Livereview: Magnum - Red's Cool

30. April 2016, Pratteln – Z7
By Tinu
Es goss wie aus Kübeln und bescherte den englischen Matadoren von Magnum rein durch das Wetter ein kleines Heimspiel. Trotz des bescheidenen Wetters war das Z7 gut gefühlt und zwar mit einem Altersschnitt, bei dem sogar ich mich noch jung fühlte. Dies beeindruckte die 1972 von Sänger Bob Catley und Gitarrist Tony Clarkin gegründete Truppe in keinster Weise. Magnum trumpften an diesem Abend im Z7 einmal mehr ganz gross auf, liessen harten Rock mit Melodien ihren Weg zum Publikum finden und hatten mit Bob einen vorzüglichen Geschichtenerzähler. Der 69 Jahre junge Shouter und der im November 70 Jahre junge Tony brillierten und peitschten das Publikum von Song zu Song noch mehr an. Als der letzte Ton gespielt war, hinterliessen die Beiden zusammen mit Mark Stanway (Keyboards, 62 Jahre), Harry James (Drums, 56 Jahre) und Al Barrow (Bass, 48 Jahre) ein völlig entfesseltes Publikum.

Reds'Cool

Bevor die Engländer die Bühne betraten, standen die Russen von Reds'Cool auf der Stage. Fleissigen Z7-Besuchern dürfte die Truppe noch vertraut sein, als sie für UFO und die Black Star Riders eröffneten. Das Quintett erledigte einen guten Job und schipperte mit ihren Songs irgendwo zwischen Whitesnake («1987»-Zeit), Smokie und Thunder. Der Sound war geprägt von kernigen Riffs und der Stimme von Slava Spark, der mit seiner Lockenpracht der ideale Hingucker für die Frauenwelt war. Auch wenn die Truppe nicht die aktivste auf der Bühne ist, speziell Bassist Dmitry Pronin hätte jedoch das Zeug zur Rampensau, versuchte Slava immer wieder, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Je länger die Show dauerte, desto besser fand er den Zuspruch der Fans. Trotzdem war der Applaus um einiges leiser, als dann später beim Headliner. Das Problem bei Reds'Cool ist halt, dass sie grundsätzlich mit einem tollen Riff das Lied starten, stark in der Strophe, aber schwach im Refrain/Chorus-Bereich sind. Oder anders gesagt, was sich zu Beginn toll anhört, verliert sich mit zunehmender Spielzeit. Vergleicht man die Performance der Russen mit dieser von Thunder Mother, die knapp 24 Stunden vorher als Support von D.A.D auf der Bühne standen, so gehen die Russen völlig baden. Trotzdem, wer selten an Konzerte geht, wird seine Freude an Reds'Cool haben. Regelmässigere Konzertgänger bevorzugen da sicher andere Truppen, obwohl Slava eine geile Rockröhre hat.

Magnum
Auf einer wirklich total schlicht eingerichteten Bühne standen dann Magnum. Keine Monitorboxen, kein grosses Backdrop, sondern eine weisse Leinwand, auf welcher mit der Lichtshow tolle Effekt erzeugt wurden, sowie links das Keyboard und rechts das Drum. "Let the music do the talking!" war das Leitmotto der Engländer, die sich völlig auf die Musik konzentrierten und die Show ihrem Sänger überliessen. Mister Catley war ganz in Weiss gekleidet. Weisse Jeansjacke/-Hose und weisse Turnschuhe. Der farbliche Klecks, ein schwarzes T-Shirt. Wer den kleinen Shouter schon mal auf der Bühne erlebte, weiss, dass Bob nie still steht (da kann sich manch bedeutend jüngerer Schreihals eine dicke Scheibe davon abschneiden), immer in Bewegung ist und mit seinem Arm, der nicht das Mikrofon hält, magische Bewegungen ausführt. Als ob uns Bob verzaubern möchte oder uns wie ein Magier seine mystischen Rituale vorführt. Was an diesem Abend aber auffiel, dass er kaum mit dem Publikum sprach. Seine Ansagen hielten sich sehr in Grenzen. Ausser «you can dance» und «let me see your hands Switzerland» bei «All England's Eyes» hielt sich Mister Catley sehr bedeckt mit seinen Ansprachen. Dafür sang er wie ein kleiner Gott, traf jeden Ton und verlieh den Liedern damit ein zusätzliches Flair. Bob brauchte Platz auf der Bühne und den gewährte ihm der Hauptsongwriter Tony, der mit seiner wie immer sehr ruhigen Art eher musikalische Akzente setzte. Mister Clarkin ist es, der mit seinen Riffs sowie den feinen, strukturierten wie passenden Leads den Songs die Würze und mit den Backingvokals dem Refrain ein majestätisches Flair verleiht. Ein ebenso starker Backgroundsänger ist Al. Mister Barrow gibt zudem einen fetten Bassgroove zum Besten und war neben Bob der Aktivposten auf der Bühne. Das jüngste Bandmitglied grinste über beide Backen und hatte sichtlich Freude am Konzert. Hinter ihm sass Mister Stanway, der mit seinen beiden grossen Keyboards den Songs die Tiefe und Emotionalität, sowie den Bombast verlieh. Von Mark aus gesehen auf der linken Seite sass Harry an seinem Drum. Mit seinen wuchtigen Schlägen sorgte der Thunder-Trommler dafür, dass die Lieder nie ins Kitschige abdriften, sondern immer mit der nötigen Härte vorgetragen werden.

