Livereview: Toto - Saxon - Magnum - Pretty Maids

04. August 2012, Sursee - Stadthalle
By Rockslave
Beinharte und langjährige Toto-Fans werden sich wohl verwundert die Augen gerieben haben, als dieses Billing im Rahmen der "Magic Night Of Rock" bekannt wurde. In der Tat hatte man ein hochkarätiges Quartett zusammen gestellt, das verschiedene Härtegrade abdeckte. Die Dänen von Pretty Maids fungierten als Opener des Anlasses dabei so zu sagen als Botschafter beider Lager. Wer im letzten Jahr zur Aufzeichnung der ersten ofiiziellen DVD im Z7 in Pratteln dabei war, wusste, dass die Band um das Gründer-Duo Ronnie Atkins (v) und Ken Hammer (g/v) quasi ihren zweiten Frühling erleben und eigentlich so stark wie nie zuvor sind. Gleiches im Sinne der Kontinuität gilt auch für die britischen Melodic Rocker Magnum, deren letzte zwei, drei Alben wirklich allererste Sahne waren, und solange die Gesundheit von Gitarrist und Mainman Tony Clarkin nicht wieder schwindet, ist das letzte Kapitel der Bandgeschichte wohl kaum in Sicht. Mit im Boot sitzt da natürlich auch Sänger Bob Catley, dem sein Alter und die wilden Jahre deutlich ins Gesicht geschrieben sind. Diesen Eindruck hatte ich bei einem Foto von Saxon Fronter Biff Byford auch, doch er und seine bewährte Hintermannschaft zählen nach wie vor zur Szene-Elite und verfügen über einen immensen Backkatalog. Somit kamen die nicht wenigen Fans der Briten voll auf ihre Kosten, während wohl einige ältere Besucher lieber schon den Headliner hören wollten. Dieser gab im Rahmen der "Rock Meets Classic"-Tour mit einzelnen Musikern (Steve Lukather im Januar und Bobby Kimball vor zwei Jahren) bereits eine kleine Visitenkarte mit Toto-Sound in Sursee ab.


Pretty Maids
Im Wissen darum, dass die erste Band des Abends nur etwa 45 (Support-) Minuten erhalten wird, hielt sich meine Freude über diesen Auftritt etwas in Grenzen. Als Vergleich musste natürlich das geniale zweistündige Konzert von letztem Oktober her halten, das ja, wie im Vorwort bereits erwähnt, Basis für die Live-DVD war. Doch das heisst in erster Linie jammern auf hohem Niveau, was die Dänen wohl auch so sahen und deshalb unbekümmert wie wuchtig mit «Pandemonium» und «I.N.V.U.» in den Set einstiegen. Einmal mehr wurde einem schlagartig bewusst, wie saumässig gut das aktuelle Album geworden ist! Die Quote der neuen Songs stieg in diesem verkürzten Set deshalb gleich auf 50% und wurde noch durch ein paar weitere Hämmer wie den ohrwurmbehafteten Titeltrack «Wake Up To The Real World» vom gleichnamigen Album ergänzt. «Walk Away» als töfte Halbballade passte neben dem genialen «Little Drops Of Heaven» bestens in die versammelte AOR-Runde. Ronnie Aktkins war generell gut bei Stimme und hatte über die Kurzdistanz nie Mühe. Sidekick Ken Hammer, wiederum mit schmuckem Hut auf dem Kopf, liess es in bewährter Manier krachen und auch der Rest der Truppe lieferte eine astreine Vorstellung ab. Da das Ganze eben ziemlich kurz veranschlagt war, hatte es leider nur noch Raum für zwei Songs, zu denen als Rausschmeisser der Oldie «Red Hot And Heavy» gehörte. Den Leuten gefiel es offenbar ganz gut, was sich immerhin in einem kurz aufbrandenden Szene-Applaus niederschlug. Mein persönliches Fazit dazu lautet(e): Perlen vor die Säue geworfen!

Setliste: «Pandemonium» - «I.N.V.U.» - «Wake Up To The Real World» - «It Comes At Night» - «Walk Away» - «Little Drops Of Heaven» - «Future World» - «Red Hot And Heavy».

