Es goss wie aus Kübeln und bescherte den englischen Matadoren
von Magnum rein durch das Wetter ein kleines Heimspiel. Trotz des
bescheidenen Wetters war das Z7 gut gefühlt und zwar mit einem Altersschnitt,
bei dem sogar ich mich noch jung fühlte. Dies beeindruckte die 1972
von Sänger Bob Catley und Gitarrist Tony Clarkin gegründete Truppe
in keinster Weise. Magnum trumpften an diesem Abend im Z7 einmal
mehr ganz gross auf, liessen harten Rock mit Melodien ihren Weg zum
Publikum finden und hatten mit Bob einen vorzüglichen
Geschichtenerzähler. Der 69 Jahre junge Shouter und der im November
70 Jahre junge Tony brillierten und peitschten das Publikum von Song
zu Song noch mehr an. Als der letzte Ton gespielt war,
hinterliessen die Beiden zusammen mit Mark Stanway (Keyboards, 62
Jahre), Harry James (Drums, 56 Jahre) und Al Barrow (Bass, 48 Jahre)
ein völlig entfesseltes Publikum.
Reds'Cool
Bevor die Engländer die Bühne betraten, standen die Russen von
Reds'Cool auf der Stage. Fleissigen Z7-Besuchern dürfte die Truppe
noch vertraut sein, als sie für UFO und die Black Star Riders
eröffneten. Das Quintett erledigte einen guten Job und schipperte
mit ihren Songs irgendwo zwischen Whitesnake («1987»-Zeit), Smokie
und Thunder. Der Sound war geprägt von kernigen Riffs und der Stimme
von Slava Spark, der mit seiner Lockenpracht der ideale Hingucker
für die Frauenwelt war. Auch wenn die Truppe nicht die aktivste auf
der Bühne ist, speziell Bassist Dmitry Pronin hätte jedoch das Zeug zur
Rampensau, versuchte Slava immer wieder, das Publikum auf seine Seite
zu ziehen. Je länger die Show dauerte, desto besser fand er den
Zuspruch der Fans. Trotzdem war der Applaus um einiges leiser,
als dann später beim Headliner. Das Problem bei Reds'Cool ist halt,
dass sie grundsätzlich mit einem tollen Riff das Lied starten, stark
in der Strophe, aber schwach im Refrain/Chorus-Bereich sind. Oder
anders gesagt, was sich zu Beginn toll anhört, verliert sich mit
zunehmender Spielzeit. Vergleicht man die Performance der Russen mit
dieser von Thunder Mother, die knapp 24 Stunden vorher als Support von
D.A.D auf der Bühne standen, so gehen die Russen völlig baden.
Trotzdem, wer selten an Konzerte geht, wird seine Freude an
Reds'Cool haben. Regelmässigere Konzertgänger bevorzugen da sicher
andere Truppen, obwohl Slava eine geile Rockröhre hat.
Magnum Auf einer wirklich total schlicht
eingerichteten Bühne standen dann Magnum. Keine Monitorboxen, kein
grosses Backdrop, sondern eine weisse Leinwand, auf welcher mit der
Lichtshow tolle Effekt erzeugt wurden, sowie links das Keyboard und
rechts das Drum. "Let the music do the talking!" war das Leitmotto
der Engländer, die sich völlig auf die Musik konzentrierten und die
Show ihrem Sänger überliessen. Mister Catley war ganz in Weiss
gekleidet. Weisse Jeansjacke/-Hose und weisse Turnschuhe. Der
farbliche Klecks, ein schwarzes T-Shirt. Wer den kleinen Shouter
schon
mal auf der Bühne erlebte, weiss, dass Bob nie still steht (da kann
sich manch bedeutend jüngerer Schreihals eine dicke Scheibe davon
abschneiden), immer in Bewegung ist und mit seinem Arm, der nicht
das Mikrofon hält, magische Bewegungen ausführt. Als ob uns Bob
verzaubern möchte oder uns wie ein Magier seine mystischen Rituale
vorführt. Was an diesem Abend aber auffiel, dass er kaum mit dem
Publikum sprach. Seine Ansagen hielten sich sehr in Grenzen. Ausser
«you can dance» und «let me see your hands Switzerland» bei «All
England's Eyes» hielt sich Mister Catley sehr bedeckt mit seinen
Ansprachen. Dafür sang er wie ein kleiner Gott, traf jeden Ton und
verlieh den Liedern damit ein zusätzliches Flair. Bob brauchte Platz
auf der Bühne und den gewährte ihm der Hauptsongwriter Tony, der mit
seiner wie immer sehr ruhigen Art eher musikalische Akzente setzte.