Magnum gingen eine sehr gewagten, mutigen, man könnte fast sagen leichtsinnigen Weg und spielten eine Setliste, die KEINE Songs von «Wings Of Heaven», «Goodnight L.A.» und NUR einen Song von «Vigilante» beinhaltete. Was anderen Bands das musikalische Genick brechen würde, verlieh den junggebliebenen Herren dagegen einen Höhenflug. Mit gleich fünf Tracks des neuen «Sacred Blood "Divine" Lies»-Werkes («Sacred Blood "Divine" Lies», «Crazy Old Mother», «Your Dreams Won't Lie», «Twelve Men Wise And Just», «Princess in Rages (The Cult)»), zwei des Vorgängeralbums «On The 13th Day» («Dance Of The Black Tattoo», «Blood Red Laughter») und vier des Klassikers «On A Storyteller's Night» («On A Storyteller's Night», «How Far Jerusalem», «Les Morts Dansant», «All England's Eyes») waren schon fast zwei Drittel des Sets gespielt. Dazu gesellten sich der überraschende Opener «Soldier Of The Line» vom «Chase The Dragon»-Album, «Freedom Day» von der «Visitation»-Scheibe sowie das bereits angesprochene «Vigilante» und «Unwritten Sacrifice» von «Escape From The Shadow Garden». Herausragend dabei waren der Riffrocker «Blood Red Laughter», der die Stimmung gewaltig anheizte, das zu erwartende «How Far Jerusalem» mit einem hüpfenden Bob, das stimmige «Let Morts Dansant» mit einem packenden und unter die Haut gehenden Chorgesang, das fette «All England's Eyes», bei dem ersichtlich war, dass die Klassiker immer wieder den Bären, sprich das Publikum tanzen liessen, «Crazy Old Mother» und das sensible «Your Dreams Won't Lie». Die Mischung machte es aus, so dass man trotz der vielen Klassiker im Backkatalog von Magnum mit einem zugekniffenen Auge auf die meisten verzichtete. Es war aber auch der Beweis, dass Magnum noch immer tolle neue Lieder zu schreiben vermögen, welche die Klassiker gut ergänzen können, aber (noch) nicht den Test der Zeit bestanden, oder überstanden haben. Nach «Vigilante» (Bob erinnerte mit seiner Gestik an Mick Jagger) verliess der Fünfer unter tosendem Applaus und lautem Geschrei die Bühne, als hätten 20'000 Besucher das Z7 belagert. Schon da war klar, Magnum hatten auf der ganzen Linie gewonnen. Bob und Tony kehrten als Erste wieder auf die Bühne zurück, um «The Spirit», zuerst nur akustisch, zu spielen. Wo früher Feuerzeuge und Wunderkerzen eine Konzerlocation erhellten, sind es heute die Taschenlampen bei den Handys. Tja, so verändert sich alles und die Lagerfeuerromantik geht völlig baden… «The Spirit» zeigte auf eindrückliche Art und Weise, welche Kraft noch immer in der Stimme von Bob steckt! Mit wuchtigen Drums und pumpendem Bass wurde diese Hammernummer beendet, um dann in eines der geilsten Gitarren/Keyboard-Intros des harten Rocks einzusteigen. Das Z7 kochte, nein es brodelte förmlich und mit «Kingdom Of Madness» wurde ein dennoch mit zahlreichen Highlights garnierter Konzertabend beendet. Magnum sind noch immer eine Bank, schmeissen mit tollen neuen Liedern um sich und können es sich erlauben, bekannte Klassiker wie «Wild Swan», «Rockin' Chair», «No Way Out», «Start Talking Love» oder «We All Run» im Koffer zu lassen.

Setliste: «Soldier Of The Line» - «On A Storyteller's Night» - «Sacred Blood "Divine" Lies» - «Freedom Day» - «Dance Of The Black Tattoo» - «Crazy Old Mother» - «Blood Red Laughter» - «Your Dreams Won't Lie» - «How Far Jerusalem» - «Unwritten Sacrifice» - «Twelve Men Wise And Just» - «Les Morts Dansant» - «All England's Eyes» - «Princess In Rages (The Cult)» - «Vigilante» -- «The Spirit» - «Kingdom Of Madness».