«Studie des gemeinen Wald-Und-Wiesen-Metallers bei der
allmonatlichen Vollversammlung und Stromgitarren-Huldigung: Die
jüngeren Exemplare der Spezies finden sich schon gut und gerne drei
(!) Stunden vor Türöffnung ein, um den lokalen Wetterbedingungen zu
trotzen. Der eigentliche Einlass gegen 17h00 in die heiligen Hallen
findet gesittet und unter überraschend andächtiger Ruhe statt, im
Inneren demonstriert das Gros der Spezies sogleich eine
überlebenswichtige und über Generationen antrainierte Strategie:
Bierfassen zur Akklimatisierung. Interessanterweise beinhaltet
dieser so grundsätzlich verankerte Überlebensreflex auch die
wiederstandslose Anpassung an die lokale Preispolitik, der Metaller
scheint die Monopol-Stellung des Verpflegungsanbieters zwar erkannt
zu haben, langt aber aufgrund der Auswegslosigkeit der Situation
trotzdem ordentlich hin. Ähnliches Verhalten lässt sich auch beim
Eindecken mit tragbaren Ikonografien und Reliquien (Von der Spezies
liebevoll als «Merchandise» betitelt) beachten: Trotz der erneut zum
Aufschrei animierenden verlangten Preisen greift auch hier eine
überraschend hohe Anzahl an Verehrern zu - und geht somit vor der
Auswegslosigkeit in die Knie. Interessant, wie sich der Wille einer
nach aussen doch so dominant auftretenden Spezies manipulieren
lässt.» (Mue)
So oder ähnlich würde wohl ein neutraler Beobachter über die
Geschehnisse an Ort und Stelle berichten - Fakt ist aber, dass Metal
Factory diesbezüglich etwas vorbehafteter zur Tat schreitet: Nein,
7.- Franken für's Bier, 45.- für's Shirt und 100.- für 'nen Pulli,
das geht zu weit - Woher nehmen die Leute bloss die Frechheit her,
solche Preise zu verlangen, das Publikum beim Ausschank schlecht zu
behandeln, und dann noch das Klopapier nicht nachzuliefern? Sorry,
aber das geht zu weit. Ich habe keine Ahnung, wer hinter all dem
steckt (Ok, Klopapier und Preispolitik sind zwei paar
unterschiedliche Schuhe), aber ich habe genug von diesem Scheiss.
Ja, der Event war geil, ja, ich hätte gerne mit Gerstensaft
gefeiert, ja, ich hätte mich wirklich gerne zur Erinnerung daran mit
Klamotten eingedeckt - Aber nein, ich schiebe euch dafür nicht mein
halbes Monatsgehalt in den Arsch. Keine Ahnung, ob euch das
interessiert - Aber ich weiss, dass ich damit nicht alleine bin.
Doch genug der Ausschweifungen, glücklicherweise können wir trotzdem
noch einige positive Punkte erwähnen - Den Bands sei Dank... (Mue)
Shadows Fall
Den Anfang machten um Punkt 18.50 Uhr Shadows Fall aus
Massachussetts, deren letzter Gig auf Schweizer Territorium auch
bereits vier Jahre zurück liegt. Die Band legte sich trotz
grottenschlechten Sound-Konditionen von Anfang an ins Zeug, aber aus
knapp 25 Minuten Spielzeit lässt sich nun mal nicht so einfach so
ein unvergessliches Erlebnis zaubern. Vor allem Fronter Brian Fair
konnte mit sympatischen Ansagen punkten - Das Hauptaugenmerk des
Publikums lag aber klar auf seinen bodenlangen Dreadlocks, die beim
Bangen einen Sicherheits-Abstand von gut und gerne mindestens drei
Metern für die weiteren Bandmitglieder voraussetzten - Imposant,
welche Masse der Typ mit seinem Nacken bewegt. Die Band gab sich
derweil betont konzentriert, und überzeugte in erster Linie mit
technischer Versiertheit. Klampfer Matthew Bachand lieferte nebst
tighter Saitenquälerei auch erstklassige Backingvocals, aber nur
weniges davon war wirklich hörbar - Die Welt wäre halt schon ein
schöneres Plätzchen, wenn auch Vorbands nicht auf einen soliden Mix
verzichten müssten. Das Publikum liess sich dadurch allerdings nicht
den Enthusiasmus nehmen, es quittierte den Auftritt überrschand
wohlwollend. Die lange Wartezeit auf den Eröffnungsgig des Abends
spielte hierbei wohl eine entscheidende Rolle. Brian Fair nutzte die
Gunst der Stunde mit dem einzigen Stagedive des ganzen Abends beim
dritten Song aus, und zeigte sich auch am Ende des Sets überaus
dankbar - Sehr fein, bitte mehr davon! (Mue)
Arch Enemy
Mit Arch Enemy stieg um 19.50 Uhr ein um einiges grösseres Kaliber
auf die Bühne, immerhin tingelt das Deutsch/Englisch/Schwedische
Quintett bereits seit 10 Jahren durch Europa. Im Vorfeld gaben sich
viele Fans enttäuscht über die frühe Position und die damit
verbundene kurze Spielzeit, doch wie
mir Bassist Sharlee D'Angelo im
Interview versicherte, wird die Band bereits in einigen wenigen
Monaten für einige komplette Headliner-Shows zurückkommen.
