Livereview: Lynyrd Skynyrd - Chickenhouse
12. Juni 2012, Winterthur - Eulachhalle
By Rockslave
Es wäre schlichtweg perfekt gewesen..., das ursprüngliche Billing zusammen mit Molly Hatchet. Leider sagten die Südstaaten-Rocker ihren Schweizer Gig, respektive offenbar gleich die ganze Tour ab, warum auch immer. Vielleicht waren gesundheitliche Gründe dafür verantwortlich. Vor Ort wussten das dann aber offenbar noch nicht alle vor der Halle anstehenden Fans, worauf diese verständlicherweise ihren Unmut darüber äusserten. Des einen Leid ist bekanntlich des andern Glück und so kamen die Emmentaler Bluesrocker Chickenhouse, drei Jahre nach Wettingen, zu einem erneuten Gastspiel als Support von Lynyrd Skynyrd. Mit im Gepäck hatten sie ihre neue CD «Same Shit Different Year», von der auch gleich einige Stücke live vorgestellt wurden. Zum Headliner gibt es indes höchstens noch zu sagen, dass diese Band bisher alle lineupmässigen Veränderungen durchgestanden hat, seien sie noch so tragisch gewesen. Wer die Geschichte dieser Southern Rock Institution kennt, weiss, von was ich spreche. Bevor im August nun das neue Album erscheint, gab es eine weitere livehaftige Nachlese zu «God Guns».

Chickenhouse

Die Ansage von Sänger Andy Zaugg kam schon fast entschuldigend daher, aber den Reaktionen nach war es offenbar doch nicht so tragisch, dass Molly Hatchet heute Abend in der Winterthurer Eulachhalle als ursprünglicher Support fehlten. So stieg das Hühnerhaus gleich voll mit «Who I Am Today», dem Opener des neuen Albums, ein. Ein cooler Rock'n'Roller, der gleich zum Mitwippen und Shaken anregte. «Read My Lips» rockte darauf ebenso und erinnerte mich unterschwellig etwas an «Beds Are Burning» von Midnight Oil, garniert mit Jethro Tulls «Locomotive Breath» als zartes Sahnehäubchen. Spätestens bei «Out Of Control» konnte man feststellen, dass Chickenhouse den bisher eingeschlagenen Weg weiter verfolgen. Nicht selten klingt das Material nach den ganz alten Krokus (vor «Metal Rendez-Vous»), aber mit einem zeitgemässen Sound ausgestattet. Was das Publikum nicht wusste und ich erst jetzt in der Nachlese richtig bemerkt hatte, war, dass der ganze Auftritt ausschliesslich mit neuen Songs (!) bestritten wurde. Die Emmentaler wollten wohl wissen, wie die aktuellen Lieder beim Publikum ankommen und, um es gleich vorweg zu nehmen, die vermeintliche Gratwanderung wurde ohne Probleme gemeistert. Zum einen gab es keinen einzigen Hänger und die Leute honorierten dies stets mit anständigem Applaus. Wäre eine höhere Lautstärke möglich gewesen und hätte ein Rhythmus-Gitarrist den tadellosen Jim Bows (g) zusätzlich gepusht, wäre das Ding bestimmt noch heftiger abgegangen. Man müsste sich in Zukunft vielleicht zumindest für die Konzerte mit einem zusätzlichen Musiker verstärken. Dass Chickenhouse auch mit feineren Tönen umzugehen wissen, war schon auf den Vorgänger-Alben nicht zu überhören. «Say Goodbye To Me» schloss da nahtlos an und gehört zu meinen Faves auf «Same Shit Different Year». Den Höhepunkt der knapp wirklich unterhaltsamen Support-Minuten setzte jedoch «Slide It On Home», wo der unerwartet verhinderte Hatchet-Sound trotzdem mal zu hören war. Und gerade hier hätte ich mir eine zweite, voll bratende Rhythmusgitarre sehr gut dazu vorstellen können. Unter dem Strich fand sich auf jeden Fall die Gewissheit, dass die neue Langrille optimal heraus gekommen ist und dem ebenso überzeugenden Vorgänger «Easy Money» (2007) locker die Stirn bieten kann.


Setliste: «Who I Am Today» - «Read My Lips» - «Out Of Control» - «Say Goodbye To Me» - «Back Against The Wall» - «White Boy» - «Anyone But You» - «She's In Leather» - «Trust In Me (Ask No Questions)» - «Slide It On Home».