Magnum
Wenn man es genau nimmt, feiern Magnum heuer, vorab die Ur-Members Bob Catley (v) und Tony Clarkin (g), das 40-jährige Bandjubiläum seit der Gründung der Band. Wirklich erfolgreich waren sie jedoch erst gegen Ende der 80er und doch nahm ich ein Kult-Album wie «On A Storyteller's Night» (1985) nie wirklich wahr. Die Mucke war zwar sehr melodisch, mir aber stets zu weich. Ab 1995 waren Magnum dann Geschichte und das im folgenden Jahr veröffentlichte Live-Album «The Last Dance» trug den damals sinnreichen Beisatz "The last ever recordings from MAGNUM" als Aufdruck "auf dem Cover. Die Rückkehr, zumindest in mein Bewusstsein, war schliesslich dem sehr starken Album «Brand New Morning» (2004) beschieden, das eine optimale Mischung der gewohnten Trademarks, kombiniert mit deutlich härteren Klängen darstellte. Drei Jahre später kam mit «Princess Alice And The Broken Arrow» das nächste Album heraus, das sich wieder mehr in Richtung der alten Magnum aufmachte, also mehr Melodie als Härte. Ein zentrales Element ihres Sounds ist das dominante Keyboard, das ja in diesem Genre unentbehrlich ist, aber nicht selten an sich gute Songs zukleistert. Nicht so bei Magnum, die es meisterlich verstehen, dass es insgesamt stets harmonisch, jedoch nie klebrig klingt. Das Ganze steigt und fällt mit Haupt-songwriter Tony Clarkin, der bekanntlich 2002 einen Herzinfarkt erlitt und sich davon glücklicherweise wieder gut erholt hat. Das war auch nötig, denn ohne das gute Songwriter-Händchen des Gitarristen hätte die Geschichte der Briten nicht fortgeschrieben werden können. Die eingeschworene Fangemeinde wird es mit Genugtuung und Freude zur Kenntnis genommen haben und erfreut sich seither der Aktivitäten der letzten Jahre. Auch heute Abend, ohne wirklich textsicher zu sein, war eine gute Stimmung beim Publikum in Sursee spür- wie sichtbar und bestätigte einmal mehr, dass das Interesse an den Briten sehr wohl noch da ist. Allerdings merkte man schon, dass Pretty Maids zuvor deutlich mehr Dampf drauf hatten.

Setliste: «All The Dreamers» - «When We Were Younger» - «Wild Angels» - «Brand New Morning» - «How Far Jerusalem» - «Les Morts Dansant» - «All My Bridges» - «All England's Eyes» - «Vigilante».

Saxon
Von der landesmässigen Herkunft gab es nun keinen Wechsel, von der Härte her sehr wohl, denn mit Saxon stand eine der NWOBHM-Ikonen schlechthin auf dem Programm. Dessen dürften sich wohl einige der meist angejahrten Sitzplatz-Besucher und davon überwiegend Toto-Fans mit Sicherheit nicht bewusst gewesen sein. Das Gleiche galt aber auch für all diejenigen Fans, die heuer durch Abwesenheit "glänzten", warum auch immer. Der Augenschein täuschte nicht, denn nach Auskunft des Veranstalters kamen nur gerade rund 1'700 Besucher in die Stadthalle nach Sursee. Platz hätten aber locker doppelt so viele Leute gehabt. Doch sowas hat für Frontmann Biff Byford und seine Jungs eh keine Relevanz. Ob hundert Nasen, der heutige Aufmarsch oder mehrere zehntausend Festival-Gänger..., spielt überhaupt keine Rolle. Saxon geben immer 110% und honorieren gute Reaktionen stets mit besonders aufopferndem Spiel. Mit dem Opener «Battalions Of Steel» gab es dann gleich mal ein hartes Pfund Stahl auf die Ohren! Als Überraschung folgte «Power Of The Glory», das nicht so oft im Live-Set steht und so weit vorne schon gar nicht. Obwohl dieser Kracher bereits eines der Abschädel-Highlights markierte, waren die Reaktionen darauf noch viel zu mau, doch das sollte sich bald ändern. «Hammer Of The Gods» als einziger Vertreter des aktuellen Albums «Call To Arms» stellte die Weiche dann langsam aber sicher ein und spätestens «Motorcycle Man», nein eigentlich «Dogs Of War» zuvor schon, liess die Stimmung endlich aufkommen, die so einer Band gebührt. Auch wenn der gute Biff nicht mehr ganz so frisch wirkt (der Mann ist mittlerweile auch über 60 Jahre alt!), so ist er nach wie vor der Strippenzieher und hält sein Publikum immer auf Trab. Die starke Setliste erleichterte diese Aufgabe zusätzlich, denn neben dem unver-zichtbaren «Crusader» wie dem unkaputtbaren «Wheels Of Steel» gaben sich auch das göttliche «The Eagle Has Landed» und das Mitsing-Monster «Solid Ball Of Rock» die Ehre. Unterstützt durch massig Flutlicht mit noch mehr Trockeneis wirkte die Optik zum ordentlichen Sound hin genau so, wie sie sollte. «Princess Of The Night» als letzte der drei Zugaben beendete die überzeugende 75-minütige Co-Headliner Show des Abends und zeigte abermals auf, wo der Heavy Metal Hammer immer noch hängt.