Interessanterweise wählten Arch Enenmy als Intro ab Band den
Titelsong des Kultstreifens «The Omen», was bisher eigentlich immer
Machine Head vorbehalten war… Als kurz darauf mit «Blood On Your
Hands» der geniale Opener vom neuen Album «Rise Of The Tyrant»
erklang, reagierte das Publikum noch einmal heftiger, und die ersten
kollektiven Well-Bewegungen im eingekeilten Publikum wurden
freigesetzt - Ursprünglich hätte das wohl mal sowas wie ein Moshpit
werden sollen, aber bei einem vollgestopften Volkshaus geht sowas
halt schlecht. Fronterin Angela Gossow warf sich gleich zu Beginn
weg in schmissige Posen, und auch der Rest der Band posierte, was
die Gelenke hergaben. Die neuerdings wiedervereinte Axtfront mit
Michael und Christopher Amott dominierte dabei klar das Geschehen,
Basser Sharlee und Drummer Daniel Erlandsson zogen bei weitem
weniger Aufmerksamkeit auf sich - lieferten aber einen äusserst
soliden und tighten Rhythmus-Teppich. Das Publikum sang von Beginn
weg bereits lautstark mit, was bei Songs wie «Nemesis», «My
Apocalypse», «Ravenous», dem bereits erwähnten «Blood On Your Hands»,
und dem finalen «We Will Rise» auch ein Kinderspiel war - Arch Enemy
spielten von Anfang an mit offenen Karten, um am Ende dann noch zwei
Minuten klassisches Sologeballer der beiden Klampfer nachzulegen.
Auch hier: Feinste Güteklasse! (Mue)
DragonForce
Au backe..., da hatte ich aber ein hartes Los für die
Bericherstattung des heutigen Abends gezogen! Es gibt nämlich neben
Manowar und Electric Wizard noch eine Band, die ich auf Teufel komm
raus nicht ausstehen kann: DragonForce! Die gehypte und völlig
überbewertete UK-Truppe, die wie The Darkness auf Crack agiert,
wuchs heute Abend in der Tat nochmals über sich hinaus, aber schön
eins nach dem andern. Nachdem mich also Shadows Fall echt
beeindruckt hatten und Angela Gossow es anschliessend wiederum nicht
fertig brachte, dass ich mich mit ihrem brachialen Gesangsstil
anfreunden konnte, versuchte ich mich geistig auf die bevorstehende
Speed-Attacke einzustimmen. Was dann allerdings folgte, spottete
jeder Beschreibung. Schon die Bühnen-Accessoires mit den kleinen,
runden Podestchen sahen seltsam aus und dann erst Keyboarder Vadim Pruzhanov! Verkleidet wie ein Glam-Boy der ersten Stunde sprang
dieser während des Musizierens wie von der Tarantel gestochen
unablässig auf und ab, und zwar zuweilen gefährlich hoch! Derweil
zündeten seine Kollegen den Turbo, der, bis auf wenige Momente,
immer am Anschlag lief! Ich habe einfach keine Ahnung, was an dieser
total übertriebenen Speed-Orgie geil sein soll. Natürlich erbringen
die Axt-Fraktion Lee/Totman und das Rhythmus-Duo Leclercq/Mackintosh
eine schweisstreibende Performance, aber das Ganze wird ziemlich
schnell langweilig! Das ging soweit, dass mehrere Male nicht viel
fehlte, um eine spürbar gereizte Stimmung mit permanenten "Machine
Fuckin' Head" Rufen beinahe kippen zu lassen. Sänger ZP Theart
vermochte zwar dann und wann die Meute etwas zu mobilisieren, legte
selber aber eine höchstens mittelmässige Leistung auf's Parkett, und
der beherzte Griff zur Jack Daniel's Pulle war ja sowas von cool!