Mister Clarkin ist es, der mit seinen Riffs sowie den feinen,
strukturierten wie passenden Leads den Songs die Würze und mit den
Backingvokals dem Refrain ein majestätisches Flair verleiht. Ein
ebenso starker Backgroundsänger ist Al. Mister Barrow gibt zudem
einen fetten Bassgroove zum Besten und war neben Bob der Aktivposten
auf der Bühne. Das jüngste Bandmitglied grinste über beide Backen
und hatte sichtlich Freude am Konzert. Hinter ihm sass Mister
Stanway, der mit seinen beiden grossen Keyboards den Songs die Tiefe
und Emotionalität, sowie den Bombast verlieh. Von Mark aus gesehen
auf der linken Seite sass Harry an seinem Drum. Mit seinen wuchtigen
Schlägen sorgte der Thunder-Trommler dafür, dass die Lieder nie ins
Kitschige abdriften, sondern immer mit der nötigen Härte vorgetragen
werden.
Magnum gingen eine sehr gewagten, mutigen, man könnte fast sagen
leichtsinnigen Weg und spielten eine Setliste, die KEINE Songs
von «Wings Of Heaven», «Goodnight L.A.» und NUR einen Song von
«Vigilante» beinhaltete. Was anderen Bands das musikalische Genick
brechen würde, verlieh den junggebliebenen Herren dagegen einen Höhenflug.
Mit gleich fünf Tracks des neuen «Sacred Blood "Divine" Lies»-Werkes
(«Sacred Blood "Divine" Lies», «Crazy Old Mother», «Your Dreams
Won't Lie», «Twelve Men Wise And Just», «Princess in Rages (The
Cult)»), zwei des Vorgängeralbums «On The 13th Day» («Dance Of The
Black Tattoo», «Blood Red Laughter») und vier des Klassikers «On A
Storyteller's Night» («On A Storyteller's Night», «How Far
Jerusalem», «Les Morts Dansant», «All England's Eyes») waren schon
fast zwei Drittel des Sets gespielt. Dazu gesellten sich der überraschende
Opener «Soldier Of The Line» vom «Chase The Dragon»-Album, «Freedom
Day» von der «Visitation»-Scheibe sowie das bereits angesprochene
«Vigilante» und «Unwritten Sacrifice» von «Escape From The Shadow
Garden». Herausragend dabei waren der Riffrocker «Blood Red
Laughter», der die Stimmung gewaltig anheizte, das zu erwartende
«How Far Jerusalem» mit einem hüpfenden Bob, das stimmige «Let
Morts Dansant» mit einem packenden und unter die Haut gehenden
Chorgesang, das fette «All England's Eyes», bei dem ersichtlich war,
dass
die Klassiker immer wieder den Bären, sprich das Publikum tanzen
liessen, «Crazy Old Mother» und das sensible «Your Dreams Won't
Lie». Die Mischung machte es aus, so dass man trotz der vielen
Klassiker im Backkatalog von Magnum mit einem zugekniffenen Auge auf
die meisten verzichtete. Es war aber auch der Beweis, dass Magnum
noch immer tolle neue Lieder zu schreiben vermögen, welche die Klassiker gut
ergänzen können, aber (noch) nicht den Test der Zeit bestanden, oder
überstanden haben. Nach «Vigilante» (Bob erinnerte mit seiner Gestik
an Mick Jagger) verliess der Fünfer unter tosendem Applaus und
lautem Geschrei die Bühne, als hätten 20'000 Besucher das Z7
belagert. Schon da war klar, Magnum hatten auf der ganzen Linie
gewonnen. Bob und Tony kehrten als Erste wieder auf die Bühne
zurück, um «The Spirit», zuerst nur akustisch, zu spielen. Wo früher
Feuerzeuge und Wunderkerzen eine Konzerlocation erhellten, sind es
heute die Taschenlampen bei den Handys. Tja, so verändert sich alles
und die Lagerfeuerromantik geht völlig baden… «The Spirit» zeigte
auf eindrückliche Art und Weise, welche Kraft noch immer in der
Stimme von Bob steckt! Mit wuchtigen Drums und pumpendem Bass wurde diese
Hammernummer beendet, um dann in eines der geilsten
Gitarren/Keyboard-Intros des harten Rocks einzusteigen. Das Z7
kochte, nein es brodelte förmlich und mit «Kingdom Of Madness» wurde
ein dennoch mit zahlreichen Highlights garnierter Konzertabend beendet. Magnum sind noch
immer eine Bank, schmeissen mit tollen neuen Liedern um sich und
können es sich erlauben, bekannte Klassiker wie «Wild Swan»,
«Rockin' Chair», «No Way Out», «Start Talking Love» oder «We All
Run» im Koffer zu lassen.
Setliste: «Soldier Of The
Line» - «On A Storyteller's Night» - «Sacred Blood "Divine" Lies» -
«Freedom Day» - «Dance Of The Black Tattoo» - «Crazy Old Mother» -
«Blood Red Laughter» - «Your Dreams Won't Lie» - «How Far Jerusalem» -
«Unwritten Sacrifice» - «Twelve Men Wise And Just» - «Les Morts
Dansant» - «All England's Eyes» - «Princess In Rages (The Cult)» -
«Vigilante» -- «The Spirit» - «Kingdom Of Madness».
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