krantz-Rossington sind beide schon seit 1987
dabei. Hingegen (ebenfalls) neu im Lineup stand der jugendlich
wirkende Robert Kearns (ersetzte den ebenfalls in diesem Jahr
verstorbenen Bassisten Donald "Ean" Evans - R.I.P.) - Somit ist
Gitarrist Gary Rossington noch das einzige, verbliebene
Gründungsmitglied der Südstaaten Rocklegende. Wer die tragische
Geschichte der Band noch nicht kennt, kann sich auf Wikipedia schlau
machen. Diese Tour im Vorfeld des neuen Studio-Albums «God & Guns»,
das gegen Ende September erscheinen wird, stand ganz im Zeichen der
grossen Hits. Und davon gibt es neben den Ur-Gesteinen «Sweet Home
Alabama» und «Free Bird» noch jede Menge mehr. «Workin' For MCA»
eröffnete den Abend und spätestens bei «Saturday Night Special»
brannte die Lunte und die Fans, junge und/oder alte schwelgten jeweils im eigenen
Southern Rock Himmel. Die Gitarrenfront mit Rossington/Medlocke/Matejka
harmonierte bestens, wobei natürlich vor allem der gute Rickey
unablässig in Bewegung war. Müssig zu erwähnen, dass hier alles
gestandene Profis auf der Bühne standen und die Songs mit blinder
Verständigung zelebrierten. Dabei zeigte sich der neue Tastenmann Peter als sehr
würdiger Nachfolger von Billy Powell und man hatte als Zuhörer nicht
den Eindruck, dass hier etwas verändert wirkte. Sänger Johnny Van
Zant verzichtete diesmal erfreulicherweise auf allzu viel
patriotisches Gehabe und lieferte eine Glanzleistung ab. Mainman
Gary machte derweil seinem mehrheitlich mürrischen Gesichtsausdruck
unter seinem schwarzen Hut wieder alle Ehre. Doch (oh Wunder!) gab
es Momente, wo tatsächlich sowas wie ein Lächeln über sein Gesicht
huschte. Freude hatte sichtlich auch das Publikum, das sich zu jedem
Song, der nach den ersten paar Tönen erkannt wurde, gleich bemerkbar
machte und, wie bei «Simple Man», über gute Mitsing-Qualitäten
verfügte. So entwickelte sich das Konzert bei stetig steigenden
Temperaturen und zunehmend stickiger Luft zu einem Triumph-Zug
sondergleichen. Neueres Material, zum Beispiel vom Album «Vicious Cycle» (2003) wurde überhaupt nicht berücksichtigt. Das kümmerte
heute Abend in Wettingen jedoch niemanden, denn Lynyrd Skynyrd
spielten ein Best-Of Set, wie es einige CDs davon gibt. Die beginnen
meistens entweder mit «Sweet Home Alabama» oder eben «Free Bird».
Dass diese zwei Heuler für die Ewigkeit natürlich den Abschluss des
Konzertes bestritten, war voraus zu sehen. Nach dem letztjährigen
Sommer-Hit von Kid Rock war es natürlich wieder einmal der freie
Vogel, der als einzige Zugabe zum absoluten Höhepunkt des Abends
geriet und frenetisch abgefeiert wurde. Wer das legendäre
Guitar-Solo der drei miteinan-der ausufernd solierenden Gitarristen
bisher noch nie live gesehen hat, dem fehlt einfach die Fahrkarte
für den Rock'n'Roll Himmel..., oder die Hölle..., wie auch immer.
Nach ziemlich genau 90 Minuten entliessen Lynyrd Skynyrd total
begeisterte und sichtlich nach Sauerstoff lechzende Fans in die
Nacht hinaus. Cya soon again!
Setliste: «Workin' For MCA» - «I Ain't The One» - «Saturday Night
Special» - «Gimme Me Back My Bullets» - «What's Your Name» - «That
Smell» - «Simple Man» - «Whiskey Rock-A-Roller» - «Down South Junkin'»
- «Needle And The Spoon» - «Double Trouble» - «Tuesday's Gone» - «Gimme
Three Steps» - «Call Me The Breeze» - «Sweet Home Alabama» -- «Free
Bird».
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