Wie wenn das alles nicht schon genug Holz wäre, fingen die
Bandmitglieder auch noch zu blödeln an, was völlig kindisch aussah.
Spätestens von da an blieb nur noch naives Gezappel, gepaart mit
instrumentalem Overkill-Geschredder übrig. Der beste Moment war
Bassist Fred Leclercq beschieden, als er mit Gitarrist Sam Totman
die Instrumente tauschte und danach mit einem Hammer-Solo aufzeigte,
dass er sich auf sechs Saiten ebenso wohl fühlt. Alles andere war an
Peinlichkeit(en) nicht zu überbieten und gelinde ausgedrückt eine
Frechheit gegenüber dem zahlenden Publikum! Dieser Auftritt war
jetzt echt für'n Arsch und wer sich diese olle Kasper-Truppe gar als
Headliner reinzieht, ist selber schuld! (Rsl)
Trivium
Nach meinem persönlichen Konzertdesaster des ganzen Jahres war ich
nicht sicher, ob nun die Band, welche mir als Support von Iron
Maiden im letzten Jahr kaum Freude bereitet hat, die Kohlen aus dem
Feuer holen kann. Ende Mai konnte im Rohstofflager jedoch bereits
ein klares Zeichen für den Aufwärtstrend der Youngsters erkannt
werden! Dieser Eindruck täuschte in der Tat nicht, denn als Trivium
unter tosendem Applaus die Bühne des Zürcher Volkshauses geentert
hatten und mit "To The Rats" wie die Feuerwehr loslegten, war meine
Skepsis ziemlich schnell verflogen. Auch soundmässiig glaubten meine
Lauschlappen zu träumen, denn was da von der Bühne runter wehte, war
einfach nur fett, fett und nochmals fett! Dies war sicher auch wegen
Bassist
Paolo Gregoletto, der seinen 5-Stringer direkt mit den
Fingerkuppen malträtierte. Unbestreitbar im Geiste der alten
Metallica kochten Trivium ihre Suppe aber mit deutlich mehr Pfeffer
und eigenständiger Attitüde. Es nichts mehr von aufgesetzter
Lässigkeit zu sehen, sondern Spielfreude pur, die sich sofort auf
den ganzen Saal ausdehnte. Das Markenzeichen der melodischen Soli
und von geteilten Lead-Vocals überzeugte auf der ganzen Linie und
hinterliess zunehmend offene Münder. Das thrashige Grund-Element
wurde spürbar durch powermetallische Arrangements bereichert.
Dennoch geriet zum Beispiel ein Song wie "The Deceived" zur
ultimativen Thrash-Keule und liess den Mob völlig ausrasten. Weitere
Highlights waren auch "A Gunshot To The Head Of Trepidation" mit
geilen, zweistimmigen Soli und "Becoming The Dragon", das zuvor noch
nie (in der Schweiz) gespielt wurde. Ein zünftiger und mitunter
gefährlich anmutender Moshpit war die Antwort auf die bemerkenswerte
Leistung der Band. Ganz zu schweigen von der Super-Stimmung und dem
infernalischem Applaus im Saal. Das hatten ich und wohl viele andere
auch so bestimmt nicht erwartet. Die Meute frass Trivium
mittlerweile beinahe hörig aus der Hand. In diesem Zusammenhang war
es echt schade, dass ihnen "nur" etwa 50 Minuten Spielzeit gewährt
wurde und der Headliner erst noch folgen sollte. "Anthem (We Are The
Fire)" und "Rain" mobilisierten die abdrehenden Fans nochmals locker
und für Lacher sorgte Matt's Ansage bezüglich DragonForce: "Amaziing
and ridiculous". Das anschliessende Mitsing-Intermezzo wurde
lautstark erwidert. Überhaupt zeigten sich die Schweizer Fans dabei
erstaunlich textgewandt. Am Ende musste man neidlos anerkennen, dass
dies der bisher (wenn nicht der) beste Auftritt des Abends war. Die
Mission der Bewährung ist geglückt und man wird es wohl bald
miterleben, wie weit Trivium mit ihrem Sound, den nun sympathischen
Ansagen, exzellenter Gitarren-Arbeit und Hammer-Drumming noch kommen
werden! (Rsl)
Machine Head
Dem Headliner stand es schliesslich zu, den zeittechnisch noch