Setliste: «Battalions Of Steel» - «Power And The Glory» - «Hammer Of The Gods» - «Dogs Of War» - «Motorcycle Man» - «I've Got To Rock (To Stay Alive)» - «Crusader» - «To Hell And Back Again» - «The Eagle Has Landed» - «Wheels Of Steel» - «Denim And Leather» - «Solid Ball Of Rock» -- «Strong Arm Of The Law» - «747 (Strangers In The Night)» - «Princess Of the Night».

Toto
In Sachen AOR auf der Stufe einer Supergroup kommt man keinesfalls an Toto vorbei. Seit Ende der 70er waren sie/sind sie aktiv, haben an die 40 Millionen Tonträger verkauft, Megaseller-Hits wie «Rosanna», «Africa» und «Hold The Line» raus gehauen und besitzen immer noch eine riesige weltweite Fanbase. Über 30 Jahre lang waren sie unterwegs und zeichneten sich durch klanglich sehr hochstehende Konzerte aus, denen man nachsagte, es töne da jeweils so perfekt wie auf LP oder CD. Dies wurde in der Heimat allerdings nicht so geschätzt, wie in Europa oder Japan, wo Toto stets eine Riesennummer waren. Nach szeneüblichen Vorkommnissen in Sachen Drogenmissbrauch (von Sänger Bobby Kimball) und dem tragischen Todesfall von Drummer Jeff Porcaro (1992) erlebte die Band stürmische Zeiten mit diversen Lineups. 2008 zog dann Steve Lukather (g/v) den Stecker und war fortan solo unterwegs. Seit 2010 und bedingt durch die Rückkehr von David Paich (keys/v) und Steve Porcaro (keys) wird die Geschichte von Toto weiter geschrieben. Das ist natürlich schön und erfreut die Fans, denn Lukather tönte vor ein paar Jahren mal an, er möge nicht mehr ständig die oben genannten drei Songs spielen. Diese Krise scheint überwunden und so durfte man sich auf einen feinen Headliner-Auftritt in Sursee freuen.

Meine Wenigkeit kam dabei gar zur Live-Premiere, was ich vor noch nicht so langer Zeit echt nicht mehr gedacht hätte. So kamen denn insgesamt acht MusikerInnen auf die Bühne und nahmen vor dem grossen Backdrop mit dem bekannten Schwert-Motiv ihre Plätze ein. Darunter war Tour-Bassist Nathan East, der fortan den erkrankten Mike Porcaro ersetzt, sowie an den Backing Vocals Jenny Douglas und Mabvuto Carpenter. Als Opener wurde «Only The Children» gewählt, den der zurück gekehrte Sänger Josepf Williams auch für das Album «The Seventh One» (1988) eingesungen hatte. Das nachfolgende «Hydra» durfte als Überraschung gewertet werden, denn der Titel-Song von 1979 tauchte bislang eher selten in der Setliste auf. Der satte Groove steht für den urtypischen Toto-Sound und ist unverkennbar. Der gleiche Sänger (Kimball) vermochte dies bei «St. George And The Dragon» 27 Jahre später auf dem bislang aktuellen Longplayer «Falling In Between» wieder umzusetzen. Joseph Williams als jetziger Frontmann kann Bobby Kimball das Wasser allerdings nicht reichen. Dennoch kommt das Ganze wiederum unglaublich fett und transparent daher und lässt Soundliebhaber förmlich dahin schmelzen. Das schaffen die zahlreichen Hammer-Balladen ebenso und dürften diversen Leuten nach Saxon um einiges wohliger in den Ohren gelegen haben. Catchy Melodien wie bei «Stop Loving You» suchen ihresgleichen und wurden lautstark mitgesungen. Vor den Zugaben kam dann natürlich auch noch der Überhit schlechthin: «Hold The Line»! Der Smasher wurde nach allen Regeln der Kunst abgefeiert und frenetisch beklatscht. Da der Auftritt in dieser 4er-Konstellation Festival-Charakter hatte, war das Konzert nach etwas mehr als 90 Minuten leider schon zu Ende. Gegenüber der regulären Tour fehlten so nicht weniger als fünf Songs, aber das Gezeigte, inklusive ein paar töften Solo-Einlagen von Herrn Lukather, war musikalisch schlicht von einem anderen Stern und wenn das selbst gestandene anwesende Metaller von sich geben, wird schon was dran sein!

Setliste: «Only The Children» - «Hydra» - «St. George And The Dragon» - «Rosanna» - «Could This Be Love» - «Pamela» - «Manuela Run» - «How Many Times» - «Carmen» - «Stop Loving You» - «Hold The Line» -- «Africa» - « Home Of The Brave».