Lynyrd Skynyrd
Als meine Wenigkeit 1964 das Licht der Welt erstmals erblickte, wurde in Jacksonville (FL) eine Band gegründet, die neben den Rolling Stones (die heuer ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum feiern!) zu den wenigen noch aktiven Combos auf der ganzen Welt gehört, die das in zwei Jahren wohl auch schaffen werden, allerdings mit einem unglückbedingten Break zwischen 1977 und 1987. Freilich ist von der Ur-Formation nur noch Gitarrist Gary Rossington übrig geblieben, ergänzt um Johnny Van Zant (der seinen verunglückten Bruder ersetzte) und Ex-Blackfoot Klampfer Rickey Medlocke, der bekanntlich anfangs der 70er Drums bei den Skynners spielte. Die restlichen Bandmembers wechselten sich derweil zahlreich ab und mittlerweile trifft diese Quote leider auch auf die verstorbenen Musiker zu. Die aktuelle Besetzung, zu der unter anderem seit 2001 auch Michael Cartellone (Ex-Damn Yankees) gehört, wurde vor drei Jahren mit Peter Pisarczyk (keyb) und Robert Kearns (b) abermals optimal besetzt und last but not least ist Lynyrd Skynyrd bekanntlich eine der weltweit nicht so vielen Bands mit drei Gitarristen und wird deshalb seit 2006 durch Mark Matejka vervollständigt. Diese Besetzung wird jetzt dann bald einmal ihr erstes, gemeinsames Album heraus bringen, das «Last Of A Dying Breed» heissen wird. Da die Studio-Arbeiten mit Sicherheit abgeschlossen sind, fand sich nun offenbar etwas Zeit, vorher noch eine Tour einzuschieben.

So kam das erwartungsgemäss eher ältere Stammpublikum, vermischt mit einigen erfreulich jungen Fans, ein weiteres Mal in den Genuss der perfekten Musikalität, die die Amerikaner schon über Jahrzehnte auszeichnet. Punkt 20.30 Uhr erschien der ganze Tross, ergänzt um die beiden Backing Vocals Sängerinnen Dale Krantz-Rossington (die heute Geburtstag hatte) und Carol Chase auf der Bühne und versammelte sich unter dem riesigen, hinten am Backdrop hängenden Schriftzug. Den Auftakt machte «Workin' For MCA» und kaum waren hiervon die letzten Töne verklungen, schienen die Protagonisten des Abends bereits eingespielt zu sein. Was danach während schon fast chirurgisch genauen 90 Minuten geboten wurde, war einfach eine Klasse für sich. Die sichtlich nicht ausverkaufte Halle (so um 2'200 Leute sollen da gewesen sein) liess sich jedoch schon bald vom Skynyrd-Sound mitreissen und erzeugte eine tolle Stimmung. Dazu gehörten auch leisere Töne, die vor allem beim göttlichen «Simple Man» ihren ersten Höhepunkt dank lautstark mitsingendem Publikum fanden. Wer hierzu keine fette Gänsehaut bekam und/oder seine Liebste herzte, war entweder gefühls- wie emotionslos oder schlicht besoffen. Das letzte Album «God Guns» wurde nur durch «Skynyrd Nation» vertreten, während sich der Rest der Songs auf einige der älteren Alben verteilte. Natürlich standen zum Schluss noch die beiden unverzichtbaren Klassiker «Sweet Home Alabama» und als absolute Kult-Zugabe «Free Bird» auf dem Programm. Müssig zu erwähnen, dass sich hier das unverwüstliche Axt-Trio Rossington/Medlocke/Matejka beim weltberühmten Solo-Part abermals in einen regelrechten Rausch spielte. Punkt 22.00 Uhr war die Sause dann leider schon wieder vorbei und hinterliess höchstens dahin gehend einen leicht schalen Nachgeschmack, dass halt alles irgendwie sehr glatt poliert daher kam, was bei Molly Hatchet nicht der Fall gewesen wäre. Nichtsdestotrotz hatte sich die Fahrt nach Winterthur gelohnt und mal sehen, wie sich das neue Album schlagen wird..., hell yeah!

Setliste: «Workin' For MCA» - «I Ain't The One» - «Skynyrd Nation» - «What's Your Name» - «Down South Jukin'» - «That Smell» - «Saturday Night Special» - «Simple Man» - «Gimme Back My Bullets» - «Whiskey Rock-A-Roller» - «The Needle And The Spoon» - «Tuesday's Gone» - «Gimme Three Steps» - «Call Me The Breeze» - «Sweet Home Alabama» - «Free Bird».