ziemlich jungen Abend abzuschliessen - Da die «Black Crusade»-Tour
auch etliche Nicht-Machine Head-Kenner hervorgespült hatte, wusste
ein grosser Teil der Besucher aufgrund der bisherigen beinahe
durchgehend qualitativ hochstehenden Auftritte der anderen Bands die
Situation nicht richtig einzuschätzen, doch selbst die
eingefleischten Fans hätten den Überraschungseffekt der folgenden
Show nicht voraussehen können. Machine Head stiegen wie auch schon
beim Konzert im Juni mit dem Opener «Clenching The Fists Of Dissent»
auf die Bühne, und wie auch schon damals sang das Publikum das
akustische Intro beinahe Ton für Ton mit. Von grossartiger
Live-Action seitens des Publikums kann hier zwar nicht gesprochen
werden, aber Standing Ovations gehören eh zur Grundausstattung einer
Machine Head-Show im Volkshaus. Bis etwa zu drei Vierteln des Sets
lief dann auch alles mehr oder weniger nach dem bekannten Muster:
Durchgehend motivierte Band, dankbar abgehendes Publikum, emotionale
Performance, und Songs wie «Asthetics Of Hate», «Halo», «Ten Ton
Hammer» und «Old». Doch dann kam der Moment, den leider ein
Grossteil des Zürcher Publikums aufgrund der Sprachbarriere nicht
richtig verstand: Sänger/Klampfer Robb Flynn kündigte die Ballade «Descend
The Shades Of Night» an, und widmete ihn zuerst «all denen, die vor
kurzem eine nahestehende Person verloren haben», um dann zu
erläutern, dass auch «die Machine Head-Familie nicht davon verschont
wurde» - Gitarrist Phil Demmel's Vater war am Abend zuvor
verstorben, und Phil hatte das erst in Zürich erfahren. Als Phil
dann auf der Bühne erschien, um den Song einzuleiten, machte sich
eine bedrückende Stimmung breit, und das Publikum horchte fast
andächtig den akustischen Gitarren, um kurz darauf mit Klatschen in
den Takt einzustimmen. Der Song steigerte sich über fünf Minuten dem
Höhepunkt entgegen, und als Phil dann zum Solo ansetzte, war ihm der
Schmerz ins Gesicht geschrieben und es liefen ihm sogar einige
Tränen über das Gesicht… Den Anblick werde ich wahrscheinlich nie
vergessen (Wie sich nach der Show herausstellte, war Phil am vorigen
Abend in Milano auf der Bühne ohne jeglichen medizinisch erklärbaren
Grund zusammengebrochen - Drummer Dave McClain rechnete darauf aus,
dass das auf die halbe Stunde genau zu dem Zeitpunkt passierte, als
Phil's Vater in Amerika starb…). Robb und Basser Adam Duce umarmten
Phil nach dem Song einige Momente, und nach einer kurzen Pause
ging's dann mit der Show weiter. Die Band wählte erneut «Davidian»
als Abschluss, aber das Publikum schien in der Zwischenzeit erneut
an Energie verloren zu haben - Die Circlepits auf der «Through The
Ashes Of Empires»-Tour waren definitiv eine Runde grösser. Fazit:
Nicht eine der besten Machine Head-Shows, aber die Band ist der
Konkurrenz immer noch um Nasenlängen voraus - Allein der Fakt, dass
sie trotz des Todesfalls auf die Bühne gestiegen sind, spricht
Bände. Tjo, Zeit auch für uns, nun den Abend kurz zusammenzufassen:
Ein ordentliches Package an Bands für einen vertretbaren Preis, das
kann definitiv so unterschrieben werden - Hätte man die
Kitschflitzer von DragonForce zu Hause gelassen, hätten die
restlichen Bands längere Spielzeiten kassiert, insofern hätte hier
definitiv Verbesserungsbedarf bestanden… Von den eingangs
beschriebenen Szenarien ganz zu schweigen. Also nochmal, wenn man
fette Konzerte noch mit angemessenen Getränke- und Merchpreisen
kombinieren würde, dann wäre das wirklich sensationell... (Mue)
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